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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 25.10.2004
Aktenzeichen: 2 U 145/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 707 Abs. 1 | |
ZPO § 719 analog | |
ZPO § 720a |
2. Für diese Entscheidung werden die voraussichtlichen Folgen einer unterbliebenen Sicherheitsanordnung bei gedachtem anschließendem Erfolg des Rechtsmittels der beklagten Partei in der Hauptsache abgewogen gegen die voraussichtlichen Folgen einer angeordneten Sicherheitsleistung und der vorweggenommenen Konsequenz, dass ihrem Rechtsmittel der Erfolg versagt bleibt (so genannte Doppelhypothese). Bei konkreter Insolvenzgefahr der beklagten Partei kommt eine solche Anordnung nur in Betracht, soweit das Berufungsverfahren nach Aktenlage eindeutig zu ihren Gunsten auszugehen verspricht.
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 2 U 145/03
In dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Kammergerichts am 25. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Weiß und die Richter am Kammergericht Gröning und Buck beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Beklagten, die Sicherungsvollstreckung der Klägerin gemäß § 720a ZPO aus dem Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des Landgerichts Berlin vom 18. Juni 2003 - 97 O 189/02 - einzustellen, eventuell eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben und anzuordnen, dass die Sicherungsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung begonnen oder fortgesetzt werden darf, wird zurückgewiesen.
Gründe:
A.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (Käuferin) erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 12. Januar 2001 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin (F. AG, Verkäuferin) die Geschäftsanteile mehrerer Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie die gesamten Betriebsgrundlagen der Verkäuferin, deren Geschäftsbetrieb auf die Entwicklung und den Vertrieb von Logistiksystemen, insbesondere Software, Computern und die Projektplanung gerichtet war, zum Kaufpreis von 6,35 Mio. DM. Dabei vereinbarten die Kaufvertragsparteien einen Gewährleistungseinbehalt von 2,6 Mio. DM. Einbezogen war dabei ein mit einem weiteren Vertrag veräußertes Unternehmen (L. GmbH).
Der Einbehalt sollte Vermögensverschlechterungen bei der Verkäuferin hinsichtlich des übertragenen Vermögens sowie bei den verkauften Gesellschaften auf den 31. Dezember 2000 absichern. Als Vermögensverschlechterung galt jede Minderung des Vermögens, die bei der Verkäuferin und diesen Gesellschaften im Zeitraum vom Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 bis zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2000 eintreten sollte. Bei der Verkäuferin sollte zu diesem Zweck eine Pro-Forma-Bilanz auf den 31. Dezember 2000 aufgestellt werden. Bei den Gesellschaften und der Logis waren Bilanzen auf den 31. Dezember 2000 aufzustellen. Als Vermögen zum 31. Dezember 1999 galt das der Erwerberin von der Verkäuferin mitgeteilte Eigenkapital zum 31. Dezember 1999 der Gesellschaften gemäß dem Bericht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über den eingeschränkten Revieuw der Rechnungslegung zum 31. Dezember 1999 bzw. 31. Juli 2000 der F. - Gruppe in P. Für das Eigenkapital der Verkäuferin galt ein Betrag von 2.600.000 DM zum 31.12.1999 für Zwecke des Vermögensvergleichs als vereinbart.
Darüber hinaus, nach § 32 Abs. 5 des Vertrages, war Zweck des Gewährleistungseinbehalts die Sicherung etwaiger weiterer Garantie-, Erfüllungs- oder -Schadensersatzansprüche der Erwerberin gemäß den Bestimmungen des Vertrages, soweit solche Ansprüche nicht bereits durch die übrigen Gewährleistungsregelungen ausgeglichen waren.
Nach Ablauf der vereinbarten Gewährleistungsfrist berief sich die Käuferin darauf, den Einbehalt nicht auskehren zu müssen. Der daraufhin erhobenen Klage auf Zahlung von 1.329.358,89 € hat das Landgericht in Höhe von 725.704,87 € nebst Zinsen stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen das Urteil haben beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt: Die Klägerin erstrebt eine Verurteilung der Beklagten in voller Höhe, die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.
Die Klägerin hat nunmehr die Sicherungsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil für den Fall angekündigt, dass die Beklagte keine Sicherheit leistet. Die Beklagte, die dazu nicht in der Lage zu sein unter Glaubhaftmachung behauptet, hat daraufhin beim Senat im Wesentlichen beantragt anzuordnen, dass die Sicherungsvollstreckung gemäß § 720a nur gegen Sicherheitsleistung begonnen oder fortgesetzt werden darf.
B.
I.
Der Antrag, anzuordnen, dass die Sicherungsvollstreckung gemäß § 720a nur gegen Sicherheitsleistung begonnen oder fortgesetzt werden kann, ist statthaft und auch sonst zulässig. Zwar ist ein solcher Rechtsbehelf im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen; insbesondere verweist § 720a ZPO nicht auf § 707 Abs. 1 und § 719 ZPO. Die entsprechende Anwendung der in diesen Bestimmungen enthaltenen Regelungen kommt jedoch in Betracht, wenn der Schuldner darlegt und glaubhaft macht zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage zu sein und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde (vgl. auch Stein/Jonas/Münzberg, Komm. zur ZPO, 21. Aufl. § 720a Rn. 8). Letzteres ist anzunehmen, wenn schon die Sicherungsvollstreckung die konkrete Insolvenzgefahr des Schuldners heraufbeschwört (so schon OLG Köln ZIP 1994, 1053 ff.). Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Die Beklagte stützt sich darauf, dass ihr bei einer Sicherungsvollstreckung durch Kontenpfändung Illiquidität und Insolvenz drohen.
II.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Einem Antrag, die Sicherheitsvollstreckung des Gläubigers von der Erbringung einer Sicherheit abhängig zu machen, ist nicht schon dann ohne weiteres zu entsprechen, wenn die Sicherungsvollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Vielmehr sind die beteiligten Vermögensinteressen gegeneinander abzuwägen, und zwar nach der so genannten Doppelhypothese. Dabei werden die voraussichtlichen Folgen einer unterbliebenen Sicherheitsanordnung bei anschließendem Erfolg des Rechtsmittels (der Beklagten) in der Hauptsache abgewogen gegen die Folgen einer angeordneten Sicherheitsleistung und der gedachten Konsequenz, das dem Rechtsmittel der Beklagten der Erfolg versagt bleibt (vgl. zur Doppelhypothese Schoch in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner VwGO, § 80 Rn. 251).
Für den Streitfall ergibt sich: Unterbleibt die Sicherheitsanordnung und erweist sich die Berufung der Beklagten am Ende als erfolgreich, ist zu befürchten, dass sie zuvor bereits einen irreversiblen Schaden erlitten haben und insolvent geworden sein könnte, wobei die Beklagte bezweifelt, dass spätere Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin aus § 717 Abs. 2 ZPO durchsetzbar sein würden, weil diese nicht über ausreichende Vermögenswerte verfüge. Für ihren Kenntnisstand dazu beruft sie sich auf die Einblicke ihres Geschäftsführers in seiner Eigenschaft als Aktionär der Klägerin.
Wird der Klägerin die Sicherungsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung und ohne Sicherheitsleistung der Beklagten gestattet, wird ihr mit dieser Entscheidung das volle Insolvenzrisiko der Beklagten auferlegt. Wie erheblich dieses Risiko ist, folgt daraus, dass die Beklagte selbst keine Sicherheit nach § 720a ZPO leisten zu können vorgibt und geltend macht, durch die Sicherungsvollstreckung in Höhe des ausgeurteilten Betrages (knapp 726.000 €) zuzüglich Zinsen in unmittelbare Insolvenzgefahr zu geraten. Dabei fällt zu ihren Lasten zusätzlich ganz erheblich ins Gewicht, dass selbst dieser labile Liquiditätsstatus nur durch vertragswidrigen Einsatz des Gewährleistungseinbehalts von 1.329358,80 € aufrechtzuerhalten war. Diesen Einbehalt hat sie, wie sie auf Anfrage des Senats eingeräumt hat, in ihren Geschäftsbetrieb einfließen lassen, obwohl sie nach dem Kaufvertrag verpflichtet war, ihn auf einem Sonderkonto mit für Festgelder marktüblicher Verzinsung zu hinterlegen.
Unter diesen Umständen kann dem Antrag, der Klägerin die Sicherungsvollstreckung nur gegen eigene Sicherheitsleistung zu gestatten, nur stattgegeben werden, soweit die Berufung der Beklagten nach Aktenlage eindeutig Erfolg verspricht und dieser auch nicht durch den etwaigen Erfolg des von der Klägerin gegen die Teilabweisung eingelegten Rechtsmittels kompensiert wird. Im Einzelnen gilt dazu:
1. Berufung der Beklagten
a) Darlehen von 650.000
Die bilanzielle Behandlung des Darlehens ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ein auf die Nichtpassivierung des Darlehens gestützter anteiliger Gewährleistungseinbehalt ist nicht gerechtfertigt. Die Darlehensverbindlichkeit ist im Rahmen des Erwerbs der Betriebsgrundlagen der F. AG [Verkäuferin] (§§ 11 ff. des notariellen Vertrages vom 12. Januar 2001) von der Erwerberin übernommen worden und hat bei der danach gebotenen wirtschaftlich-wertenden Betrachtung das Eigenkapital der Verkäuferin nicht mehr gemindert. Die Verkäuferin war infolge der vertraglichen Vereinbarung nicht mehr Schuldnerin des Darlehens, sondern dies war danach allein die Erwerberin. Entgegen der Ansicht der Berufung musste die Verkäuferin eine Verbindlichkeit der Erwerberin in ihrer eigenen Bilanz nicht passivieren.
Zu den vertraglichen Vereinbarungen korrespondieren im Übrigen die Absichtserklärungen der Beteiligten vom 11. und 30. Oktober 2000. Danach sollte das Darlehen nur zurückgezahlt werden, sofern die Parteien keine abweichende schriftliche Regelung treffen. Eine solche abweichende Regelung ist indes wirtschaftlich getroffen worden, indem im Kaufvertrag die Übernahme des Darlehens durch die Erwerberin vereinbart worden ist. Dem Umstand, dass die Parteien des Kaufvertrags nicht mit denen der Absichtserklärungen identisch sind, ist nach Ansicht des Senats keine erhebliche Bedeutung beizumessen, weil die Erwerberin die Tochtergesellschaft der M. Log. AG, die den Erwerb ersichtlich gesteuert hat. Im Übrigen sind letztlich nicht die Absichtserklärungen für die rechtliche Beurteilung entscheidend, sondern die vertraglichen Vereinbarungen. Danach war die Verkäuferin nicht verpflichtet, das Darlehen eigenkapitalmindernd zu berücksichtigen.
Würde der Beklagten insoweit ein Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 650.000 DM gestattet, liefe das wirtschaftlich auf die doppelte Berücksichtigung dieses Betrages zu ihren Gunsten hinaus.
b) Weitere Vermögensverschlechterung von 750.986,33 DM
In diesem Punkt verspricht die Berufung der Beklagten ebenfalls keine Aussichten auf Erfolg. Diese Summe ist erstinstanzlich nur hilfsweise ohne substanziellen Vortrag, sondern allein unter Bezugnahme auf ein Schreiben der Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Anlage B 4) für den Fall in den Rechtsstreit eingeführt worden, dass es aus Sicht des erkennenden Gerichts darauf ankommt (also für den Fall, dass vorrangige Positionen nicht zuerkannt würden). In einem solchen Fall kann ein substanzieller Vortrag indes nicht unter die Bedingung eines richterlichen Hinweises gestellt werden. Das Gericht kann darüber, ob es auf diesen zusätzlichen Betrag für die Verteidigung gegen die Klageforderung ankommt, naturgemäß erst in der Schlussberatung befinden und es würde die gerichtlichen Hinweispflichten überspannen, wenn das Gericht verpflichtet wäre, die anwaltlich vertretene Partei auf diese prozessuale Selbstverständlichkeit hinzuweisen. Im Übrigen hat die Berufung auch nicht mit der Berufungsbegründung vorgetragen, was sie ausgeführt hätte, wenn das Landgericht einen entsprechenden Hinweis erteilt hätte.
c) Im Umlaufvermögen aktivierte Entwicklungskosten bezüglich der EDV-Software "Logis 2000" über 919.640 DM.
Bezüglich dieser Position erachtet der Senat die Berufung der Beklagten beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand im Ergebnis als offen. Ihr ist zunächst darin zu folgen, dass allein der Umstand, dass die Software schon in der Bilanz für 1999 so verbucht ist, wie in der für 2000, der Zurückbehaltung dieses Betrages entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht entgegensteht. Diese gleichartige Verbuchung mag zwar dazu führen, dass der für die Gewährleistung maßgebliche Wert des Eigenkapitals insoweit keine Veränderung erfährt. Entscheidend ist jedoch, ob es dem Willen der Kaufvertragsparteien entspricht, dass es in jedem Fall ohne Einfluss auf die Rechte der Käuferin bleiben sollte, wenn sich herausstellte, dass schon der Wert des Eigenkapitals auf den Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 erheblich hinter dem errechneten Betrag zurückblieb. Das ist fraglich. Die Verkäuferin hat nämlich in § 30 Nr. 1 des Kaufvertrags garantiert, dass die übergebenen Jahresabschlüsse nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen, handelsrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften, erstellt worden sind und der Jahresabschluss zum 31.12.1999 ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes, vollständiges und richtiges Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft wiedergibt.
Sofern einer der Jahresabschlüsse nicht nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und nicht in Übereinstimmung mit den gesetzlichen, handelsrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften erstellt worden ist, weil bei Erstellung der Bilanz der Verkäuferin das Aktivierungsverbot des § 248 Abs. 2 HGB missachtet worden ist, kann darin ein Verstoß gegen das diesbezügliche Garantieversprechen liegen, der bei einer an den §§ 133 und 157 BGB orientierten ergänzenden Auslegung des Kaufvertrages Gewährleistungsansprüche durchaus nach sich ziehen kann.
Nach § 248 Abs. 2 HGB dürfen für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die nicht entgeltlich erworben wurden, Aktivposten nicht angesetzt werden. Lediglich für dem Umlaufvermögen zuzurechnende immaterielle Vermögensgüter besteht dieses Aktivierungsverbot nicht (vgl. Förschle in Beck'scher Bilanzkommentar § 248 HGB Rn. 8).
Bei Software handelt es sich um ein immaterielles Vermögensgut (BFH, Urt. v. 3.7.1987, BStBl. II, 728). Die Software "Logis 2000" ist auch unstreitig von der Klägerin selbst erstellt worden (Replik der Klägerin S. 6, Bl. 41 d. A.), also nicht entgeltlich erworben worden. Zu den immateriellen Vermögensgütern sind des Weiteren Lizenzen für Software zu rechnen (vgl. Förschle aaO Rn. 7). Danach bestand ein Aktivierungsverbot, es sei denn, die Software und die Lizenzen wären dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Dafür bestehen indes keine zureichenden Anhaltspunkte. Zum Umlaufvermögen gehören die Wirtschaftsgüter, die zum Verbrauch und zur Weiterveräußerung bestimmt sind. Nach den Darlegungen der Arthur Andersen Wirtschaftsprüfergesellschaft (Anlage B 3), auf die die Beklagte sich zur Verteidigung bezieht, handelt es sich bei der Software und den Lizenzen an gewerblichen Schutzrechten um Standardlösungen bzw. Grundmodule von Softwarepaketen, die von der Gesellschaft im Rahmen ihrer Projekte bei den Kunden implementiert werden, wobei das Eigentumsrecht bei der Gesellschaft verbleibt. Insgesamt hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft festgestellt, dass aktivierte Entwicklungskosten aufwandswirksam mit einen auf das Eigenkapital quantifizierbaren Effekt von 919.640 DM zu verrechnen sind. Diesem Vorbringen ist die Klägerin nicht mit der ihr möglichen und zumutbaren Substanziierung entgegengetreten.
Offen für den Ausgang des Berufungsverfahrens erscheint dem Senat beim gegenwärtigigen Sach- und Streitstand, inwieweit eine falsche bilanzielle Behandlung Auswirkungen auf die von den Kaufvertragsparteien angenommene wirtschaftliche Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung hat.
2. Berufung der Klägerin
Das Rechtsmittel der Klägerin verspricht nach Aktenlage keine Aussichten auf Erfolg.
Der Senat folgt der Auslegung des Landgerichts, wonach die Unterbrechung der Verjährung nach dem Vertrag nicht davon abhängig war, dass die einzelnen Positionen mit Auswirkungen auf das Eigenkapital spezifiziert wurden, sondern dass es ausreichen sollte, dass der Anspruch als solcher geltend gemacht wird.
Die Klägerin beanstandet des Weiteren, das Landgericht habe ihren Einwand, das Schreiben der M. Log. AG vom 22. Mai 2002 sei nicht von einer vertretungsberechtigten Person unterzeichnet worden. Unstreitig ist in erster Instanz letztlich geblieben, dass das Schreiben vom damaligen Vorstandsmitglied der M. Dr. O. unterzeichnet worden ist. Die Klägerin hat lediglich noch darauf verwiesen, er sei nicht bevollmächtigt gewesen, das Schreiben zu unterzeichnen (Schriftsatz vom 6. Juni 2003 S. 5).
Wie sich aus den Angaben auf den Fußzeilen des Schreibens selbst ergibt, war Dr. O. seinerzeit Mitglied des Vorstands der M. AG. Die Frage der Vertretungsmacht kann indes auf sich beruhen. Mit dem Schreiben wurde ein einseitiges Rechtsgeschäft vorgenommen, für dessen Vornahme Dr. O. vertretungsberechtigt zu sein zumindest konkludent behauptet und bei dem die Klägerin das Fehlen der Vertretungsmacht nicht beanstandet hat. Nach § 180 BGB finden in einem solchen Fall die Vorschriften über Verträge Anwendung; das Geschäft konnte also genehmigt werden. Eine solche Genehmigung ist ohne jeden Zweifel erfolgt, zumal es sich bei der Geltendmachung des Gewährleistungseinbehalts um ein einseitig begünstigendes Rechtsgeschäft handelte.
Soweit das Landgericht eine relevante Eigenkapitaldifferenz von 1.180.644 DM festgestellt hat, trägt die Berufung nichts Erhebliches dazu vor, wodurch die Richtigkeit dieser Feststellung infrage gestellt würde. Die Klägerin hatte erstinstanzlich den Vortrag der Beklagten zur Eigenkapitaldifferenz einfach bestritten und eine detaillierte Stellungnahme angekündigt (Schriftsatz vom 24. März 2003 S. 6). Dass eine solche substanzielle Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beklagten später erfolgt wäre, behauptet die Klägerin selbst nicht. Da es sich bei dem Vorbringen der Beklagten hierzu um Daten handelte, die die Beklagte auf der Basis der Einzelabschlüsse der verkauften Unternehmen errechnet hat, musste die Klägerin dazu substanziiert Stellung beziehen. Das gilt insbesondere für die Eigenkapitaldifferenz im Abschluss der Verkäuferin selbst, die mit 1.039.172,01 DM den mit Abstand größten Teil aller Positionen ausmachte.
Der Berufung der Klägerin können danach keine Erfolgsaussichten beigemessen werden.
Nach alledem waren die Anträge zur Sicherungsvollstreckung zurückzuweisen. Soweit der Senat den Ausgang des Berufungsverfahrens als offen erachtet (oben B.II.1.c), reicht das unter Berücksichtigung der betroffenen Interessen und nach Treu und Glauben nicht aus, um dem Antrag teilweise zum Erfolg zu verhelfen, weil die Beklagte den Gewährleistungseinbehalt nicht vertragsgemäß behandelt hat.
Ende der Entscheidung
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