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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 11.09.2006
Aktenzeichen: 23 U 11/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 707
1. Es besteht keine Nachschusspflicht der Gesellschafter eines geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sofern in dem Gesellschaftsvertrag keine Nachschusspflicht abweichend von § 707 BGB vereinbart ist. Eine solche Vereinbarung ist nur dann wirksam getroffen, wenn sie die Höhe der über die Gesellschaftereinlage hinausgehenden Zahlungsverpflichtungen in objektiv bestimmbarer, künftigen Entwicklungsmöglichkeiten Rechnung tragender Weise festlegt.

2. Beschlüsse der Gesellschafter vermögen eine solche Zahlungspflicht nur dann zu begründen, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist. Dies wiederum ist nur dann wirksam möglich, wenn Ausmaß und Umfang der Belastung der einzelnen Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages bereits erkennbar sind.

3. Ist dies nicht der Fall, ist der Gesellschafter zum Nachschuss nur dann verpflichtet, wenn dies ausnahmsweise im Gesellschaftsinteresse geboten ist und die schutzwürdigen Belange des Gesellschafters dem nicht entgegen stehen.

4. Alleine aus dem Umstand, dass der betroffene Gesellschafter dem Beschluss über die Nachschusspflicht zugestimmt hat, ergibt sich keine Zahlungsverpflichtung.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 23 U 11/06

verkündet am: 11.09.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 11.09.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Klasse, den Richter am Kammergericht Wagner und die Richterin am Amtsgericht Dr. Willnow

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 06. Dezember 2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 19 des Landgerichts Berlin geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten beider Instanzen haben die Klägerin 28 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 72 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beklagten sind der 1997 gegründeten Klägerin als Gesellschafter beigetreten. In § 4 des Gesellschaftsvertrages, wegen dessen Inhalt im Übrigen auf die Anlage 2 zur Klageschrift verwiesen wird, heißt es u.a.:

" (1) Das Eigenkapital wird auf insgesamt DM 4.515.000,00 (...) festgesetzt. (...) Die Erhöhung des Eigenkapitals ist nur mit Zustimmung aller Gesellschafter zulässig, sofern bei Überschreitung der Herstellungskosten für das gesellschaftseigene Bauvorhaben aus von der Geschäftsführung nicht zu vertretenden Gründen, Eigengelder so weit zu erhöhen sind, wie es die Beendigung des Bauvorhabens erforderlich macht. (...).

(6) Neben dem in Absatz 1 bezeichneten Eigenkapital, das ca. 35,00 % der für die Durchführung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Gesamtmittel ausmachen wird, nimmt die Gesellschaft durch sämtliche Mitgesellschafter - entsprechend der Gesellschaftereinlagen zueinander- Fremdmittel auf, um die Investitionen dem Gesellschaftszweck entsprechend durchführen zu können. Dabei sollen die Gesamtkosten bis zur vollständigen Durchführung des Bauvorhabens DM 12.900.000,00 (...) nicht überschreiten. Werden der Gesellschaft Darlehen von Gesellschaftern gewährt, sind dies Fremdmittel in Sinne dieses Absatzes.

§ 9 Abs. 3 bestimmt u.a.:

Der Zins- und Tilgungsdienst des Grundschulddarlehens wird über die Gesellschaft abgewickelt. Die anfallenden Beträge werden von der Gesellschaft aus ihr zufließenden Miet- und sonstigen Einnahmen nach Abzug der für die Gesellschaft entstehenden Aufwendungen, wie z. B. Bewirtschaftungskosten des Hauses und Kosten der Gesellschaft, gezahlt. Sofern der erwirtschaftete Überschuss nicht für die Bedienung der Darlehen ausreicht, sind die Gesellschafter verpflichtet, anteilig Einzahlungen aufzubringen. Die zu leistenden Einzahlungen werden den Gesellschaftern vierteljährlich zur Zahlung aufgegeben. Bei nicht rechtzeitiger Zahlung ist jeder Gesellschafter verpflichtet, Verzugszinsen zu zahlen, die mit 1,0 % pro Monat festgelegt werden.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von Nachschussbeträgen. Die Beklagten begehren widerklagend die Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz für 2004.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im ersten Rechtszug wird auf das am 06. Dezember 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von Nachschussbeträgen stattgegeben. Es hat dabei dahingestellt sein lassen, ob die Beklagten ihre Beitrittserklärung gemäß § 123 BGB anfechten konnten, da nach den anzuwendenden Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft der Beitritt nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar sei. Auch ein Recht zur außerordentlichen Kündigung stehe den Beklagten nicht zu, da die Gründe, auf die sie ihre Kündigung stützen bereits 5 Jahre vor der Kündigungserklärung bekannt wurden und somit die Kündigung nicht nach einer angemessenen Bedenkzeit erklärt worden sei. Der Beitritt sei nicht gemäß § 134 BGB iVm § 1 RberG nichtig, da sich die Unwirksamkeit des Treuhandvertrages nicht auf den Gesellschaftsvertrag auswirke. Auch eine Nichtigkeit nach § 134 BGB iVm § 18 KWG sei nicht gegeben, da § 18 KWG eine reine Ordnungsvorschrift sei. Eine mögliche Nichtigkeit des Darlehnsvertrages der Klägerin mit der C wirke sich nur auf den Darlehnsvertrag, nicht auf den Beitritt aus, da beide Verträge nicht miteinander verbunden seien, wie etwa der kreditfinanzierte Beitritt zu einer Immobiliengesellschaft. Die Beklagten könnten ihren Beitritt auch nicht nach § 1 HTWG widerrufen, da eine Haustürsituation nicht vorgelegen habe und der Beitritt zudem notariell beurkundet worden sei. Die Widerklage hat das Landgericht unter Bezugnahme auf das somit fortbestehende Gesellschaftsverhältnis und die Möglichkeit einer ordentliche Kündigung erst zum 31. Dezember 2008 abgewiesen.

Gegen dieses den Beklagten am 17. Dezember 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Januar 2006 eingegangene und mit dem am 16. Februar 2006 eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten die angestrebte Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin zur Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz für 2004 weiter. Sie vertreten die Auffassung, dass Nachschüsse nur zulässig seien, wenn die Zahlungspflicht eindeutig im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben und mit einer Obergrenze versehen ist. Da jedoch in § 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages keine Obergrenze festgelegt ist, sei der Zahlungsanspruch schon deshalb unbegründet. Auf die Voraussetzungen des § 123 BGB käme es entgegen der Auffassung des Landgerichts an, da die Beklagten die Nachschüsse für die Zeit ab ihrem erklärten Austritt zum 20. Juli 2004 nicht zahlen wollten. Die Nichtigkeit des zwischen der T und der Klägerin geschlossenen Treuhandvertrages gemäß § 134 BGB iVm Art. 1 § 1 RberG habe auch die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages zur Folge, da andernfalls der Verstoß nicht erfolgreich und wirksam sanktioniert werden könnte. Die Ansicht des Landgerichts, eine Nichtigkeit des Darlehensvertrages wirke sich nicht auf den Beitritt aus, sei zu formal. Eine Haustürsituation sei wesentliche Ursache für die Unterzeichnung gewesen. Dass in einem späteren Notartermin die Verträge unterzeichnet wurden, stehe dem nicht entgegen.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil dahin zu ändern, dass die Klage abgewiesen wird und die Klägerin im Wege der Widerklage verurteilt wird, eine Auseinandersetzungsbilanz für die Beklagten für das Jahr 2004 zu erstellen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die landgerichtliche Entscheidung. Sie meint, die gesellschaftsvertragliche Regelung entspräche den Anforderungen, die der BGH zu den fortlaufenden Beitragserbringungen aufgestellt habe, da die Höhe der Beiträge objektiv bestimmbar sei. Außerdem sei der Wirtschaftsplan auf den Gesellschafterversammlungen vom 10. März 2003 und 16. März 2004 einstimmig genehmigt worden. Da die Beklagten dem Beschluss vom 16. März 2004 durch ihre Vertreterin ausdrücklich zugestimmt haben, verstoße eine Berufung auf die Unwirksamkeit des gefassten Beschlusses gegen Treu und Glauben. Jedenfalls aber ergebe sich eine Zahlungsverpflichtung aus der gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze verwiesen.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig. Die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte Berufung wahrt die gesetzlichen Formen und Fristen gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO. Sie hat in der Sache teilweise Erfolg.

A. Die Klage ist unbegründet.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von insgesamt 7.772,03 € aus §§ 9 Abs. 3, 4 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages.

Diese Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages enthalten keine wirksame Abänderung des § 707 BGB.

a) Eine Nachschussverpflichtung ergibt sich nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit aus dem Gesellschaftsvertrag selbst. Nach § 707 BGB besteht vor Auflösung der Gesellschaft eine Nachschusspflicht über die vereinbarte Einlage hinaus regelmäßig nicht. Die - dispositives Recht enthaltende - Regelung in § 707 BGB greift allerdings u. a. dann nicht ein, wenn die Höhe der Beiträge im Gesellschaftsvertrag nicht ziffernmäßig fixiert ist, sondern in objektiv bestimmbarer, künftigen Entwicklungsmöglichkeiten Rechnung tragender Weise ausgestaltet ist (zuletzt BGH, NJW-RR 2006, S. 829ff, NJW-RR 2006, S. 827 ff; NJW-RR 2005, S. 1347 f.). Ein derartiger Sachverhalt ist hier nicht gegeben. § 9 Abs. 3 S. 3 des Gesellschaftsvertrages bestimmt lediglich, dass die Gesellschafter dazu verpflichtet sind, anteilig Einzahlungen aufzubringen, sofern der erwirtschaftete Überschuss nicht für die Bedienung der Darlehen ausreicht. Das danach für das Entstehen der Beitragspflicht maßgebliche Kriterium des "nicht ausreichenden Überschusses" ist im Gesellschaftsvertrag in keiner Weise konkretisiert. Insbesondere legt der Gesellschaftsvertrag nicht fest, nach welchen Maßstäben gewirtschaftet werden soll und welche Positionen insoweit in die Kalkulation einzubeziehen sind. Soweit nach § 9 Abs. 3 S. 2 die Beträge zur Zahlung auf die Darlehensverbindlichkeiten aus den Einnahmen nach Abzug der für die Gesellschaft entstehenden Aufwendungen gezahlt werden, ergibt sich aus dem Vertrag nicht, was unter den "Kosten der Gesellschaft" zu verstehen ist und was hierbei angemessen sein soll. Derartiges ergibt sich auch nicht aus dem in § 4 Abs. 6 S. 4 des Gesellschaftsvertrages genannten Investitions- und Finanzierungsplan.

b) Die Gesellschafterbeschlüsse haben eine Zahlungspflicht nicht wirksam begründet, weil die in § 9 Abs. 3 S. 3 des Gesellschaftsvertrages vorgesehene Möglichkeit, die Beiträge nachträglich zu erhöhen, den Anforderungen nicht genügt, welche der BGH dafür aufgestellt hat. Beitragserhöhungen - um solche handelt es sich bei den geforderten Nachzahlungen - können nur mit Zustimmung eines jeden Gesellschafters beschlossen werden, die, wie dies bei Publikumsgesellschaften häufig anzutreffen ist, auch antizipiert erteilt werden kann. Die Wirksamkeit einer solchen gesellschaftsvertraglichen Bestimmung hängt dann davon ab, ob sie eindeutig ist und Ausmaß und Umfang der möglichen zusätzlichen Belastung erkennen lässt. Das erfordert bei Beitragserhöhungen die Angabe einer Obergrenze oder die Festlegung sonstiger Kriterien, welche das Erhöhungsrisiko eingrenzen. Dies gilt auch bei Publikumsgesellschaften (st. Rspr.: BGH Z 66, 82/85, zuletzt: BGH NJW-RR 2005, 1347/1348; NJW-RR 2006, 829/830; NJW-RR 2006, 827/828).

aa) § 9 Abs. 3 S. 3 GV ist das Ausmaß des zulässigen Eingriffs nicht zu entnehmen. Es fehlt an der unabdingbaren Begrenzung von Beitragserhöhungen. Das Erfordernis, dass Beitragserhöhungen ihrem Umfang nach voraussehbar sein müssen, ist aber in dem Gedanken begründet, jeder Gesellschafter solle das Maß seiner durch die Mitgliedschaft eingegangenen Belastung abschätzen können. Die Beschränkung der Nachschussverpflichtung auf den Fall der fehlenden Liquidität stellt kein geeignetes Kriterium zur Eingrenzung des Erhöhungsrisikos dar. Hierdurch wird für den einzelnen Gesellschafter eine absolute Grenze seiner durch die Mitgliedschaft eintretenden Belastung, die einer Änderung durch Mehrheitsentscheidung entzogen ist, nicht festgelegt. Notwendigkeit und Höhe künftiger Unterdeckungen sind bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags nicht vorherzusehen. Das Ausmaß der zu ihrem Ausgleich erforderlichen Nachschusszahlungen ist für jedes Wirtschaftsjahr erst nach Erstellung des Wirtschaftsplans erkennbar. Aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt sich nicht, dass die Nachschusspflicht auf die Finanzierungskosten des Fremdkapitals begrenzt sein sollte. Diese bilden aber auch deshalb keine Obergrenze, weil die Höhe der erforderlichen Fremdmittel im Gesellschaftsvertrag nicht festgelegt ist.

bb) Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Gesamtkosten in § 4 Abs. 6 GV mit 12.900.000,00 DM angegeben ist, auch wenn gleichzeitig bestimmt ist, dass die Einlagen ca. 35 % der Gesamtmittel ausmachen und die Gesellschaft durch ihre Mitgesellschafter Fremdmittel aufnimmt, um die Investitionen dem Gesellschaftszweck entsprechend durchführen zu können. § 4 Abs. 6 GV bestimmt lediglich, dass die Gesamtkosten 12.900.000,00 DM nicht überschreiten sollen. Eine verbindliche Festlegung einer Obergrenze stellt dies nicht dar. Die Obergrenze ist auch deshalb nicht für den einzelnen Gesellschafter im vorhinein erkennbar, weil in § 4 Abs. 6, 2. Abschnitt GV angegeben ist, dass von den Gesamtkosten nicht die Bearbeitungsgebühren und das Disagio der Endfinanzierung sowie Mehrkosten, die durch Sonderwünsche der Bauherren entstehen, umfasst sind.

c) Darüber hinaus geht der Gesellschaftsvertrag selbst in § 4 Abs. 1 S. 2 davon aus, dass eine Erhöhung des Eigenkapitals nur mit Zustimmung aller Gesellschafter zulässig ist. Eine solche Erhöhung stellen die geforderten Nachschüsse dar. Bei dem Eigenkapital handelt es sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht lediglich um die anfänglich zu erbringende Einlage eines jeden Gesellschafters. Denn auch durch spätere Nachschüsse wird das von den Gesellschafter der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Eigenkapital erhöht. Wie es tatsächlich eingesetzt wird und ob die Nachschüsse nur zur Tilgung von Darlehensverbindlichkeiten genutzt werden, ist dabei unerheblich.

d) Zwar kann bei Fehlen eines antizipierten Einverständnisses im Gesellschaftsvertrag die gesellschafterliche Treuepflicht in Ausnahmefällen eine Zustimmung der Gesellschafter zu Beitragserhöhungen gebieten mit der Folge, dass § 707 BGB der Nachforderung nicht entgegensteht. Eine dahingehende Pflicht besteht hier jedoch nicht.

Ein Gesellschafter ist zur Hinnahme von Eingriffen in seine Mitgliedschaft nur dann verpflichtet, wenn diese im Gesellschaftsinteresse geboten und ihm unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar sind. Dabei sind an die aus der Treuepflicht abgeleitete Verpflichtung, einer Beitragserhöhung zuzustimmen, besonders hohe Anforderungen zu stellen, da ein Gesellschafter grundsätzlich nicht zu neuen Vermögensopfern gezwungen werden kann (BGH NJW-RR 2005, 1347/1348).

Derartige besondere Umstände sind hier nicht ersichtlich.

Hierfür reicht insbesondere die Tatsache nicht aus, dass der einzelne Gesellschafter für die - hier im Wesentlichen nach seinem Eintritt begründeten - Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach außen persönlich haftet. Dies ist regelmäßig der Fall und würde dazu führen, dass die Gesellschafter in den Fällen der Unterdeckung der Gesellschaft grundsätzlich gegen ihren Willen zu Nachschusszahlungen herangezogen werden könnten.

Ebenso wenig sind die Gesellschafter unter dem Gesichtspunkt der Treuepflicht zu Beitragserhöhungen verpflichtet, wenn die Unterdeckungen - wie dies bei geschlossenen Immobilienfonds häufig der Fall ist - auf einer Unterschreitung der projektierten Einnahmen beruhen; und zwar auch dann nicht, wenn dies - ohne weitere Beitragsleistungen der Gesellschafter - die Auflösung oder Insolvenz der Gesellschaft zur Folge hat (Ulmer in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage 2003, Rdnr. 1 zu § 707). Auch in diesem Fall kann ein Gesellschafter nicht zu einer Erhöhung der vereinbarten Beitragspflicht gezwungen werden.

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Beklagten ohne Zahlung auf die Klageforderung einer gleich hohen Haftungsbelastung ausgesetzt wären wie im Falle der Leistung des eingeforderten Nachschusses. Dann könnte die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht es ausnahmsweise gebieten, auf eine Erholung des Vermietungsmarktes zu warten und die Gefahr eines Wertverlustes bei Verkauf der Immobilie - sei es freiwillig, sei es infolge Insolvenz der Gesellschaft - abzuwenden. Hinzutreten müsste, dass die Nachschussforderung ihrer Höhe nach in absoluten Zahlen und in Relation zum Einlagebetrag gesehen nicht als unzumutbar zu qualifizieren ist (OLG Celle WM 2006, 30 ff.).

Es ist vorliegend jedoch nicht ersichtlich, dass die Beklagten sich in einer Situation befinden, die sie bei Zahlung des geforderten Sanierungsnachschusses wirtschaftlich genauso stellen würde wie bei Ablehnung des Nachschusses und eventueller Liquidation der Klägerin. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Sanierung die einzig vertretbare ökonomische Alternative darstellt und eine einmalige Zahlung des Nachschusses unter Fortbestand der Gesellschaft künftige Zahlungen in ein "Fass ohne Boden" vermeiden würde. Auch hat die Klägerin nicht ausgeschlossen, dass künftig zusätzlicher Finanzierungsbedarf entstehen könnte, der eine erneute Nachschussforderung auslösen würde.

e) Ein angeblich widersprüchliches Verhalten der Beklagten, weil die Beklagten durch ihre Vertreterin dem Gesellschafterbeschluss vom 16. März 2004 zugestimmt haben, kann nicht zu einer anderen Betrachtung führen. Da die Rechtsordnung grundsätzlich widersprüchliches Verhalten zulässt, wird die Inanspruchnahme einer Rechtsposition unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium nur unter engen Voraussetzungen versagt. Nach ganz herrschender Meinung ist dafür erforderlich, dass entweder ein besonderes Vertrauen der Gegenseite in Anspruch genommen wurde oder der Handelnde sich in einen unauflöslichen Widerspruch zu seinem vorherigen Verhalten begibt (BGH NJW 1997, 3377/3380 mwN). Beides ist hier nicht der Fall.

Es ist für sich genommen noch nicht widersprüchlich, die (erst im Nachhinein erkannte) Unwirksamkeit eigener Erklärungen geltend zu machen (Roth in: Münchener-Kommentar zum BGB, 4. Auflage 2003, Rdnr. 291 zu § 242). Aus der Zustimmung zu dem Gesellschaftsbeschluss allein konnte die Klägerin ohne Hinzutreten weiterer Umstände nach Treu und Glauben nicht den Schluss ziehen, die Beklagten würden auch Zahlungen leisten. Dies gilt umso mehr, als den geforderten Zahlungen keine rechtswirksame Forderung zugrunde liegt. Da es im Übrigen jeder Partei freisteht, ein unter ihrer Beteiligung zustande gekommenes Rechtsgeschäft anzugreifen, muss dies auch für einen Gesellschafterbeschluss gelten. Soweit der Senat in einem anderen Verfahren einen Hinweis auf § 242 BGB gegeben hat, handelte es sich hierbei um die vorläufige Auffassung in einem Einzelfall.

2. Da sich die Beklagten mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin nicht in Verzug befanden, hat die Klägerin auch keinen Anspruch gegen die Beklagten in Höhe von 165,71 € auf Erstattung ihrer nicht anrechnungsfähigen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 280, 286 BGB.

B. Die Widerklage ist jedoch unbegründet. Die Beklagten haben nur einen Anspruch auf Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz gemäß § 15 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages wenn sie aus der Gesellschaft - auf welche Weise auch immer- ausgeschieden sind. Dies ist nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nicht der Fall. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

1. Die Beklagten können ihren Beitritt nicht gemäß § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechten. Soweit sie behaupten, die GbR sei ihnen als ein äußerst rentables und nach kurzen Anlaufverlusten gewinnbringendes Beteiligungsobjekt angepriesen worden handelt es sich um eine vollkommen unsubstantiierte Behauptung, so dass eine entsprechende Beweiserhebung einer unzulässigen Ausforschung gleichkäme. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich inwieweit etwaige Äußerungen ihres Steuerberaters der Klägerin zuzurechnen sein sollen. Inwieweit die Beklagten im Prospekt durch unzureichende Aufklärung arglistig getäuscht worden sein sollen, ist nicht ersichtlich, da sie selbst vortragen, dass ihnen zum Zeitpunkt des Beitritts der Fondsprospekt nicht vorlag.

2. Der Beitritt zu der Gesellschaft ist auch nicht wegen Verstoßes des Treuhandvertrages gegen das RBerG unwirksam, weil die Gesellschaft bei dem Beitritt nicht wirksam vertreten worden ist. Die Beauftragung der Geschäftsbesorgerin mit der Vornahme aller zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlichen oder zweckmäßigen Rechtsgeschäfte und die Erteilung der dazu erforderlichen umfassenden Abschlussvollmacht begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Eine BGB-Gesellschaft, deren Geschäfte ein nicht zum Kreis der Gesellschafter zählender Dritter führt, entspricht zwar nicht dem gesetzlichen Regeltyp, ist aber rechtlich zulässig und bei Publikumsgesellschaften wie der vorliegenden GbR allgemein üblich. Die umfassende Vollmacht verstößt nicht gegen das RBerG (BGH WM 2006, 1673-1674 ff.; OLG München, Urteil vom 16. Juni 2005, 19 U 5565/04, Rdn. 27 zitiert nach Juris).

3. Den Beklagten steht auch kein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 723 Abs. 1 S. 2, 3 BGB zu. Ein wichtiger Grund ist nur gegeben, wenn die Fortsetzung bis zur nächsten ordentlichen Beendigungsmöglichkeit (hier: gemäß § 8 Abs. 2 GV 31. Dezember 2008) dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist. Soweit die Beklagten nach ihrer Kündigungserklärung meinen durch unzureichende Belehrung über die Kreditkonditionen zu dem Fondsbeitritt bewogen worden zu sein, dürfte dies nicht ausreichen. Schließlich war den Beklagten aus dem Gesellschaftsvertrag bekannt, dass sie sich an einer GbR beteiligen, bei der erhebliche Fremdmittel zur Erreichung des Gesellschaftszweckes und der Begleitumstände (Steuerersparnis) erforderlich waren. Ausweislich ihrer schriftsätzlichen Ausführungen stützen die Beklagten ihre Kündigung auch auf die unberechtigt geforderten Nachschüsse. Hier steht es den Beklagten jedoch frei, diese nicht zu zahlen und im Rahmen eines Prozesses ihre Rechtsauffassung durchzusetzen. Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung dürfte hierdurch nicht begründet werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil ausweislich der Aufzählung der Kündigungsgründe in § 723 Abs. 1 S. 3 BGB im Vordergrund das pflichtwidrige Verhalten der anderen Gesellschafter wie z.B. die endgültige Verweigerung der Erfüllung einer wesentlichen Vertragspflicht steht. Ein derartiges Verhalten liegt hier jedoch nicht vor.

4. Die Beklagten konnten ihren Beitritt nicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 HausTWG widerrufen, da die Willenserklärung von einem Notar beurkundet worden ist (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 HausTWG). § 1 Abs. 2 Nr. 3 HausTWG ist auch anzuwenden, wenn die Beurkundung nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern nur vereinbart ist (Putzo: in Palandt, BGB, 61. Auflage 2002, Rdn. 26 zu § 1 HausTWG). Nach § 4 Abs. 3 S. 5 des Gesellschaftsvertrages bedürfen die Beitrittserklärungen der weiteren Gesellschafter der notariellen Beurkundung. Mit ihrer Erklärung vom 28. November 1997 konnten die Beklagten daher wirksam der Gesellschaft nicht beitreten. Dies ist erst mit der notariellen Beurkundung ihrer am 13. Dezember 1997 abgegebenen Beitrittserklärung erfolgt. Diese kann jedoch nach dem HausTWG nicht widerrufen werden. Auf die von den Beklagten behauptete Haustürsituation kommt es damit nicht an.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

D. Der Senat hat die Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zugelassen, weil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (vgl. 14 U 45/05 KG Berlin) zu klären ist, ob die vorliegende gesellschaftsvertraglichen Regelung Ausmaß und Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung für die Begründung nachträglicher Beitragspflichten in einer Publikumsgesellschaft erkennen lässt und im Gesellschafterbestand der Klägerin und gleichartig konstruierter Immobilienfonds eine Vielzahl vergleichbarer Fälle betroffen sind. Zugleich dient die Konkretisierung der Anforderungen an die Bestimmtheit einer gesellschaftsvertraglichen Regelung, die über die betragsmäßig festgelegte Einlageschuld hinausgehende Beitragspflichten begründet, der Fortentwicklung des materiellen Rechts.

Ende der Entscheidung

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