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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 20.11.2001
Aktenzeichen: 21 U 280/01
Rechtsgebiete: BGB, HGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 558
BGB § 196 Abs. 2
BGB § 209 Abs. 2
BGB § 196 Abs. 1 Satz 1
BGB § 211 Abs. 2 Satz 2
HGB § 1
HGB a.F. § 2
HGB § 5
HGB a.F. § 4
HGB § 105
HGB § 161
HGB a.F. § 1 Abs. 2
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Ziffer 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer 21 U 280/01

Verkündet am: 20. November 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 21. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Schlenger, die Richterin am Kammergericht Neubauer und den Richter am Amtsgericht Weyrich für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 92 (Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Berlin vom 9. Juli 2001 - 92 O 35/01 - geändert:

Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000,00 DM.

Tatbestand:

Die Beklagte wurde als Kommanditgesellschaft mit dem Zweck gegründet, auf dem Grundstück in Berlin im öffentlich geförderten Mietwohnungsbau ein Gebäude mit zehn Wohnungen und einer Gewerbeeinheit zu errichten. Ihr gehörten zur damaligen Zeit nur ihre jetzige Komplementärgesellschafterin und eine Kommanditistin an. Weitere Kommanditisten sollten geworben werden. Zu diesem Zweck waren ein Prospekt mit Informationen über das Beteiligungsangebot (Anlage K 15) und eine Darstellung der rechtlichen und steuerrechtlichen Grundlagen der Beteiligung (Anlage K 14) gefertigt worden.

Den Auftrag zur schlüsselfertigen Errichtung des Gebäudes erhielt die Klägerin. Sie stellte das Gebäude im November 1989 fertig. Ihre Leistungen wurden abgenommen. Aus ihrer Schlussrechnung vom 17. November 1989 ist noch ein unstreitiger Betrag von 334.532,65 DM offen.

Wegen dieses Anspruchs beantragte die Klägerin am 28. November 1991 den Erlass eines Mahnbescheids. Nachdem die Beklagte Widerspruch eingelegt hatte, wurde das Verfahren nicht weiterbetrieben. Am 19. August 1993 und 21. Dezember 1995 folgten weitere Mahnbescheidsanträge. Auch diese Verfahren gerieten jeweils nach Widerspruch der Beklagten in Stillstand. Schließlich beantragte die Klägerin am 29. Dezember 1997 erneut einen Mahnbescheid. Nach Widerspruch der Beklagten forderte das Gericht am 30. Januar 1998 die Kosten für die Durchführung des streitigen Verfahrens bei der Klägerin an. Die Kosten wurden am 15. Januar 2001 eingezahlt. Daraufhin wurde die Sache ans Landgericht Berlin abgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 124-129 und Bl. 2-7 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 334.532,65 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Mai 1990 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und die Ansicht vertreten, die wiederholte Zustellung von Mahnbescheiden sei nicht geeignet, die mit dem Stillstand des ersten Mahnverfahrens erneut laufende Verjährungsfrist zu unterbrechen. Jedenfalls gelte aber die zweijährige Verjährungsfrist.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die Forderung als nicht verjährt angesehen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie hält an ihrer Auffassung fest, die Forderung sei verjährt. Sie erstrebt weiterhin die Abweisung der Klage.

Die Klägerin, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, ist der Auffassung, es gelte die vierjährige Verjährungsfrist, da die Leistungen für den Gewerbebetrieb der Beklagten erbracht worden seien. Diese Frist sei durch die wiederholte Zustellung von Mahnbescheiden unterbrochen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Die Werklohnforderung der Klägerin ist verjährt.

I.

Wäre die vierjährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB anwendbar, so wäre diese Frist allerdings noch nicht abgelaufen.

Da die Beklagte dem Vorbringen der Klägerin, ihre Leistung sei abgenommen worden, nicht widersprochen hat, ist anzunehmen, dass die vertraglich vorgesehene förmliche Abnahme am 17. November 1989 stattgefunden hat (vgl. Anlage K 4, K 5). Die Verjährung begann damit mit dem Schluss des Jahres 1989. Sie wurde durch die Zustellung der Mahnbescheide und die Durchführung des hiesigen Rechtsstreits unterbrochen.

1. Ihre erste Unterbrechung erfuhr die Verjährungsfrist durch die Zustellung des ersten Mahnbescheids am 9. Dezember 1991 (Bl. 113 d. A.). Da das Verfahren nach der Kostenanforderung vom 23. Dezember 1991, bei der Klägerin eingegangen am 6. Januar 1992, nicht weiterbetrieben wurde, begann die Verjährungsfrist neu (§§ 213, 212 a, 211 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Sie wird nach § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB dadurch, dass eine Partei das Verfahren weiterbetreibt, in gleicher Weise wie durch Klageerhebung unterbrochen.

2. Das erste Mahnverfahren wurde von keiner Partei weiterbetrieben. Die Klägerin leitete vielmehr ein neues Mahnverfahren ein.

Damit wurde die Verjährung zwar nicht nach § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB unterbrochen. Die Unterbrechung beruht jedoch auf § 209 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift wird eine noch laufende Verjährungsfrist durch die Zustellung eines Mahnbescheids unterbrochen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die durch Prozessstillstand neu in Lauf gesetzte Frist nicht nur durch Weiterbetreiben des Verfahrens unterbrochen werden. Auch jeder andere gesetzliche Unterbrechungstatbestand kommt in Betracht. Das gilt z. B. für das Anerkenntnis (§ 208 BGB). Für die Unterbrechung durch Zustellung eines neuen Mahnbescheids gilt nichts anderes (§ 209 BGB).

Der Wortlaut des Gesetzes ist insoweit eindeutig.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 2000 (Bl. 65 f. d. A.), auf die die Beklagte sich beruft, betrifft deshalb einen anderen Fall, weil die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens die Verjährung nach § 558 BGB, um die es dort ging, nicht unterbricht. Im dortigen Fall kam deshalb allein eine Unterbrechung nach § 211 Abs. 2 Satz 2 in Betracht. Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit kann sich die Beklagte dagegen auf einen Unterbrechungstatbestand berufen, der außerhalb des in Stillstand geratenen Mahnverfahrens bestand.

3. Auch die weiteren Mahnbescheide wurden jeweils vor Ablauf einer vierjährigen Frist zugestellt, das letzte Mahnverfahren wurde vor deren Ablauf weitergeführt.

II.

Bei einer zweijährigen Frist wäre die Verjährung dagegen schon vor Zustellung des dritten Mahnbescheids am 14. Februar 1996 - und auch schon vor dem Antrag vom 21. Dezember 1995 - abgelaufen gewesen. Denn seit der Kostenanforderung vom 30. Januar 1998 war das Verfahren nicht mehr betrieben worden. Dieser Zeitraum übersteigt die zweijährige Frist, die im vorliegenden Fall eingreift:

1. Die Leistung der Klägerin wurde nicht für den Gewerbebetrieb der Beklagten erbracht. Diese betreibt kein Gewerbe.

a) Die Beklagte wurde zu dem Zweck gegründet, ein Gebäude mit zehn Wohnungen und eine Gewerbeeinheit im öffentlich geförderten Wohnungsbau zu errichten und zu vermieten. Die Mittel dazu sollten - neben aufzunehmenden Krediten - aus den Kommanditeinlagen von Anlegern stammen, die Steuervorteile in Anspruch nehmen wollten.

Bau und Vermietung eines Hauses sind in der Regel aber kein Gewerbe, sondern eine Art der Nutzung des Eigentums. Im Vordergrund steht dabei die gewinnbringende Nutzung des im Bau angelegten Kapitals (vgl. BGH NJW 1963, 1397; 1979, 1650).

Das ist nicht deshalb anders, weil die Gesellschafter der Beklagten steuerrechtlich betrachtet Einkünfte aus Gewerbetrieb erzielen wollten (vgl. BGH NJW 1979, 1650 f.).

Bei ungewöhnlich großen Anlagen kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1967, 2353) allerdings die Annahme eines Gewerbes in Betracht. Dort handelte es sich um eine Anlage mit 140 Wohnungen, 22 Geschäften, 15 bis 20 Büros, einem Kino, mit Varieté, Hoteletage, Kegelbahnen u. a.

Eine solche Ausnahme ist hier nicht gegeben. Der Umfang des für die Beklagte errichteten Gebäudes entspricht vielmehr den Fällen, in den der Bundesgerichtshof ein Gewerbe verneint hat.

2. Die Tätigkeit der Beklagten ist nicht deshalb als Gewerbe anzusehen, weil sie als GmbH & Co. KG ins Handelsregister eingetragen war.

a) Die Aktiengesellschaft und die GmbH gelten allerdings unabhängig von ihrer Tätigkeit als Kaufleute. Diese Fiktion ergreift nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die von ihnen getätigten Geschäfte. Sie geltend als in einem Handelsgewerbe vorgenommen, auch wenn diese Gesellschaften in Wahrheit kein Gewerbe betreiben (BGH NJW 1976, 514). Für sie findet die vierjährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB Anwendung.

b) Anders ist es aber bei der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft.

Nach §§ 105, 161 HGB in der damals geltenden Fassung ist eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist, OHG bzw. KG - also nur, wenn sie ein Handelsgewerbe betreiben soll. Aus der Eintragung als OHG oder KG ins Handelsregister ergibt sich nicht etwa, dass sie ein Handelsgewerbe betreibt.

c) Da Gegenstand der Tätigkeit der Beklagten kein Grundhandelsgewerbe nach § 1 Abs. 2 HGB a. F. ist, kann sie nur dann als Kommanditgesellschaft angesehen werden, wenn sie ein anderes Gewerbe betreibt und dazu einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb benötigt.

Hier fehlt es bereits an einem Gewerbe (s. o.).

d) Allerdings kann von einer ins Handelsregister als Kommanditgesellschaft eingetragenen Gesellschaft einem Dritten gegenüber, der sich auf diese Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, das unter der Firma der Gesellschaft betriebene Gewerbe sei kein Handelsgewerbe (§ 5 HGB). Handelt es sich um ein Grundhandelsgewerbe, so kann ferner nicht geltend gemacht werden, die Gesellschaft sei deshalb keine Kommanditgesellschaft, weil sie nur Minderkaufmann i. S. d. § 4 HGB a. F. sei.

Dass sie aber überhaupt kein Gewerbe betreibt, kann die Beklagte trotz ihrer Eintragung als Kommanditgesellschaft geltend machen. Sie ist dann in Wahrheit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGHZ 32, 307, 313 f.), bei der die Haftung der "Kommanditisten" allerdings beschränkt bleibt (vgl. BGH NJW 1980, 784, 785). Denn Voraussetzung eines Handelsgewerbes ist nach §§ 1 und 2 HGB a. F., dass überhaupt ein Gewerbe betrieben wird.

Da die Beklagte sich hier zu Recht darauf beruft, ein Gewebe nicht zu betreiben, gilt nicht die vierjährige sondern die zweijährige Verjährungsfrist für die Ansprüche der Klägerin, so dass die Klage aufgrund der Einrede der Verjährung abzuweisen war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziffer 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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