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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 25.02.2008
Aktenzeichen: 2 W 152/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO §§ 104 ff
Im Kostenfestsetzungsverfahren ist der Einwand unzulässig, der Anwaltsvertrag sei wegen Verstoßes gegen Standesrecht nichtig.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 2 W 152/07

25.02.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Richter am Kammergericht Steinecke als Einzelrichter am 25. Februar 2008 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 8. Juni 2007 wird auf ihre Kosten bei einem Gegenstandswert von 4.510,10 € zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Im Hauptsacheverfahren begehrte die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten wegen der Auseinandersetzungen über einen Pachtvertrag. Mit Schriftsatz vom 20. März 2007 ließ sie vortragen, dass die Prozessbevollmächtigten der Streitverkündeten deshalb von dieser nicht wirksam mandatiert seien, weil Rechtsanwalt Wnnn widerstreitende Interessen vertreten habe. In der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2007 erklärte die Streitverkündete ihren Beitritt auf Seiten des Beklagten. Mit Urteil vom 9. Mai 2007 wies das Landgericht die Klage ab und verurteilte die Klägerin dazu, die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention zu tragen.

Auf den Antrag vom 16. Mai 2007 hat die Rechtspflegerin beim Landgericht die der Streitverkündeten zu erstattenden Kosten auf 4.510,10 € festgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie die Verletzung rechtlichen Gehörs geltend macht, weil ihr der Festsetzungsantrag vor der Festsetzung nicht zugesandt worden sei. Des Weiteren wendet sie ein, dass die Streitverkündete wegen des Mangels der Vollmacht ihres Prozessbevollmächtigten nicht wirksam dem Rechtsstreit beigetreten sei. Auch seien keine Gebührenforderungen entstanden, da das Mandatsverhältnis zwischen ihr und ihrem Rechtsanwalt unwirksam sei.

II.

Dass nach § 104 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RPflG als sofortige Beschwerde statthafte Rechtsmittel ist zulässig, denn die Klägerin hat es form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat die sofortige Beschwerde aber keinen Erfolg und war daher zurückzuweisen.

Zwar ist die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des Landgerichts gemäß § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO verfahrensfehlerhaft, weil diese Entscheidung durch schlichte Verfügung getroffen worden ist. Sie hätte durch Beschluss ergehen müssen, was ganz herrschender Rechtsmeinung entspricht (OLG Stuttgart MDR 2003, 110, 111; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Auflage, § 572 ZPO Rn. 10). Dieser Auffassung folgt der Senat in ständiger Rechtsprechung (vergleiche Beschluss vom 6. September 2007 - 2 W 147/07). Der Mangel des Vorlageverfahrens führt jedoch nicht zu der Unwirksamkeit der Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung. Das Beschwerdegericht ist auch bei einem derartigen Mangel zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde befugt (OLG Stuttgart, a. a. O.).

Die Klägerin ist in ihrem Recht auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Grundsätzlich ist im Kostenfestsetzungsverfahren genauso wie in allen anderen Verfahren rechtliches Gehör zu gewähren (BVerfG JMBlNW 83, 72). Insoweit gilt § 104 Abs. 1 S. 3 ZPO als überholt (von Eicken u. a., Die Kostenfestsetzung, 19. Auflage, A 22). Von der Gewährung des rechtlichen Gehörs kann aber dann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn es - wie hier - zur Förmelei wird. Dies ist dann der Fall, wenn die Erstattung von Gebühren und Auslagen verlangt wird, die unzweifelhaft aus einem bezifferten oder festgesetzten Streitwert entstanden sind, denn grundsätzlich darf über Einwendungen in diesem Verfahren nicht entschieden werden (von Eicken u. a., aaO.). Sollte es dennoch im Einzelfall zu zulässigen Einwendungen gegen eine in dieser Weise erfolgte Festsetzung kommen, kann der Rechtspfleger diesen nunmehr nach § 572 Abs. 1 ZPO abhelfen, womit den Rechten des Beschwerdeführers hinreichend Genüge getan werden kann.

Die Einwendungen der Klägerin, die sie aus dem angeblichen Mangel der Vollmacht des Prozessbevollmächtigten der Streitverkündeten abgeleitet hat, sind unzulässig.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat das Landgericht ausdrücklich im Tenor ausgesprochen, dass die Klägerin auch die Kosten der Nebenintervention zu tragen hat. Diese Entscheidung hatte das Gericht mit § 101 ZPO begründet und die Streithelferin im Tenor der Entscheidung aufgeführt. Dies macht deutlich, dass das Landgericht sowohl von einer wirksamen Vollmacht als auch von einem wirksamen Beitritt der Streitverkündeten zum Rechtsstreit ausgegangen ist, denn der Beitritt ist Prozesshandlung. Der Nebenintervenient muss die persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzungen (unter anderem auch das Bestehen einer Vollmacht) erfüllen, was von Amts wegen zu prüfen ist (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Auflage, § 66 Rn. 14). An die diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichtes sind die Parteien des Festsetzungsverfahrens und das Gericht nunmehr gebunden (OLG Bamberg, JurBüro 1977, 1439).

Der Kostenerstattungsanspruch ist mit der Kostengrundentscheidung bereits dem Grunde nach - hier sogar rechtskräftig - zuerkannt. Die Festsetzung betrifft nur die Höhe des Erstattungsanspruchs. Jegliches Verteidigungsvorbringen gegen den Grund des Anspruchs findet daher in der Kostenfestsetzung keine Berücksichtigung (Von Eicken u. a., aaO. A 23). Dies gilt auch für den Einwand der Klägerin, die Prozessvollmacht des Bevollmächtigten der Streitverkündeten sei wegen widerstreitender Interessen unwirksam. Ist die Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten im Hauptsacheverfahren bejaht worden, dann kann sie dem Bevollmächtigten bei unveränderter Sach- und Rechtslage im Kostenfestsetzungsverfahren nicht abgesprochen werden (BVerwG, AnwBl. 1987, 236).

Dies gilt auch für den Einwand, der Anwaltsvertrag zwischen Rechtsanwalt Wnnn und der Streitverkündeten sei wegen Verstoßes gegen Standesrecht gemäß § 134 BGB nichtig. Die Klägerin erhebt damit Einwendungen aus dem Auftragsverhältnis zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten, die materiellrechtlicher Natur und deswegen im formellen Kostenfestsetzungsverfahren unbeachtlich sind (KG., NJW 1968, 1290; OLG München, Beschluss vom 21. Dezember 1977 - 11 W. 2684/77 - dokumentiert bei Juris). Zwar hat die Rechtsprechung es teilweise zugelassen, dass auch im Kostenfestsetzungsverfahren materielle Einwendungen aus dem Auftragsverhältnis geltend gemacht werden können (OVG Sachsen, NJW 2003, 3504; OLG Schleswig Holstein, OLGR 2002, 355; OLG Stuttgart, OLGR1999, 383;). Diese Rechtsprechung setzt sich aber nur mit der Frage der Wirksamkeit der unter diesen Bedingungen erteilten Prozessvollmacht auseinander, äußert sich aber nicht zu der hier zu entscheidenden zentralen Frage, ob eine derartige Einwendung im formellen Kostenfestsetzungsverfahren überhaupt zulässigerweise geltend gemacht werden kann, was zu verneinen ist.

Lediglich für den Fall, dass im Kostenfestsetzungsverfahren materiellrechtliche Einwendungen erhoben werden, mit denen nicht die Entstehung des Anspruches in Zweifel gezogen wird, sondern nachträglich eingetretene Umstände (Erlass, Verzicht, Zahlung, Aufrechnung, gegenteilige Parteivereinbarung) geltend gemacht werden, die dazu führen, dass der Anspruch erloschen ist oder nicht oder noch nicht geltend gemacht werden darf, wird dieser Grundsatz dann durchbrochen, wenn diese Umstände unstreitig sind (Von Eicken u. a., aaO. B 92). Dies hat die Klägerin zwar geltend gemacht, verkennt aber dass der angebliche, unstreitige Mangel der Wirksamkeit der Vollmacht im Hauptsacheverfahren vom Landgericht geprüft und gerade - konkludent - verworfen worden ist. Auch macht die Klägerin mit diesem Umstand gerade nicht geltend, dass nachträglich rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einreden entstanden sind, sondern versucht eine Auseinandersetzung fortzusetzen, die bereits im Hauptsacheverfahren abschließend und zu ihren Ungunsten geklärt worden ist. Letztlich versucht die Klägerin mit diesem Vorgehen das Verbot des § 99 Abs. 1 ZPO zu umgehen, wie die Begründung des Rechtsmittels zeigt. Diese Vorschrift bestimmt, dass die Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig ist, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Eine derartige Umgehung zu ermöglichen ist weder Sinn noch Zweck des Kostenfestsetzungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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