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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 27.11.2008
Aktenzeichen: 2 Verg 4/08
Rechtsgebiete: VOL/A, GWG, BGB


Vorschriften:

VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 1
GWG § 97
BGB § 242
1 a. Bei der Entscheidung der Vergabestelle darüber, ob ein Angebot keine Berücksichtigung bei der Vergabe gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A findet, steht der Vergabestelle ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die Entscheidung ist in der Nachprüfungsinstanz nur danach zu überprüfen, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, der Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt, die selbst aufgestellten Vorgaben beachtet und keine sachwidrigen oder gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßenden Erwägungen angestellt wurden.

1 b. Zu den "allgemeinen Bewertungsgrundsätzen", im o. g. Sinne.

2 a. Die Vergabestelle ist auf Grund vergaberechtlicher Vorschrift - etwa auf Grund § 97 GWB oder § 25 Nr. 2 VOL/A - nicht allgemein verpflichtet, von sich aus Erkundigungen über die Eignung eines Bewerbers einzuholen.

2 b. Hat die Vergabestelle in den Ausschreibungsunterlagen lediglich vorgegeben, dass die Bewerber eine "aktuelle Liste mit nach Art und Größe vergleichbaren Referenzobjekten" ihrer Bewerbung beizufügen hätten, enthält dies keine Festlegung dahingehend, dass die Vergabestelle zu allen in den Bewerbungen genannten Referenzobjekten Erkundigungen einholen würde.

3. Die Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A ist rein objektiv zu bestimmen; im Rahmen der Prognose, die die Vergabestelle zur Feststellung der Eignung anzustellen hat, kann ohne weiteres auch auf frühere Fehlleistungen des Bewerbers abgestellt werden, die dieser nicht gewollt oder ohne Rechtsverletzungsbewußtsein begangen hat.

4 a. Die Vergabestelle hat im Rahmen ihrer Prognose gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A kein gerichtsähnliches Verfahren zur Feststellung bestimmter früherer Fehlleistungen einzelner Bewerber durchzuführen; ausreichend ist es u.a., dass eine von der Vergabestelle eingeholte Referenz auf seriöse Quellen zurückgeht und keine bloßen Gerüchte wiedergibt, sondern eine gewisse Erhärtung des Verdachts der Ungeeignetheit zulässt.

4 b. Der übereinstimmende Bericht zweier Schulhausmeister gegenüber ihrem Dienstherren kann jedenfalls dann als "seriöse Quelle" angegeben werden, wenn die Hausmeister erkennbar um die Abgabe eines differenzierten Bildes bemüht sind und nicht pauschal negativ gegenüber dem Bewerber eingestellt sind.

5. Ist nicht zu erkennen, dass die Vergabestelle ihre Prognose gemäß § 25 Nr. 2, Abs. 1 VOL/A maßgeblich auf Vorfälle stützt, die sie nicht hätte heranziehen dürfen, führt die fehlende Heranziehbarkeit nicht zur Beanstandung der Prognoseentscheidung.

6. Der Auftraggeber eines Vertrages über die Reinigung diverser Unterkünfte, die von Dritten bewohnt werden, hat dem Auftragnehmer nur dann den jederzeitigen Zugang zu den Unterkünften zu ermöglichen, wenn er sich hierzu in dem Vertrag eigens verpflichtet; aus § 242 BGB ergibt sich eine solche Pflicht nicht ohne weiteres. Die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bleiben unberührt.


Kammergericht

Beschluss

Geschäftsnummer: 2 Verg 4/08

In dem Verfahren über den Antrag gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB

hat der Vergabesenat des Kammergerichts am 27. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Hawickhorst und die Richter am Kammergericht Dittrich und Dr. Glaßer beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Berlin vom 15. Oktober 2008 - VK-B1-17/08 - zu verlängern, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten dieses Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

3. Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 871.679,30 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der zulässig Antrag ist unbegründet. Denn die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Berlin vom 15. Oktober 2008 - 2 Verg 3/08 - ist ohne Aussicht auf Erfolg (zur Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsmittels als Maßstab für die Begründetheit des Antrages nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB: Otting in Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 118 Rdnr. 6; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, 4. Aufl. 2007, GWB, § 118 Rdnr. 13; Storr in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Band 2, 2006, § 118 Rdnr. 12). Dies ergibt sich aus Folgendem:

1. Bei der Entscheidung der Vergabestelle darüber, ob ein Angebot keine Berücksichtigung bei der Vergabe gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A findet, steht der Vergabestelle ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (OLG Schleswig, OLGR 2008, 493 [496]; OLG Rostock, OLGR 2007, 24 [24]; OLG Frankfurt, OLGR 2005, 67 [70]; OLG Braunschweig, OLGR 2004, 442 [444]); OLG Saarbrücken, OLGR 2003, 342 [343]; OLG Hamburg, NVwZ 2000, 714 [715]). Denn die Feststellung, dass ein Bieter nicht die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzt, um einen Auftrag zufriedenstellend auszuführen, ist Ergebnis einer fachlich-tatsächlichen Prognose, die zum einen - ähnlich einer Bewertungsentscheidung in Prüfungsverfahren - auf einer Vielzahl von Detailerwägungen beruht, für welche die Verwaltungsbehörde in aller Regel fachlich besser geeignet und erfahrener ist als die Nachprüfungsinstanz. Zum anderen geht im Geschäftsverkehr jeder Auftragserteilung die subjektive Einschätzung des Auftraggebers voraus, Vertrauen in die künftige gute Zusammenarbeit mit dem ausgewählten Auftragnehmer haben zu können. Es ist nicht das Regelungsanliegen des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A, dieses allgemein sinnvolle Auswahlkriterium im Falle öffentlicher Auftragsvergaben auszuschließen (ähnlich OLG Frankfurt, OLGR 2005, 67 [70], wonach die Auswahlentscheidung nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A "auf der Grundlage eines an der Überzeugung der Vergabestelle orientierten, eher subjektiven Maßstabes erfolgen [darf]").

Die Entscheidung der Vergabestelle gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A ist in der Nachprüfungsinstanz nur danach zu überprüfen, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, der Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt, die selbst aufgestellten Vorgaben beachtet und keine sachwidrigen oder gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßenden Erwägungen angestellt wurden (OLG Schleswig, OLGR 2008, 493 [496]; Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Aufl. 2007, § 97 Rdnr. 396 a.E.; ähnlich für § 7 Nr. 5 Buchstabe c. VOL/A: OLG München, OLGR 2006, 594 [594]; anders OLG Frankfurt, OLGR 2005, 67 [70], wonach eine Verletzung des Beurteilungsspielraums sogar nur dann vorliegt, wenn die von der Vergabestelle getroffenen Sachverhaltsermittlungen und -feststellungen oder die Anwendung vergaberechtlicher Rechtsbegriffe auf willkürlichen und sachwidrigen Erwägungen beruhen; ähnlich: Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. 2007, § 97 Rdnr. 142, wonach die Entscheidung der Vergabestelle "daraufhin überprüfbar ist, ob die Eignungskriterien zutreffend bestimmt sind und ob im Rahmen der Eignungsprüfung sachwidrige Erwägungen angestellt wurden"; anders wiederum OLG Rostock, OLGR 2007, 24 [24], wonach "die Prüfung des Beschwerdegerichts in tatsächlicher Hinsicht darauf beschränkt ist, ob der Bewertung schwere, offenkundige Fehler anhaften, [weil z.B.] die Wertung der Vergabestelle willkürlich, unangemessen oder abweichend von der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen erfolgt"; in dieselbe Richtung: Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Aufl. 2007, § 97 Rdnr. 398, wonach "letztlich entscheidend ist, ob die subjektive Bewertung des Auftraggebers vertretbar und nicht völlig haltlos ist", m.w.N.).

2. Hiernach ist vorliegend Folgendes festzustellen:

a) Anhaltspunkte dafür, dass das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten, der Sachverhalt nicht vollständig oder zutreffend ermittelt oder die selbst aufgestellten Vorgaben nicht beachtet wurden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere musste der Antragsgegner nicht die Referenz der Stadt Hannover einzuholen, die die Antragstellerin in ihrer Bewerbung genannt hatte.

Denn zum einen ist die Vergabestelle nicht auf Grund vergaberechtlicher Vorschrift - etwa auf Grund § 97 GWB oder § 25 Nr. 2 VOL/A - allgemein verpflichtet, von sich aus Erkundigungen über die Eignung eines Bewerbers einzuholen (ebenso Noch in Müller-Wrede, VOL/A, 2. Aufl. 2007, § 25 Rdnr. 206). Zum anderen musste der Antragsgegner nicht auf Grund seiner eigenen Vorgaben, die in den Ausschreibungsunterlagen enthalten waren, Erkundigungen bei der Stadt Hannover einzuholen. In den Ausschreibungsunterlagen hatte der Antragsgegner nämlich lediglich vorgegeben, dass die Bewerber eine "[a]tuelle Liste mit nach Art und Größe vergleichbarer Referenzobjekte" ihrer Bewerbung beizufügen hätten (Seite 6 der Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union; Ordner 1 Bl. 8 d. Vergabeakten). Eine Festlegung des Antragsgegners dahingehend, dass er zu allen in den Bewerbungen genannten Referenzobjekten Erkundigungen einholen würde, findet sich in der Ausschreibung daher nicht. Zudem war die Nichteinholung einer Auskunft der Stadt Hannover vorliegend auch deshalb zulässig, weil der ausgeschriebene Gebäudereinigungsauftrag naturgemäß mit lokalen Projektleitungs- und Reinigungskräften auszuführen ist und die Referenz für ein weit auswärtiges Gebäudereinigungsobjekt daher keine nennenswerte Aussagekraft für die streitgegenständliche Bewerbung hat.

b) Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Antragsgegner sachwidrige Erwägungen angestellt hat.

aa) Nicht sachwidrig war es, folgende Vorfälle zur Verneinung der Eignung der Antragstellerin heranzuziehen:

(1) BBBB schule

In dem Reinigungsobjekt "BIII schule" kam es wiederholt zu erheblichen Reinigungsmängeln der Antragstellerin. Diese gingen so weit, dass sich der Auftraggeber, das Bezirksamt Cggggggg von Berlin, nach zweimaliger erfolgloser Abmahnung veranlasst sah, im bbb 2007 den diesbezüglichen Reinigungsvertrag mit der Antragstellerin zu kündigen.

Dieser Sachverhalt ist als unstreitig anzusehen. Denn der Antragsgegner hat sich im Verfahren vor der Vergabekammer auf den Vorfall bezogen, ihn als "besonders schwerwiegend" bezeichnet und das diesbezügliche Kündigungsschreiben des Bezirksamtes Cnnnnnnn von Berlin vom 5. September 2007 vorgelegt (Seite 3 f. des Schriftsatz vom 1. September 2008 nebst Anlage 1, Bl. 136 f. u. 140 der Verfahrensakte der Vergabekammer). Zudem hat die Vergabekammer - mit Schreiben vom 2. September 2008 (Bl. 145 i.V.m. 129 f. der Verfahrensakte der Vergabekammer) - die Auskunft des Bezirksamtes Cttttttt von Berlin vom 14. Juli 2008 (Ordner 2 Bl. 762 d. Vergabeakte), in der u.a. auch auf den Vorfall Bezug genommen wurde - ohne die Bnnn schule allerdings zu nennen -, der Antragstellerin in Kopie übersandt. Schließlich hat die Vergabekammer in ihrer angefochtenen Entscheidung auf den Vorfall ausdrücklich Bezug genommen (Seite 6 der Entscheidung, Bl. 21 d.A.). Gleichwohl hat die Antragstellerin die Reinigungsmängel in der Bttt schule weder im Verfahren vor der Vergabekammer noch im Verfahren vor dem Senat in Abrede gestellt oder sonstig hierzu vorgetragen.

(2) IIII club H straße

In dem Reinigungsobjekt "IIII club H straße", das ein Auftragsvolumen von jährlich EUR hatte, kam es wiederholt zu erheblichen Reinigungsmängeln der Antragstellerin. Diese gingen so weit, dass sich der Auftraggeber, das Bezirksamt C von Berlin, veranlasst sah, im llll 2008 den diesbzüglichen Reinigungsvertrag mit der Antragstellerin zu kündigen.

Die Antragstellerin hat diesen Sachverhalt zugestanden.

(3) IIII unterkünfte der Abteilung B

In dem Reinigungsobjekt "IIII unterkünfte der Abteilung B ", das ein Verbund mehrerer kleiner Objekte im Zuständigkeitsbereich des Bezirksamt Ciiiiiii von Berlin darstellt, kam es wiederholt zu erheblichen Reinigungsmängeln der Antragstellerin. Nachdem das Bezirksamt der Antragstellerin im 2008 die Kündigung des diesbezüglichen Reinigungsvertrages in Aussicht gestellt hatte ("wenn bis Dienstag nicht ok, dann ist Schluss", Bl. 143 der Verfahrensakte der Vergabekammer) und eine Einigung zwischen den Vertragsparteien letztlich nicht erzielt werden konnte, kam die Antragstellerin dem Bezirksamt mit einer eigenen Kündigung zuvor.

Dieser Sachverhalt ist unstreitig. Die Antragstellerin trägt zu ihrer Entlastung lediglich vor, sie sei für die Reinigungsmängel nicht verantwortlich, weil die Bewohner der Unterkünfte die Reinigung derselben nur in ihrer Anwesenheit zugelassen hätten und die Antragstellerin nicht verpflichtet gewesen sei, sich auf individuell mit den Bewohnern abgestimmte Reinigungspläne einzulassen. Diesem Vortrag ist aus rechtlicher Sicht jedoch nicht zuzustimmen. Zwar hat der Auftraggeber eines Reinigungsvertrags gemäß § 242 BGB die Mitwirkungspflicht, dem Auftragnehmer Zugang zu dem Reinigungsobjekt zu verschaffen, da der Auftragnehmer andernfalls nicht in der Lage ist, seine Reinigungspflichten zu erfüllen. Zur Verschaffung eines jederzeitigen Zugangs ist der Auftraggeber jedoch jedenfalls dann nicht verpflichtet, wenn es sich bei dem Reinigungsobjekt um Unterkünfte handelt, die bekanntermaßen von Dritten bewohnt werden. Denn die Reinigung bewohnter Unterkünfte berührt u.a. auch die berechtigten Interessen der Bewohner an einem Schutz ihrer Privatsphäre und ihrer Vermögensgegenstände, die sie in den Unterkünften aufbewahren. Diese Interessen sind nach Treu und Glauben höher zu bewerten als das Interesse des Auftragnehmers an der möglichst effizienten Gestaltung seines Reinigungsplanes. Zudem wird der Auftraggeber zumindest mit erheblichen - tatsächlichen und rechtlichen - Schwierigkeiten konfrontiert sein, wenn es für ihn erforderlich werden sollte, die jederzeitige Zugangsgewährung bei den Bewohnern zu erzwingen. In Ermangelung einer vertraglichen Regelung, die entsprechende Mitwirkungsverpflichtungen des Antragsgegners vorsieht, lag daher die Gestaltung der Reinigungspläne im alleinigen Risikobereich der Antragstellerin. Eine Ausnahme kam allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Wegfalles der Geschäftsgrundlage (§§ 313 f. BGB) in Betracht. Die Antragstellerin hat jedoch nichts vorgetragen, was dafür spricht, dass vorliegend ein Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gegeben war.

(4) Räume der VRRRR schule in der A schule

Die Antragstellerin hatte sich gegenüber dem Antragsgegner zur Reinigung der Räume der VDDDD schule in der A schule gegen Zahlung von EUR netto jährlich verpflichtet. Im ppppp 2008 blieben die Räume jedoch mehrere Wochen ungereinigt. Die massiven Beschwerden der Vmmmm schulteilnehmer veranlassten den Schulleiter der A-schule, sich schriftlich über die mangelhafte Reinigungsqualität zu beklagen. Hierauf vertrat die örtliche Projektleitung der Antragstellerin den - unzutreffenden - Standpunkt, die Räume seien von dem Reinigungsvertrag nicht (mehr) umfasst. Erst auf das Schreiben des Antragsgegners vom ggggg 2008 hin (Ordner 2 Bl. 766 d. Vergabeakte) lenkte die Antragstellerin ein und nahm die Räume wieder in ihren Reinigungsplan auf.

Dieser Sachverhalt ist unstreitig. Die Antragstellerin trägt zu ihrer Entlastung lediglich vor, der Reinigungsmangel habe auf einem nicht beabsichtigten Versehen der örtlichen Projektleitung beruht. Dieser Vortrag ist aus rechtlicher Sicht jedoch nicht geeignet, die Heranziehung des Vorfalles zur Verneingung der Eignung der Antragstellerin als sachwidrig zu bewerten. Denn die Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A ist rein objektiv zu bestimmen. Auf irgendein Verschulden kommt es bei der Anwendung der Vorschrift nicht an; insbesondere ist die Eignung nicht erst dann zu verneinen, wenn der Bewerber seinen vertraglichen Pflichten vorsätzlich nicht nachkommt. Daher kann im Rahmen der Prognose, die die Vergabestelle zur Feststellung der Eignung anzustellen hat, ohne weiteres auch auf Fehlleistungen des Bewerbers abgestellt werden, die dieser nicht gewollt oder ohne Rechtsverletzungsbewußtsein begangen hat. Auch solche Fehlleistungen lassen mit gewisser Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass dem Bewerber ähnliche Fehlleistungen wieder unterlaufen werden.

(5) UUUU schule und S --- schule (Präsenz, Verlass auf Zusagen)

Bei der Prognoseentscheidung über die Eignung der Antragstellerin durfte ferner berücksichtigt werden, dass sich die Hausmeister der Ueee - und der S --- schule - nach der internen Referenzabfrage des Bezirksamtes T von Berlin, in dessen Zuständigkeitsbereich die Schulen fallen - darüber beklagt haben, "die Objektleitung der Antragstellerin zeige kaum Präsenz im Objekt, ... Absprachen würden nicht eingehalten ... [und] Zusagen über ausreichende Materiallieferungen würden ... nur ... eingehalten, nachdem seitens der Schulen mehrfach an die Dringlichkeit appelliert werde" (Ordner 2 Bl. 763 d. Vergabeakte).

Zwar ist der Antragstellerin darin zuzustimmen, dass der Vorwurf der beiden Hausmeister wenig substanziiert ist; Angaben dazu, wann die Präsenz der Objektleitung vermisst wurde, welche Absprachen nicht eingehalten wurden und welche Materiallieferungen erst nach welchen Dringlichkeitsappellen geliefert wurden, fehlen. Allerdings war eine derartige Substanziierung vergaberechtlich auch nicht gefordert. Denn die Vergabestelle hat im Rahmen ihrer Prognose gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A kein gerichtsähnliches Verfahren zur Feststellung bestimmten Fehlverhaltens einzelner Bewerber durchzuführen. Ein solches Verfahren würde in aller Regel nicht nur die Vergabestellen personell überfordern, sondern das Vergabeverfahren in einem Maße verzögern, welches die berechtigten Interessen der Vergabestelle an der zügigen Auftragsvergabe verletzt und nicht mehr vom Schutzzweck des Vergaberechts gedeckt ist. Ausreichend ist es daher, dass die von der Vergabestelle eingeholte Referenz auf seriöse Quellen zurückgeht und keine bloßen Gerüchte wiedergibt, sondern eine gewisse Erhärtung des Verdachts der Ungeeignetheit zulässt (ebenso OLG Frankfurt, OLGR 2005, 67 [70]; OLG Koblenz, OLGR 2003, 342 [343]; Noch in Müller-Wrede, VOL/A, 2. Aufl. 2007, § 25 Rdnr. 209; in dieselbe Richtung einerseits: BayObLG, VergabeR 2002, 63 [68], und zustimmend Stickler in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 2. Aufl. 2003, § 97 Rdnr. 17b, wonach die Vergabestelle wegen des vergaberechtlichen Beschleunigungsgrundsatzes grundsätzlich keinen Beweis zu erheben braucht; andererseits: Bungenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GWB, 2006, § 97 Rdnr. 49 a.E., m.w.N., wonach ungeprüfte Gerüchte der Eignungsprüfung nicht zu Grunde gelegt werden dürfen). Vorliegend kann der übereinstimmende Bericht zweier Schulhausmeister gegenüber ihrem Dienstherren - hier vertreten durch das Bezirksamt - als eine seriöse Quelle angesehen werden. Dies gilt um so mehr als sich die Hausmeister in ihrem Bericht zum Teil durchaus lobend über die Mitarbeiter der Antragstellerin geäußert haben ("bei den Unterhaltsreinigungen komme es zu keinen nennenswerten Mängeln, weil sich die Reinigungskräfte mit ihrer Arbeit und den jeweiligen Einrichtungen identifizieren und mitunter Mehrarbeit ohne finanzielle Abgeltung leisten"). Die Hausmeister waren daher offenbar nicht pauschal negativ gegenüber der Antragstellerin eingestellt, sondern bemüht, ein differenziertes Bild abzugeben. Auch erlaubt der Bericht der Hausmeister eine gewisse Erhärtung des Verdachtes der Ungeeigentheit der Antragstellerin, da in ihm hinreichend zum Ausdruck kommt, wo konkret die Probleme in der Zusammenarbeit zwischen der Antragstellerin und den Schulen liegen (fehlende Präsenz vor Ort; geringer Verlass auf Zusagen).

bb) Folgende Vorfälle durften zwar nicht zur Verneinung der Eignung der Antragstellerin herangezogen werden. Da jedoch nicht zu erkennen ist, dass der Antragsgegner seine Prognoseentscheidung maßgeblich auf diese Vorfälle gestützt hat, führt die fehlende Heranziehbarkeit nicht zur Beanstandung der Prognoseentscheidung des Antragsgegners. Hierzu im Einzelnen:

(1) UUUU - schule und S --- schule (Materiallieferung zum 15. Juli 2008)

(a) Der vorgerichtlich erhobene Vorwurf des Antragsgegners, die Antragstellerin sei am DDDDD 2008 säumig gewesen mit der Herbeischaffung von Materialien für die Grundreinigungsarbeiten in der U - und der S------ schule, durfte keine Berücksichtigung bei der Prognoseentscheidung über die Eignung der Antragstellerin finden.

Denn die Antragstellerin ist diesem Vorwurf mittlerweile mit dem Vortrag entgegen getreten, dass sie erst in der Zeit vom rrrrr bis zum 2008 zur Grundreinigung verpflichtet gewesen sei und dass sie diese Verpflichtung in Absprache mit den Hausmeistern der beiden Schulen dann auch erfüllt habe. Da der Antragsgegner den Vortrag der Antragstellerin nicht bestritten hat, kann von einem Versäumnis der Antragstellerin nicht ausgegangen werden.

(b) Es ist nicht zu erkennen, dass der Antragsgegner seine Prognoseentscheidung maßgeblich auf den Vorfall "Materiallieferung zum ggggg 2008" gestützt hat.

Denn der Antragsgegner hat ausweislich seines Aktenvermerks vom 21. Juli 2008 (Ordner 2 Bl. 761 d. Vergabeakte) die Nichtberücksichtigung der Antragstellerin im Wesentlichen auf den Bericht über die drei Vorfälle im Zuständigkeitsbereich des Bezirksamts Crrrrrrr von Berlin (B schule; club H straße; ssss unterkünfte der Abteilung B ) gestützt und dem lediglich "eigene schlechte Erfahrungen mit der Firma" hinzugefügt, welche nicht näher spezifiziert wurden. Auch in dem Informationsschreiben des Antragsgegners an die Antragstellerin vom lllll 2008 wird die Entscheidung des Antragsgegners nicht auf den Vorfall "Materiallieferung zum rrrrr 2008" gestützt. Zudem war dieser Vorfall, im Gegensatz zu den übrigen Vorfällen, singulär und hatte keinen fortgesetzten Reinigungsmangel zum Gegenstand, weshalb er aus Sicht der Vergabestelle ohnehin nur eingeschränkt bedeutsam gewesen sein dürfte.

(2) Reinigungsstunden - Werkvertrag

(a) Der vorgerichtlich erhobene Vorwurf des Antragsgegners, die Antragstellerin habe nicht die ursprünglich kalkulierte Anzahl von Reinigungsstunden erbracht, durfte keine Berücksichtigung bei der Prognoseentscheidung über die Eignung der Antragstellerin finden.

Denn die Antragstellerin ist diesem Vorwurf mit dem Vortrag entgegen getreten, dass die zwischen ihr und dem Antragsgegner abgeschlossenen Reinigungsverträge reine Werkverträge zur Herstellung eines reinlichen Zustandes in den Reinigungsobjekte seien und sie dieser Verpflichtung nachgekommen sei; innerhalb wievieler Reinigungsstunden sie den reinlichen Zustand herbeiführe, sei folglich ihr überlassen. Da der Antragsgegner den Vortrag der Antragstellerin nicht bestritten hat, kann von einer Vertragsverletzung der Antragstellerin nicht ausgegangen werden.

(b) Es ist nicht zu erkennen, dass der Antragsgegner seine Prognoseentscheidung maßgeblich auf den Vorfall "Reinigungsstunden - Werkvertrag" gestützt hat.

Denn dieser Vorfall wird weder in dem Aktenvermerk vom eeeee 2008 noch in dem Informationsschreiben vom ooooo 2008 als Begründung der Ungeeignetheit genannt (s.o., zu [1][b]).

cc) Nicht zur Annahme sachwidriger Erwägungen des Antragsgegners führt schließlich der Vortrag der Antragstellerin, dass Vertreter des Antragsgegner am Ende eines emotional aufgeladenen Gespräch über die Problematik "Reinigungsstunden - Werkvertrag" (s.o., zu bb][2]) angekündigt hätten, der Antragstellerin künftig keine Aufträge mehr zu erteilen (Seite 7 des Schriftsatzes vom 27. Oktober 2008, Bl. 7 d.A.).

Denn dieser Vortrag ist in mehrfacher Hinsicht unbeachtlich. Der Vortrag ist zum einen unsubstanziiert; Angaben dazu, wann das Gespräch stattfand und vor allem welche Person die angebliche Aussage getätigt haben soll, fehlen. Zum anderen ist der Vortrag rechtlich unerheblich, weil die Antragstellerin nicht darlegt, dass sich der Antragsgegner bei seiner Vergabeentscheidung noch durch die - angebliche - Äußerung hat leiten lassen; Anhaltspunkte hierfür finden sich in der Vergabeakte jedenfalls nicht. Im Übrigen hat die Antragstellerin keinen Beweis für die von ihr behauptete - und vom Antragsgegner bestrittene - Äußerung angetreten.

c) Der Antragsgegner hat nicht gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen, indem er auf Grundlage der oben, unter Buchstabe aa) aufgeführten Vorfälle zur Prognose fehlender Eignung der Antragstellerin gelangt ist. Insbesondere sind die Vorfälle nicht so geringfügig, dass ihnen - nach allgemeinen Bewertungsgrundsätzen - keine hinreichende Aussagekraft über die künftige Eignung der Antragstellerin zukommt.

Zwar verkennt der Senat nicht, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit sowohl für das Bezirksamt Czzzzzzz von Berlin als auch für das Bezirksamt T von Berlin in erheblichen Umfang tätig war (Bezirksamt C Berlin: 8 Reinigungsobjekte - davon 3 gekündigt, s.o. - mit einem Auftragsvolumen von jährlich EUR; Bezirksamt Teeee von Berlin: 27 Reinigungsobjekte mit einem Auftragsvolumen von jährlich nnnnnn EUR). Jedoch ist auch zu beachten, dass es in immerhin sechs Reinigungsobjekten in letzter Zeit zu Problemen gekommen ist, die in drei Fällen so weit gingen, dass die Reinigungsverträge - außerordentlich - beendet wurden; im Zuständigkeitsbereich des Bezirksamt Cddddddd von Berlin waren immerhin über ein Drittel der ursprünglichen acht Reinigungsobjekte von solchen Mängeln betroffen. Zudem sind nicht nur kleine Reinigungsobjekte, die die Antragstellerin in ihren Ausführungen in den Vordergrund rückt (gggg club H straße; Vssss schule in der A schule), betroffen, sondern auch offenbar größere (Bddd - schule; unterkünfte der Abteilung B ; U;;;--- schule und Ssss--- schule). Im Übrigen lässt auch die Verfahrensweise der Antragstellerin mit kleineren Reinigungsobjekten Schlüsse auf die künftige Zuverlässigkeit der Antragstellerin zu. Denn die Feststellung der Zuverlässigkeit ist im Grundsatz unabhängig von der Höhe eines Schadens, den eine Unzuverlässigkeit in der Vergangenheit verursacht hat (mit ähnlicher Überlegung: OLG Düsseldorf, NZBau 2000, 541 [541 a.E.]). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es die Antragstellerin selbst war, die ihre Reinigungstätigkeit für das Bezirksamt Ciiiiiii von Berlin als Referenz benannt hatte. Daher liegt die Annahme nicht fern, dass die Leistungen der Antragstellerin in C eher zu ihren besseren als schlechteren gehörten, was nach der negativen Auskunft dieses Bezirksamtes Ungutes für das Leistungsverhalten der Antragstellerin an anderen Standorten befürchten ließ. Insgesamt waren die Vorfälle daher nicht so geringfügig, dass es - nach allgemeinen Bewertungsgrundsätzen - fernliegend gewesen wäre, hieraus auf die fehlende Eignung der Antragstellerin zu schließen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO (vgl. BGH, NZBau 2001, 151 [155]; Otting in Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 123 Rdnr. 2, m.w.N.).

Die Wertfestsetzung folgt aus § 50 Abs. 2 GKG (5% des Angebotspreises der Antragstellerin für die Lose 1-10, bezogen auf die gesamte, 3-jährige Laufzeit des ausgeschriebenen Auftrages, zuzüglich 19% Mehrwertsteuer).



Ende der Entscheidung

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