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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.12.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 762/07
Rechtsgebiete: StGB, StPO
Vorschriften:
StGB § 67d Abs. 2 | |
StPO § 244 Abs. 2 |
KAMMERGERICHT Beschluß
Geschäftsnummer: 2 Ws 762/07 1 AR 1717/07
In der Unterbringungssache
wegen schwerer Brandstiftung
hat der 2. (ehemals 5.) Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 19. Dezember 2007 beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten wird der Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 7. November 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht Berlin ordnete am 18. Oktober 2001, rechtskräftig seit dem 23. April 2002, im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Nach den Urteilsfeststellungen leidet der Untergebrachte mindestens seit 1998 an chronisch verlaufender paranoider Schizophrenie, die mit Verfolgungs- und Größenideen einhergeht. Nach seiner einstweiligen Unterbringung (gemäß § 126 a StPO) im Krankenhaus des Maßregelvollzuges ab dem 3. Mai 2001 befindet sich der Beschwerdeführer dort seit 23. April 2002 im Maßregelvollzug.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer, sachverständig beraten durch den Diplom-Psychologen und Diplom-Soziologen G. vom Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin Berlin, die Fortdauer der Unterbringung angeordnet. Die sofortige Beschwerde (§§ 463 Abs. 3 Satz 1, 454 Abs. 3 Satz 1 StPO) des Untergebrachten hat (vorläufig) Erfolg; denn sie führt zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung an die Strafvollstreckungskammer.
Der angefochtene Beschluß kann keinen Bestand haben, da es weiterer Sachaufklärung durch die Einholung des Gutachtens eines psychiatrischen Sachverständigen bedarf.
1. Welchem Fachgebiet ein Sachverständiger angehören kann oder muß, um ein Gutachten zur Vorbereitung der Entscheidung über die Aussetzung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sachgerecht erstatten zu können, ist eine im Rahmen des Gebots gründlicher Sachaufklärung vorzunehmende Bewertung der Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Ausbildung, Erfahrung und der Art der Erkrankung oder Persönlichkeitsstörung (vgl. BVerfG StV 2006, 426, Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des OLG Hamm StV 2006, 424; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl., § 20 Rdn. 62; jew. mit weit. Nachw.).
Anders als die Begriffe des § 63 ("Psychiatrisches Krankenhaus") es nahelegen könnten, ist keineswegs stets ein Psychiater zu beauftragen; dies ist verfassungsrechtlich nicht gefordert (vgl. BVerfG a.a.O., Klarstellung zu dessen Beschluß vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 -; NJW 2004, 739; dazu OLG Hamm a.a.O.; Bötticher NStZ 2005, 417, 420).
Für die überwiegende Anzahl aller Fälle, nach Schätzung von Tondorf gut 99 Prozent (vgl. StV 2006, 428, 429, Anm. zu OLG Karlsruhe StV 2006, 426), nämlich etwa solche der Persönlichkeitsstörung, der intellektuellen Defizite, der psychoorganischen Syndrome (außer exogenen Psychosen) und der affektiven Bewußtseins- und Wahrnehmungsstörungen, sind sowohl forensisch erfahrene Psychologen als auch Psychiater fachlich kompetent (vgl. ähnlich Senat NStZ 1999, 319, 320; Rasch NStZ 1993, 509, 510, Anm. zu BGH NStZ 1993, 357). Einigkeit besteht aber darüber, daß in den seltenen Fällen klassischer endogener oder exogener Psychosen (wie etwa - so hier - der Schizophrenie oder körperlich - z. B. durch Hirnschädigung - begründeter Psychosen) für eine sachgerechte Begutachtung die ausbildungsbedingt auch ärztliche Fachkompetenz eines Psychiaters erforderlich ist (vgl. Tondorf a.a.O.; Tröndle/Fischer a.a.O. mit weit. Nachw.). Ein solcher ist hier zu beauftragen, wobei naheliegend die Ärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Rechtsmedizin Dr. W. in Betracht kommt, die in der Hauptverhandlung das Gutachten zur Schuldfähigkeit des Verurteilten erstattet hatte. Damit ist keine Kritik an dem Gutachten des forensisch erfahrenen Psychologen G. verbunden, auch wenn es nahe gelegen hätte, von sich aus dem Gericht die Beauftragung eines Psychiaters zu empfehlen (vgl. Tondorf a.a.O.).
Im Hinblick darauf, daß gemäß § 454 Abs. 2 Satz 3 StPO im Regelfall die mündliche Anhörung des Sachverständigen geboten ist, scheidet eine Beauftragung eines Sachverständigen durch das Beschwerdegericht aus; es bedarf vielmehr der Zurückverweisung der Sache an die Strafvollstreckungskammer. Das Beschwerdegericht kann das mit einer mündlichen Anhörung verbundene erforderliche Verfahren im Beschwerdeverfahren nicht nachholen, da insoweit eine mündliche Anhörung regelmäßig nicht stattfindet (vgl. KG NJW 1999, 319, 320 sowie 1797, 1798 und Beschluß vom 21. November 2007 - 2 Ws 456/07 -; OLG Thüringen, Beschluss vom 23. März 2006 - 1 Ws 106/06 - JURIS; Meyer-Goßner a.a.O., Rdnr. 47; jeweils m.w.N.).
Da es sich hier um ein Zwischenverfahren und keine abschließende Entscheidung handelt (§ 464 Abs. 1 StPO), ist die Entscheidung über die Kosten und Auslagen des Beschwerdeverfahrens nicht hier, sondern von der Strafvollstreckungskammer zu treffen.
Ende der Entscheidung
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