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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 17.07.2002
Aktenzeichen: 24 U 68/01
Rechtsgebiete: StrReinG


Vorschriften:

StrReinG § 5 I
StrReinG § 7 II
1. Die Entgeltpflicht trifft neben dem Anlieger den Hinterlieger mit Zufahrt oder Zugang zu öffentlichem Straßenland.

2. Öffentliche Erholungsflächen fallen nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 5 StrReinG.

3. Regelungen über die Tragung zusätzlicher Kosten in § 7 Abs. 6 StrReinG sind nicht geeignet, die klaren Gebührentatbestände zu relativieren, zumal den Zivilgerichten nach § 7 Abs. 7 StrReinG nur Rechtsstreitigkeiten wegen Entgeltforderungen zugewiesen sind.

4. Wegfall oder Herabsetzung der Entgeltpflicht sind in § 5 Abs. 3 StrReinG und den Ausführungsvorschriften vom 12. Juli 1999 (ABl. 1999/Nr. 39 S. 2934) abschließend geregelt. Neben dem Landeseinwohneramt als zuständiger Behörde sind die Zivilgerichte für Billigkeitsentscheidungen nicht zuständig.


KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 24 U 68/01

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 17. Juli 2002

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Kammergericht Kingreen und die Richterin am Landgericht Hinrichs für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16. Januar 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 9 O 635/99 - geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 55.315,65 EUR (108.188,00 DM) nebst Zinsen in Höhe von 3 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 25. Februar 2000 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Straßenreinigungsentgelten für das im Grundbuch vor K Blatt Flur verzeichnete Flurstück dessen Eigentümer der Beklagte ist, in Anspruch. Bei dem Flurstück handelt es sich um eine Erholungsfläche auf der S in A K (S). Dieses Flurstück liegt hinter dem im Eigentum der Stiftung stehenden Flurstück, das mit dem S bebaut ist. Der Zutritt zum Flurstück erfolgt von der M S über den Verbindungsweg zur S sowie die über ein Gewässer führende Schloßbrücke. M Verbindungsweg zur S und S sind mit Wirkung vom 30. Juni 1994 in das Straßenverzeichnis A, Reinigungsklasse 2 aufgenommen worden (Amtsblatt von Berlin 194/Nr. 35, S. 2187).

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten - nachdem sie in erster Instanz die Klage wegen des ursprünglich geltend gemachten Straßenreinigungsentgelts für die Flurstücke und in Höhe von 9.714,72 DM zurückgenommen hat - für Straßenreinigungsleistungen in den Jahren 1995 bis 1998 insgesamt die Zahlung von 108.188,00 DM. Wegen der genauen Zusammensetzung der Klageforderung und der im Einzelnen geltend gemachten Beträge wird auf S. 2 des Schriftsatzes der Klägerin vom 13. Juli 2000 (Bl. 53 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, bei dem Flurstück 172 handele es sich um ein Hinterliegergrundstück, weil vom M ein Verbindungsweg zur S und S und dann über den S in den S (Flurstück 172) führe. Dass das Flurstück 171 nicht im Eigentum des Beklagten stehe, sei ohne Bedeutung, weil das (Flurstück 171) und der S (Flurstück 172) einen einheitlichen Komplex bildeten.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 108.188,00 DM nebst Zinsen in Höhe von 3 % über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Zustellung der Klageschrift zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Flurstück 172 nicht um ein Hinterliegergrundstück handele, weil es an einem rechtlich gesicherten Zugang fehle.

Mit dem am 16. Januar 2001 verkündeten Urteil hat das Landgericht Berlin die Klage abgewiesen, weil das Grundstück 172 über einen rechtlich gesicherten Zugang nicht verfüge, was Voraussetzung für die Entgeltpflicht nach § 7 Abs. 2 Straßenreinigungsgesetz (StrReinG) in Verbindung mit § 5 Abs. 1 und 2 StrReinG sei. Gegen dieses ihr am 7. Februar 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. März 2001 Berufung eingelegt und diese am 3. April 2001 begründet.

Die Klägerin vertritt die Auffassung: Das StrReinG treffe keine Regelung, dass der Zugang bzw. die Zufahrt rechtlich gesichert sein müsse. Zum einen lägen solche Wegerechte im Ostteil der Stadt regelmäßig nicht vor. Zum anderen könne die Entgeltpflicht durch den Verzicht auf die Eintragung eines Wegerechts umgangen werden. Zwischen dem Beklagten und der Stiftung K bestehe mindestens eine schuldrechtliche Vereinbarung hinsichtlich der Nutzung des Zuganges zum S. Zumindest stehe dem Beklagten das Notwegerecht gemäß § 917 BGB zu, da ansonsten eine Anbindung zu einer öffentlichen Straße bestünde, weil die Flurstücke 171 und 172 auf einer Insel liegen.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte führt aus: Nicht jeder faktisch mögliche Zugang führe zur Eigenschaft als Hinterlieger. Ein Notwegerecht könne nicht als rechtlich gesicherter Zugang qualifiziert werden. Weder der provisorische Verbindungsdamm, der seit 1997 den Zugang über die S ersetzt habe, noch die Brücke würden eine Anliegereigenschaft begründen. Würde der faktische Zugang über ein anderes an die öffentliche Straße angrenzendes Grundstück ausreichen, ergebe die Abgrenzung zwischen Anlieger und Hinterlieger keinen Regelungsgehalt. Brücken seien wegen der Regelung des § 7 Abs. 6 StrReinG keine öffentliche Straße im Sinne des § 5 Abs. 1 StrReinG. Reinigungspflichten könnten dem Beklagten nicht auferlegt werden, weil er keinen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Grundstück ziehe. Die Erfassung der S als Hinterliegergrundstück führe zu einer unangemessen hohen finanziellen Belastung, zumal dem Beklagten der Weg über die Unzumutbarkeitsregelung nach § 5 Abs. 3 StrReinG verstellt sei. Das Kostendeckungsprinzip, nach dem die Klägerin arbeiten müsse, werde verletzt. Das StrReinG weise eine planwidrige Regelungslücke für öffentliche Grünanlagen auf. Es sei zwingend geboten, § 4 Abs. 6 bzw. § 7 Abs. 5 StrReinG analog anzuwenden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Der Klägerin stehen gegen den Beklagten die geltend gemachten Straßenreinigungsentgelte, deren Höhe nicht im Einzelnen hinreichend bestritten worden ist, nach § 7 Abs. 2 StrReinG zu.

Der Gebührentatbestand ergibt sich im Kern aus § 7 Abs. 2 Satz 1 StrReinG in Verbindung mit den Tarifen und den jeweiligen Grundstücksflächen nach Quadratmetern, wobei die Tarife durch die Straßenreinigungsverzeichnisse A und B sowie die für das Grundstück maßgebliche Reinigungsklasse (§ 7 Abs. 3 und 4 StrReinG) bestimmt werden. Nach den Gesetzesmaterialien war es der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, anstelle der vorher maßgeblichen Frontmeter der an die öffentliche Straße grenzenden Anliegergrundstücke nunmehr nach Grundstücksflächen abzurechnen, wobei außer dem unmittelbar an die öffentliche Straße grenzenden Anlieger auch der Hinterlieger (gegebenenfalls mehrere Hinterlieger) für die Straßenreinigungsentgelte herangezogen werden. Als Anlieger werden nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StrReinG die Eigentümer der an eine öffentliche Straße angrenzenden Grundstücke definiert; sie haben alleine durch die Angrenzung eine Zufahrt oder einen Zugang zu der öffentlichen Straße. Die Hinterlieger sind nach § 5 Abs. 1 Satz 2 StrReinG die Eigentümer solcher Grundstücke, die zwar nicht an eine öffentliche Straße angrenzen, jedoch von einer öffentlichen Straße aus eine Zufahrt oder einen Zugang haben. Das zusätzliche Merkmal von Zufahrt oder Zugang ersetzt die fehlende direkte Angrenzung an die öffentliche Straße. Mit der Zufahrt oder dem Zugang ist die Möglichkeit des Personen- oder Güterverkehrs gemeint, der zu dem Vorhandensein der Grundstücksfläche hinzukommen muss. Bei dem unmittelbar an eine öffentliche Straße angrenzenden Anlieger ist die Möglichkeit der Zufahrt oder des Zuganges ohnehin automatisch gegeben.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist für die Hinterliegereigenschaft nicht Voraussetzung, dass die Zufahrt oder der Zugang rechtlich abgesichert sind, also Wegerechte eingetragen sind. Der Gesetzgeber knüpft offenbar daran an, dass durch die faktische Möglichkeit des Personen- oder Güterverkehrs eine Verunreinigung der angrenzenden öffentlichen Straße zu vermuten ist und deshalb das Straßenreinigungsentgelt erhoben wird. Nur wenn von dem Hinterliegergrundstück keine Zufahrt und kein Zugang zu der öffentlichen Straße besteht, kann eine Hinterliegereigenschaft nach § 5 Abs. 1 Satz 2 StrReinG verneint werden. In diesem Fall ist auch ein Personen- oder Güterverkehr zur öffentlichen Straße auszuschließen.

Demgemäß ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht im Einzelnen zu prüfen, auf welcher Rechtsgrundlage die Besucher des S das Flurstück 172 und eventuell das Gartenbauamt des Bezirksamts das Flurstück 171 mitbenutzen darf. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Zugang oder die Zufahrt auf dem Erdboden gesondert markiert ist oder der S in seiner gesamte Breite für das Passieren von Parkbesuchern und Mitarbeitern des Gartenbauamts zur Verfügung steht. Der Beklagte hat jedenfalls in keiner Weise vorgetragen, dass der Zutritt zum S über das Flurstück 171 von der Stiftung P behindert wird.

Das Flurstück 171 mit dem Schloß wird erschlossen über die S und den Verbindungsweg zur. Sowohl die M als auch der Verbindungsweg zur S als auch die selbst sind mit Wirkung vom 30. Juni 1994 in das Straßenverzeichnis A, Reinigungsklasse 2, aufgenommen worden (Amtsblatt von Berlin 1994/Nr. 35, S. 2187). Damit ist die Stiftung P mit dem Flurstück 171 Anlieger im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 StrReinG, weil dieses Flurstück an eine öffentliche Straße angrenzt. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob der Anlieger (Vorderlieger) am Ende einer Stichstraße oder eines Stichweges liegt und ob sich die Stichstraße oder der Stichweg in Form einer Brücke fortsetzt und das Brückenende den Übergang zu dem unmittelbaren Anliegergrundstück bildet. Nach Auffassung des Senats kommt es auch nicht darauf an, ob der reguläre und im Amtsblatt eingetragene öffentliche Zugangsweg vorübergehend geschlossen und dafür eine annähernd gleichwertige provisorische Zugangsmöglichkeit daneben eröffnet ist. Solange nur ein provisorischer Zugang dem regulären Zutritt vergleichbar ist, kann es auf den provisorischen Charakter nicht ankommen, weil das Provisorium den regulären Weg ersetzt. Die Entgeltpflicht kann nicht davon abhängig sein oder eingeschränkt werden, weil der Personen- oder Güterverkehr vorübergehend anders gewährleistet ist.

Dem Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, dass der Zugang über den Stichweg und insbesondere die Brücke keine öffentliche Straße im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 StrReinG seien. Dem steht schon entgegen, dass sowohl der Stichweg als auch die Schloßbrücke ausdrücklich im Amtsblatt in das Straßenreinigungsverzeichnis A, Reinigungsklasse 2, aufgenommen worden ist. Eine Befreiung der Entgeltpflicht kann für den Beklagten auch nicht dadurch eintreten, dass in § 7 Abs. 6 Satz 2 StrReinG eine zusätzliche Kostentragung des Landes Berlin für die ordnungsmäßige Reinigung der Straßen auf Brücken u.s.w. vorgesehen ist. Diese Regelung knüpft offensichtlich daran an, dass regelmäßig im Brückenbereich keine Anlieger vorhanden sind, weil eine Straße oder ein Weg über diese Brücke führt. Zum Ausgleich für die fehlenden Anlieger sind dem Land Berlin diese Zusatzkosten aufgebürdet worden. Diese Regelsituation schließt nicht aus, dass eine Brücke über ein Gewässer oder etwa über Gleisanlagen zu einem Anlieger führt und diesem Zufahrt oder Zugang zu der angrenzenden öffentlichen Straße verschaffen. Wenn kein interessierter Anlieger vorhanden ist, wird auch für den Bau einer Brücke keine Veranlassung bestehen. Demgemäß kann eine zu einem Grundstück führende Brücke ausnahmsweise auch zu einem einzigen Anlieger führen. Auch dann grenzt dieses Grundstück an eine öffentliche Straße.

Die Fallgestaltung in § 7 Abs. 6 Satz 2 StrReinG, dass nämlich Berlin zusätzlich auch die Kosten der ordnungsmäßigen Reinigung der Straßen auf Brücken trägt, hat nach Auffassung des Senats nichts damit zu tun, dass ein Anlieger mit seinem Grundstück an eine Brücke grenzt, die ihrerseits öffentliches Straßenland ist. Damit unterfällt der Anlieger und gegebenenfalls sein Hinterlieger der Entgeltpflicht nach § 7 Abs. 2 Satz 1 StrReinG. Weder der Anlieger noch der Hinterlieger kann sich der Entgeltpflicht dadurch entziehen, dass er auf die zusätzliche Kostentragungspflicht des Landes Berlin für die ordnungsmäßige Reinigung der Straßen auf Brücken verweist. Auch der Beklagte kann, nur weil er zusätzliche Kosten für Brücken zu tragen hat, nicht der Entgeltpflicht nach § 7 Abs. 2 StrReinG entgehen. Denn der dort geregelte Gebührentatbestand knüpft nicht daran an, dass für das vor seinem Grundstück liegende öffentliche Straßenland ein anderer Kostenträger vorhanden ist, sondern daran, dass er Grundstücksflächen besitzt und faktisch einen Zugang oder eine Zufahrt zum öffentlichen Straßenland hat und damit einen Personen- und Güterverkehr eröffnen kann.

Nach Auffassung des Senats muss der eigentliche Gebührentatbestand in § 7 Abs. 2 StrReinG getrennt werden von der Übernahme zusätzlicher Kosten in § 7 Abs. 6 StrReinG durch das Land Berlin. Aus der Übernahme zusätzlicher (verhältnismäßig geringfügiger) Kosten kann nicht ohne ausdrückliche gesetzliche Anweisung eine Befreiung des Anliegers oder Hinterliegers für relativ hohe Straßenreinigungsentgelte hergeleitet werden. Das verbietet der Sinn, aber auch der Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften. In § 7 Abs. 2 StrReinG wird von dem Entgelt gesprochen, während in § 7 Abs. 6 nur eine Regelung über zusätzliche Kosten getroffen wird. Dass sich die Übernahme zusätzlicher Kosten auf die Befreiung von Entgelten auswirken soll, kann dem Gesetz nicht entnommen werden.

Dem Senat sind nach § 7 Abs. 7 StrReinG Rechtsstreitigkeiten wegen Entgeltforderungen übertragen. Damit sind die Entgelte nach § 7 Abs. 2 StrReinG zu verstehen. Ob und inwieweit auch die Frage der zusätzlichen Kosten nach § 7 Abs. 6 StrReinG den Zivilgerichten übertragen werden sollte, ist zumindest zweifelhaft. Hierbei könnte es sich durchaus auch um öffentlichrechtliche Streitigkeiten zwischen den Parteien handeln. Jedenfalls sieht sich der Senat gehindert, in den Bereich des eindeutig geregelten Gebührentatbestandes des § 7 Abs. 2 StrReinG einzugreifen.

Auch die weiteren rechtlichen Einwendungen des Beklagten rechtfertigen keine andere rechtliche Beurteilung. Das gilt für die Hinweise, der Beklagte ziehe keinen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Grundstück, die Erfassung der Schloßinsel als Hinterliegergrundstück führe zu einer unangemessen hohen finanziellen Beteiligung, das für die Klägerin geltende Kostendeckungsprinzip werde verletzt und das Straßenreinigungsgesetz weise eine planwidrige Regelungslücke für öffentliche Grünanlagen auf. Diese rechtlichen Hinweise können gegen die eindeutige Regelung des Straßenreinigungsgesetzes keine Berücksichtigung finden.

Das Vorhandensein von Grünflächen, die keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen für das Land Berlin bringen, war bei der Fassung des Straßenreinigungsgesetzes dem Gesetzgeber bekannt. Gleichwohl hat er nur in zweierlei Hinsicht Ausnahmen vorgeschrieben. In § 4 Abs. 6 StrReinG sind für Grundstücke, die im Rahmen der Felder- und Weidewirtschaft oder als Forst genutzt werden, die Anlieger und Hinterlieger von der unmittelbaren Reinigungspflicht ausgenommen. Dementsprechend sind die vorgenannten Grundstücke auch in § 7 Abs. 5 StrReinG sowohl für den Anlieger wie für den Hinterlieger von der Entgeltpflicht ausdrücklich ausgenommen worden. Der Gesetzgeber hat aber keine Veranlassung gesehen, diese Regelung auch auf öffentliche Erholungsflächen auszudehnen. Wenn aber schon bestimmte Grundstücks ausdrücklich von der Entgeltpflicht ausgenommen werden, ist es einem Zivilgericht verwehrt, diesen Ausnahmetatbestand auszudehnen und damit den grundsätzlichen und eindeutigen Gebührentatbestand in § 7 Abs. 2 StrReinG einzuschränken.

Soweit sich der Beklagte auf die Unbilligkeit oder Unzumutbarkeit der Entgeltpflicht beruft, hat der Gesetzgeber in § 5 Abs. 3 StrReinG eine Ausnahmevorschrift geschaffen, wenn sich nämlich aus den Regelungen in § 5 StrReinG für Anlieger und Hinterlieger unzumutbare Härten ergeben. Dann kann die zuständige Behörde im Einvernehmen mit den Berliner Stadtreinigungsbetrieben von den mit der Anlieger- und Hinterliegereigenschaft verbundenen Verpflichtungen ganz oder teilweise Ausnahmen zulassen. Im Hinblick auf § 5 Abs. 3 StrReinG sind im Amtsblatt von Berlin 1999/Nr. 39 S. 2934 Ausführungsvorschriften erlassen worden. Damit sind von den zuständigen Behörden die möglichen Ausnahmen von der Entgeltpflicht wegen Unbilligkeit oder Unzumutbarkeit abschließend geregelt. Die Kompetenzen zur Befreiung von der Entgeltpflicht sind damit auf die zuständige Behörde übertragen worden, und zwar dem Landeseinwohneramt. Zwischen den hiesigen Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte auf diesem Wege weder ganz noch teilweise eine Befreiung von der Entgeltpflicht erlangen kann, weil die Ausführungsvorschriften dies nicht zulassen. Damit ist es auch dem Zivilgericht, das über Entgeltforderungen zu befinden hat, verwehrt, auf der Grundlage des Straßenreinigungsgesetzes und der dazu erlassenen Ausführungsvorschriften in eigener Kompetenz weitere Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Entgeltpflicht zuzulassen. Wenn der Beklagte die Entgeltpflicht für unbillig oder unzumutbar hält, kann er sich somit nur an die gesetzgebende Gewalt (Abgeordnetenhaus) wenden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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