Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 05.10.2009
Aktenzeichen: 2 W 127/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 9
§ 9 ZPO ist auch auf eine negative Feststellungsklage anzuwenden. Dies gilt auch dann, wenn der Gesamtbetrag der künftigen wiederkehrenden Leistungen nicht ungewiss ist (entgegen OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.01.2009, 4 W 36/08, OLGR Frankfurt 2009, 255).
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 2 W 127/09

05.10.2009

In dem Rechtsstreit

hier: Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1.

hat der 2. Zivilsenat des Kammergerichts am 05.10.2009 durch den Richter am Kammergericht Dittrich als Einzelrichter beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Berlin vom 19.03.2009 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die unter dem 15.04.2009 eingelegte Beschwerde, mit der die Erhöhung des Streitwerts verfolgt wird, ist -wie mit Schriftsatz vom 23.09.2009 klargestellt worden ist- als Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. anzusehen und als solche gemäß § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 68 GKG zulässig (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2007, 1999, 2000; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 1303; Madert in: Gerold/Schmidt, RGV, 18. Aufl., § 32 Rn 123).

Die Beschwerde ist unbegründet, da das Landgericht die Klage auf Feststellung, dass der Beklagten zu 1. gegen die Klägerin als stille Gesellschafterin kein Anspruch auf Leistung monatlicher Einlagezahlungen zusteht, zutreffend nach § 9 ZPO mit 42 x 106,- EUR = 4.452,- EUR bewertet hat.

Nach § 9 ZPO wird der Wert des Rechts auf wiederkehrende Leistungen nach dem 3,5-fachen Wert des einjährigen Bezugs berechnet, maximal jedoch nach einer etwaigen geringeren bestimmten Dauer.

Bei der für die Dauer der Mitgliedschaft zu erbringenden monatlichen Einlageleistung handelt es sich um eine wiederkehrende Leistung aus einem Stammrecht, die § 9 ZPO unterfällt (s. BGH, Beschl. v. 4.4.2005, II ZR 107/04, abrufbar bei beck-online; OLG Dresden, Beschl. v. 20.9.2005, 8 W 702/05 -bei Juris-; Senat, KGR 2009, 358). Der Umstand, dass der Gesamtbetrag der Leistung von Anfang an bestimmt ist, steht der Annahme einer wiederkehrenden Leistung nicht entgegen, wie sich aus § 9 S. 2 ZPO ergibt. Maßgeblich für die Einordnung als wiederkehrende Leistung in Abgrenzung zu einer Verbindlichkeit, die in einer Summe entstanden, aber ratenweise zu tilgen und nach der allgemeinen Vorschrift des § 3 ZPO zu bewerten ist (vgl. etwa OLGR München 2001, 220; OLGR Köln 1999, 404; OLGR Frankfurt 2003, 52), ist es, dass die Einlageverpflichtung nicht im Zeitpunkt des Beitritts in vollem Umfang entstanden und nur gestundet ist, sondern dass sie erst in Zukunft zeitanteilig aus der Mitgliedschaft als Stammrecht zur Entstehung gelangt. Dies zeigt sich etwa daran, dass die Verpflichtung zur Einlageleistung mit einer vorzeitigen Kündigung des Gesellschafters aus wichtigem Grund enden würde (s. bereits Senat, KGR 2008, 758, 759). Der abweichenden Entscheidung OLG München, DB 2005, 1567, wonach keine wiederkehrende Leistung aus einem Stammrecht, sondern eine vereinbarungsgemäß in Raten zu erbringende Einlageverpflichtung vorliege, kann damit nicht gefolgt werden.

Der Anwendung des § 9 ZPO steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Klage auf negative Feststellung gerichtet ist. Die von § 9 ZPO bezweckte Streitwertbeschränkung ist auch auf eine negative Feststellungsklage anzuwenden, da diese nach allgemeinen Grundsätzen lediglich das Gegenstück der Leistungsklage ist (vgl. allg. BGHZ 2, 276 = NJW 1951, 801; Gamp in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 9 Rn 11; Herget in: Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 9 Rn 1; Wöstmann in: MüKo, ZPO, 3. Aufl., § 9 Rn 8; Heinrich in: Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 9 Rn 4; Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 9 Rn 3; für den Fall der negativen Feststellungsklage gegen die Pflicht zur ratenweisen Einlageleistung s. BGH, Beschl. v. 4.4.2005, II ZR 192/04; Senat, KGR 2009, 358; OLG Naumburg, Beschl. v. 16.7.2007, 10 W 29/07 (Hs) -bei Juris-; OLG Dresden, Beschl. v. 20.9.2005, 8 W 702/05 -bei Juris-). Der Ansicht des OLG Frankfurt im Beschluss vom 14.1.2009 (OLGR 2009, 255), dass die negative Feststellungsklage gegen ein Bezugsrecht von bestimmter Dauer mangels "Unsicherheit" der künftigen Enwicklung nicht nach § 9 ZPO, sondern nach § 3 ZPO zu bewerten sei, vermag der Senat nicht zu folgen (ablehnend auch Hüßtege a.a.O. und Heinrich a.a.O.). Dass § 9 ZPO nur der Unsicherheit Rechnung tragen soll, ob ein Titel auf künftige Leistung sodann tatsächlich zu einer Zahlung führt, ist weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Vorschrift zu entnehmen. Vielmehr schreibt sie im Interesse der Vereinheitlichung und Vereinfachung eine normative Streitwertbemessung vor (s. Heinrich a.a.O., Rn 1; Wöstmann a.a.O., Rn 1) und führt im Ergebnis zu einer vom Gesetzgeber gewollten Gebührenentlastung der Parteien bei einem Streit über langfristige Verträge (s. Senat, KGR 2009, 358).

Ende der Entscheidung

Zurück