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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 20.08.2009
Aktenzeichen: 22 U 81/08
Rechtsgebiete: BGB, MRK, ZPO, InsO


Vorschriften:

BGB § 399
MRK Art. 41
ZPO § 851 Abs. 1
InsO § 35
InsO § 36
InsO § 80
InsO § 82
1. Der Anspruch auf Auszahlung der dem Betroffenen nach Feststellung seiner Opfereigenschaft nach Art. 41 EMRK zuerkannten gerechten Entschädigung ist gemäß § 366 BGB nicht übertragbar und unterliegt gemäß § 851 Abs. 1 ZPO nicht der Pfändung.

Im Falle der Insolvenz des Betroffenen ist dieser Anspruch deshalb an den Gemeinschuldner selbst und nicht zur Insolvenzmasse zu erfüllen.

2. Für den Fall, dass die Nichterfüllung einer dem Betroffenen von dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte rechtskräftig zuerkannten Entschädigungsforderung geltend gemacht wird, ist für die Durchsetzung des Anspruchs eine Leistungsklage des Betroffenen vor den deutschen Gerichten zulässig.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 22 U 81/08

verkündet am : 20. August 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 20.08.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Ubaczek, den Richter am Kammergericht C. Kuhnke und die Richterin am Kammergericht Meising

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 27. Februar 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 23 O 382/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Tatsächliche Feststellungen

Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn J G von der Beklagten Zahlung einer dem Insolvenzschuldner durch Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (nachfolgend: EGMR) wegen einer Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) zuerkannten Entschädigung. Die Beklagte hat diesen Betrag in Kenntnis des Insolvenzverfahrens unmittelbar an den Insolvenzschuldner gezahlt. Der Kläger vertritt die Ansicht, der Entschädigungsanspruch sei im Hinblick auf die Wirkungen des Insolvenzverfahrens durch die Zahlung an den Insolvenzschuldner nicht erfüllt worden, sondern bestehe nach wie vor; der Betrag sei an ihn als Insolvenzverwalter zu leisten.

Im Einzelnen:

Der Insolvenzschuldner J G hat im Februar 2001 eine Individualbeschwerde beim EGMR gegen die Beklagte eingereicht, weil ein von ihm gegen die Stadt Saarbrücken geführtes Amtshaftungsverfahren nicht innerhalb angemessener Frist entschieden worden sei.

Später ist durch Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 24. Februar 2004 - 63 IN 9/04, auf den Bezug genommen wird, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden.

Mit Schreiben vom 1. und 11. Juni 2004 hat der Kläger dem EGMR zu dem vom Insolvenzschuldner geführten Verfahren die Eröffnung des Insolvenzverfahrens angezeigt und um entsprechende Berichtigung des Rubrums gebeten. Mit Schreiben vom 17. Juni 2004 an den Kläger, auf das ebenfalls Bezug genommen wird, hat der EGMR eine Berichtigung des Rubrums abgelehnt, weil für das bei ihm anhängige Verfahren "weiterhin die Person, die den Antrag bei Gericht gestellt habe, als Antragsteller" gelte, selbst wenn "sie für insolvent erklärt worden" sei. "Der Insolvenzverwalter" trete "in diesem Verfahren nicht für diese Person ein".

Der Kläger hat auch der Beklagten spätestens mit Schreiben vom 22. September 2006 Mitteilung von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemacht und im Hinblick auf die bevorstehende Entscheidung des EGMR Zahlung an sich zur Insolvenzmasse verlangt.

Mit Urteil vom 05. Oktober 2006 (Individualbeschwerde Nr. 66491/01) -, auf das ebenfalls Bezug genommen wird, hat der EGMR dem Insolvenzschuldner als Ersatzanspruch wegen einer Amtspflichtverletzung durch überlange Verfahrensdauer 45.000,00 EUR für den immateriellen Schaden und 14.000,00 EUR für Kosten und Auslagen zuerkannt, zahlbar binnen 3 Monaten, nachdem "das Urteil endgültig" werde.

Die Beklagte hat den zuerkannten Betrag innerhalb der in dem Urteil des EGMR gesetzten Frist an den Insolvenzschuldner persönlich gezahlt.

Mit der Klage verlangt der Kläger Zahlung der dem Insolvenzschuldner insgesamt vom EGMR zuerkannten 59.000,00 EUR an sich zur Insolvenzmasse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, der Anträge und der Begründung der Entscheidung erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, mit dem das Landgericht den Klageantrag auf Zahlung von 59.000,00 EUR mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig und den Klageantrag auf Zahlung von vorgerichtlichen Kosten des Klägers als unbegründet abgewiesen hat.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht geltend, der Klage fehle es entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Eine Vollstreckung aus dem Urteil des EGMR vom 05. Oktober 2006 sei nicht möglich; die Erteilung einer Vollstreckungsklausel nicht vorgesehen. Die vom Landgericht insoweit zitierten Bestimmungen seien auf Entscheidungen des EGMR nicht anwendbar.

In der Sache nimmt er auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug, mit dem er die Ansicht vertritt, der vom EGMR zuerkannte Anspruch sei pfändbar und falle daher in die Insolvenzmasse, durch die Zahlung an den Insolvenzschuldner persönlich habe daher Erfüllung nicht eintreten können, demgemäß könne er als Insolvenzverwalter Zahlung an sich zur Insolvenzmasse verlangen.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des am 27. Februar 2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 23 O 382/07 - die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zur Insolvenzmasse 59.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. August 2007 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ihm entstandene vorgerichtliche Kosten in Höhe von 2.028,36 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend und meint, der Kläger hätte gemäß § 148 Abs. 1 InsO gegenüber dem Insolvenzschuldner die Massezugehörigkeit des diesem vom EGMR zuerkannten Anspruchs durch Herausgabe des Titels klären müssen. Ein Rechtsschutzbedürfnis zur Erwirkung eines neuen Titels bestehe nicht.

Auch könne derselbe Anspruch nicht zweimal geltend gemacht werden; die Rechtskraft des Urteils des EGMR stehe hier entgegen.

Sie, die Beklagte, habe das Urteil des EGMR befolgen müssen, in dem dem Insolvenzschuldner persönlich ein Anspruch auf Entschädigung zugesprochen worden sei. Nach Art. 46 EMRK hätte sie nicht an den Insolvenzverwalter leisten dürfen, der weder materiell noch formell Begünstigter nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sei.

Im Übrigen könne die Zahlung einer Entschädigung nach Art. 41 EMRK nur vor dem EGMR geltend gemacht werden; eine Zuständigkeit deutscher Gerichte bestehe insoweit nicht.

Allenfalls könnten die Verwaltungsgerichte für das Klagebegehren zuständig sein, nicht aber die ordentlichen Gerichte.

Im Übrigen gehöre der dem Insolvenzschuldner zuerkannte Anspruch auch nicht zur Insolvenzmasse. Er sei höchstpersönlicher Natur und darüber hinaus zweckgebunden, somit nicht übertragbar. Er unterliege daher nach §§ 35, 36 InsO in Verbindung mit § 851 ZPO nicht dem Insolvenzbeschlag.

Aufgrund der Vielzahl der verlorenen Prozesse des Insolvenzschuldners sei die Beklagte als Gläubigerin am Insolvenzverfahren beteiligt. Eine Massezugehörigkeit des hier streitgegenständlichen Anspruchs hätte zur Folge, dass die Beklagte nach Zahlung der Entschädigung an die Insolvenzmasse über die Ausschüttung einer Quote als Schädiger an der Entschädigungsleistung teilhaben würde. Der Zweck der Entschädigung wäre damit verfehlt.

Auch gehe der EGMR davon aus, dass durch seine Urteile zugesprochene Entschädigungen unpfändbar seien.

Im Übrigen behauptet die Beklagte wie schon in erster Instanz, der Insolvenzschuldner habe den streitgegenständlichen Anspruch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Abtretungserklärung vom 27. März 2001 abgetreten. Auch deshalb gehöre die Forderung nicht zur Insolvenzmasse.

Auch liege in dem Umstand, dass der Kläger sich nicht bemüht habe, die Massezugehörigkeit des Anspruchs durch das Insolvenzgericht feststellen zu lassen, eine konkludente Erklärung der Freigabe aus der Masse.

II. Würdigung

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, nachdem dem Kläger durch Beschluss des Senats vom 12. Februar 2009 wegen der Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden ist. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

1. Zulässigkeit der Klage

Allerdings ist die Klage entgegen der von der Beklagten und vom Landgericht vertretenen Ansicht zulässig.

a) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die von der Beklagten gerügt worden und auch nach Inkrafttreten der aktuellen Regelung des § 513 Abs. 2 ZPO in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH Urteil vom 16. Dezember 2003 - XI ZR 474/02 - NJW 2004, 1456 f), ist hier gegeben. Sie folgt grundsätzlich aus den Regeln über die örtliche Zuständigkeit (vgl. BGH Urteil vom 20. April 1993 - XI ZR 17/90 - NJW 1993, 2683). Das Landgericht Berlin ist gemäß § 18 ZPO für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits örtlich zuständig, weil die Beklagte vom Bundesministerium der Justiz vertreten wird, das seinen Sitz in Berlin hat.

Völkerrechtliche Regelungen, die hier einer Zuständigkeit der deutschen Gerichte entgegenstehen könnten, bestehen nicht. Insbesondere hindert Art. 32 EMRK, nach dem der EGMR das einzige zur Entscheidung über Menschenrechtsverletzungen berufene Organ ist (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., Art. 32 Rdn. 1), die Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht. Denn es geht vorliegend nicht um die Auslegung und Anwendung der EMRK, sondern um die Frage, ob die Zahlung der Beklagten an den Insolvenzschuldner persönlich trotz des innerstaatlichen Insolvenzverfahrens und der hierdurch entfallenen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzschuldners über sein Vermögen zum Eintritt der Erfüllung des dem Insolvenzschuldner vom EGMR rechtskräftig zuerkannten Entschädigungsanspruchs geführt hat.

b) Für die Klage ist entgegen der von der Beklagten bereits in erster Instanz erhobenen Rüge auch nicht der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Das ergibt sich gemäß § 40 Abs. 2 VwGO daraus, dass der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit Erfüllung einer Entschädigungsforderung gegen den Staat wegen Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten geltend macht (vgl. dazu auch Cremer in Grote/Marauhn (Hrsg.), EMRK/GG Konkordanzkommentar, Kap. 32 Rdn. 83 m. w. N. zum Rechtsweg für eine Klage im Falle der Nichtleistung auf eine vom EGMR zuerkannte Forderung).

c) Die Klage ist schließlich auch nicht nach der sogenannten "ne bis in idem" Lehre unzulässig, weil der EGMR mit seinem Urteil vom 05. Oktober 2006 schon rechtskräftig über den Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits entschieden hätte. Zwar erwächst ein Urteil des EGMR gemäß Art. 42 und 44 EMRK in formelle Rechtskraft, indem es "endgültig" wird. Ein im Individualbeschwerdeverfahren ergangenes Urteil ist auch gemäß Art. 46 Abs. 1 EMRK für die an dem Verfahren vor dem EGMR beteiligten Parteien verbindlich und entfaltet damit auch in begrenztem Umfang materielle Rechtskraft im Hinblick auf die jeweiligen personellen, sachlichen und zeitlichen Grenzen des Streitgegenstandes des Individualbeschwerdeverfahrens insoweit, als die Vertragsparteien der Europäischen Menschenrechtskonvention (hier die Beklagte) völkerrechtlich verpflichtet sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen (vgl. etwa BVerfG Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - NJW 2004,3407/3409 ff; Cremer, a.a.O., Kap. 32 Rdn. 57; Büscher in Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 3. Aufl., § 322 Rdn. 106).

Jedoch geht es hier nicht um die Frage einer Verletzung der EMRK und die daraus folgende Pflicht der Beklagten zur Zahlung der dem Insolvenzschuldner vom EGMR zuerkannten Entschädigung. Vielmehr ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, ob die dem Insolvenzschuldner vom EGMR zuerkannte Entschädigungsforderung in die Insolvenzmasse fällt. Daher ist der Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits nicht mit dem vom Insolvenzschuldner geführten Individualbeschwerdeverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte identisch. Das ergibt sich auch daraus, dass hier der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes für die Insolvenzmasse Kläger ist und nicht der am Verfahren vor dem EGMR beteiligte Insolvenzschuldner persönlich.

Für den Fall, dass Nichterfüllung einer vom EGMR rechtskräftig zuerkannten Entschädigungsforderung geltend gemacht wird, ist eine Leistungsklage des durch das Urteil des EGMR Betroffenen vor den deutschen Gerichten zulässig, um ihm zur Durchsetzung des ihm vom EGMR rechtskräftig zuerkannten Anspruchs zu verhelfen (vgl. dazu Cremer, a.a.O.; Dörr, EMRK/GG Konkordanzkommentar, a.a.O., Kap. 33 Rdn. 116; Frowein in Handbuch des Staatsrechts, Band VII, Übernationale Menschenrechtsgewährleistungen, § 180 Rdn. 18; im Ergebnis auch Büscher in Wieczorek/Schütze, a.a.O., § 322 Rdn. 106). Gleiches muss gelten, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird und der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes den dem Insolvenzschuldner vom EGMR zuerkannten Anspruch mit der Begründung geltend macht, er falle in die Insolvenzmasse und sei noch nicht erfüllt worden. Bei einer solchen Klage geht es nicht mehr um den Anspruch selbst, der auch von den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits nicht in Frage gestellt wird, sondern um seine Durchsetzbarkeit, weil es an einer unmittelbaren Möglichkeit der Vollstreckung fehlt.

Die EMRK ist als Völkerrecht durch das gemäß Art. 59 Abs. 2 GG erlassene Zustimmungsgesetz Bestandteil des Bundesrechts geworden (vgl. dazu im einzelnen BVerfG a.a.O.), womit gemäß Art. 41, 46 EMRK letztlich auch im Individualbeschwerdeverfahren ergangene Leistungsurteile des EGMR innerstaatlich eine unmittelbare Leistungspflicht begründen (vgl. BVerfG, a.a.O., NJW 2004, 3407/3409; Dörr, a.a.O., Kap. 33 Rdn. 116; Frowein in Handbuch des Staatsrechts, Band VII, Übernationale Menschenrechtsgewährleistungen, § 180 Rdn. 14 und 18; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 322 Rdn. 313; Stöcker, NJW 1982, 1905/1908). Leistungsurteile des EGMR sind jedoch nach derzeitiger Rechtslage nicht unmittelbar vollstreckbar. In der EMRK ist eine Zwangsvollstreckung im Sinne einer unmittelbaren Durchsetzung der in einem Urteil des EGMR ausgesprochenen Verpflichtung nicht vorgesehen. Vielmehr wird gemäß Art. 46 Abs. 2 EMRK die Durchführung von Urteilen des EGMR durch das Ministerkomitee des Europarates überwacht, wobei lediglich politischer Druck, auch durch Sanktionen gegen Mitgliedsstaaten, ausgeübt werden kann (vgl. dazu Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, 2. Aufl., Art. 46 Rdn. 43; Cremer, a.a.O., Kap. 32 Rdn. 83 m. w. N.). Auch im innerstaatlichen deutschen Recht gibt es derzeit keine Bestimmung, nach der ein Leistungsurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vollstreckbar wäre. Auch aus diesem Grunde ist der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens, in dem es nicht um den Anspruch selbst geht, sondern um seine Durchsetzbarkeit, nicht mit dem Streitgegenstand des vom Insolvenzschuldner geführten Verfahrens vor dem EGMR identisch.

d) Aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt sich auch, dass es entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Klage deshalb fehlt, weil der Kläger auf dem einfacheren Wege einer Titelumschreibung die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des EGMR vom 05. Oktober 2006 betreiben könnte. Insbesondere sind das vom Landgericht zitierte Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (vgl. Amtsblatt Nr. L 001 vom 03/01/1994 S. 0003-0036) und die Bekanntmachung über die Zuständigkeit für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zu Entscheidungen von Organen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaften und der Europäischen Atomgemeinschaft vom 03.02.1961 (BGBl. II 1961,50) nicht auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anwendbar. Der EGMR ist kein Organ des Europäischen Wirtschaftsraums und gehört nicht zu den in Art. 110 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufgeführten Institutionen.

Dahinstehen kann, ob der Kläger auch ein Vollstreckungsurteil nach §§ 722, 723 ZPO erwirken könnte. Insoweit neigt der Senat eher der Ansicht zu, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarung errichtete zwischenstaatliche Institution kein ausländisches Gericht ist (vgl. dazu Gottwald in Müchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl., § 328 Rdn. 50-51; Stein/Jonas - Roth, ZPO, 22. Aufl., § 328 Rdn. 67-69; Musielak, ZPO, § 328 Rdn. 8 ist - a.A.: Zöller/Geimer, ZPO, 27. Aufl., § 328 Rdn. 90) und auf seine nach der EMRK nicht vollstreckbaren Entscheidungen §§ 722, 723 ZPO nicht anwendbar sind. Jedenfalls würde eine Möglichkeit, ein Vollstreckungsurteil zu erstreiten, das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage nicht entfallen lassen (vgl. BGH Urteil vom 26. November 1986 - IVb ZR 90/85 - NJW 1987, 1146).

2. Begründetheit der Klage

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Dem Kläger als Partei kraft Amtes steht kein Anspruch auf Zahlung der dem Insolvenzschuldner in dem Urteil des EGMR zuerkannten Entschädigung von insgesamt 59.000,00 EUR zur Insolvenzmasse nach Art. 41, 46 EMRK in Verbindung mit dem Urteil des EGMR vom 05. Oktober 2006 und § 80 Abs. 1 InsO zu. Die durch das Urteil des EGMR begründete Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung dieser Entschädigung, die, wie sich aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt, im Falle ihrer Nichterfüllung durch Klage vor dem zuständigen innerstaatlichen Gericht durchgesetzt werden kann, steht dem Kläger nicht zu. Sein tatsächliches Vorbringen, die Forderung sei vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht abgetreten worden, als richtig unterstellt, wäre sie durch die Zahlung der Beklagten an den Insolvenzschuldner gemäß § 362 BGB erloschen.

Wie aus §§ 35,38,80 und 81 InsO sowie im Umkehrschluss aus § 82 InsO folgt, wird, wer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Erfüllung einer Verbindlichkeit an den Insolvenzschuldner leistet, obwohl die Verbindlichkeit zur Insolvenzmasse zu erfüllen war, nur befreit, wenn er zur Zeit der Leistung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht kannte. Im vorliegenden Fall hatte zwar die Beklagte zur Zeit der Zahlung der Entschädigung an den Insolvenzschuldner Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, jedoch war die Verbindlichkeit nach Auffassung des Senats nicht zur Insolvenzmasse zu erfüllen.

Das ergibt sich allerdings nicht allein aus dem Umstand, dass in dem Urteil des EGMR vom 05. Oktober 2006 nur der Insolvenzschuldner als Berechtigter benannt ist, obwohl sich der hier klagende Insolvenzverwalter vor Erlass dieses Urteils in dem Verfahren vor dem EGMR gemeldet und um Änderung des Klagerubrums gebeten hatte. Zwar hat der EGMR vor Erlass dieses Urteils eine Berichtigung des Rubrums ausdrücklich abgelehnt, weil für das bei ihm anhängige Verfahren weiterhin die Person, die den Antrag gestellt habe, als Antragsteller gelte, selbst wenn sie für insolvent erklärt worden sei. Daraus ergibt sich aber noch nicht ohne weiteres, dass der zuerkannte Entschädigungsanspruch nach dem Inhalt des Urteils vom 05. Oktober 2006 nicht in die Insolvenzmasse fällt. Denn das Mitteilungsschreiben des EGMR vom 17. Juni 2004 hat den rein prozessualen Inhalt, dass dem Verfahren vor dem EGMR ein Eintritt des Insolvenzverwalters in das Verfahren, anders als etwa dem innerdeutschen Recht, fremd ist. Das dem Mitteilungsschreiben zeitlich nachfolgende Urteil trifft keine unmittelbare Aussage dahin, dass die zuerkannte Entschädigungsforderung nicht in die Insolvenzmasse falle.

Allerdings hat der EGMR in den Gründen seines Urteils vom 28. Juli 1999 - 25803/94 - Selmouni/Frankreich - NJW 2001, 56/61 - zu einem in dem dortigen Individualbeschwerdeverfahren gestellten Antrag, in seinem Urteil klarzustellen, dass die nach Art. 41 EMRK zugesprochenen Beträge nicht gepfändet werden dürfen, zur Frage der Pfändbarkeit einer von ihm zuerkannten Entschädigung Folgendes ausgeführt:

"133. Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass die unter Anwendung von Artikel 41 EMRK festgesetzte und kraft eines Urteils des Gerichtshofs geschuldete Entschädigung unpfändbar sein sollte. Es wäre überraschend, dem Beschwerdeführer eine Summe, insbesondere wegen Misshandlungen, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen, als Entschädigung zuzusprechen sowie als Ersatz für die Kosten und Auslagen, die notwendig waren, um eine solche Feststellung zu erreichen, wenn der Staat dann Schuldner und Gläubiger zugleich wäre. Wenn auch die Beträge, um die es geht, unterschiedlicher Natur sind, ist der Gerichtshof doch der Auffassung, dass der Zweck einer solchen Entschädigung für immaterielle Schäden sicherlich verfehlt und das System des Art. 41 EMRK pervertiert würde, wenn man eine solche Situation hinnähme. Der Gerichtshof kann aber über einen solchen Antrag nicht entscheiden (s. insbes. EGMR 1991, Serie A, Bd. 209, S. 27 Nr. 79 - Philis/Griechenland; Slg. 1996-III, S. 910 Nr. 18-19 - Allenet de Ribemont/Frankreich). Er muss deswegen die Entscheidung über diese Frage der Einsicht der französischen Behörden überlassen."

Die hierin zum Ausdruck kommende Ansicht des EGMR, eine nach Art. 41 EMRK zuerkannte Entschädigung jedenfalls für immaterielle Schäden sei nicht pfändbar, kann jedoch der Entscheidung des Senats nicht ohne weiteres zugrunde gelegt werden. Denn bei der innerstaatlichen Umsetzung der Urteile des EGMR sind die innerstaatlichen Verwaltungsbehörden und Gerichte gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an innerstaatliches Recht und Gesetz gebunden, wozu auch die Berücksichtigung der Gewährleistungen der EMRK und der Entscheidungen des EGMR im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung gehören (vgl. BVerfG a.a.O., NJW 2004, 3407/3410). Sowohl eine gegen vorrangiges Recht verstoßende schematische "Vollstreckung" einer Entscheidung des EGMR als auch eine fehlende Auseinandersetzung mit dem Inhalt dieser Entscheidung können gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen und damit unzulässig sein (vgl. BVerfG a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich, dass das streitgegenständliche Urteil des EGMR nicht zur Insolvenzmasse zu erfüllen ist und die Beklagte daher durch Leistung an den Insolvenzschuldner selbst gemäß § 362 BGB von ihrer Leistungspflicht aus dem Urteil der EGMR frei geworden ist.

Hinsichtlich der dem Insolvenzschuldner zuerkannten Entschädigung für immaterielle Schäden sowie für hiermit verbundene Kosten und Auslagen folgt aus dem Wesen der in dem Urteil des EGMR festgestellten besonders schweren Verletzung des Art. 6 EMRK und der Opfereigenschaft des Insolvenzschuldners, dass der zuerkannte Entschädigungsanspruch gemäß § 399 BGB nicht übertragbar ist, damit gemäß § 851 Abs. 1 ZPO nicht der Pfändung unterliegt und demgemäß gemäß § 36 Abs. 1 InsO nicht zur Insolvenzmasse zu erfüllen ist. Denn eine Abtretbarkeit würde den Inhalt der Leistung verändern und auch ihrer Zweckbindung widersprechen.

Für diese Auffassung spricht zunächst, dass der EGMR nach Art. 41 EMRK ausdrücklich nur der "verletzten Person" eine Entschädigung zusprechen kann.

Allerdings bietet sich für die Beurteilung der Frage, ob der dem Insolvenzschuldner zuerkannte Entschädigungsanspruch in die Insolvenzmasse fällt, ein Vergleich mit der Rechtslage für nach innerdeutschem Recht bestehende innerstaatliche Staatshaftungsansprüche an. Solche Ansprüche sind grundsätzlich selbst dann übertragbar und pfändbar und fallen demgemäß in die Insolvenzmasse, wenn sie auf der Verletzung immaterieller Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit und Freiheit beruhen und auf Ersatz immaterieller Schäden (§ 253 Abs. 2 BGB) gerichtet sind (vgl. zu letzterem BGH Urteil vom 06. Dezember 1994 - VI ZR 80/94 - NJW 1995,783). Im Schrifttum wird daher die Ansicht vertreten, dass auch angesichts der durch Art. 41 EMRK bewirkten Monetarisierung der durch Verletzung der EMRK hervorgerufenen immateriellen Schäden kein Grund dafür besteht, einen völkerrechtlich begründeten Zahlungsanspruch aus einem Urteil nach Art. 41 EMRK anders zu behandeln als Entschädigungsansprüche gegen den Staat nach innerstaatlichem Recht (vgl. Dörr in Grote/Marauhn, Konkordanzkommentar, a.a.O., Kap. 33,119; Meyer-Ladewig, a.a.O., Art. 41 Rdn. 38). Dafür sprechen auch die (allerdings nicht auf die Frage der Zahlung einer Entschädigung bezogenen) Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung a.a.O., NJW 2004, 3407/3409, das Konventionsrecht erkenne an, dass regelmäßig nur die betroffene Vertragspartei beurteilen könne, welche rechtlichen Handlungsmöglichkeiten in der nationalen Rechtsordnung für die Umsetzung des Entscheidungsausspruchs des EGMK bestehen.

Jedoch ist dem Insolvenzschuldner gemäß Art. 41 EMRK eine Entschädigung gerade zum Ausgleich solcher Schäden zuerkannt worden, für deren Wiedergutmachung die nationale deutsche Rechtsordnung nur eine unvollkommene Wiedergutmachung gestattet. Dies spricht für eine besondere, von abtretbaren und pfändbaren immateriellen Schadensersatzansprüchen nach innerstaatlichem Recht zu unterscheidende Rechtsnatur des streitgegenständlichen Entschädigungsanspruchs. Dieser ist vielmehr seinem Inhalt nach eher mit solchen auch dem innerstaatlichen deutschen Recht bekannten Entschädigungsansprüchen vergleichbar, die nicht der Pfändung unterliegen und daher nicht zur Insolvenzmasse zu erfüllen sind. Das gilt etwa für (von Schmerzensgeldansprüchen zu unterscheidende - vgl. BGH Urteil vom 01. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - Juris-Ausdruck Rdn. 49 - NJW 2000, 2195 ff.) Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des nicht übertragbaren Allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. MünchKommInsO-Ott/Vuia, 2. Aufl., § 82 InsO Rdn. 4 m. w. N.; BGH a.a.O., Juris-Ausdruck Rdn. 53; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - NJW 1996, 984).

Die Vergleichbarkeit mit solchen Ansprüchen ergibt sich daraus, dass die vom EGMR als Grundlage für den Entschädigungsanspruch festgestellte Opfereigenschaft des Insolvenzschuldners aufgrund der Verletzung von Art. 6 EMRK (überlange Verfahrensdauer) als solche ebenso wie das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht übertragbar ist. Auch dienen sowohl Entschädigungsansprüche wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts als auch die dem Insolvenzschuldner zuerkannten Entschädigungsansprüche wegen der Verletzung des Rechts aus Art. 6 EMRK nicht nur und in erster Linie der Wiedergutmachung. Vielmehr sollen sie - anders als etwa ein Schmerzensgeldanspruch - vor allem auch der Prävention dienen (vgl. zum Präventionszweck der Geldentschädigung bei einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts BGH a.a.O. und zur Verpflichtung zum Abstellen einer festgestellten Menschenrechtsverletzung gemäß Art. 46 Abs. 1 EMRK Cremer, a.a.O., Kap. 32 Rdn. 66). Damit ist auch die Zielsetzung des dem Insolvenzschuldner höchstpersönlich zuerkannten Anspruchs auf Entschädigung mit nicht abtretbaren und unpfändbaren Entschädigungsansprüchen wegen einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts vergleichbar. Dies spricht dafür, mit der vom EGMR in der oben zitierten Entscheidung vertretenen Ansicht zur Unpfändbarkeit von Entschädigungsansprüchen nach Art. 41 EMRK auch bei der Umsetzung des hier streitgegenständlichen Urteils im innerdeutschen Recht eine Unpfändbarkeit anzunehmen, weil anderenfalls die Zweckbindung des Entschädigungsanspruchs verfehlt würde (§ 399 BGB). Jedenfalls erscheint danach eine Unpfändbarkeit nach innerdeutschem Recht ohne weiteres zulässig, so dass im Rahmen der Umsetzung der Entscheidung des EGMR im innerdeutschen Recht eine Anpassung des Entscheidungsausspruchs gemäß den in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, a.a.O., aufgestellten Grundsätzen nicht erforderlich ist.

Dafür spricht im vorliegenden Fall auch der Umstand, dass die Beklagte, für den Fall, dass die Entschädigung in die Insolvenzmasse fallen würde, insoweit zwangsläufig selbst in Höhe der Insolvenzquote an ihrer Entschädigungsleistung teilhaben würde, weil sie Verfahrenskosten aus dem der Entscheidung des EGMR zugrunde liegenden Verfahren zur Insolvenztabelle angemeldet hat. Dies würde dem Sinn und der Zweckbindung der zuerkannten Entschädigung widersprechen (§ 399 BGB).

Für dieses Ergebnis spricht auch, dass angesichts der vom EGMR vertretenen Auffassung zur Unpfändbarkeit einer nach Art. 41 EMRK zuerkannten Entschädigung bei der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht ausgeschlossen erscheint, dass die beklagte Bundesrepublik Deutschland für den Fall einer Zahlung an den Insolvenzverwalter und Rückforderung des gezahlten Betrages vom Insolvenzschuldner nach § 812 BGB im Rahmen des Überwachungsverfahrens nach Art. 46 Abs. 2 EMRK vor dem EGMR Sanktionen ausgesetzt sein könnte.

Von der Unpfändbarkeit der Entschädigung sind nach Auffassung des Senats auch die in dem streitgegenständlichen Urteil des EGMR zuerkannten Ansprüche auf Entschädigung für Kosten und Auslagen erfasst, weil sie an den Anspruch auf Ersatz der immateriellen Schäden gebunden sind. Der Anspruch auf Ersatz von Kosten des Verfahrens vor dem EGMR selbst in Höhe von 4.000,00 EUR ist auf eine zweckgebundene Leistung (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 399 Rdn. 4 m. w. N.) gerichtet und damit gemäß § 399 BGB nicht abtretbar. Denn er soll Aufwendungen ersetzen, die dem Insolvenzschuldner zum Zwecke der Durchsetzung seiner nach den vorangegangenen Ausführungen nicht pfändbaren Ansprüche wegen Verletzung der EMRK entstanden sind.

Der Entschädigungsanspruch wegen der übrigen Verfahrenskosten in Höhe von 10.000,00 EUR ist ebenfalls auf eine zweckgebundene Leistung im Sinne von § 399 BGB gerichtet. Denn er soll nach der Begründung des streitgegenständlichen Urteils des EGMR gerade Mehrkosten ausgleichen, die durch das Erfordernis besonders langwieriger Prüfung der Rechtssache während der überlangen Verfahrensdauer entstanden sind. Diesem Zweck würde es nicht gerecht, wenn die dem Insolvenzschuldner insoweit zuerkannte Entschädigung zur Erfüllung von Forderungen der Insolvenzgläubiger einschließlich der Beklagten dienen müsste.

Damit hat es nach Auffassung des Senats im Ergebnis bei dem die Klage abweisenden Urteil des Landgerichts zu verbleiben, ohne dass es für die Entscheidung auf eine Beweisaufnahme über das von der Beklagten behauptete Ausscheiden der Forderung aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners durch Abtretung der Entschädigungsforderung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ankäme.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hält es für geboten, die Revision zuzulassen, weil dies zur Fortbildung des Rechts auch im Hinblick darauf erforderlich erscheint (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), dass in der rechtswissenschaftlichen Literatur die Rechtsansicht des Senats zur Pfändbarkeit des dem Insolvenzschuldner vom EGMR gemäß Art. 41 EMRK zuerkannten Entschädigungsanspruchs nicht geteilt wird.

Ende der Entscheidung

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