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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 08.07.2008
Aktenzeichen: 2 Ws 145/08
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 180 Abs. 3
1. Es ist zweifelhaft, kann aber im Streitfall offen bleiben, ob § 180 Abs. 3 StVollzG die Übermittlung personenbezogener Daten des Gefangenen für Verfahren des gerichtlichen Rechtsschutzes erlaubt, den andere Gefangene als der Betroffene gegen die Vollzugsbehörde führen.

2. Die Übermittlung von Informationen, die der betroffene Gefangene ausdrücklich als "vertraulich" an die Vollzugsbehörde gesandt hat, kann in solchen Verfahren nicht auf § 180 Abs. 3 StVollzG gestützt werden, wenn dadurch die Gefährdung des Betroffenen möglich ist.


KAMMERGERICHT Beschluß

Geschäftsnummer: 2 Ws 145/08 Vollz

In der Strafvollzugssache

wegen Feststellung eines Verstoßes gegen Datenschutzbestimmungen

hat der 2. (ehemals 5.) Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 8. Juli 2008 beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt Tegel gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 26. Februar 2008 wird mit der folgender Maßgabe verworfen: Die Feststellung, daß die Offenlegung eines vertraulichen Schreibens zu einer Gefährdung des Antragstellers in der JVA Tegel geführt hat (Beschlußformel zu 1. Satz 1, letzter Halbsatz), entfällt.

Die Landeskasse Berlin hat die Kosten des Rechtsmittels und die im Rechtsbeschwerderechtszug entstandenen notwendigen Auslagen des Gefangenen zu tragen.

Gründe:

I.

Der Gefangene verbüßt in der Justizvollzugsanstalt Tegel - nach Herausverlegung aus der Sozialtherapeutischen Anstalt (SothA) - in der Teilanstalt (TA) III eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten mit Anordnung anschließender Sicherungsverwahrung. Am 29. Mai 2005 berichtete er - unter namentlicher Bezeichnung anderer Gefangener - in einem ausdrücklich an die "AG Sicherheit und Drogen" dieser Anstalt adressierten Brief umfangreich Näheres und Konkretes über den anstaltsinternen Drogenhandel. Das Schreiben beginnt mit den Worten: "Sie sagten mir in der SothA, dass ich mich vertrauensvoll an Sie wenden kann, wenn es etwas gibt."

Der Gefangene war zu diesem Zeitpunkt außerdem der 1. Vorsitzende des sich als Gefangenenhilfsorganisation bezeichnenden nicht eingetragenen Vereins "X", gegen dessen die Sicherheit und die Ordnung des Vollzugs störende Aktivitäten die Vollzugsbehörde seinerzeit vorging. Deren Maßnahmen, mit denen sie den Kontakt der Gefangenen, namentlich den Schriftwechsel mit "X" unterband, führten zu Anträgen auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 Abs. 1 StVollzG).

Nachdem der vorbezeichnete Brief des Antragstellers - auf unbekanntem Weg - an diejenige Abteilung der Justizvollzugsanstalt Tegel gelangt war, welche für die Vollzugsbehörde die Stellungnahmen in gerichtlichen Verfahren verfaßt, verwandte ein dort tätiger Mitarbeiter es in vier Verfahren, das in dem Schreiben genannte Gefangene gegen die Vollzugsbehörde führten, und zwar der Antragsteller selbst und drei weitere. Eines dieser Verfahren konnte nicht mehr ermittelt werden, so daß nur noch die zwei Verfahren, die von anderen Gefangenen als dem hiesigen Antragsteller geführt wurden, den Gegenstand des hier streitigen Verfahrens bilden.

Die Behörde hatte das Schreiben, das in der angefochtenen Entscheidung im Faksimile wiedergegeben ist, in unveränderter Form eingereicht, jedoch fast alle Namen der Gefangenen geschwärzt - mit Ausnahme desjenigen des Antragstellers (der durch die Bezugnahme auf seine Tätigkeit als 1. Vorsitzender des Vereins "X" ohnehin identifizierbar war) und eines in dem Brief des Drogenhandels bezichtigten E., bei dem der Antragsteller (ausweislich des Vorbringens der Anstaltsleitung in jenen Verfahren) Drogenschulden hatte, die er über den Verein durch unerlaubte Rechtsberatung abarbeitete. Durch die Akteneinsicht erfuhren die Gefangenen davon, daß dieser in umfangreichem Ausmaß mindestens einen namhaft gemachten Mitgefangenen "angeschwärzt" hatte, woraufhin sich diese Information in der Anstalt (im angefochtenen Beschluß ausdrücklich genannt sind die TA II und III) rasch verbreitete und sogar zur Veröffentlichung in der Gefangenzeitschrift "der lichtblick", Ausgabe 1/2006 vorgesehen war. Diese Ausgabe erschien zwar (aus anderen Gründen) nicht in der beabsichtigten Form. Faksimiles des vorgesehenen Abdrucks kursierten aber bereits in der Anstalt.

Neben anderen Anträgen, die inzwischen prozessual erledigt und nicht mehr Gegenstand der Rechtsbeschwerde sind, hat der Gefangene hat beantragt, die Rechtswidrigkeit der Offenlegung seines Schreibens über den anstaltsinternen Drogenhandel festzustellen; denn die Offenlegung habe zur Gefährdung seiner Sicherheit geführt.

Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat sie in seinem Abschlußbericht vom 17. Juli 2006 - 52.5733.6 - zu der Eingabe des Gefangenen und in seinem Jahresbericht 2006, Abschnitt 4.3.4 (Seite 85-87) als rechtswidrig bezeichnet, einen datenschutzrechtlichen Mangel nach § 26 Abs. 2 des Berliner Datenschutzgesetzes, § 187 Satz 2 StVollzG festgestellt und seine Auffassung dort begründet.

Die Justizvollzugsanstalt Tegel hält die Datenübermittlung für rechtmäßig. Sie habe auch zu keiner aktuellen Bedrohungslage des Gefangenen geführt.

Nachdem die Strafvollstreckungskammer den Feststellungsantrag als unzulässig verworfen hatte, hat der Senat die Sache auf die Rechtsbeschwerde des Gefangenen insoweit an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen. Sie hat nunmehr festgestellt, "daß die die Offenlegung des vertraulichen Schreibens des Antragstellers an die "AG Sicherheit und Drogen" vom 29. Mai 2005 gegenüber Dritten rechtswidrig war und bei dem Antragsteller zu einer Gefährdung seiner Sicherheit geführt hat".

Mit der form- und fristgerecht (§ 118 Abs. 1, 2 StVollzG) eingelegten Rechtsbeschwerde wendet sich der Anstaltsleiter gegen diese Feststellungen. Die Datenübermittlung sei rechtmäßig gewesen. Die personenbezogenen Daten seien vollständig anonymisiert gewesen. Er habe das Schreiben erst nach einer Abwägung in die Verfahren eingeführt. Die Strafvollstreckungskammer habe keine Rechtsgrundlage genannt, auf die sie ein Übermittlungsverbot stütze. § 180 Abs. 1, 3 StVollzG hingegen erlaube die Datenweitergabe. Es komme auf die Sicht zum Zeitpunkt der Übermittlung an. Damals sei es zur Abwehr der subversiven Bestrebungen des Vereins "X" in den diesen betreffenden Rechtsstreiten erforderlich gewesen, die persönliche Verstrickung des drogensüchtigen Antragstellers als 1. Vorsitzenden jenes Vereins mit den sicherheitsgefährdenden Handlungen der Gruppierung aufzudecken. Ferner sei es nicht die Anstalt gewesen, die Dritten den Brief zugänglich gemacht habe, sondern die Strafvollstreckungskammer bei der Gewährung der Akteneinsicht, indem sie das Schreiben nicht von der Akteneinsicht ausgeschlossen habe. Im übrigen wendet sich die Vollzugsbehörde gegen die Feststellung, der Gefangenen sei infolge der Offenlegung gefährdet worden. Zu dieser Feststellung sei die Kammer nicht befugt gewesen.

II.

Das Rechtsmittel erfüllt mit der Sachrüge die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen, da es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen der Datenübermittlung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG). Indes ist es nicht geboten, daß ein oberes Gericht die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Frage beantwortet, welcher Zeitpunkt bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Datenübermittlung nach § 180 Abs. 3 StVollzG heranzuziehen ist. Denn das kann nur der Zeitpunkt der Übermittlung sein; die Strafvollstreckungskammer hat ihrer Entscheidung nichts anderes zugrunde gelegt. Auch die als Aufklärungsrüge gestaltete Verfahrensrüge greift nicht durch, denn sie ist mangels Bezeichnung konkreter Beweismittel nicht ausreichend ausgeführt.

Die Rechtsbeschwerde hat nur einen geringen Erfolg. Der Senat erachtet die Übermittlung des vertraulichen Schreibens als rechtswidrig. Das Rechtsmittel führt lediglich zur Aufhebung desjenigen Teils der Beschlußformel, mit dem die tatsächliche Gefährdung des Gefangenen festgestellt wird.

1. Daß der Feststellungsantrag des Gefangenen zulässig ist, hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 27. August 2007 - 2/5 Ws 376/06 Vollz - (StraFO 2007, 521 = NStZ-RR 2008, 222) entschieden; er nimmt darauf Bezug. Er ist auch in der Sache begründet, weswegen der Rechtsbeschwerde der Vollzugsbehörde im wesentlichen der Erfolg versagt bleibt.

2. a) Jede Datenverarbeitung benötigt eine Rechtsgrundlage, durch die sie ausdrücklich erlaubt wird und aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der mit ihr einhergehenden Einschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts klar für den Bürger ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht (vgl. BVerfGE 65, 1, 44 - "Volkszählungsurteil" - = NJW 1984, 419, 422; BVerfGE 45, 400, 420).

Mit der Einführung der §§ 179 ff. StVollzG hat der Gesetzgeber auf die Forderung des Bundesverfassungsgerichts reagiert, wonach der Bürger als Teil seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung jederzeit die Möglichkeit haben muß zu wissen, wer welche Daten über ihn kennt oder kennen kann (vgl. BVerfGE 65, 1, 43). Gegenüber unbefugter Weitergabe müssen wirksame Vorkehrungen getroffen werden (vgl. BVerfGE 65, 1, 44, 49; BVerfGE 53, 30, 65). Der Grundsatz der Verfügungsgewalt über die eigenen Daten erfordert eine sorgfältige Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Datenverarbeitung und dem Selbstbestimmungsrecht (vgl. BVerfGE 65, 1, 44 ). Insbesondere sollen intime Angaben und Selbstbezichtigungen von der Datenverarbeitung ausgeschlossen sein (vgl. Kamann ZfStrVO 2000, 84). Als probates Mittel gegen die unübersehbare Vernetzung von Daten ist im Datenschutzrecht namentlich die Zweckbindung vorgesehen. Sie vermittelt dem Bürger die Sicherheit, daß die Behörde die Daten, die sie von ihm erhebt oder freiwillig erhalten hat, nur zu dem gesetzlich vorgesehenen, dort nachlesbaren Zweck verwenden darf; es sei denn, er hat der Weitergabe zugestimmt.

Die auf den Streitfall anwendbare Rechtsgrundlage ist § 180 Abs. 1 Satz 1 StVollzG in Verbindung mit dessen Abs. 3. Die Vorschriften des BlnDSG sind daneben nicht auf den Fall anwendbar. Der Bundesgesetzgeber hat mit Ausnahme der in § 187 Satz 2 StVollzG genannten Bestimmungen, zu denen diejenigen über die Datenübermittlung nicht zählen, den Datenschutz im Strafvollzug abschließend bundeseinheitlich im Strafvollzugsgesetz geregelt (vgl. Weichert in AK-StVollzG 5. Aufl., § 187 Rdnrn. 1, 2 unter Bezugnahme auf BT-Drs. 13/10245, S. 30, 35 ff., 39; vor § 179 Rdn. 19).

Die Zweckbindung, die der Übermittler der Daten zu beachten hat, bildet den Gegenstand des § 180 Abs. 1 Satz 1 StVollzG (für den Empfänger vgl. § 181 StVollzG). Die Vollzugsbehörde darf die personenbezogenen Daten verarbeiten und nutzen, soweit dies für den Vollzug "der Freiheitsstrafe", also für den Vollzug derjenigen Freiheitsstrafe an demjenigen, dessen personenbezogene Daten betroffen sind, erforderlich ist. § 180 Abs. 3 StVollzG erweitert diese Zweckbindung in sachlicher Hinsicht durch eine Fiktion: Die Verwendung der Daten in einem Verfahren des gerichtlichen Rechtsschutzes wird der an den ursprünglichen Erhebungszweck gebundenen (§ 180 Abs. 1 Satz 1 StVollzG) gleichgestellt (vgl. Arloth, StVollzG 2. Aufl., § 180 Rdn. 5; Calliess/ Müller-Dietz, StVollzG 11. Aufl., § 180 Rdn. 4), obwohl sie nicht dem Vollzug der Freiheitsstrafe an dem Gefangenen, sondern der Führung eines Rechtsstreits gegen ihn als Prozeßpartei und der Nutzung durch das Gericht dient. Denn auch dies kann nicht als vollzugsfremder Zweck bezeichnet werden (vgl. BT-Drs. 13/10245, S. 19).

b) Der Wortlaut des Gesetzes schweigt zu der Frage, ob damit auch gerichtlicher Rechtsschutz Dritter gemeint ist, zu dessen Zweck Daten eines Gefangenen verwendet werden dürfen, der an dem Verfahren nicht beteiligt ist. Er bestätigt damit die Einschätzung, daß der Gesetzgeber des Vierten Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes (4. StVollzGÄndG) vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2461) auffällig konkretisierungsbedürftige Vorschriften geschaffen hat (vgl. Rixen DuD 2000, 640, 645), die ein dürftiges (vgl. Kamann ZfStrVO 2000, 84, 87) Datenschutzniveau bieten, das im Einzelfall der Auslegung im Sinne der Grundentscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedarf.

Gegen die Auffassung, § 180 Abs. 3 StVollzG berechtige zur Nutzung der Daten eines Gefangenen auch in Rechtsstreitigkeiten fremder Gefangener, spricht der Umstand, daß der betroffene Gefangene daran verfahrensrechtlich nicht beteiligt ist und von der Nutzung daher im Regelfall nichts erfährt. Diese Konstellation löst regelmäßig nachfolgende Hinweis- und Informationspflichten aus, so etwa bei der Erhebung von Daten ohne Mitwirkung des Gefangenen (§ 179 Abs. 2 StVollzG). § 180 Abs. 3 StVollzG indes sieht eine solche Benachrichtigung nicht vor. Das Gebot, daß der Bürger als Teil seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung jederzeit die Möglichkeit haben muß zu wissen, wer welche Daten über ihn kennt oder kennen kann (vgl. BVerfGE 65, 1, 43), würde bei dieser Auslegung verfehlt. Die Frage kann aber offen bleiben, weil der vorliegende Rechtsstreit nicht zu ihrer Beantwortung zwingt. Denn die Übermittlung der Daten ohne Zustimmung des Gefangenen war schon deswegen rechtswidrig, weil es sich um Mitteilungen handelte, welche dieser der Vollzugbehörde vertraulich zugeleitet hatte.

c) Der Gesetzentwurf des 4. StVollzGÄndG betont mehrfach (BT-Drs. 13/10245, S. 21, 22), daß es ein wesentliches Moment der an Behandlungsgesichtspunkten ausgerichteten Vollzugsgestaltung ist, nicht mehr als unbedingt notwendig in die Intim- und Privatsphäre des Gefangenen einzugreifen (S. 22) und daß die Vollzugsbehörde auch ohne ausdrückliche Regelung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat (S. 21). Daran hat sich der Anstaltsleiter nicht gehalten. Sein Interesse, neben einer Vielzahl von anderen Beweismitteln auch den verfahrensgegenständlichen Brief in den Rechtsstreit einzubringen, war vor dem Hintergrund der subversiven Tätigkeit des bekämpften Vereins und der daraus folgenden Wichtigkeit, vor Gericht zu obsiegen, zwar verständlich. Auch die in dem Vorbringen des Anstaltsleiters - neben einer Vielzahl anderer Argumente - hergestellte Verknüpfung zwischen der Drogensucht des Gefangenen und den Aktivitäten des von ihm geführten Vereins war sachgerecht. Sie rechtfertigte aber gleichwohl nicht die Weiterleitung eines als vertraulich gekennzeichneten Briefes vorab als Beweismittel eines noch nicht bestrittenen Vorbringens. Denn es war absehbar, daß der Gefangene nach dessen Bekanntwerden in eine bedrohliche Lage geraten konnte. Dabei ist es bedeutungslos, ob diese Lage eingetreten ist; denn allein die naheliegende Möglichkeit der Gefährdung verbot die Weiterleitung und verschaffte auch dem Gefangenen die trügerische Sicherheit, er müsse mit der Offenlegung gegenüber Dritten unter keinen Umständen rechnen. In der Rechtsprechung ist es nämlich seit jeher anerkannt, daß sogar in dem von dem des Drogenhandels bezichtigten Gefangenen gegen die Anstalt geführten Verfahren (etwa wegen seiner Verlegung oder einer Disziplinarmaßnahme) üblich und auch geboten ist, die Identität des anzeigenden Gefangenen geheimzuhalten, und zwar in dessen Interesse und im Interesse eines geordneten Vollzuges. Denn die Vollzugsbehörde ist auf vertraulich Mitteilungen angewiesen (vgl. OLG Nürnberg NStZ 1982, 438; OLG Frankfurt am Main NStZ 1981, 117; Senat StV 1986, 349; LG Hamburg NStZ 1985, 355 bei Franke; Schuler in Schwind/ Böhm/ Jehle, StVollzG 4. Aufl., § 115 Rdn. 3; Kamann/ Volckart in AK, § 115 StVollzG Rdn. 15). Eine Staatspraxis, die sich nicht um die Bildung eines solchen Vertrauens bemühte, würde auf längere Sicht zum Schwinden der Kooperationsbereitschaft führen, weil Mißtrauen entstünde (vgl. BVerfGE 65, 1, 50).

3. Für den datenschutzrechtlichen Verstoß ist die Vollzugsbehörde verantwortlich. Die von dem Gefangenen geltend gemachte Gefährdung ist zwar erst dadurch entstanden, daß das Gericht die Kenntnisnahme anderer Verfahrensbeteiligter von den in seinem Schreiben der Anstalt offenbarten Beschuldigungen mittels der Genehmigung der Akteneinsicht ermöglicht hat. Gleichwohl hat die Justizvollzugsanstalt die Ursache dafür gesetzt. Denn die Strafvollstreckungskammer war aufgrund des vollständigen Akteneinsichtsrechts der Verfahrensbeteiligten in den gesamten Prozeßstoff (§ 120 Abs. 1 StVollzG, § 147 Abs. 1 StPO) nicht berechtigt, von sich aus bestimmte Schriftstücke von der Akteneinsicht auszunehmen (vgl. OLG Celle NStZ 1982, 304; Kamann/ Volckart in AK, § 115 StVollzG Rdn. 15; § 120 Rdn. 4).

4. Aufzuheben war lediglich die Feststellung, die latente Gefährdung habe sich in einer tatsächlichen Bedrohung des Gefangenen realisiert. Es ist schon im Hinblick auf den von der Strafvollstreckungskammer zu beachtenden Verfügungsgrundsatz (vgl. Calliess/ Müller-Dietz, § 115 Rdn. 2) zweifelhaft, ob der Gefangene diese Feststellung beantragt hat. Denn er hat in seinem mehrstufigen Antrag den Umstand des behaupteten Eintritts seiner konkreten Gefährdung nur als Begründung für die Rechtswidrigkeit der Datenweitergabe benannt. Ob der Antrag als ein Begehren auf eine selbständige Feststellung des Eintritts der Gefährdung zu verstehen ist, kann aber dahingestellt bleiben; denn auf eine derartige Feststellung hat der Antragsteller keinen Anspruch. Die gerichtliche Feststellung ist auf den Ausspruch beschränkt, das Handeln oder Unterlassen der Vollzugsbehörde sei rechtswidrig gewesen. Dessen Folgen können zur Begründung herangezogen und auf diese Weise mittelbar festgeschrieben werden. Einen tauglichen Gegenstand eines gerichtlichen Antrags bildet ein solcher Ausspruch indes nicht.

5. Die Entscheidung über die Kosten und Auslagen beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 121 Abs. 4 StVollzG, §§ 467 Abs. 1, 473 Abs. 3 StPO. Von einer Kostenteilung nach § 121 Abs. 4 StVollzG, § 473 Abs. 4 StPO hat der Senat abgesehen, weil der Teilerfolg der Vollzugsbehörde kostenrechtlich nicht nennenswert ins Gewicht fällt.

Ende der Entscheidung

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