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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 27.04.2009
Aktenzeichen: 2 W 85/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 128
ZPO § 140
1. Im Kostenfestsetzungsverfahren erlassene Beschlüsse können grundsätzlich nicht mit der Begründung angefochten werden, es sei ein unrichtiger Streitwert angenommen worden.

2. Die grundsätzlich mögliche Umdeutung in einen Antrag auf Streitwertfestsetzung oder in eine Streitwertbeschwerde verbietet sich in der Regel dann, wenn eine Erhöhung des Streitwerts begehrt wird, denn hierdurch würde die Partei im Ergebnis selbst beschwert.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 2 W 85/09

27.04.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Richter am Kammergericht Steinecke als Einzelrichter am 27. April 2009 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagte gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 9. März 2009 - 38 O 212/07 - wird auf ihre Kosten bei einem Gegenstandswert von 967,61 € zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger nahm die Beklagte beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin als finanzierende Bank seiner Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds auf Rückgewähr der gezahlten Leistungen in Anspruch und begehrte zudem die Erstattung außergerichtlich angefallener Rechtsverfolgungskosten. Mit Beschluss vom 16. Januar 2009 stellte das Landgericht Berlin den Abschluss eines umfassenden Vergleichs zwischen den Parteien fest. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs sollten der Kläger 88% und die Beklagte 12% tragen. Mit weiterem Beschluss vom selben Tage setzte das Landgericht den Streitwert auf bis zu 32.000,00 € und den Wert des Vergleichs auf 50.000,00 € fest. Gegen die Wertfestsetzung hinsichtlich des Vergleichs legte die Beklagte Beschwerde ein, die sie nach einem Hinweis des Landgerichtes wieder zurücknahm.

Auf die Gesuche der Parteien, die hinsichtlich einzelner Gebühren von höheren Streitwerten ausgingen, hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss den vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Betrag auf 3.790,23 € festgesetzt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten, mit der sie die Gebührenansätze nach den von ihr angenommenen höheren Streitwerten weiterverfolgt.

II.

Die nach § 104 Abs. 3 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel aber keinen Erfolg, denn das Landgericht hat seiner Festsetzung die zutreffenden Gegenstandswerte zu Grunde gelegt.

Die von der Beklagten gegen die Festsetzung erhobenen Einwendungen sind unbeachtlich. Im Kostenfestsetzungsverfahren erlassene Beschlüsse können grundsätzlich nicht mit der Begründung angefochten werden, es sei ein unrichtiger Streitwert angenommen worden (OLG Frankfurt, JurBüro 1979, 601). Dieses Verfahren dient lediglich dem Zweck, die Kostengrundentscheidung des Prozessgerichtes auf der Grundlage der ebenfalls vom Prozessgericht festgesetzten Gegenstandswerte betragsmäßig auszufüllen. Dabei ist der die Kostenfestsetzung ausführende Rechtspfleger an die Streitwertfestsetzung des Prozessgerichtes gebunden und darf diese nicht ändern. Eine Kostenfestsetzungsbeschwerde, die nur Einwendungen gegen die Höhe des Streitwerts enthält, kann daher grundsätzlich nur als Antrag auf Streitwertfestsetzung oder, wenn - wie hier - ein Streitwertbeschluss bereits ergangen war, als Streitwertbeschwerde behandelt werden (OLG Frankfurt, aaO.; von Eicken u.a., die Kostenfestsetzung, 19. Auflage, B. 201). Auch im Verfahrensrecht gilt der Grundsatz, dass eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige und wirksame umzudeuten ist (analog § 140 BGB), wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem maßgeblichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (BGH Beschluss vom 21.6.2000 - XII ZB 93/00; Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage, Vor § 128 Rn. 25).

Eine derartige Umdeutung der ausdrücklich im Namen der Beklagten eingelegten Beschwerde kann hier aber deshalb nicht erfolgen, weil eine Streitwertbeschwerde nicht im Interesse der Beklagten läge, denn die Festsetzung des deutlich höheren Streitwertes hätte zur Folge, dass die Beklagte ihren Prozessbevollmächtigten dementsprechend höhere Gebühren schuldete (von Eicken u.a., die Kostenfestsetzung, 19. Auflage, B. 201), zumal sie mit einem Anteil von 12% an den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs beteiligt ist.

Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass das Landgericht den Streitwertbeschluss vom 16. Januar 2009 auch zutreffend ausgelegt hat. Unstreitig hat der Streitwert des Rechtsstreits bis zu 32.000,00 € betragen. Wird in dieser Situation der Wert des Vergleichs auf 50.000,00 € festgesetzt, so übersteigt der Wert des Vergleiches den des Rechtsstreits lediglich um 18.000,00 €, denn der Rechtsstreit wurde durch den Vergleich ebenfalls beendet, so dass hierdurch bereits 32.000,00 € "verbraucht" worden sind. Diese Streitwertbeträge hat das Landgericht seiner Kostenfestsetzung somit zu Recht zu Grunde gelegt.

Daher war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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