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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 03.12.2007
Aktenzeichen: 24 U 71/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, WEG, BbgBO 1994, BbgGStV


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 522 Abs. 3
BGB § 276 Abs. 1
BGB § 839a Abs. 1
WEG § 1 Abs. 2
WEG § 1 Abs. 3
WEG § 3 Abs. 2 Satz 1
WEG § 5 Abs. 4
WEG § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2
BbgBO 1994 § 9 Abs. 3
BbgBO 1994 § 9 Abs. 5
BbgBO 1994 § 9 Abs. 7 Satz 1
BbgBO 1994 § 49 Abs. 4
BbgBO 1994 § 49 Abs. 4 Satz 1
BbgBO 1994 § 49 Abs. 4 Satz 3
BbgBO 1994 § 49 Abs. 5
BbgBO 1994 § 49 Abs. 5 Satz 1
BbgBO 1994 § 52 Abs. 1 Satz 1
BbgBO 1994 § 52 Abs. 5 Satz 1
BbgBO 1994 § 52 Abs. 6 Satz 1
BbgBO 1994 § 88 Abs. 1 Nr. 1
BbgBO 1994 § 88 Abs. 1 Nr. 2
BbgBO 1994 § 88 Abs. 1 Nr. 3
BbgBO 1994 § 88 Abs. 1 Nr. 4
BbgBO 1994 § 89 Abs. 3
BbgGStV § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 U 71/07

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Harte, die Richterin am Kammergericht Hinrichs sowie den Richter am Kammergericht Einsiedler am 03. Dezember 2007 beschlossen:

Tenor:

I. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 02. August 2007 - 19 O 51/07 - durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält Gelegenheit, hierzu innerhalb von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

II. Der Wert des Berufungsverfahrens wird - in Übereinstimmung mit der Festsetzung des Landgerichts für die erste Instanz - auf 25.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Berufung hat nach Überzeugung des Senats keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts. Der Senat beabsichtigt daher, das Rechtsmittel nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, und gewährt hiermit zuvor rechtliches Gehör, § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

A. Zutreffend hat das Landgericht einen Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten auf Schadensersatz nach § 839a Abs. 1 BGB als allein in Betracht kommender Anspruchsgrundlage verneint. Nach dieser Norm ist ein vom Gericht ernannter Sachverständiger, der vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. Vorliegend hat der Beklagte, welcher im Auftrag des Amtsgerichts Potsdam im Zwangsversteigerungsverfahren nach einem früheren Wertgutachten die weiteren Wertgutachten Nr. 1172-2003 vom 27.01.2004 (Anlage K 3) und Nr. 0373-2004 vom 15.04.2004 (Anlage K 4) betreffend Räumlichkeiten in der Gemarkung Knnnnnn , welche mit Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 04.07.2005 - 2 K 452/03 - im Zwangsversteigerungstermin vom selben Tag der Klägerin aufgrund eines Höchstgebots von 92.500,- Euro zugeschlagen worden sind (Anlage K 2), jedenfalls nicht grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten - auf dem der Zuschlagbeschluss beruht - erstattet.

Unrichtig ist ein Gutachten insbesondere dann wenn es - etwa aufgrund fehlerhafter oder unvollständiger Befunderhebung - von einem unzutreffendem Sachverhalt ausgeht, soweit dieser nicht durch das Gericht vorgegeben ist (Sprau in Palandt, BGB, 66. Aufl., 2007, § 839a Rdnr. 3).

Unter grober Fahrlässigkeit ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine besonders schwere Sorgfaltspflichtverletzung zu verstehen, welche dann vorliegt, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn also ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte. Bei der groben Fahrlässigkeit handelt es sich um eine subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit des § 276 Abs. 1 BGB erheblich übersteigt (BGH NJW 1992, 3236, Rdnr. 12 nach juris) wobei auch subjektive, in der Person des Handelnden begründete Umstände zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2005, 981, Rdnr. 16 nach juris).

B. Hiernach fällt dem Beklagten jedenfalls keine grob fahrlässige Erstattung eines unrichtigen Gutachtens zur Last.

1. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Beklagte bei Erstattung seiner zur Akte gereichten Gutachten - und insbesondere bei Erstattung des zu einem Verkehrswert der sodann der Klägerin zugeschlagenen Räumlichkeiten von 145.000,- Euro kommenden Gutachtens Nr. 0373-2004 vom 15.04.2004, welches gegenüber dem Gutachten Nr. 1172-2003 vom 27.01.2004 berichtigte Größenangaben enthielt und der Zwangsversteigerung zugrunde lag (vgl. den Zuschlagbeschluss vom 04.07.2005 sowie das Protokoll des Zwangsversteigerungstermins vom 04.07.2005 - Anlage K 2 -) - von einer Nutzung der Räumlichkeiten als Wohnung ausgehen durfte.

Die von der Klägerin erworbenen Räumlichkeiten gehören einer Eigentumsanlage an, hinsichtlich derer mit Teilungserklärung vom 12.11.1996 zur UR-Nr. nnnnn der Notarin nnnnnnnnnn (Anlage K 5) Wohnungs- und Teileigentum begründet worden ist, wobei es sich bei diesen Räumlichkeiten der Klägerin um die mit Nr. 4 (bzw. Nr. IV gemäß der Nachtragsverhandlung vom 20.05.1997 zur UR-Nr. nnnnn der Notarin nnnnnnnnnn - Anlage K 6 -) bezeichnete Sondereigentumseinheit handelt. Diese Einheit Nr. 4. war vom Amtsgericht Potsdam im ursprünglichen Gutachtenauftrag als "Wohnungseigentum" bezeichnet worden. In der Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 17.10.1996 des Landkreises Pnnn nnnnnn ist sie als "nicht zu Wohnzwecken dienende(n) Räume - Gewerberäume(n)" benannt; im Aufteilungsplan sind drei der - mit Flur - sieben Räumlichkeiten der Einheit Nr. 4 mit dem handschriftlichen Vermerk "Gewerbe" versehen (beides der Teilungserklärung vom 12.11.1996 zur UR-Nr. nnnnn der Notarin nnnnnnnnnn - Anlage K 5 - beigeschlossen). In der Teilungserklärung und in der Nachtragsverhandlung wird - jeweils in § 2 - die Einheit Nr. 4 (bzw. IV) als "Gewerbewohnung" bestimmt, während andere Einheiten als "Wohnung und Kellerraum" oder "Laden und Nebenraum" bestimmt werden.

Hiernach handelt es sich bei der Einheit Nr. 4 - auch - um eine Wohnung. Wohnungseigentum nach § 1 Abs. 2 WEG und Teileigentum nach § 1 Abs. 3 WEG unterscheiden sich nur dadurch, dass sie unterschiedliche Gegenstände haben; ihre Rechtsqualität ist dieselbe (Pick in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., 2003, § 1 Rdnr. 15). Während Wohnungseigentum aus einem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum in Verbindung mit Sondereigentum an einer Wohnung besteht, ist Teileigentum ein Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum in Verbindung mit Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen. Wohnungseigentum und Teileigentum unterscheiden sich daher nur durch die vom teilenden Eigentümer in der Teilungserklärung (§ 8 WEG) bzw. der dieser angeschlossenen Gemeinschaftsordnung oder von den Miteigentümern durch Vereinbarung (§ 3 WEG) getroffene Zweckbestimmung und die bauliche Ausgestaltung der betroffenen Räume (Pick, a. a. O., Rdnr. 26; Briesemeister in Weitnauer, WEG, 9. Aufl., 2005, § 1 Rdnr. 39; Förth in Riecke/Schmid, WEG, 2005, § 1 Rdnr. 16). Auch die Verbindung von Wohnungseigentum und Teileigentum zu einem gemischten Wohnungseigentum und Teileigentum in der Hand eines Berechtigten ist möglich (Pick, a. a. O., Rdnr. 24; LG Koblenz NZM 1998, 676 m. w. N.; BayObLG NJW 1960, 2100; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 8. Aufl., 2007, § 1 Rdnr. 19 hinsichtlich einer Verbindung einer Praxis mit einer Wohnung oder einer Werkstatt bzw. eines Ladens mit einer Wohnung; so wohl auch Briesemeister, a. a. O.). Da eine Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt eine Änderung des durch die Gemeinschaftsordnung festgelegten Gebrauchs und folglich eine Inhaltsänderung im Sinne von § 5 Abs. 4 WEG darstellt und damit jeweils der Zustimmung aller Eigentümer bedarf, es den Miteigentümern bzw. dem teilenden Eigentümer aber zuzubilligen ist, dem jeweiligen Sondereigentümer eine möglichst große Flexibilität hinsichtlich der Nutzung seines Sondereigentums zu verschaffen, kann eine Bestimmung der Nutzungsart in der Teilungserklärung bzw. der Gemeinschaftsordnung auch gänzlich unterbleiben (LG Koblenz, a. a. O.). Um verschiedene - möglichst weitgehende - Nutzungsmöglichkeiten zuzulassen, ohne dass es der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf, muss es daher auch möglich sein, eine Sondereigentumseinheit (ausdrücklich) zur gemischten oder alternativen Nutzung, nämlich zur Nutzung zu Wohnzwecken und/oder nicht zu Wohnzwecken, zu bestimmen. Aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts (NJW-RR 1993, 149), dem ein Sachverhalt zugrunde lag, in welchem eine Sondereigentumseinheit in der Teilungserklärung ausdrücklich als Wohnung bezeichnet worden war, die Wohnungseigentümer indes einen Eigentümerbeschluss des Inhalts getroffen hatten, dass sie mit einer Nutzung der Wohnung als Blumenladen einverstanden sind, ergibt sich nichts gegenteiliges. Das in diesem Zusammenhang weiter erfolgte Zitat ("BayObLG in RPfleger 1982/15") ist unergiebig. Unter der angegebenen Stelle finden sich lediglich mehrere Leitsätze des Bayerischen Obersten Landesgerichts, welche keinen Bezug zur vorliegenden Fallgestaltung erkennen lassen.

Im Falle einer gemischten Nutzung muss das Grundbuchamt - entsprechend der überwiegenden Nutzung - grundsätzlich entscheiden, ob es ein Wohnungseigentums-Grundbuch anlegt oder ein Teileigentums-Grundbuch (Pick, a. a. O., Rdnr. 29).

Ob eine Zweckbestimmung - und wenn ja welche - hinsichtlich einer bestimmten Sondereigentumseinheit getroffen worden ist, ist durch Auslegung der Grundbucheintragung zu ermitteln. Dabei ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn der Eintragung sowie der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergeben. Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen zur Ermittlung von Inhalt und Umfang eines Grundstücksrechts nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. hierzu Senat, Wohnungseigentümer 2007, 71, Rdnr. 6 m. w. N.). Vorliegend ist die Einheit Nr. 4 in der Teilungserklärung und in der Nachtragsverhandlung als "Gewerbewohnung" bestimmt. In Anbetracht des Umstandes, dass andere Sondereigentumseinheiten in der Teilungserklärung ausdrücklich als "Wohnung und Kellerraum" oder "Laden und Nebenraum" bestimmt worden sind, entspricht es der nächstliegenden Bedeutung des im Grundbuch Eingetragenen nicht, dass es sich dabei nur um ein zufällig gewähltes Wort ohne Inhalt und ohne rechtliche Bedeutung handelt (vgl. OLG Hamm NJW-RR 93, 186, Rdnr. 21 nach juris für den Fall der Bezeichnung einer Sondereigentumseinheit in einer Teilungserklärung als "Einfamilienhaus"). Es ist vielmehr eine Zweckbestimmung dahingehend anzunehmen, dass für die "Gewerbewohnung" sowohl eine gewerbliche Nutzung als auch eine Nutzung als Wohnung zulässig ist. Eine Nutzung auch als Wohnung steht auch in Übereinstimmung mit der baulichen Ausgestaltung der Einheit Nr. 4, welche über Küche und Bad verfügt. Dem steht nicht entscheidend entgegen, dass im Aufteilungsplan drei der - mit Flur - sieben Räumlichkeiten mit dem handschriftlichen Vermerk "Gewerbe" versehen sind. Zum einen sind andere Räume dieser Einheit mit dem handschriftlichen Vermerk "Küche" bzw. "Bad" versehen, was auf eine Wohnnutzung hindeutet; zum anderen hat die notariell beurkundete ausdrückliche Erklärung der Miteigentümer in den jeweiligen § 2 der genannten Urkunden Vorrang gegenüber einem bloßen handschriftlichen Schlagwort im Aufteilungsplan. Nicht von durchschlagender Bedeutung ist auch die Angabe in der Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 17.10.1996 des Landkreises Pnnn nnnnnn , bei der Einheit Nr. 4 handele es sich um nicht zu Wohnzwecken dienende Räume - Gewerberäume. Die nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WEG der Eintragungsbewilligung beizufügende Abgeschlossenheitsbescheinigung hat die Funktion, dem Grundbuchgericht die Beachtung des in § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG normierten Abgeschlossenheitserfordernisses urkundlich zu belegen und dem Grundbuchgericht die Prüfung bautechnischer und baurechtlicher Fragen zu ersparen; sie trifft indes keine Aussage über die baurechtlich zulässige Nutzung (Schneider in Riecke/Schmid, a. a. O., § 7 Rdnr. 99 m. w. N.). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch das Grundbuchgericht von einer Nutzung der Einheit Nr. 4 sowohl zu Wohnzwecken als auch zu sonstigen Zwecken ausgegangen ist, da es - ohne sich für das eine oder das andere zu entscheiden - ein "Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch" für die Einheit Nr. 4 angelegt hat (vgl. Anlage K 7).

Dass eine hiernach zulässige Wohnnutzung der Einheit Nr. 4 - welche von der Klägerin ja auch tatsächlich praktiziert wird - aus anderen, insbesondere öffentlich-rechtlichen Gründen nicht möglich wäre, ist nicht zu ersehen. So hat der Landkreis Pnnn nnnnnn - Amt für Recht und Bauaufsicht mit Schreiben vom 11.12.2003 (Anlage K 9 = Bl. 57 d. A.) die Gemeinde Knnnnnn im Gegenteil darauf hingewiesen, dass allein eine fehlende Bezahlung einer vertraglich vereinbarten Stellplatz-Ablösesumme den Erlass einer Nutzungsuntersagung nicht rechtfertigt. Die Nichterwähnung einer zusätzlich möglichen - allenfalls werterhöhend wirkenden - gewerblichen Nutzung stellt keinen der Klägerin nachteiligen Fehler dar.

2. Zutreffend hat das Landgericht die Annahme eines grob fahrlässig unrichtigen Gutachtens auch unter dem Gesichtspunkt der Nichtvornahme eines Wertabschlags für nicht vorhandene Einrichtungen und Anlagen verneint.

In den eingereichten Gutachten Nr. 1172-2003 vom 27.01.2004 und Nr. 0373-2004 vom 15.04.2004 hat der Beklagte weder PKW-Stellplätze noch einen Spielplatz noch Abstellflächen in der Sondereigentumseinheit Nr. 4 oder im Gebäude noch einen Wasch- bzw. Trockenraum noch einen der Sondereigentumseinheit Nr. 4 zugehörigen Kellerraum erwähnt. Er hat für derartige Einrichtungen weder einen Wertaufschlag noch einen Wertabschlag ausgewiesen. Hierbei kann dahinstehen, ob nicht bereits aus der Nichterwähnung der genannten Einrichtungen in den - auch Einzelheiten nennenden - Baubeschreibungen unter Ziffer 1. der Gutachten für die Klägerin hinreichend erkennbar war, dass diese Einrichtungen nicht vorhanden waren. Da der Beklagte bei seiner Bewertung der Einheit Nr. 4 nicht das Vorhandensein derartiger Einrichtungen zugrunde gelegt hat, er also eine Einheit ohne derartige Einrichtungen bewertet hat, kann nicht davon ausgegangen werden, er habe ein zu Lasten der Klägerin unrichtiges Gutachten erstellt; ob - wie der Beklagte behauptet - das Gebäude im Keller über "bauliche Vorrichtungen für Abstellräume" verfügt, kann hierbei dahinstehen.

Eine grob fahrlässige Unrichtigkeit der Begutachtung ergibt sich insoweit auch nicht unter einem anderen Gesichtspunkt. Eine Haftung des Beklagten kann insbesondere nicht unter dem Aspekt angenommen werden, dass der Beklagte in seinen Gutachten bzw. in dem für den Zuschlagbeschluss maßgeblichen Gutachten Nr. 0373-2004 vom 15.04.2004 das Fehlen bestimmter Einrichtungen positiv hätte erwähnen müssen - etwa weil eine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Schaffung der Einrichtungen bestand und aus ihrer Nichterwähnung auf ihr Vorhandensein geschlossen werden musste oder das Nichtvorliegen der Einrichtungen die ernstliche Gefahr einer Kostenbelastung des Erwerbers begründete - denn dem Beklagten fällt vorliegend jedenfalls nicht grobe Fahrlässigkeit zur Last.

Hierbei gilt hinsichtlich der einzelnen Einrichtungen Folgendes:

a. KfZ-Stellplätze

Nach der im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes und der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum geltenden Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) vom 01.06.1994 (GVBl. 1994 I S. 126, 404) müssen für bauliche Anlagen sowie andere Anlagen, bei denen ein Zu- oder Abgangsverkehr zu erwarten ist, Stellplätze oder Garagen in ausreichender Größe sowie in geeigneter Beschaffenheit hergestellt werden, § 52 Abs. 1 Satz 1 BbgBO 1994. Die Stellplätze und Garagen sind entweder auf dem Baugrundstück oder in zumutbarer Entfernung davon auf einem geeigneten Grundstück, dessen Benutzung für diesen Zweck rechtlich gesichert ist, herzustellen, § 52 Abs. 5 Satz 1 BbgBO 1994. Nach § 52 Abs. 6 Satz 1 BbgBO 1994 kann die Bauaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde zulassen, dass der Bauherr, wenn er die notwendigen Stellplätze oder Garagen nur unter großen Schwierigkeiten herstellen kann, seine Verpflichtung durch Zahlung eines Geldbetrages an die Gemeinde ablöst. Gemäß § 89 Abs. 3 BgbBO 1994 kann die Gemeinde durch örtliche Bauvorschriften in bestimmten Teilen des Gemeindegebietes oder für bestimmte Nutzungen die Herstellung von Stellplätzen und Garagen für Kraftfahrzeuge untersagen oder einschränken, wenn Gründe des Verkehrs oder städtebauliche Gründe dies rechtfertigen und sichergestellt ist, dass zusätzliche Parkeinrichtungen für die allgemeine Benutzung oder Gemeinschaftsanlagen in ausreichender Zahl und Größe sowie in geeigneter Beschaffenheit zur Verfügung stehen, die in zumutbarer Entfernung von dem Baugrundstück oder am Rand der von der Satzung erfassten Gebietsteile oder in der Nähe von Haltestellen leistungsfähiger öffentlicher Verkehrsmittel liegen, die diese Parkeinrichtungen oder Gemeinschaftsanlagen mit den Gebietsteilen verbinden. Die aufgrund von § 88 Abs. 1 Nr. 1-4 BbgBO 1994 erlassene Brandenburgische Garagen- und Stellplatzverordnung (BbgGStV; GVBl. 1994 II S. 947) enthält insoweit keine Einschränkung; sie beschäftigt sich vielmehr mit technischen Einzelheiten der Bausauführung von Garagen und Stellplätzen sowie mit Betriebsvorschriften, Bauvorlagen und (technischen) Prüfungen. § 4 BbgGStV regelt technische Einzelheiten von Stellplätzen und Fahrgassen, insbesondere Maße und Markierungen.

Vor dem Hintergrund, dass die Erstellung des Bauwerks, in welchem sich die Einheit Nr. 4 befindet, jedenfalls aufgrund nachträglicher Baugenehmigung vom 30.06.1999 (vgl. deren Erwähnung im Schreiben des Landkreises Pnnnnnnnnn - Amt für Recht und Bauaufsicht vom 11.12.2003 - Anlage K 9 = Bl. 57 d. A. - sowie im Schreiben der Gemeinde Knnnnnn an einen Herrn Fnnn vom 21.09.2005 - Anlage K 10 = Bl. 59 d. A. -) genehmigt worden war, dass es die gesetzlich vorgeschriebene Möglichkeit für die Gemeinde gab, unter bestimmten Voraussetzungen die Herstellung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge zu untersagen, dass darüber hinaus die Möglichkeit bestand, im Falle notwendiger Stellplätze (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BbgBO 1994) diese auf einem anderen Grundstück als dem Baugrundstück zu errichten sowie dass weiter bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs. 6 Satz 1 BbgBO 1994 eine - auch gänzliche - Ablösung der Verpflichtung der Errichtung von Stellplätzen zugelassen werden konnte, stellt es sich nicht als grob fahrlässig - nämlich als ein Verhalten, bei dem dasjenige unbeachtet bleibt, was im gegebenen Fall sich jedem (Sachverständigen für Bewertung von Grundstücken) aufgedrängt hätte - dar, dass der Beklagte in seinem/seinen zur Akte gereichten Gutachten - über die Nichtnennung von Stellplätzen hinaus - nicht ausdrücklich erklärt hat, dass auf dem Baugrundstück keine Stellplätze vorhanden sind. Dies würde auch für den Fall gelten, dass für den fraglichen Zeitpunkt eine gemeindliche Rechtsvorschrift existierte, wonach die Errichtung etwaiger notwendiger Stellplätze die Regel, deren Ablöse indes die Ausnahme sein sollte. Auch ein Nichtanstellen von Ermittlungen darüber, ob es eine Stellplatzablösevereinbarung gab und ob diese erfüllt worden war, ist jedenfalls nicht grob fahrlässig.

b. Spielplatz

§ 9 Abs. 3 BbgBO 1994 schreibt vor, dass bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen auf dem Baugrundstück ein Kinderspielplatz herzustellen und instandzuhalten ist. Gemäß § 9 Abs. 5 BbgBO 1994 soll auf die Herstellung des Kinderspielplatzes verzichtet werden, wenn in unmittelbarer Nähe ein Kinderspielplatz als Gemeinschaftsanlage geschaffen wird oder vorhanden ist oder wenn die Art der Wohnungen oder ihre Umgebung dies nicht erfordert. § 9 Abs. 7 Satz 1 BbgBO 1994 enthält eine der Stellplatzablöse ähnliche Regelung, wonach dann, wenn der Bauherr den Kinderspielplatz nur unter großen Schwierigkeiten auf dem Baugrundstück herstellen kann, der Bauherr seine Verpflichtung nach § 9 Abs. 3 BbgBO 1994 durch Zahlung eines Geldbetrages an die Gemeinde erfüllen kann. Auch insoweit gilt, dass vor dem Hintergrund der erteilten Baugenehmigung und den Regelungen in § 9 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 BbgBO 1994 die nicht ausdrückliche Nennung des Fehlens eines Kinderspielplatzes in dem/den Gutachten des Beklagten sich nicht als grob fahrlässig darstellt.

c. Abstellraum

Gemäß § 49 Abs. 4 Satz 1 und 3 BbgBO 1994 muss jede Wohnung über einen mindestens 6 m² großen Abstellraum verfügen, wobei eine Abstellfläche von mindestens 1 m² sich innerhalb der Wohnung befinden muss. § 49 Abs. 5 Satz 1 BbgBO 1994 bestimmt, dass Wohngebäude über einen leicht erreichbaren und gut zugänglichen Abstellraum für Kinderwagen, Rollstühle und Fahrräder sowie über leicht erreichbare und witterungsgeschützte Abstellplätze für Fahrräder verfügen müssen. Auch insoweit kommt es nicht darauf an, ob - wie der Beklagte behauptet - das Gebäude im Keller über "bauliche Vorrichtungen für Abstellräume" verfügt. Denn aus der Nichtnennung eines Abstellraumes ist trotz der Vorschriften in § 49 Abs. 4 und 5 BbgBO 1994, hinsichtlich derer es sich dem Beklagten nicht als ganz nahe liegend aufdrängen musste, dass sie einem potentiellen Erwerber überhaupt bekannt sein würden und dieser bei entsprechendem Schweigen eines Gutachtens sodann auf das Vorhandensein eines Abstellraumes schließen werde, keine grob fahrlässige Unrichtigkeit der gutachterlichen Tätigkeit des Beklagten herzuleiten. Darüber hinaus war jedenfalls im Gutachten Nr. 1172-2003 vom 27.01.2004, welches nach dem Vortrag der Klägerin im Versteigerungstermin vorlag und dort von ihr eingesehen wurde, ein Grundriss auch der Einheit Nr. 4 enthalten, aus dem sich die Räumlichkeiten der Einheit Nr. 4 hinreichend ergaben (vgl. das genannte Gutachten, dort Seite 19; in der von der Klägerin zur Akte gereichte Ablichtung des Gutachtens Nr. 0373-2004 vom 15.04.2004, welche die handschriftliche Aufschrift "Whg 1 (2. OG + Dach)" trägt, fehlt die entsprechende Seite 19).

d. Keller, Wasch- bzw. Trockenraum

Die Brandenburgische Bauordnung 1994 schreibt für Wohnungen nicht die Herstellung eines Kellers oder eines Wasch- oder Trockenraumes vor.

e. Zusammenfassend ergibt sich, dass die - neben der Nichtnennung von Stellplätzen, eines Spielplatzes sowie Abstellräumlichkeiten - nicht ausdrücklich erfolgte Erklärung, dass weder Stellplätze noch ein Spielplatz noch (ausreichende) Abstellräumlichkeiten vorhanden sind, auch in ihrer Gesamtheit jedenfalls keine grob fahrlässige Unrichtigkeit der eingereichten Gutachten des Beklagten darstellen. Eine ihn zu weitergehenden Ermittlungen - etwa dem Einsehen der Baugenehmigung - verpflichtende Zusicherung hat er auch mit der ohnehin einschränkend gehaltenen Formulierung unter Ziffer 1 seiner zur Akte gereichten Gutachten, "baubehördliche Beschränkungen oder Beanstandungen: Soweit bekannt, liegen keine Beanstandungen vor.", nicht gegeben.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich bei Zugrundelegung der zum 01.01.1998 in Kraft getretenen Brandenburgischen Bauordnung in der Fassung vom 18.12.1997 (GVBl. 1997 I S. 124) zugunsten der Klägerin nichts anderes ergibt.

3. Hinsichtlich der erstinstanzlich gerügten gutachterlichen Nichterwähnung künftiger Erschließungsmaßnahmen nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden und mit der Berufungsbegründung nicht konkret angegriffenen Ausführungen des Landgerichts.

C. Nach dem Vorgenannten ist die Klage weder unter den - bereits erstinstanzlich geltend gemachten - Anträgen zu 1. und 2. noch unter dem in der Berufungsbegründung formulierten Hilfsantrag zu 3. - der nicht zu einer Erhöhung des Berufungswerts führt - begründet. Lediglich an Rande weist der Senat hinsichtlich des Klageantrags zu 1. darauf hin, dass die Klägerin, welche behauptet, der Verkehrswert der Wohnung habe "allenfalls 100.000,- Euro" betragen, für ihre Behauptung, bei Zahlung eines Kaufpreises von 92.500,- Euro gleichwohl einen Schaden erlitten zu haben, weil sie bei nach ihrer Auffassung zutreffender Bewertung der Wohnung nur 70.000,- Euro geboten und für diesen Betrag den Zuschlag erhalten hätte, für einen behaupteten kausalen Schaden darlegungs- und beweisbelastet wäre (vgl. BGH, WM 2006, 867, Rdnr. 14 nach juris).

D. Auf die kostenmäßigen Auswirkungen eines Beschlusses nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sowie die in § 522 Abs. 3 ZPO angeordnete Unanfechtbarkeit eines solchen Beschlusses wird vorsorglich hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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