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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 27.08.2009
Aktenzeichen: 23 U 52/09
Rechtsgebiete: EG, HGB, BGB


Vorschriften:

EG Art. 249
HGB § 89b Abs. 1
BGB § 288 Abs. 2
1. Richtlinien im Sinne von Art. 249 EGV entfalten keine so genannte "horizontale Drittwirkung".

2. Eine an der Richtlinie 86/653/EWG vom 18. Dezember 1986 orientierte Auslegung des § 89 b Abs. 1 HGB a.F. hindert nicht die Berücksichtigung der Sogwirkung einer Marke im Rahmen der Bemessung des Ausgleichsanspruches eines Tankstellenbetreibers.

3. Aus der Marktforschungsstudie der Firma Dr. Stöcker lässt sich für das Waschgeschäft ein Stammkundenanteil von 80 % herleiten. Für einen Abzug von weiteren 20 % stellt diese Studie, anders als die das Kraftstoffgeschäft betreffende so genannte "MAFO-Studie" keine geeignete Schätzgrundlage dar.

4. Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters stellt keine Entgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB dar (gegen OLG München MDR 2009, 339).


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 23 U 52/09

verkündet am: 27.08.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 27.August 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Domke, den Richter am Kammergericht Wagner und die Richterin am Landgericht Moraht

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.02.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.883,96 € nebst 5 % Zinsen aus 6.273,14 € vom 01.12.2007 bis zum 24.4.2008 sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.883,96 € seit dem 25.4.2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jeder Partei wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird hinsichtlich des ab dem 25.4.2008 zuerkannten Zinsanspruchs zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten auch im Berufungsverfahren um die Höhe eines Ausgleichsanspruches nach § 89 b HGB aus Kraftstoffverkauf und Waschgeschäft nach Beendigung eines Tankstellenverwaltervertrages.

Die Beklage hat vorgerichtlich auf den vom Kläger mit Schreiben vom 19. März 2008 geltend gemachten Ausgleichsanspruch in Höhe von 59.463,37 EUR brutto einen Betrag von brutto 41.650,00 EUR gezahlt. Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst die Zahlung von 15.464,03 EUR, dann unter Rücknahme des überschießenden Betrages unter Zugrundelegung eines Gesamtanspruches von 56.273,14 EUR brutto die Zahlung weiterer 14.623,14 EUR nebst Zinsen begehrt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens einschließlich der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1, Satz 1 ZPO).

Das Landgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 18. Februar 2009 abgewiesen. Ein Anspruch des Klägers aus § 89 b HGB bestehe -selbst ohne Abzinsung - nur in Höhe von 37.535,04 EUR brutto, der bereits mit der vorgerichtlichen Zahlung von 41.650,00 EUR erfüllt sei.

Im Kraftstoffgeschäft betrage der Stammkundenumsatzanteil 54,14 %. Dieser Anteil sei nicht um einen auf so genannte Wechselzahler, das heißt Kunden, die einen Anteil der Kraftstoffverkäufe mit EC- oder Kreditkarte und einen Teil bar bezahlt hätten, entfallenden Anteil am Geschäft des Klägers zu erhöhen. Die vom Kläger vorgelegten Berechnungen der Firma ... vom Mai 2008 und vom 09. Oktober 2008 böten keine ausreichenden Grundlagen einer Schätzung nach § 287 ZPO. Wegen der rein verwaltenden Tätigkeit des Klägers sei ein Abzug von 10 % vorzunehmen, so dass bei Zugrundelegung der - unstreitigen - Jahresprovision im Kraftstoffgeschäft von 35.963,06 EUR netto 17.523,36 EUR verblieben. Unter Berücksichtigung der zu schätzenden zukünftigen Abwanderungsquote von jährlich 20 % ergebe sich ein Provisionsverlust von insgesamt 200 % des genannten Provisionsanteils, also von 35.056,72 EUR. Hiervon seien - ebenfalls geschätzt nach § 287 ZPO - wegen der so genannten Sogwirkung der Marke der Beklagten weitere 10 % abzusetzen. Es ergebe sich - ohne Berücksichtigung der Abzinsung - ein Gesamtbetrag von netto 31.542,05 €, also 37.535,04 € brutto.

Für die im Geschäft mit der Waschanlage geworbenen Stammkunden bestehe kein Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB. Es fehle bereits an einer ausreichenden Schätzgrundlage. Der Kläger habe nicht hinreichend vorgetragen, dass die Auswertung der Bezahlungen mit Karten keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Schätzung des Stammkundenanteils im Waschgeschäft böte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das am 05. März 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. März 2009 eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. Mai 2009 an diesem Tag begründete Berufung des Klägers.

Mit der Berufungsbegründung legt der Kläger eine nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils am 26. März 2009 erstellte Analyse der Firma ... vor, aus der sich hinsichtlich des Umsatzes im Waschgeschäft ergibt, dass 22, 61 % des Umsatzes mit Kartenzahlungen und 4,71 % des Umsatzes mit Stationskreditkunden erzielt wird. Auf dieser Basis kommt die Studie zu einem Stammkundenanteil am Umsatz von 63,03 %.

Mit der Berufung, in der er seinen Anspruch teilweise neu berechnet, wendet der Kläger ein, das Landgericht habe zu Unrecht bei der Bemessung des Stammkartenumsatzes im Kraftstoffgeschäft das wechselnde Zahlverhalten einer Vielzahl von Kunden nicht berücksichtigt. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Studie der Firma ... vom 09. Oktober 2009 und der darauf basierenden Stammkundenanalyse der streitgegenständlichen Tankstelle betrage der Stammkundenumsatzanteil 61,71 %. Ein Abzug wegen verwaltender Tätigkeit sei nicht vorzunehmen, da es an konkretem Vortrag dazu fehle, welche ausschließlich verwaltenden Tätigkeiten der Kläger ausgeübt habe und welchen Anteil diese an den gezahlten Provisionen gehabt hätten. Ein Abzug wegen der Sogwirkung der Marke sei ebenfalls nicht gerechtfertigt.

Aus der Richtlinie 86/653/EWG zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter, die bereits vor der am 05. August 2009 in Kraft getretenen Neuregelung des § 89 b HGB seit Inkrafttreten der Richtlinie unmittelbar und vorrangig geltendes Recht gewesen sei, ergebe sich, dass der Ausgleichsanspruch nur durch den Unternehmervorteil begründet werde und dem Provisionsverlust nur im Rahmen der Billigkeit eine Bedeutung zukomme. Angesichts des großen Unternehmervorteils der Beklagten komme der "Sogwirkung" der Marke keine Billigkeitswirkung mehr zu.

Im Waschgeschäft habe eine Schätzung anhand der so genannten "Stöcker Studie" erfolgen können. Eine Schätzung anhand konkreter Daten sei wegen des Umstandes, dass das Waschgeschäft im Wesentlichen Bargeschäft sei, nicht möglich, eine Auswertung auch nicht zumutbar. Dies bestätige auch die Studie vom 26. März 2009. Der Stammkundenanteil im Waschgeschäft betrage jedenfalls 63,01 %. Abzüge seien auch im Waschgeschäft nicht gerechtfertigt.

Insgesamt ergebe sich im Kraftstoffgeschäft ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 56.273,14 EUR brutto und im Waschgeschäft in Höhe von 8.672,39 EUR brutto, so dass abzüglich der vorprozessual geleisteten Zahlung von 41.650,00 EUR jedenfalls ein Anspruch in Höhe der Klageforderung verbleibe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zur Zahlung von 14.623,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % für die Zeit vom 01. Dezember 2007 bis 24. April 2008 aus 6.273,14 EUR, ab 25. April 2008 aus 14.623,14 EUR in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt den Berechnungen des Klägers unter Verteidigung des landgerichtlichen Urteils entgegen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist statthaft und zulässig, insbesondere form - und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 520 ZPO).

Sie ist teilweise begründet.

Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung den Anspruch teilweise neu berechnet, indem er den Ausgleichsanspruch im Kraftstoffgeschäft und im Waschgeschäft anders als in der ersten Instanz getrennt berechnet, ist dies zulässig. Es handelt sich hierbei nicht um ein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel i. S. von § 531 ZPO. Die Tatsachengrundlage, auf die der Anspruch gestützt wird, bleibt bei einer Neuberechnung gleich. Dem Kläger steht aus dem Kraftstoffgeschäft eine Provision von insgesamt 37.728,91 EUR aus § 89 b HGB in der bis zum 05. August 2009 geltenden Fassung zu.

Anwendbar ist vorliegend die bis zum 05. August 2009 geltende Fassung des § 89 b HGB. Ein Schuldverhältnis untersteht nach dem in § 170 EGBGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht, das zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Entstehungstatbestandes galt (Krüger in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., § 170 EGBGB, Rdnr. 3). Zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses, auf dem der Ausgleichsanspruch beruht, das heißt des Abschlusses des Tankstellenverwaltervertrages, galt § 89 b HGB alter Fassung, ebenso zum Zeitpunkt der Entstehung des Ausgleichsanspruches, der mit Beendigung des Handelsvertretervertrages entsteht und fällig wird (Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 89 b Rdnr. 7).

Das Landgericht hat zutreffend den auf Stammkunden entfallenden Umsatz im Kraftstoffgeschäft nach § 287 ZPO mit 54,14 % beziffert.

Der Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Klägers für das Tankgeschäft ist grundsätzlich die letzte Jahresprovision zugrunde zu legen und davon nur der Teil zu berücksichtigen, den der Kläger für Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden erhalten hat, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HBG a.F. besteht (BGH, Urteil vom 12. September 2007, VIII ZR 194/06, zitiert nach juris, Rn 22; BGH, Urteil vom 06. August 1998, VIII ZR 150/96, NJW 1998, 66; BGH, Urteil vom 06. August 1998, VIII ZR 92/96, NJW 1998, 71; KG, Urteil vom 06. November 2008, 23 U 50/08, S. 4). Als Stammkunden sind dabei Mehrfachkunden anzusehen, die innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden (BGH NJW 1998, 66 u. NJW 1998, 71; KG 23 U 50/08, S. 8). Dies ist in Bezug auf Tankstellenkunden im Allgemeinen zu bejahen, wenn diese mindestens vier Mal im Jahr - also durchschnittlich wenigstens einmal pro Quartal - bei der gleichen Tankstelle getankt haben (BGH, Urteil vom 15. Juli 2009, VIII ZR 171/08, zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2008, VIII ZR 159/07, VersR 2009, 355; BGH, Urteil vom 12. Juli 2007, VIII ZR 194/06, BB 2007, 2475). Als Quelle für die Ermittlung solcher Mehrfachkunden an einer bestimmten Station kommen insbesondere Belege über Zahlungsvorgänge mit Kreditkarten oder vergleichbaren Karten (z. Bsp. EC-Karten) in Betracht. Diese Belege können daraufhin ausgewertet werden, ob mit den Karten in einem bestimmten Zeitraum mehrfach getankt wurde, so dass sich der Umsatzanteil der Mehrfachkunden am Gesamtumsatz der Kartenkundschaft für einen bestimmten Zeitraum errechnen lässt. Auf dieser Grundlage kann eine auf die konkreten Verhältnisse im letzten Vertragsjahr bezogene Schätzung erfolgen, bei der der Stammkundenumsatzteil innerhalb der Kartenkunden auf den Gesamtumsatz hochgerechnet wird, falls keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass dieses Verhältnis bei den anonymen Barzahlern wesentlich anders ist als innerhalb der Kartenkundschaft (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2008, a.a.O).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Landgericht zutreffend seiner Schätzung des Stammkundenanteils am Gesamtumsatz der streitgegenständlichen Tankstelle die Mehrfachkundenanalyse der Firma ... vom 18. Mai 2008 zugrunde gelegt und diesen Anteil mit 54,14 % geschätzt. Diese Studie weist den Stammkundenanteil am Gesamtumsatz der Tankstelle unter Berücksichtigung derjenigen Kunden, die mit einer Karte mindestens vier Tankvorgänge im Jahr bezahlt haben, sowie unter Berücksichtigung der Stationskreditkunden, mit 54,14 % aus. Sie stellt damit eine ausreichende Schätzgrundlage für eine Bestimmung des Stammkundenanteils am Umsatz dar. Bei einem Umsatzanteil der Kartenzahler von mehr als 50 % bietet die darauf gestützte Hochrechnung auf den Gesamtumsatz eine ausreichende Basis für eine Schätzung, da damit ein Mindeststandard gesichert ist, der für die Aussagefähigkeit dieser Auswertung auch für den Gesamtumsatz spricht (KG, Urteil vom 12. Juni 2006, 23 U 23/05; KG, Urteil vom 06. November 2008, 23 U 50/08). Diese Berechnung wird auch von keiner der Parteien in Abrede gestellt.

Dieser Anteil ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht weiter zu erhöhen.

Das Landgericht hat den Anteil der Kartenwechsler, also derjenigen Kunden, die ihren Kraftstoff nicht stets mit derselben EC- oder Kreditkarte zahlen, sondern unterschiedliche Zahlungsmittel wählen, bei der Bemessung der Stammkundenquote zu Recht nicht in die Schätzung einbezogen.

Es fehlt bereits an einer ausreichenden Basis für eine Schätzung nach § 287 ZPO. Die Studie vom 09. Oktober 2008, auf die der Kläger seine Berechnung stützt, rechtfertigt eine Einbeziehung der Kartenwechsler in die Berechnung des Stammkundenanteils nicht. Zwar enthält diese Studie gegenüber der zunächst eingereichten Erhebung von Mai 2008 eine korrigierte Berechnung. Dennoch ist auch diese Studie nicht als Schätzgrundlage geeignet.

Es kann bereits nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass die Studie, die Tankvorgänge auswertet, die unter Vorlage einer Bonuskarte erfolgten, tatsächlich nur solche Tankvorgänge berücksichtigt, die zwar vom selben Kunden getätigt wurden, dieser aber bei den einzelnen Tankvorgängen mit unterschiedlichen Zahlungsmitteln zahlte. Selbst wenn in dieser Studie bestimmte Tankvorgänge keine Berücksichtigung fanden, bei denen Anzeichen für einen Missbrauch der Bonuskarte, das heißt deren Vorlage nicht durch denjenigen, auf den die Karte ausgestellt ist, sondern durch einen Dritten, vermutet wurden, so ist damit noch nicht gewährleistet, dass tatsächlich nur noch solche Tankvorgänge in die Studie Eingang fanden, bei denen die Bonuskarte mehrfach vom selben Tankkunden genutzt wurde. Dass sämtliche Missbrauchsfälle zuverlässig eliminiert worden sind, kann nicht festgestellt werden und wird auch vom Kläger nicht behauptet. Darüber hinaus ist der durch die Erhebung ermittelte Faktor des mit Kartenwechslern erzielten Umsatzes von 16,51 % des Umsatzes der sonstigen Kunden nicht schematisch auf jede Tankstelle im Bundesgebiet gleichermaßen übertragbar. Die Erhebung stützt sich auf eine Auswertung von lediglich 58 von insgesamt ca. 14.000 in Deutschland betriebenen Tankstellen und betrifft nur zwei Marken. Diese Tankstellen sind, wie sich aus der in der Studie vom 09. Oktober 2008 befindlichen Karte ergibt, auch nicht gleichmäßig auf das gesamte Bundesgebiet verteilt. Zudem ist nicht erkennbar, an welchem Standort sich die betreffenden Tankstellen befinden, d.h. ob gleichermaßen Tankstellen im städtischen und ländlichen Raum berücksichtigt wurden, so dass insgesamt nicht davon ausgegangen werden kann, dass die ermittelten Ergebnisse repräsentativ für alle Tankstellen im Bundesgebiet sind. Ferner würde durch eine Einbeziehung einer rein statistischen Erhebung zum Kartenwechslerverhalten in die kartenbezogene Auswertung der konkreten Tankstelle der Vorteil der kartenbezogenen Auswertung, der darin liegt, dass allein die konkreten Verhältnisse der jeweiligen Tankstelle eine Rolle spielen, verwässert (OLG Hamm, Urteil vom 25. August 2008, 18 U 63/06, zitiert nach juris, dort Rdnr. 114). Die Schätzung aufgrund der Berücksichtigung jedes Kartenkunden, der mindestens vier Mal bei der Tankstelle des Klägers mit ein und derselben Karte gezahlt hat, berücksichtigt die Interessen der Parteien angemessen (OLG Hamm, a.a.O; KG, Urteil vom 21. Mai 2007, 23 U 87/05, DB 2007, 1355).

Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen gemäß § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB a.F. einen Billigkeitsabzug wegen der "Sogwirkung", welche die Marke der Beklagten auf den Kaufentschluss des Kunden ausübt, in Höhe von 10 % für gerechtfertigt gehalten. Die Marke, die die Beklagte betreibt, gehört zu den deutschlandweit bekannten und vertretenen Kraftstoffmarken, die gegenüber den anonymen Tankstellen durch ihre Bekanntheit, ihre Werbung, ihre Präsenz in der Öffentlichkeit und den Umstand, dass die Kunden sich darauf verlassen können, einen bestimmten Ausstattungs- und Servicestandard auf jeder Tankstelle der Beklagten vorzufinden, eine Sogwirkung auf Kunden entfaltet (KG, Urteil vom 21. Mai 2007, a.a.O). Selbst wenn die Beklagte kein direkte Treibstoffwerbung mehr betreibt, bedeutet dies nicht, dass die Werbung der Beklagten für ihr Unternehmen als Ganzes - dass die Beklagte für sich wirbt, um den Kunden ein positives Bild ihrer Betriebe zu vermitteln, stellt der Kläger nicht in Abrede - keinen Einfluss auf den Kaufentschluss des Kunden hat. Auch eine Werbung, die auf eine Verbesserung des Images eines Unternehmens gerichtet ist, kann sich auf die Entscheidung eines Kunden, bei welcher Tankstelle er tankt, auswirken. Insoweit verbleibt es bei der ständigen Rechtsprechung des Senates, der zuletzt in der Entscheidung vom 06. November 2008 (23 U 50/08) einen Billigkeitsabzug wegen der Sogwirkung der Marke für gerechtfertigt hielt.

Der Kläger kann dem nicht Artikel 17 der Richtlinie 86/653/EWG vom 18.Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter entgegenhalten.

EG - Richtlinien können zwar nach der Rechtsprechung des EuGH zugunsten Einzelner unmittelbare Geltung erlangen, wenn die Richtlinie nicht oder nicht richtig umgesetzt wurde, sowie unbedingte und hinreichend genaue Vorschriften enthält (vergl. Biervert in: Schwarze: EU-Kommentar, 2. Aufl. Artikel 249 EGV, Rdnr. 28, EuGH, Urteil vom 04. Dezember 1974, Sammlung der Rechtsprechung des EuGH 1974, S. 1337 ff; EuGH Urteil vom 19. Januar 1982, Sammlung der Rechtsprechung des EuGH 1982, S. 53 ff). Die unmittelbare Drittwirkung einer Richtlinie betrifft aber nur das Verhältnis des von der Richtlinie begünstigten Betroffenen gegenüber dem Mitgliedsstaat oder einer diesem zurechenbaren Einrichtung. Auf Rechtsbeziehungen zwischen Privaten wie im vorliegenden Verfahren, in dem ein privatrechtlicher Anspruch im Streit steht, sind EG - Richtlinien nicht unmittelbar anwendbar. Eine Ausdehnung des Prinzips der unmittelbaren Drittwirkung von Richtlinien auf Rechtsverhältnisse zwischen Privaten, die so genannte "horizontale Drittwirkung", kommt nicht in Betracht. Die Möglichkeit, sich gegenüber staatlichen Einrichtungen auf die Richtlinien zu berufen, beruht darauf, dass die Richtlinie nach Art. 249 des Vertrages für jeden Mitgliedsstaat, an den sie gerichtet ist - und nur für diesen - verbindlich ist, womit verhindert werden soll, dass der Staat aus seiner Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts Nutzen zieht. Eine Ausdehnung dieses Grundsatzes auf den Bereich der Beziehungen zwischen den Bürgern hieße, der Gemeinschaft die Befugnis zuzuerkennen, mit unmittelbarer Wirkung zu Lasten der Bürger Verpflichtungen anzuordnen, obwohl sie dies nur dort darf, wo ihr die Befugnis zum Erlass von Verordnungen zugewiesen ist. Folglich kann ein Bürger sich nicht auf eine Richtlinie stützen, um zu behaupten, er habe einen Anspruch gegen einen anderen, und diesen vor einem nationalen Gericht geltend machen (EuGH, Urteil vom 14. Juli 1994, C - 91/92, Sammlung der Rechtsprechung des EuGH Teil I., S. 3525 ff). Ein nationales Gericht hat zwar, soweit es bei der Anwendung des nationalen Rechtes dieses auszulegen hat, seine Auslegung so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten. Demgemäß ist auch § 89 b HGB in der bis zum 05. August 2009 geltenden Fassung richtlinienkonform auszulegen (Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 89 b Rdnr. 3; Hopt in: Baumbach/Hopt, a.a.O., § 84, Rdnr. 3., § 89 b Rdnr. 23, 32). Die Richtlinie kann aber in einem Rechtsstreit zwischen Privaten nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen und ihm gegenüber nicht als solche herangezogen werden (EuGH, Urteil vom 10. März 2005, C - 235/03, Sammlung der Rechtsprechung des EuGH 2005, Teil I. S. 1937ff).

Unabhängig hiervon ergibt sich auch aus der genannten Richtlinie auch nicht, dass bei der Bemessung des Ausgleichsanspruches eine Berücksichtigung der "Sogwirkung der Marke" zu Lasten des Handelsvertreters nicht berücksichtigt werden kann. Die Frage ob die "Sogwirkung der Marke" eine Kürzung des Ausgleichsanspruches rechtfertigt, ist im Rahmen der nach § 89 b Abs. 1 Satz 1. Nr. 3 HGB a. F. vorzunehmenden Billigkeitsprüfung zu beantworten. Eine solche Billigkeitsprüfung sieht aber auch Artikel 17 Abs. 2 a) der Richtlinie vor. Dass bei einem großen Unternehmervorteil, den der Kläger im Übrigen nicht plausibel darlegt, ein Billigkeitsabschlag wegen der Sogwirkung der Marke nicht in Betracht kommt, lässt sich der Richtlinie nicht entnehmen. Die Berücksichtigung der Sogwirkung der Marke im Rahmen der Billigkeitsprüfung hängt nicht von der Höhe des Unternehmervorteils ab, sondern richtet sich danach, ob der Kunde sich bei der Auswahl einer Tankstelle von Gründen leiten lässt, die nichts mit den Verkaufsbemühungen des Tankstellenhalters zu tun haben.

Ein Abzug wegen verwaltender Tätigkeit kommt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht in Betracht. Hierzu fehlt es bereits an konkretem Vortrag der Beklagten über den Umfang der rein verwaltenden Tätigkeit des Klägers. In dem zwischen den Parteien bestehenden Vertrag über das Kraftstoffgeschäft ist nicht geregelt, in welchem Umfang mit den Provisionen bestimmte Tätigkeiten vergütet werden. In einem solchen Fall obliegt es dem Unternehmer im Einzelnen darzulegen, welche Aufteilung der Provision nach dem Vertrag angemessen ist. Der Beklagte hätte substantiiert darlegen müssen, welche Aufteilung der an den Kläger gezahlten Vergütung auf die vertraglich übernommenen verwaltenden Tätigkeiten des Klägers und die mit diesen Tätigkeiten verbundenen und durch die Provision abgegoltenen Betriebskosten einerseits und die werbende Tätigkeit des Klägers andererseits dem tatsächlichen Verhältnis von werbenden Tätigkeiten (einschließlich Betriebskostenanteil) zu verwaltenden Tätigkeiten (einschließlich Betriebskostenanteil) entspricht (BGH , Entscheidung vom 12. Februar 2003, VIII ZR 130/01, a.a.O; BGH, Urteil vom 06. August 1997, VIII ZR 150/96, NJW 1998, 66). Daran fehlt es. Die Beklagte trägt zwar umfangreich dazu vor, welche an einer Tankstelle anfallenden Tätigkeiten verwaltender Natur seien; welchen Umfang diese Tätigkeiten im Vergleich zur werbenden Tätigkeit einnehmen und welche Aufteilung der Provision nach dem Vertrag angemessen ist, sagt legt sie aber nicht dar.

Damit ergibt sich für das Kraftstoffgeschäft folgende Berechnung:

- Jahresprovision des letzten Vertragsjahres 35.963,06 €

- davon Stammkundenumsatzanteil 54,14 % 19.470,4 €

- Abwanderung x 200 % 38.940,80 €

- abzüglich 10 % Billigkeitsabzug ( - 3.894,08 €) 35.046,72 €

- abgezinst nach der Gillardon Methode (x 0,904646) 31.704,88 €

- zuzgl. 19 % Mwst 19 % ( + 6.023,93 €)

Ergebnis: 37.728,81 €

Aus dem Waschgeschäft errechnet sich für den Kläger eine Provision in Höhe von 7.805,15 EUR.

Die Vorlage der Umfrage Dr. Stöcker genügt den Anforderungen an die Darlegung des Stammkundenanteils im Waschgeschäft und kann als Schätzgrundlage nach § 287 ZPO herangezogen werden.

Angesichts der Schwierigkeiten, den Stammkundenanteil konkret zu ermitteln, hat der BGH dem Tankstellenhalter die Darlegungs- und Beweisführung durch die Zulassung einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO erleichtert und ihm in diesem Zusammenhang die Verwendung auch statistischen Materials zugebilligt (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007, VIII ZR 194/06, BB 2007, 2475; BGH, Urteil vom 06. August 1998, VIII ZR 92/96, NJW 1998, 71). Allerdings hat der Bundesgerichtshof in mehreren neuen Entscheidungen zu erkennen gegeben, dass die fortschreitende elektronische Erfassung von Zahlungsvorgängen mit EC - bzw. Kreditkarten über eine Hochrechnung der von Kartenkunden getätigten Tankumsätze künftig eine zielsicherere Schätzung des an einer bestimmten Tankstelle gegebenen Stammkundenanteils ermöglichen werde und von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht werden müsse, um im Rahmen des § 287 ZPO die Schätzung möglichst nahe an die Wirklichkeit heranzuführen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2007, VIII ZR 194/06, BB 2007, 2475; vergl. auch KG - 23 U 50/08, Urteil vom 06. November 2008). Der Tankstellenpächter darf sich nach dieser Rechtsprechung zur Darlegung und zum Beweis des auf Geschäfte mit Stammkunden entfallenden Umsatzes und der Provisionseinnahmen nur dann noch auf geeignete repräsentative Umfragen stützen, wenn er keine zumutbare Möglichkeit hat, die Zahlungsvorgänge an der Tankstelle auszuwerten und den Stammkundenanteil auf dieser Grundlage zu schätzen (BGH, BB 2007, 2475).

Dies bedeutet aber nicht, dass ein Tankstellenpächter zur Bezifferung seines Anspruches stets auf eine konkrete Auswertung der Zahlungsvorgänge an der Tankstelle zurückzugreifen hat. Grundlage einer Hochrechnung auf den Umsatzanteil der Stammkunden am Gesamtumsatz der Tankstelle kann eine Auswertung der Ergebnisse der Kartentanker nur dann sein, wenn deren Umsatz einen erheblichen Anteil am Gesamtumsatz ausmacht, wobei der Senat dies, wie bereits dargelegt, erst bei einem Umsatzanteil der Kartentanker von mehr als 50 % bejaht (KG, Urteil vom 12. Juni 2006, 23 U 23/05; KG, Urteil vom 06. November 2008, 23 U 50/08). Nur dann haben die Ergebnisse einer solchen Auswertung eine maßgebende Aussagekraft für den auf alle Kunden hochzurechnenden Stammkundenanteil. Vorliegend hat der Kläger in der Berufungsinstanz vorgetragen, dass nach der konkreten Auswertung der Daten bezüglich des Waschgeschäftes der Anteil des mit Karten erzielten Umsatzes nur 27,32 % betrage. Dieser Vortrag ist unstreitig geblieben und somit in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen (Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 531, Rdnr. 21). Die konkrete Auswertung kommt damit nach den obigen Ausführungen als Schätzgrundlage nicht in Betracht, da der Anteil der Kartenzahler am Gesamtumsatz nur ca. 1/4 ausmacht und keine geeignete Basis für eine Hochrechnung darstellt.

Die Stammkundenquote im Waschgeschäft kann demgemäß auf der Basis der Marktforschungsstudie der Firma Dr. Stöcker ermittelt werden, die auch nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12. Februar 2003, VIII ZR 130/01, NJW-RR 2003, 821 ff) als Schätzgrundlage für die Bestimmung des Stammkundenanteils im Waschgeschäft herangezogen werden kann. Nach dieser Studie beträgt der Anteil der Stammkunden im Waschgeschäft 80 %. Diese 80 % sind ohne weiteren Abzug als Stammkundenquote im Waschgeschäft anzusetzen. Eine geeignete Schätzgrundlage für einen Abzug von weiteren 20 % (nunmehr von 80 %) enthält die Studie der Firma Dr. Stöcker, anders als die das Tankgeschäft betreffende MAFO Studie, nach der regelmäßig ein zusätzlicher Abzug von 20 % vorgenommen wird, nicht. In dieser Studie hatten die "Stammtanker" angegeben, 1/5 ihres Bedarfes an anderen Tankstellen zu decken. Solche Angaben zum wechselnden Waschverhalten fehlen in der Umfrage der Firma Dr. Stöcker. Die Angaben zum Tankverhalten sind auch nicht ohne Weiteres auf das Waschverhalten übertragbar. Gesicherte Erkenntnisse darüber, dass sich beides deckt, gibt es nicht. Auch aus der Entscheidung des BGH vom 12. Februar 2003 (VIII ZR 130/01, a.a.O.) ergibt sich nicht, dass der Stammkundenanteil im Waschgeschäft um weitere 20 % zu kürzen ist. In dieser Entscheidung führt der BGH lediglich aus, dass die Verwertung der Ergebnisse der Stöcker Studie nicht zu einem höheren Stammkundenumsatzanteil hinsichtlich des Waschgeschäftes als 80 % führen könnten, legt aber gleichzeitig dar, dass aufgrund dieser Studie die Überzeugung gewonnen werden könne, dass im Autowaschgeschäft 80 % aller Kunden Stammkunden einer bestimmten Anlage sind.

Hierauf kommt es vorliegend allerdings nicht entscheidend an, da der Kläger den Provisionsanteil am Waschgeschäft ohnehin nur nach einem Stammkundenanteil von 63,03 % berechnet.

Dass der Kläger in der ersten Instanz den Stammkundenanteil im Waschgeschäft bei seiner Berechnung zur Vereinheitlichung mit dem Kraftstoffgeschäftes nur mit 61,7 % angesetzt hatte, hindert ihn nicht daran, jetzt seiner Berechnung 63,03 % zugrunde zu legen. Die Höhe des Stammkundenanteils ist bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruches nur ein Berechnungsfaktor. Die dieser Berechnung zugrunde liegenden Tatsachen waren bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens.

Ein Abzug wegen rein verwaltender Tätigkeiten ist auch für das Waschgeschäft nicht vorzunehmen. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Konkreter Vortrag zum Umfang der rein verwaltenden Tätigkeit und dessen Anteil an der Provision fehlt.

Dass ein erheblicher Anteil der Provisionen als Ausgleich für besonders hohe Betriebskosten gezahlt wurde und deshalb ein Abzug aus Billigkeitsgründen gerechtfertigt ist, ist ebenfalls nicht konkret vorgetragen. Zwar können nach Vertragsbeendigung ersparte Betriebskosten eine Minderung des Ausgleichsanspruches unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit rechtfertigen, wenn eine besonders hohe Provision für die werbende Tätigkeit vereinbart worden war, um hohe Betriebskosten des Handelsvertreters abzugelten (BGH, Entscheidung vom 12. Februar 2003, VIII ZR 130/01, a.a.O). Auch diese Voraussetzungen sind aber konkret darzulegen. Allein der Umstand, dass der Kläger im Autowaschgeschäft eine hohe Provision von 34 % erhalten hat, reicht hierfür nicht aus.

Abzusetzen ist allerdings ein Billigkeitsabzug wegen der Sogwirkung der Marke. Auch insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Diese wirkt sich auch auf das Waschgeschäft aus, da üblicherweise Tank- und Waschgeschäft in engem Zusammenhang stehen.

Für das Waschgeschäft ergibt sich folgende Berechnung:

- Jahresprovision des letzen Vertragsjahres 6.390,51 EUR

- davon Stammkundenumsatzanteil 63,03 % 4.027,94 EUR

- Abwanderung X 200 % 8.055,88 EUR

- abzüglich 10 % Billigkeitsabzug (- 805,59 EUR) 7.250,29 EUR

- abgezinst nach de Gillardon Methode (x 0,90646) 6.558,95 EUR

- zuzügl. 19 % MwSt (+ 1.246,20 EUR)

Ergebnis 7.805,15 EUR

Dass die einzelnen Ansprüche von der Kappungsgrenze des § 89 b Abs. 2 HGB a.F., die nur für die Gesamtsumme übereinstimmend mit 47.994,98 EUR angegeben wird, begrenzt werden, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

Insgesamt ergibt sich für das Kraftstoffgeschäft und das Waschgeschäft ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 45.533,96 EUR. Gezahlt hat die Beklagte 41.650,00 EUR. Es verbleibt ein Anspruch in Höhe von 3.883,96 EUR.

Der Zinsanspruch folgt für den Zeitraum vom 01.Dezember 2007 bis zum 24. April 2008 aus den §§ 352, 353 HBG. Für diesen Zeitraum hat der Kläger aus dem beantragten Betrag von 6.273,16 EUR Anspruch auf Fälligkeitszinsen in Höhe von 5 %, da der Anspruch mit Beendigung des Handelsvertretervertrages fällig wird.

Ab dem 25. April 2008 besteht ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basizinssatz aus 3.883,96 EUR aus §§ 286 Abs.1, Abs.2 Nr. 3, 288 Abs. 1 ZPO.

Die Beklagte befand sich spätestens ab dem 25. April 2008 in Verzug, da die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 14. April 2008 jede weitere Zahlung abgelehnt hat und den Kläger auf die gerichtliche Geltendmachung verwiesen hat. Darin liegt eine endgültige Erfüllungsverweigerung im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB, so dass die Beklagte auch ohne weitere Mahnung in Verzug kam (§ 286 Abs. 1 BGB).

Geschuldet sind gemäß § 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Einen Verzugszins in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 288 Abs. 2 BGB kann der Kläger nicht verlangen. Bei dem Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters handelt es sich nicht um einen Entgeltanspruch, so dass § 288 Abs. 2 BGB nicht anwendbar ist.

Die Frage, ob es sich bei dem Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters aus § 89 b HGB um eine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB handelt, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Das OLG München geht unter Berufung auf BGHZ 24, 222 und Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 89 b Rdnr. 2 davon aus, dass der Ausgleichsanspruch eine Gegenleistung für die durch die Provision noch nicht abgegoltenen Leistungen des Handelsvertreters darstellt, nämlich für die Überlassung des Kundenstammes, den der Handelsvertreter geschaffen hat und der Unternehmer nunmehr allein nutzen kann. Daher stelle der Ausgleichsanspruch ein Entgelt für bereits erbrachte Dienstleistungen, mithin eine Entgeltforderung im Sinne des § 286 Abs. 3, § 288 Abs. 2 BGB dar (Urteil vom 17. Dezember 2008, 7 U 311/08, zitiert nach juris, teilweise abgedruckt in MDR 2009, 339; so auch Ende in: Staub, Handelsgesetzbuch, Großkommentar, 5. Aufl., § 89 b Rdnr. 337). Auch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (Urteil vom 12. Februar 2009, 6 U 60/08, zitiert nach juris) und das OLG Hamm (Urteil vom 29. Mai 2008, 18 U 164/07, zitiert nach juris) sprechen dem Handelsvertreter aus dem nach § 89 b HGB geschuldeten Ausgleichsbetrag Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 288 Abs. 2 BGB zu, dies allerdings ohne weitere Begründung. Der erkennende Senat hat dagegen zuletzt ebenso wie das OLG Frankfurt (Urteil vom 04. September 2007, 5 U 87/06) § 288 Abs. 2 BGB auf den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89 b HGB nicht für anwendbar gehalten, da dieser seiner Rechtsnatur nach keine Entgeltforderung im Sinne des §§ 286 Abs. 2, § 288 Abs. 2 BGB darstelle (Urteil vom 21. Mai 2007, 23 U 87/05; Urteil vom 06. November 2008, 23 U 50/08). An dieser Rechtsprechung wird festgehalten.

Der in § 288 Abs. 2 und § 286 Abs. 3 BGB genannte Begriff der "Entgeltforderung" geht zurück auf die Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Rechtsverkehr (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 08.August 2000, L 200/35). Diese Richtlinie ist auf die als Entgelt für Handelsgeschäfte geleisteten Zahlungen beschränkt (Erwägungsgrund 13 der Richtlinie) und betrifft nach deren Artikel 1 alle Zahlungen, die als Entgelt im Geschäftsverkehr anzusehen sind.

Als Geschäftsverkehr definiert Art. 2 der Richtlinie Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen, die zu einer Lieferung von Gütern oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen. Mit der Verwendung des Begriffes "Entgeltforderung" in §§ 286 Abs. 3 und § 288 Abs. 2 BGB sollte, wie sich dem deutschen Gesetzgebungsverfahren entnehmen lässt, diese Richtlinie in das modernisierte Schuldrecht umgesetzt werden und der Anwendungsbereich des § 286 Abs. 3 BGB auf Entgeltforderungen im Sinne der genannten Richtlinie beschränkt werden (BT- Drucksache 14/6857, Seite 51; BT-Drucksache 14/6857, Seite 14). Dementsprechend werden als Entgeltforderungen im Sinne des § 286 Abs. 3 und des § 288 Abs. 2 BGB solche Forderungen verstanden, die auf Zahlung eines Entgeltes für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet sind, wobei als Leistung sowohl die Lieferung von Gütern als auch die Erbringung von Dienstleistungen in Betracht kommt (Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 286 Rdnr.27; Löwisch/Feldmann in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 286, Rdnr. 95; Ernst in : Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 286, Rdnr 75). Entscheidend ist, dass das, was auf Grund der Forderung geschuldet wird, die Gegenleistung für eine andere, vom Gläubiger zu erbringende Leistung darstellt, d.h. ein gegenseitiger Vertrag vorliegt und die fragliche Forderung zu der Leistung des Gläubigers im Gegenseitigkeitsverhältnis steht (Ernst in : Münchener Kommentar, a.a.O).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt dem Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters kein Entgeltcharakter zu.

Dem Ausgleichsanspruch kann der Entgeltcharakter allerdings nicht bereits deshalb abgesprochen werden, weil es sich hierbei um einen Entschädigungsanspruch handelt. Eine Entschädigung ist dadurch geprägt, dass erlittene Nachteile ausgeglichen werden sollen. Der Ausgleichsanspruch hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zwar auch den Zweck, den Handelsvertreter für die ihm durch die Vertragsbeendigung entgangenen Provisionen zu entschädigen. Er hat aber - anders als ein reiner Entschädigungsanspruch - zum Inhalt, dass der Handelsvertreter für einen auf seiner Tätigkeit beruhenden, ihm aber infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht mehr vergüteten Vorteil, wie er in der Schaffung des Kundenstamms liegt, eine Gegenleistung erhält (BGH, Urteil vom 13. Mai 1957, II ZR 318/56, BGHZ 24, 214 ff; Hopt in: Baumbach/Hopt, a.a.O., § 89 b , Rdnr. 2). Sinn und Zweck des § 89 b HGB ist es, dem Handelsvertreter einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass der Unternehmer aus der vom Handelsvertreter zustande gebrachten Geschäftsverbindung durch weitere Geschäftsabschlüsse auch dann noch erhebliche Vorteile hat, wenn der Handelsvertreter infolge der Beendigung seines Vertragsverhältnisses eine Provision für Folgegeschäfte mit den von ihm geworbenen Kunden nicht mehr erhält (BGH, Urteil vom 10. Juli 2002, VIII ZR 58/00, NJW-RR 2002, 1548 ff). Dementsprechend wird in dem Ausgleichsanspruch keine Entschädigungs-, sondern eine Vergütungsregelung gesehen, wobei es sich allerdings nicht um einen reinen Vergütungsanspruch handele, da er nach Entstehung und Bemessung überwiegend auch von Billigkeitsgesichtspunkten bestimmt sei. (BGHZ, 24, 214 ff; Hopt in: Baumbach/Hopt, a.a.O., § 89 b, Rdnr. 3; Karsten Schmidt, Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 V, Seite 741; Roth in: Koller/Roth/Morck, HGB, 6. Aufl., § 89 b Rdnr.1; Ende in: Staub, Handelsgesetzbuch, Großkommentar, 5. Aufl., § 89 b Rdnr. 16,17).

Auch entfällt der Entgeltcharakter nicht, weil die Frage, ob und in welcher Höhe dem Handelsvertreter ein Ausgleichsanspruch zusteht, u.a. von Billigkeitsgesichtspunkten abhängt. Insoweit folgt der Senat nicht der von Schnabl in NJW 2009, 955 ff vertretenen Auffassung, nach der es sich bei dem Anspruch aus § 89 b HGB um einen Mischtatbestand handele, auf den § 288 Abs. 2 BGB nicht anwendbar sei. Der Umstand, dass auch Billigkeitsgesichtspunkte bei der Bemessung des Anspruches eine Rolle spielen, führt nicht dazu, dass der Anspruch sich in eine Billigkeits- und in eine Entgeltkomponente teilen lässt. Es handelt sich um einen einheitlichen Anspruch, der auch hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit des § 288 Abs. 2 BGB als Einheit zu betrachten ist.

Der Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB ist aber deshalb keine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB, weil die Leistung des Handelsvertreters, die mit dem Ausgleichsanspruch abgegolten werden soll, zu dem Anspruch aus § 89 b HGB nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis steht.

Zwar beruht der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89 b HGB auf einer nachwirkenden Leistung des Handelsvertreters. Er besteht nur dann, wenn der Unternehmer durch eine Leistung des Handelsvertreters, nämlich durch die vom Handelsvertreter geworbenen Geschäftsverbindungen auch noch nach Beendigung des Handelsvertretervertrages Vorteile hat. Dennoch stellt er keine Gegenleistung für die vom Handelsvertreter nach dem Vertrag geschuldete Leistung dar. Gegenleistung und damit Entgelt für die nach § 86 HGB geschuldete Leistung des Handelsvertreters ist nicht der Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB, sondern der Provisionsanspruch des Handelsvertreters nach § 87 HGB (Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl., § 15, IV, Rdnr. 53). Die synallagmatische Verknüpfung zwischen den jeweiligen Leistungspflichten der Vertragsparteien, die durch eine auf dem Grundsatz "do ut des" beruhende Zweckbindung gekennzeichnet ist (vergl. Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., Einf v § 320, Rdnr. 5), besteht beim Handelsvertretervertrag zwischen der Pflicht des Handelsvertreters, Geschäfte mit dem Unternehmer zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen und der Pflicht des Unternehmers, dem Handelsvertreter für die auf die Tätigkeit des Handelsvertreters zurückzuführenden Geschäfte eine Provision zu zahlen (Canaris, Handelsrecht, 24. Aufl., § 15, IV, Rdnr. 53). Der Handelsvertreter vermittelt Geschäfte, um hierfür Provisionen zu erhalten, der Unternehmer zahlt Provisionen, damit der Handelsvertreter Geschäfte für ihn vermittelt. Zweck der Tätigkeit des Handelsvertreters ist es dagegen nicht, nach Beendigung des Vertrages einen Ausgleich nach § 89 b HGB zu erhalten. Diesen Ausgleich erhält der Handelsvertreter über die durch die Vermittlungstätigkeit verdienten Provisionen hinaus, ohne hierfür eine zusätzliche Leistung zu erbringen und auch nur dann, wenn dem Unternehmer aus seiner Tätigkeit für die Zukunft Vorteile erwachsen. Damit beinhaltet der Ausgleichsanspruch zwar im Kern eine Vergütung, dogmatisch handelt es sich aber um einen Vorteilsabschöpfungsanspruch, der nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zum Anspruch des Unternehmers auf die vom Handelsvertreter zu erbringende Vermittlungstätigkeit steht (Canaris, a.a.O., § 15, VII, Rdnr. 98). Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war hinsichtlich des ab dem 25. April 2008 zuerkannten Zinsanspruches zuzulassen. Die Frage, ob auf den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters aus § 89 b HGB § 288 Abs. 2 BGB anwendbar ist, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.

Ende der Entscheidung

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