Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 24.11.2008
Aktenzeichen: 2 U 113/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 249
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 355
BGB § 442
BGB § 442 Abs. 1
BGB § 442 Abs. 1 S. 1
BGB § 779
BGB § 826
BGB § 985
ZPO § 307 Abs. 3 S. 1
ZPO § 313 a Abs. 1 S. 1
ZPO § 524
ZPO § 528
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 767

Entscheidung wurde am 06.04.2009 korrigiert: im 19. Absatz 2. Satz der Gründe muß es statt "des PKW G? ? gerichteten" richtig "des PKW G. gerichteten" heißen
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 2 U 113/06

verkündet am : 24. November 2008

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 24.11.2008 durch den Richter am Kammergericht Dittrich als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 31.10.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 4 des Landgerichts Berlin -4 O 774/05- wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Zug-um-Zug-Beschränkung im Tenor zu 1.a) und die Verurteilung der Klägerin im Tenor zu 2. wegen zwischenzeitlicher Befriedigung der Beklagten entfallen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Beklagte handelt mit gebrauchten Kraftfahrzeugen. Sie warb wie folgt:

Lieber paar Mark mehr - wir sparen nicht am falschen Ende!

WARUM?

-GEWÄHRLEISTUNG wird bei uns ganz GROSS geschrieben

-Rückkaufgarantie

-7 Tage Probefahrt auf versteckte technische Mängel

-Zustandsbericht für jedes Fahrzeug

...

...

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Rückabwicklung eines über die C AG finanzierten Kaufvertrags über einen V F W, einschließlich des Ersatzes bzw. der Freistellung von ihren Kreditaufwendungen. Die Parteien schlossen bezüglich des 11 Jahre alten Fahrzeugs am 01.08.2005 einen "Kaufvertrag für ein gebrauchtes Kraftfahrzeug" zum Preis von 8.990,00 EUR. Darin heißt es:

"Zustandsbericht wird vom Verkäufer kostenlos erstellt; bei Vorliegen des Zustandsberichts wird ein zweiter Kaufvertrag geschlossen, welcher den erstellten Zustandsbericht ausdrücklich einbezieht. Der erste Kaufvertrag wird ab diesem Zeitpunkt, Zeitpunkt des erneuten Kaufvertragsabschlusses, von beiden Seiten als unwirksam und gegenstandslos betrachtet."

Ebenfalls am 01.08.2005 unterzeichnete die Klägerin in den Räumen der Beklagten einen Darlehensvertrag mit der C AG über einen Gesamtbetrag von 11.392,06 EUR (1. Rate von 103,06 EUR fällig am 15.09.2005, sowie 71 Folgeraten zu je 159,00 EUR). Ferner übergab sie der Beklagten ihr Altfahrzeug, das als "Anzahlung" in Höhe von 400,00 EUR behandelt wurde. Sie erhielt einen "Benzingutschein" über 300,00 EUR.

Nachdem die Beklagte einen "Zustandsbericht für ein Gebrauchtfahrzeug" erstellt hatte, in dem diverse Mängel festgestellt wurden (unter anderem Ölundichtigkeit des Getriebes und des Motors), unterzeichneten die Parteien am 17.08.2005 erneut einen "Kaufvertrag für ein gebrauchtes Kraftfahrzeug", der mit demjenigen vom 01.08.2005 fast inhaltsgleich ist. Anstelle der oben genannten Klausel heißt es nunmehr jedoch:

"Der von dem Verkäufer kostenlos erstellte Zustandsbericht, datiert auf den 15.08.2005 wird ausdrücklich zum Bestandteil dieses Kaufvertrages erklärt.

Der Käufer erwirbt das Fahrzeug in dem sich aus dem Zustandsbericht ergebenden Zustand. Der am 01.08.2005 geschlossene Kaufvertrag verliert mit Abschluss dieses Kaufvertrages seine Wirksamkeit."

Nach Übergabe des Fahrzeugs am 17.08.2005 monierte die Klägerin verschiedene Mängel. Die Beklagte erbrachte einige Arbeiten. Sie erneuerte den Simmering, dichtete die Ölwanne ab und setzte die Bremse instand. Ferner baute sie am 01.09.2005 ein von der Klägerin gekauftes Radio ein. Anlässlich dieser Arbeiten unterzeichneten die Parteien ein von der Beklagten verwendetes Formular "Außergerichtlicher Vergleich", in dem es heißt:

"Hiermit erkläre ich <Klägerin>, dass ich im Zuge der Kostenübernahme durch die <Beklagte> für Reparatur/Einbau... <es folgen die Arbeiten> in Höhe von 231,12 EUR an dem als Käufer...und durch Kaufvertrag vom 01.08.2005 von mir erworbenen Fahrzeug..keine weiteren Ansprüche, gleichgültig aus welchem Rechtsgrund, gegen die <Beklagte> erhebe, einschließlich aus dem Zustandsbericht hervorgehender Mängel."

Die Klägerin brachte das Fahrzeug am 05.09.2005 erneut zur Beklagten -bei der es sich seitdem befindet- und rügte (u.a.) einen Ölaustritts am Getriebe. Die Beklagte übergab der Klägerin als Ersatzwagen einen PKW G zur vorübergehenden Nutzung. Am 09.09.2005 teilte eine Mitarbeiterin der Beklagten mit, dass Mängelbeseitigungsarbeiten nur gegen Rechnung ausgeführt würden. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 28.09.2005 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Die Beklagte berief sich mit Schreiben vom 29.09.2005 darauf, dass die Ölundichtigkeit im Zustandsbericht "ausdrücklich genannt wurde und somit..bei der Übergabe bekannt war."

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und ausgeführt, dass die Anbahnung und Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses durch die Beklagte eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i.S. von § 826 BGB darstelle, da gerade entgegen der mit der Werbung hervorgerufenen Erwartung einer unbeschränkten Gewährleistungshaftung der nachträglich erstellte Zustandsbericht den Zweck gehabt habe, durch seine Einbeziehung in den zweiten Kaufvertrag eine Haftung für die darin genannten Mängel nach § 442 BGB auszuschließen. Ferner hat es der auf Herausgabe des PKW G. gerichteten Widerklage stattgegeben, jedoch nur Zug um Zug gegen Erfüllung der ausgeurteilten Leistungspflichten der Beklagten, und wegen dieser Beschränkung die Widerklage abgewiesen.

Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin der Beklagten den Leihwagen PKW G am 14.02.2007 und den Benzingutschein am 23.02.2007 zurückgegeben.

Die auf Herausgabe des PKW G gerichtete Widerklage, gegen deren nur beschränkte Stattgabe die Beklagte Berufung eingelegt hatte, haben die Parteien im Verhandlungstermin am 24.11.2008 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Beklagte beantragt nunmehr noch,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 31.10.2006 -4 O 774/05- abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Von der Wiedergabe weitergehender Feststellungen und des Parteivortrags wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

B.

I. Die zulässige Berufung der Beklagten, mit der sie nach übereinstimmender Erledigungserklärung hinsichtlich der Widerklage noch die Abweisung der Klage begehrt, ist nicht begründet.

1) Der Herausgabeanspruch betreffend das Autoradio (Tenor zu 1.b) folgt aus § 985 BGB. Dieses ist von der Klägerin angeschafft und von der Beklagten in das gekaufte Fahrzeug F W -welches sich seit dem 05.09.2005 bei der Beklagten befindet- eingebaut worden. Die Berufung wendet insoweit gegen die Verurteilung auch nichts ein.

2) Im Übrigen hat das Landgericht der Klage zu Recht unter dem Gesichtspunkt eines von der Beklagten zu ersetzenden Vertrauensschadens stattgegeben. Die von der Klägerin auf den Kaufvertrag und den Darlehensvertrag erbrachten bzw. zu erbringenden Leistungen (Anzahlung von 400,00 EUR; an die C geleistete Raten von 1.847,73 EUR und bis zum Gesamtdarlehensbetrag von 11.392,06 EUR noch zu erbringende Zahlungen) sind Folge einer schuldhaften Verletzung vorvertraglicher Pflichten der Beklagten (cic, §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB). Ob zudem -was nicht fernliegend ist- eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i.S. von § 826 BGB vorliegt, wie das Landgericht angenommen hat, bedarf keiner Entscheidung.

a) Die Herbeiführung eines für den Gegner inhaltlich nachteiligen Vertrags kann nach den Gesamtumständen eine schuldhafte Verletzung vorvertraglicher Pflichten darstellen, wenn etwa durch Täuschung oder Irreführung pflichtwidrig auf die Willensbildung des geschäftlich weniger gewandten Vertragspartners eingewirkt wird (vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, 67. Aufl., § 311 Rn 40; Löwisch in: Staudinger, BGB, Neub. 2005, § 311 Rn 116 f.; Emmerich in: MüKo, BGB, 5. Aufl., § 311 Rn 116). Insbesondere ist es pflichtwidrig, durch eine Werbung den Eindruck besonderer Leistungsbereitschaft zu erwecken und sodann für den Kunden durch eine undurchsichtige Vertragsgestaltung eine Rechtsstellung zu schaffen, die sich gerade durch eine weitestgehende Entrechtung auszeichnet (vgl. zur Pflicht zur Aufklärung über Inhalt und Tragweite von Vertragsklauseln, wenn sie der von der Werbung erzeugten Erwartung widersprechen, auch Emmerich a.a.O.).

Vorliegend hat das Landgericht zutreffend die Gesichtspunkte angeführt, die die von der Beklagten praktizierte Vertragskonstruktion als pflichtwidrig erscheinen lassen. Maßgeblich ist im Kern, dass die Beklagte in ihrer Werbung die Erwartung weckt, dass der Käufer in besonderer Weise gegen ein Mangelrisiko abgesichert sei, was ihm ein "paar Mark mehr" wert sein solle, und dass der in der Werbung als Vorteil angepriesene "Zustandsbericht für jedes Fahrzeug" sodann unter Verwendung einer gänzlich ungewöhnlichen Vertragskonstruktion, die allein diesem Zweck dient, gegen den Käufer verwendet werden soll.

Der erste Kaufvertrag am 01.08.2005 war -insbesondere auch aus Sicht der Klägerin- bereits bindend und nicht etwa nur eine Reservierung o.ä. Dem entspricht die klare Wortwahl "Kaufvertrag". Verstärkt wurde der Eindruck der Bindung durch den Umstand der gleichzeitigen Unterzeichnung des Darlehensvertrags und der bereits erfolgten Übergabe des alten PKW der Klägerin zwecks Inzahlungnahme. Indem -erst nach Ablauf der Widerrufsfrist des § 355 BGB- am 17.08.2005 sodann der zweite Kaufvertrag nach Vorlage des von der Beklagten selbst gefertigten "Zustandsberichts" unterzeichnet wurde, konnte § 442 Abs. 1 S. 1 BGB, der den Ausschluss für Mängelrechte für "bei Vertragsschluss" bekannte Mängel anordnet, nicht zur Anwendung kommen. Denn am 17.08.2005 erfolgte nur die Übergabe; der Vertragsschluss war bereits am 01.08.2005 erfolgt. Die Klausel des zweiten Kaufvertrags "Der Käufer erwirbt das Fahrzeug in dem sich aus dem Zustandsbericht ergebenden Zustand" war somit, unter dem Blickwinkel der Anwendung von § 442 BGB, objektiv unzutreffend. Für einen geschäftlich nicht gewandten Käufer, bei dem mit der anpreisenden Werbung gerade die Erwartung der Mängelhaftung der Beklagten geweckt war, hatte diese Klausel auch keine warnende Funktion. Vielmehr konnte er naheliegend annehmen, dass die im Bericht aufgelisteten Mängel noch beseitigt würden.

Dass die Beklagte von Anfang an mit der auffälligen Vertragskonstruktion lediglich den Zweck verfolgte, entgegen der von ihr verursachten Erwartung der Käuferin eine Gewährleistungshaftung gerade (unter Umgehung des Verbraucherschutzes, § 475 Abs. 1 BGB) auszuschließen und sich bei Bedarf auf § 442 BGB zu berufen, zeigt nicht zuletzt ihr Verhalten vor und im Prozess. Mit Schreiben vom 29.09.2005 berief sie sich gegenüber einem gerügten Ölverlust darauf, dass dieser "im Zustandsbericht ausdrücklich genannt wurde und somit..bei der Übergabe bekannt war." Diese Haltung brachte sie bezüglich des Ölverlustes am Getriebe auch in der Klageerwiderung vom 02.02.2006 zum Ausdruck.

Die von der Beklagten in der Berufungsbegründung vorgebrachten Einwände gegen diese Wertung greifen nicht.

Unerheblich ist, dass das Fahrzeug schon im Zeitpunkt des ersten Kaufvertrags auch für die Klägerin erkennbar "Mängel" aufwies, sich also in einem schlechten Zustand befand.

Nach § 442 Abs. 1 BGB schadet dem Käufer nur positive Kenntnis von konkreten Mängeln. Etwa von der Undichtigkeit des Getriebes hatte die Klägerin am 01.08.2005 keine Kenntnis.

Dass es der Klägerin frei gestanden hätte, vor einer Untersuchung auf Mängel den Vertrag noch nicht zu schließen, entlastet die Beklagte nicht. Insbesondere ändert dies nichts daran, dass mit dem nachfolgenden Abschluss eines fast inhaltsgleichen zweiten Kaufvertrags unter Einbeziehung des dann vorliegenden Zustandsberichts versucht wird, die Wirkungen des § 442 Abs. 1 BGB zu erzielen. Unglaubhaft ist, dass die Klägerin auf schnellen Vertragsschluss "gedrängt" habe. Die Beklagte räumt selbst ein, dass die "hiesige Vertragsgestaltung" nicht auf besonderes Verlangen des Klägerin gewählt wurde, sondern von ihr wiederholt verwendet wird (s. Berufungsbegründung vom 08.01.2007, S. 6). Dass der Zustandsbericht nicht für beide Seiten "vorteilhaft" ist, sondern lediglich ein Mittel zum (versuchten) Ausschluss der Mängelrechte der Kunden, ergibt sich aus dem vorstehend Ausgeführten. Welche Vorteile der Kunde aus ihm ziehen sollte, wenn eine Mangelbeseitigungspflicht der Beklagten nicht besteht, ist nicht nachvollziehbar. Für die "Abwicklung des Kaufvertrags" war er dann gerade nicht von Bedeutung.

Auch der Hinweis auf eine Abschlussfreiheit hinsichtlich des zweiten Kaufvertrags geht fehl. Durch den Abschluss bereits des ersten "Kaufvertrags" wurde gerade der Eindruck einer schon bestehenden Bindung hervorgerufen, der durch die weiteren Maßnahmen (Darlehensaufnahme; Inzahlunggabe des Altwagens; Übergabe des Benzingutscheins) verstärkt wurde. Zudem hätte der Käufer nur Anlass, den zweiten Vertragsschluss zu verweigern, wenn ihm klar gemacht wird, dass er mit dessen Unterzeichnung auf seine gesetzlichen Mängelansprüche für im Zustandsbericht aufgeführte Mängel verzichten soll. Dies aber ist nicht der Fall. Vielmehr befindet er sich auf Grund der Werbung in der Erwartung, dass die Mängel noch beseitigt werden sollen.

b) Folge der unlauteren, auf eine Fehlvorstellung des Kunden über den Zweck und die Wirkungen des Zustandsberichts zielenden Vertragsgestaltung ist, dass die Beklagte die Klägerin gemäß § 249 BGB so zu stellen hat, wie sie bei einer Aufklärung über die Absicht, sich später auf die Wirkungen des § 442 BGB zu berufen, stünde. In diesem Fall hätte die Klägerin den Vertrag, wofür eine Vermutung spricht, nicht geschlossen. Die Klägerin hat im Rechtsstreit auch jedenfalls konkludent vorgetragen, dass sie den Vertrag vom 01.08.2005 in Kenntnis der Konstruktion und ihrer Wirkungen nicht geschlossen hätte, wie sich daraus ergibt, dass sie in der Berufungserwiderung die Ausführungen des Landgerichts als in jeder Hinsicht zutreffend verteidigt.

Es unterliegt dem Wahlrecht der Klägerin, die Rückgängigmachung des Vertrags zu verlangen oder am Vertrag festzuhalten (vgl. BGHZ 145, 376 = NJW 2001, 373, 374). Sie ist daher entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gehalten, den Vertrag durchzuführen und sich lediglich auf eine -nach Lage der Dinge ganz unzweifelhafte- Umgehung der zwingenden Gewährleistung der Beklagten (§ 475 Abs. 1 S. 2 BGB) zu berufen.

Der Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses umfasst insbesondere auch die Finanzierungskosten einschließlich des Zins- und Kostenaufwands (vgl. BGH NJW-RR 1990, 229, 230; NJW-RR 2005, 751; NJW 2004, 1868, 1870).

3) Der formularmäßige "außergerichtliche Vergleich" vom 01.09.2005 vermag Ansprüche der Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten nicht auszuschließen. Dahin stehen kann, ob der Vergleich, nach dem "weitere Ansprüche" gegen die Beklagte ausgeschlossen sein sollen, überhaupt dem hier in Frage stehenden Recht auf Rückabwicklung des Vertrags aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen entgegen gehalten werden kann, zumal der "Vergleich" nach den Gesamtumständen lediglich einen Teilakt der von der Beklagten betriebenen systematischen Entrechtung ihrer Kunden darstellen dürfte.

Jedenfalls ist der "außergerichtliche Vergleich" nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, da er mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 779 BGB nicht zu vereinbaren ist und die Klägerin daher unangemessen benachteiligt.

Bei dem Vergleichsformular der Beklagten handelt es sich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 BGB). Dass noch handschriftliche Ergänzungen im Formular vorzunehmen sind, steht dem nicht entgegen (vgl. BAGE 114, 97 = NJW 2005, 3164, 3165; BGH NJW 1991, 2768, 2769).

Die Vereinbarung unterliegt nach § 307 Abs. 3 S. 1der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, da sie eine von den Rechtsvorschriften des Kaufrechts abweichende oder diese ergänzende Regelung schafft. Anders als etwa bei einem selbständigen Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) begründet ein Vergleich keine abstrakte Verpflichtung, die die Hauptleistung eines neuen Geschäfts darstellt und daher der Inhaltskontrolle grundsätzlich entzogen ist (vgl. BGH NJW 1987, 2014, 2015 und BAG a.a.O., S. 3165), sondern er gestaltet -nicht anders als etwa ein bestätigendes Schuldanerkenntnis- das bestehende Schuldverhältnis um (vgl. zur Wirkung des Vergleichs BGH NJW 2002, 1503) und ist damit der Inhaltskontrolle zu unterziehen (s. BAG a.a.O., S. 3166; BGH NJW 1985, 970).

Bei der Prüfung der Vereinbarkeit mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) ist auf § 779 BGB abzustellen. Ein Vergleichsschluss setzt nach dieser Vorschrift voraus, dass der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Die einseitig vorgegebene Umgestaltung eines Rechtsverhältnisses durch Allgemeine Geschäftsbedingungen widerspricht diesem Modell, weil ihr kein gegenseitiges Nachgeben zugrunde liegt. Soweit durch Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Rechtsverhältnisse entsprechend der einseitigen Festsetzung des Verwenders umgestaltet werden, sind sie daher unwirksam (so BAGE a.a.O., S. 3166 für den rechtlich gleich liegenden Fall des formularmäßigen bestätigenden Schuldanerkenntnis).

Der von der Beklagten am 01.09.2005 formularmäßig erklärte und als "außergerichtlicher Vergleich" deklarierte Verzicht auf jegliche weiteren Ansprüche ist damit unwirksam.

II. Der Senat kann bei seiner Tenorierung entsprechend der Anregung bzw. Bitte der Klägerin, die jedoch keine Anschlussberufung i.S. von § 524 ZPO darstellt, berücksichtigen, dass durch die während des Berufungsverfahrens erfolgte vorbehaltlose Erfüllung des Herausgabeanspruchs der Beklagten am PKW G und am Benzingutschein die Zug-um-Zug-Beschränkung im Tenor zu 1.a) und der Tenor zu 2. des landgerichtlichen Urteils gegenstandslos geworden sind. § 528 ZPO steht der Berücksichtigung in dieser Situation, in der die Erfüllung unstreitig erfolgt ist, nicht entgegen. Das Verschlechterungsverbot schützt nicht das Vertrauen des Berufungsführers darauf, dass eine durch Erfüllung gegenstandslos gewordene Tenorierung nur deshalb bestehen bleibt, weil der Schuldner eine Berufung nicht engelegt hat, was dieser allein mit dem Ziel der Anpassung des Tenors auch nicht zulässig tun konnte (vgl. zur Unzulässigkeit der Berufung mangels Beschwer nach freiwilliger Leistung BGH NJW 2000, 1120; NJW 1994, 942, 943; NJW-RR 2001, 1571). Selbst im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens -und nicht nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage, § 767 ZPO- ist die Erfüllung zu berücksichtigen (BGH NJW 2005, 367).

III. Die Kostenentscheidung beruht in Bezug auf die Kosten erster Instanz auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 91a ZPO und in Bezug auf die Kosten des Berufungsverfahrens auf den §§ 91a, 97 Abs. 1 ZPO. Im Umfang der Widerklage beruht die Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien auf § 91a ZPO. Die Entscheidung des Landgerichts, dass die Klägerin zur Herausgabe des PKW G verpflichtet war, jedoch nur Zug um Zug gegen die Erfüllung der im Tenor zu 1. seines Urteils ausgewiesenen Verpflichtungen, ist zutreffend. Auch die Beklagte hat in der Berufung nur ein Nichtbestehen des Zurückbehaltungsrechts aus tatsächlichen Gründen -mangels Verpflichtung gemäß Tenor zu 1.- geltend gemacht, nicht jedoch rechtliche Gründe aufgezeigt, aus denen das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB nicht bestanden habe. Das Unterliegen der Klägerin bei der Widerklage ist -zumal auch die Beklagte im Umfang der Zug-um-Zug-Beschränkung unterlegen ist- geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht, so dass das Landgericht zutreffend § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO angewandt hat.

Das von der Beklagten in der Berufung weiterverfolgte Begehren auf Wegfall der Zug-um-Zug-Beschränkung im Tenor zu 2. war unbegründet (s.o.), so dass die Berufung ohne das erledigende Ereignis keinen Erfolg gehabt hätte. Die Beklagte hat daher die Kosten zweiter Instanz nach den §§ 91a, 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Revisionszulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Insbesondere handelt es sich bei der Annahme eines Anspruchs aus c.i.c. wegen auf Fehlvorstellung des Kunden angelegter Ausgestaltung von Werbung und tatsächlichem Vertrag um die Anwendung eines anerkannten allgemeinen Rechtssatzes auf den Einzelfall, d.h. in Bezug auf die Vertragsgestaltung der Beklagten. Es ist weder ersichtlich, dass die Praxis der Beklagten verbreitet oder gar üblich ist, noch dass der Senat in seiner Beurteilung von der Rechtsprechung anderer Gerichte abweicht.



Ende der Entscheidung

Zurück