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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 11.04.2005
Aktenzeichen: 23 U 302/03
Rechtsgebiete: SachenRBerG, VerkaufsG, VermG


Vorschriften:

SachenRBerG § 108
SachenRBerG § 121 I 3
SachenRBerG § 121 I 3 b)
SachenRBerG § 121 I 3 c)
VerkaufsG § 2
VermG § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 23 U 302/03

verkündet am : 11.04.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Klasse sowie die Richter am Kammergericht Genthe und Wagner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 11. November 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 36 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Klägerin begehrt im im Zusammenhang mit einem notariellen Vermittlungsverfahren nach § 108 SachenRBerG die Feststellung, dass dem Beklagten keine sachenrechtlichen Ansprüche an dem von ihm bewohnten Hausgrundstück Bnnn straße n in Bnnn -Bnnnn zustehen. Der Beklagte will seine Ansprüche aus einem am 27. Juni 1990 mit dem Magistrat von Berlin geschlossenen Gebäudekaufvertrag und aus der Tatsache herleiten, dass seine Eltern und er seit 1980 erhebliche Investitionen zur Erhaltung und Wertverbesserung der von seinen Eltern gemieteten Wohnung vorgenommen hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 11. November 2003 antragsgemäß festgestellt, dass dem Beklagten keine sachenrechtlichen Ansprüche bezüglich des Grundstücks Bnnn straßenn in Bnnn -Bnnnn , eingetragen im Grundbuch von Pnnn Blatt nnn zustehen. Gegen das ihm am 19. November 2003 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12. Dezember 2003 Berufung eingelegt und diese am 19. Januar 2004 begründet.

Der Beklagte beharrt auf der Ansicht, dass der von ihm zusammen mit einem Gewerbemieter abgeschlossene Kaufvertrag als Kauf nach dem VerkaufsG anzusehen sei und dass die behaupteten Investitionen ihm als Nutzer zuzurechnen seien.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen. Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II. Die Berufung des Beklagten wahrt die gesetzlichen Formen und Fristen und ist daher zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts, dass dem Beklagten keine sachenrechtlichen Bereinigungsansprüche nach den hier allein in Betracht kommenden Bestimmungen des § 121 I 3 b) und c) SachenRBerG zustehen, ist richtig.

1. Gemäß § 121 I 3 b) SachenRBerG stehen dem Nutzer, der nach dem 18. Oktober 1989 eine Kaufvertrag abgeschlossen hat, Ansprüche nach Kapitel 2 des SachenberG gegenüber dem jeweiligen Grundstückseigentümer nur dann zu, und der Vertragsschluss auf der Grundlage des § 1 des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl. I Nr. 18 S. 157) erfolgte.

§ 1 des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl. I Nr. 18 S. 157) lautet:

Volkseigene Gebäude können für Gewerbezwecke an private Handwerker und Gewerbetreibende, die Bürger der DDR oder Ausländer mit ständigem Wohnsitz in der DDR sind (nachstehend als Handwerker und Gewerbetreibende bezeichnet), verkauft werden.

Danach liegen die Voraussetzungen des § 121 I 3 b) SachenRBerG hinsichtlich des von dem Beklagten erworbenen Miteigentumsanteils nicht vor. Der Beklagte hat seinen Anteil an dem Gebäude nicht als Handwerker oder Gewerbetreibender und nicht zu Gewerbezwecken, sondern als Bürger zu Wohnzwecken gekauft. Der in § 2 VerkaufsG vorgehene Verkauf volkseigener Gebäude an Bürger zu Wohnzwecken wird von § 121 I 3 b) SachenRBerG nicht geschützt. Auf den Umstand, dass der am Kaufvertrag beteiligte Miterwerber seinen Gebäudeanteil zu Gewerbezwecken gekauft hat, kann der Beklagte sich nicht berufen. Denn die Voraussetzungen des § 121 I 3 b) SachenRBerG müssen in der Person des Anspruchstellers erfüllt sein, der den sachenrechtlichen Bereinigungsanspruch geltend macht (vgl. KG, OLGR 1997, 241 und den dazu ergangenen Nichtannahmebeschluss BGH, ZOV 1998, 354).

2. Gemäß § 121 I 3 c) SachenRBerG stehen dem Nutzer die Ansprüche nach Kapitel 2 des SachenberG gegenüber dem jeweiligen Grundstückseigentümer auch dann zu, wenn der Kaufvertrag nach dem 18. Oktober 1989 abgeschlossen worden ist und der Nutzer vor dem 19. Oktober 1989 in einem wesentlichen Umfang werterhöhende oder substanzerhaltende Investitionen vorgenommen hat.

Zum Investitionsbegriff und zur Zurechnung von Investitionsleistungen Dritter hat das Bundesverwaltungsgericht (im Rahmen des VermG) ausgeführt (Urteil vom 16. Oktober 1997 - 7 C 7/97, ZOV 1998, 63):

Vor dem Hintergrund des Zwecks von § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c VermG und der daraus abzuleitenden Notwendigkeit, die verwendeten Rechtsbegriffe mit Blick auf die Wirklichkeit der DDR zu interpretieren, verdient aber auch derjenige die Vergünstigung, der entweder die Leistungen eigenhändig erbracht oder Verwandte, Freunde und Bekannte etwa mit dem Versprechen, sich seinerseits durch Mithilfe erkenntlich zu zeigen, dazu bewogen hat, ihm bei seinen Vorhaben zu helfen. Daraus folgt, daß über die Handwerker- und Materialkosten hinaus auch eigene oder Verwandtschafts- und Freundschaftsleistungen Berücksichtigung finden können.

Hier verhält es sich nach der Darstellung des Beklagten so, dass seine Eltern als nutzungsberechtigte Mieter der Wohnung seit 1980 mit seiner tätigen Mithilfe Investitionen getätigt haben. Es mag auch zutreffen, dass die zur Herrichtung der Familienwohnung und Wiederherstellung der Bewohnbarkeit des gesamten Gebäudes in den Jahren ab 1980 gemachten Aufwendungen und erbrachten Arbeitsleistungen erheblich waren. Bei einer an der Lebenswirklichkeit orientierten Betrachtungsweise ist es aber ausgeschlossen, diese von den Eltern des Beklagten initiierten, ganz überwiegend von ihnen finanzierten und eigenhändig erbrachten Leistungen als Investitionen des 1980 noch minderjährigen Beklagten anzusehen.

Eine erweiternde Auslegung des § 121 I 3 c) SachenRBerG, etwa in dem Sinne, dass nicht nur dem investierenden Nutzungsberechtigten, sondern auch familienangehörigen Mitnutzern (§ 105 ZGB) sachenrechtliche Bereinigungsansprüche zustehen, kommt nicht in Betracht. Bei den Fällen des § 121 I 3 SachenRBerG handelt es sich um Ausnahmetatbestände, deren Grenzlinien die Rechtsprechung nicht durch eine ausdehnende Auslegung überschreiten darf (vgl. BGH, BGHReport 2003, 370).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711, 543 II 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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