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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 20.11.2008
Aktenzeichen: 23 U 60/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 709
Die Einfügung einer Regelung in den Gesellschaftsvertrages in der Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisierten geschlossenen Immobilienfonds, wonach ein Gesellschafter vor die Wahl gestellt wird, entweder einen erheblichen faktischen Nachschussbetrag durch Zeichnung neuer Anteile aus einer Kapitalerhöhung zu zahlen oder automatisch aus der Gesellschaft auszuscheiden, berührt den Kernbereich der Mitgliedschaft des betroffenen Gesellschafters und bedarf seiner Zustimmung.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 23 U 60/08

verkündet am : 20.11.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstraße 30-33, 10781 Berlin, durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Klasse, den Richter am Kammergericht Wagner und den Richter am Amtsgericht Prof. Dr. Ernst aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. November 2008 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufungen der Klägerin gegen das Teilurteil des Landgerichts Berlin vom 5. Februar 2008 und das Schlussurteil vom 20. Mai 2008 (37 O 89/06) - werden zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, ein geschlossener Immobilienfonds in Form einer GbR, begehrt Feststellung, dass die acht in erster Instanz Beklagten aus ihr mangels Beteiligung an einer Kapitalerhöhung ausgeschieden seien, und macht Verlustausgleichsansprüche geltend. Sie hat die Klage gegen den ursprünglichen Beklagten zu 4), der keinen Kostenantrag zu stellen versprach, zurückgenommen und sich mit dem früheren Beklagten zu 8) in erster Instanz verglichen unter gegenseitiger Kostenaufhebung.

Das Landgericht Berlin hat die Klage mit Teilurteil vom 5. Februar 2008, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, abgewiesen und mit Schlussurteil vom 20. Mai 2008 über die Kosten entschieden. Der Beschluss der Gesellschaftsversammlung vom 16. Januar 2004 sei unwirksam. Die beschlossene Kapitalerhöhung, bei deren Nichtbeteiligung Gesellschafter automatisch ausgeschlossen wurden, sei rechtlich wie eine Nachschusspflicht zu werten. Die Klägerin habe gegen die Beklagten aber keinen Anspruch auf Nachschüsse, auch nicht aus der gesellschaftlichen Treuepflicht. Andere Gründe für die Kündigung der Beklagten lägen nicht vor.

Gegen das am 20. Februar 2008 zugestellte Teilurteil hat die Klägerin am 12. März 2008 Berufung eingelegt und nach einmonatiger Verlängerung der Begründungsfrist am 5. Mai 2008 begründet. Gegen das ihr am 28. Mai 2008 zugestellte Schlussurteil hat sie am 10. Juni 2008 Berufung eingelegt und begründet.

In der Berufungsinstanz vertiefen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

I. unter Abänderung des am 5. Februar 2008 verkündeten Teilurteils des Landgerichts Berlin (37 O 89/06)

1. festzustellen, dass die Beklagten zu 1.-3. und 5.-7. mit Ablauf des 26. Juli 2004 als Gesellschafter der Klägerin ausgeschieden sind,

2. die Beklagten zu 1. und 2. gesamtschuldnerisch zu verurteilen, 143.686,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Zustellung ihres Schriftsatzes vom 23. August 2006 (Eingang bei Gericht am 25. August 2006) an sie zu zahlen,

3. den Beklagten zu 3. zu verurteilen, 250.814,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Zustellung ihres Schriftsatzes vom 23. August 2006 (Eingang bei Gericht am 25. August 2006) an sie zu zahlen,

4. den Beklagten zu 5. zu verurteilen, 86.051,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Zustellung ihres Schriftsatzes vom 23. August 2006 (Eingang bei Gericht am 25. August 2006) an sie zu zahlen,

5. den Beklagten zu 6. zu verurteilen, 78.458,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Zustellung ihres Schriftsatzes vom 23. August 2006 (Eingang bei Gericht am 25. August 2006) an sie zu zahlen,

6. den Beklagten zu 7. zu verurteilen, 15.965,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Zustellung ihres Schriftsatzes vom 23. August 2006 (Eingang bei Gericht am 25. August 2006) an sie zu zahlen.

II. unter Abänderung des am 20. Mai 2008 verkündeten Schlussurteils des Landgerichts Berlin (37 O 89/06) die Beklagten und Berufungsbeklagten wie folgt zu verurteilen:

1. Die Beklagten zu 1. und 2. haben die Gerichtskosten gesamtschuldnerisch in Höhe von 18,85% zu tragen,

2. der Beklagte zu 3. hat die Gerichtskosten in Höhe von 32,91% zu tragen,

3. der Beklagte zu 5. hat die Gerichtskosten in Höhe von 11,29% zu tragen,

4. der Beklagte zu 6. hat die Gerichtskosten in Höhe von 10,29% zu tragen,

5. der Beklagte zu 7. hat die Gerichtskosten in Höhe von 2,09% zu tragen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufungen zurückzuweisen.

II.

Die Berufungen gegen das Teil- und das Schlussurteil sind zulässig, insbesondere unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften der §§ 517 ff. ZPO eingelegt. Die Bestimmung des § 99 Abs. 1 ZPO hindert die Berufung gegen das lediglich eine Kostenentscheidung enthaltende Schlussurteil nicht, weil gleichzeitig das die Hauptsache entscheidende Teilurteil angefochten wurde (BGH, Beschluss vom 9. November 1977 - VIII ZB 36/77, WM 1977, 1428 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 31. Mai 2000 - 12 U 41/00, MDR 2000, 1397 f.; Herget, in Zöller, ZPO, 26. Auflage 2007, § 99 Rdnr. 10).

Die Berufungen haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide Berufungsgründe greifen hier nicht durch.

Die Klage ist unbegründet, weil erstens nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagten mit Ablauf des 26. Juli 2004 als Gesellschafter der Klägerin ausgeschieden sind, und zweitens der Klägerin keine Zahlungsansprüche gegen die Beklagten auf einen sich bei Auseinandersetzung ergebenden Verlust zustehen.

1. Die Beklagten sind nicht gemäß § 19 Abs. 3 des GV in der Fassung des Beschlusses vom 16. Januar 2004 ausgeschieden, weil dieser Beschluss insoweit nichtig ist. Die Ausschlussregelung des § 19 Abs. 3 GV ist nicht wirksam zustande gekommen, weil der Gesellschaftsvertragsänderung vom 16. Januar 2004 nicht alle Gesellschafter, insbesondere nicht die Beklagten zugestimmt haben.

a) Vertragsändernde Mehrheitsentscheidungen, die in die Rechtsstellung des Gesellschafters eingreifen, sind nicht unbegrenzt zulässig. Auch wenn der Gesellschaftsvertrag, wie hier § 12 Abs. 2 Satz 2, in Abkehr von dem das Recht der Personengesellschaften beherrschenden Einstimmigkeitsgrundsatz die Möglichkeit der Vertragsänderung durch Mehrheitsbeschluss generell vorsieht, muss dem einzelnen Gesellschafter ein Kernbereich von Rechten verbleiben, der nicht zur beliebigen Disposition der Mehrheit steht. Dies folgt jedenfalls daraus, dass die im Voraus außerhalb eines konkreten Anlasses erklärte Unterwerfung unter den Mehrheitswillen typischerweise nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst wird und angesichts der Unvorhersehbarkeit späterer Entwicklungen auch regelmäßig gar nicht erfasst werden kann. Von der Mehrheit beschlossene Eingriffe in den Kernbereich der Mitgliedschaft bedürfen deshalb einer zusätzlichen Legitimation, die nicht schon durch die im Gesellschaftsvertrag allgemein vorgesehene Geltung des Mehrheitsprinzips für Vertragsänderungen vermittelt werden kann (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 18/94, NJW 1995, S. 194 ff.; KG, 14. Zivilsenat, Urteil vom 19. September 2008 - 14 U 9/07).

Die Einfügung des § 19 Abs. 3 GV berührt hier den Kernbereich der Mitgliedschaft eines jeden Gesellschafters, weil dieser vor die grundsätzliche Wahl gestellt wird, entweder einen erheblichen faktischen Nachschussbetrag durch Zeichnung der neuen Anteile aus der Kapitalerhöhung zu zahlen oder automatisch aus der Gesellschaft auszuscheiden. Die Vertragsänderung hat damit einen zuvor nicht vorgesehenen Ausschlussgrund geschaffen, dessen wirtschaftliche Folgen dem einzelnen Gesellschafter mangels Vorliegens einer Abschichtungsbilanz für seinen Anteil auch nicht klar sein konnten. Dass es hier bei der Verknüpfung von Kapitalerhöhung und Ausschlussgrund um den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte geht, verdeutlicht auch die Überlegung, dass bereits die einfache Vermehrung der Leistungspflichten mit Rücksicht auf § 707 BGB der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf (so bereits KG, 14. Zivilsenat, a.a.O.; allg. BGH, Versäumnisurteil vom 21. Mai 2007 - II ZR 96/06, NZG 2007, 620 f.). In diesem Kernbereich sind Mehrheitsentscheidungen nur zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag zuvor Art und Ausmaß des zulässigen Eingriffs erkennen lässt (Ulmer, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 5, 4. Auflage 2004, § 709 Rdnr. 92). § 12 Abs. 2 Satz 2 GV, der nur undifferenziert Änderungen des Gesellschaftsvertrages, insbesondere zur Gesellschaftsform, zulässt, stellt keine ausreichende Ermächtigung für Mehrheitsbeschlüsse zum Ausschluss von Gesellschaftern dar.

Ein in dieser Art fehlerhafter Gesellschafterbeschluss ist grundsätzlich nichtig (Hadding, in: Soergel, BGB, Bd. 5/1, 12. Auflage 2007, § 709 Rdnr. 44).

b) Der Beschluss vom 16. Januar 2004 ist auch nicht ausnahmsweise deshalb wirksam, weil die Beklagten aus dem Gesichtspunkt ihrer gesellschaftlichen Treuepflicht die Ergänzung des § 19 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages hinnehmen mussten.

In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann sich aus der gesellschaftlichen Treuepflicht des einzelnen Gesellschafters die Verpflichtung ergeben, einer Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen. Voraussetzung dafür ist, dass zum einen die Änderung mit Rücksicht auf das bestehende Gesellschaftsverhältnis, etwa zum Zwecke der Erhaltung wesentlicher Werte, die die Gesellschafter in gemeinsamer Arbeit geschaffen haben, oder zur Vermeidung erheblicher Verluste, die die Gesellschaft oder einer der Gesellschafter erleiden könnte, erforderlich ist. Zum anderen kann die Zustimmung eines Gesellschafters zu einer für die Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks gebotenen Vertragsänderung nur dann verlangt werden, wenn sie ihm unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange zuzumuten ist; das Vorliegen dieser Voraussetzung ist im Einzelfall durch Abwägung der widerstreitenden Interessen festzustellen (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1986 - II ZR 86/85, NJW 1987, 952 ff.).

aa) Es fehlt im vorliegenden Fall bereits an einem beachtlichen Interesse der Klägerin an der von ihr gewählten Vorgehensweise des zwingenden Ausschlusses der sich an der Kapitalerhöhung nicht beteiligenden Gesellschafter. Denn die von ihr erstrebte Fortführung der Gesellschaftstätigkeit wäre auch bei einer tatsächlich freiwilligen Beteiligung an der Kapitalerhöhung, d. h. ohne die Sanktion des Ausschlusses bei Nichtbeteiligung erreichbar gewesen. Die von der Klägerin dagegen eingewandte Gefahr, dass ihre Gläubiger die sich nicht an der Kapitalerhöhung beteiligenden Gesellschafter auf Grund deren Außenhaftung in Anspruch nehmen könnten und diese ihrerseits Ausgleich bei den sich an der Sanierung beteiligenden Gesellschaftern suchen könnten, hätte dadurch vorgebeugt werden können, dass die Gläubiger der Klägerin auf eine Inanspruchnahme der Beklagten verzichtet hätten unter der Bedingung, dass die übrigen Gesellschafter einen entsprechend höheren Sanierungsbeitrag leisten. Da es Gesellschaftsgläubigern für den Fall des vorgenannten Bedingungseintrittes regelmäßig nur auf die Höhe der Einnahmen ankommt, ist nicht ersichtlich, dass eine derartige Vertragskonstruktion unmöglich wäre. Die sich nicht an der Sanierung beteiligenden Gesellschafter würden entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht dadurch ungerechtfertigt privilegiert, dass sich für den Fall einer Liquidation der Gesellschaft der auf sie entfallende Verlust deshalb verringert, weil sich auf Grund der Kapitalerhöhung ihr Gesellschaftsanteil prozentual verringert. Denn der entsprechend verringerten Verlustbeteiligung steht auch eine entsprechend verringerte Gewinnbeteiligung für den Fall eines Gewinns der Gesellschaft gegenüber. Schließlich liegt auch kein die Klägerin unzumutbar belastendes Privileg der sich nicht an der Sanierung beteiligenden Gesellschafter darin, dass bei erfolgreicher Sanierung und Tilgung der Gesellschaftsschulden die übrigen Gesellschafter von ihrer Außenhaftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern befreit werden. Die Außenhaftung regelt nicht das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und der Klägerin, sondern zu ihren Gläubigern. Dass die Tilgungswirkung auch zu Gunsten der sich nicht an der Sanierung beteiligenden Gläubiger wirkt, ist ein bloßer Reflex und keine unzumutbare Privilegierung. Die Gesellschafter, die eine Sanierung anstreben und dazu entgegen der gesetzlichen und vertraglichen Regelung die Liquidation abwenden wollen, können freiwillig entscheiden, ob sie diese Reflexwirkung in Kauf nehmen, um die Liquidation abzuwenden. Der von der Klägerin herausgestellte Gesichtspunkt, es sei den sanierungswilligen Gesellschaftern nicht zuzumuten, dass sie mit ihren Kapitalerhöhungen dazu beitragen, dass die sanierungsunwilligen Gesellschafter ohne eigenes Zutun von ihren Verlustanteilen befreit werden, vermag den Senat nicht zu überzeugen. Denn dieser Argumentation liegt das Konzept einer Teilliquidation im Sinne der Liquidation nur bestimmter Anteile der Gesellschaft zugrunde, die das Gesetz nicht vorsieht. In Wahrheit haben die sanierungswilligen Gesellschafter nur die Höhe des notwendigen eigenen Aufwands verkannt.

bb) Bei Abwägung aller widerstreitenden Interessen ist den Beklagten als Gesellschaftern unter Berücksichtigung ihrer eigenen Belange die Vertragsänderung überdies nicht zuzumuten. Zumutbar ist den Gesellschaftern die Vertragsänderung insbesondere dann, wenn sie beim Ausscheiden den vollen Wert ihrer Anteile erhalten und dieser nicht hinter dem denkbaren Liquidationserlös zurückbleibt (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1985 - II ZR 57/85, WM 1986, 68 ff.). Der wirtschaftliche Gehalt des hier zur notwendigen Sanierung vorgenommenen Kapitalschnitts bedeutet nach jeder Richtung hin aber eine faktische Nachschusspflicht (vgl. KG, 14. Zivilsenat, a.a.O.). Übernimmt der Gesellschafter den ihm zustehenden neuen Anteil, muss er diesen bezahlen, verweigert er die Übernahme scheidet er automatisch aus der Gesellschaft aus und muss anteilig die Fehlbeträge der Abschichtungsbilanz ausgleichen. Für einen Gesellschafter macht es keinen Unterschied, ob er ausgeschlossen wird, weil er sich nicht freiwillig an einer Kapitalerhöhung beteiligt hat oder weil er sich dazu entschieden hat, einen mehrheitlich beschlossenen Nachschuss nicht zu zahlen. Gegen die Gleichwertigkeit der beiden Sachverhalte kann nicht (wie die Klägerin meint) eingewandt werden, dass nur im Falle des von der Klägerin beschrittenen Weges Gesellschafter, die sich nicht an der Kapitalerhöhung beteiligen, nicht gezwungen seien, die weiteren Verluste der Gesellschaft zu tragen. Denn maßgeblicher Grund für die Rechtsprechung zur gesellschaftlichen Treuepflicht zu Nachschusspflichten ist der Gesichtspunkt, dass grundsätzlich, solange § 707 BGB nicht wirksam durch den Gesellschaftsvertrag abbedungen wurde (wie im vorliegenden Fall zutreffend und durch die Berufung nicht gesondert angegriffen durch das Landgericht Berlin ausgeführt), ein Gesellschafter zu weiteren Beitragsleistungen nicht verpflichtet ist. Dieser entscheidende Gesichtspunkt ist bei den zu vergleichenden Sachverhalten identisch.

Angesichts ihrer sowohl im Sanierungsfall als auch im Ausscheidensfall bestehenden Zahlungspflichten waren damit die Interessen der Gesellschafter in erheblicher Weise negativ berührt. Sie hatten ein für sich gesehen anerkennenswertes Interesse am Verbleiben in der Gesellschaft ohne Übernahme der neuen Anteile und ohne voraussichtliche Zahlungen auf die Abschichtungsbilanz. Ein Ausscheiden konnte von ihnen deshalb nicht verlangt werden.

Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagten im Falle ihres Ausscheidens besser stehen als bei Durchführung der Liquidation und Zerschlagung der Klägerin. Denn angesichts der Wertung des § 707 BGB ist es zunächst dem einzelnen Gesellschafter überlassen, ob er zusätzliche erhebliche Vermögensopfer zu Gunsten der sanierungsbedürftigen Gesellschaft erbringt - in der Hoffnung, dass die Gesellschaft (wie die Klägerin formuliert) "perspektivisch in einen positiven Wert wächst" - oder ob er die weitere Entwicklung abwartet (so bereits KG, 14. Zivilsenat, a.a.O.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind die Gesellschafter auch unter dem Gesichtspunkt der Treuepflicht nicht zu Beitragserhöhungen verpflichtet, wenn die Unterdeckung - wie dies bei geschlossenen Immobilienfonds häufig der Fall ist - ohne weitere Beitragsleistungen der Gesellschafter die Auflösung oder Insolvenz der Gesellschaft zur Folge hat. Auch in diesem Fall kann ein Gesellschafter nicht zu einer Vermehrung der vereinbarten Beitragspflicht gezwungen werden (BGH, Beschluss vom 26. März 2007 - II ZR 22/06, NJW-RR 2007, 1477 ff ; Urteil vom 19. März 2007 - II ZR 73/06, NJW-RR 2007, 832 ff.; Urteil vom 23. Januar 2006 - II ZR 126/04, NJW-RR 2006, S. 829 ff.).

Unzumutbar ist eine nachträgliche Zahlungsverpflichtung jedenfalls dann, wenn sie - wie hier - im Vergleich zum ursprünglichen Eigenkapitalanteil unangemessen hoch ist (so KG, Urteil vom 11. September 2006, 23 U 11/06, BeckRS 2006 14883, OLG Celle, Urteil vom 17. August 2005 - 9 U 33/05, BeckRS 2005 12984). Im vorliegenden Fall hätte der Einlagebeitrag 32,66 % des Eigenkapitals betragen. Das hält der Senat für unangemessen hoch.

Jedenfalls soweit hier eine entsprechende einfache Nachschussverpflichtung (unwirksam) beschlossen worden wäre, hätten die Beklagten darauf mithin auch aus Treuegesichtspunkten keine Zahlung leisten müssen. Angesichts dieser Wertung kann es auch nicht treuwidrig sein, wenn sie sich gegen den mit der Nichtübernahme der Erhöhungsbeträge zwingend verbundenen Ausschluss aus der Gesellschaft und die damit wiederum verbundene Zahlungspflicht wenden, wenn es, wie ausgeführt, für den Ausschluss keine wirksame vertragliche Grundlage gibt (vgl. KG, 14. Zivilsenat, a.a.O.) und die mit dem Ausschluss bezweckte Zahlungsverpflichtung eine von den Beklagten nicht geschuldete Beteiligung an der Sanierung erzwingen soll.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die sanierungsunwilligen Gesellschafter bei einem Verbleiben in der Gesellschaft auf Kosten der sanierungswilligen und zahlenden Gesellschafter am möglichen weiteren Erfolg der Gesellschaft partizipieren. Dies ist die Folge eines jeden Kapitalschnitts, bei dem nicht alle neuen Anteile von den bisherigen Inhabern übernommen werden. Der Interessenausgleich besteht in der Verminderung des Stimm- und Gewinnbezugsrechts des Altkapitals. Selbst unter Berücksichtigung eines verminderten Haftungsumfangs nach der Kapitalherabsetzung ist das Verbleiben der Beklagten in der Gesellschaft ohne Sanierungsbeteiligung bei alledem nicht treuwidrig, zumal auch von einer freiwilligen eigenständigen Entscheidung für ein Ausscheiden und damit von einer treuwidrigen Verweigerung der Zahlung im Hinblick auf früheres Verhalten (venire contra factum proprium) nicht die Rede sein kann.

Schließlich fehlt es an einer Absicherung für die die ausscheidenden Gesellschafter bei Fortführung der Gesellschaft treffenden Nachhaftung nach §§ 736 Abs. 2 BGB, 160 HGB. Die von der Klägerin angeführte Regressmöglichkeit des § 738 Abs. 1 S. 2 BGB ist nicht ausreichend, da sie nicht das Risiko beseitigt, dass die übrigen Gesellschafter als Regressschuldner ausfallen.

Hierauf kann auch nicht deshalb verzichtet werden, weil alle Gläubiger der Gesellschaft einerseits auf eine Realisierung der Haftung der ausscheidenden Beklagten diesen gegenüber wirksam verzichtet hätten. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ein entsprechender Verzicht bereits zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Beklagten nur noch von einer von ihnen vorzunehmenden Handlung abgehangen hätte. Bereits die von der Klägerin dargelegte Vereinbarung zwischen ihr und ihrer Hauptgläubigerin, der E AG, trägt diese Anforderung nicht Rechnung. Denn danach stand der von der E erklärte Haftungsverzicht unter der nicht von den ausscheidenden Gesellschaftern zu beeinflussenden Bedingung, dass die Klägerin die von ihnen gezahlten Verlustausgleichsbeträge für die Tilgung des ... -Darlehens einsetzt. Eine entsprechende Fallkonstellation lag den von der Klägerin angeführten landgerichtlichen Entscheidungen (Anl. K 69, 70, Bl. II 200 und 206) entweder nicht zu Grunde oder wurde von den dortigen Gerichten übersehen.

c) Soweit sich die Klägerin auf das Urteil des Kammergerichts vom 21. Januar 2005 - 14 U 180/03 (Grundeigentum 2005, 735 ff.) bezieht, ist dies für die vorangegangenen Überlegungen ohne Relevanz, da es ausdrücklich nicht die gesellschaftliche Treuepflicht betrifft. Das ferner von der Klägerin bemühte Urteil des BGH vom 12. Mai 1977 - II ZR 89/75 (NJW 1977, 2160 ff.) gibt für die Verhältnisse beim Ausschluss eines Gesellschafters einer GbR nichts her, weil es den Fall einer Handelsgesellschaft in einer Konstellation betrifft, in der gemäß §§ 131, 133 HGB gerade nicht, wie im Falle des § 726 BGB, die Auflösung der Gesellschaft als dispositive Rechtsfolge im Gesetz vorgesehen ist.

2. Weil die Beklagten nicht mit Ablauf des 26. Juli 2004 als Gesellschafter der Klägerin ausgeschieden sind, stehen der Klägerin auch keine Zahlungsansprüche auf einen sich bei Auseinandersetzung ergebenden Verlust zu.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu vertragsändernden Mehrheitsentscheidungen, die in den Kernbereich der Rechtsstellung des Gesellschafters eingreifen, ist ausweislich der unter II.1. genannten Entscheidungen auch hinsichtlich der jeden einzelnen Gesellschafter treffenden Treuepflicht gefestigt; nachhaltige Bedenken im Schrifttum sind nicht ersichtlich. Obergerichtliche Entscheidungen zum vorliegenden Fall des automatischen Ausschlusses von Gesellschaftern, die sich nicht an einer freiwilligen Kapitalerhöhung beteiligen, von denen abgewichen würde, liegen weder innerhalb noch außerhalb des Bezirks des entscheidenden Gerichtes vor.

Ende der Entscheidung

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