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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 25.05.2005
Aktenzeichen: 24 W 100/04
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 3 Abs. 1
WEG § 23 Abs. 1
BGB § 731
Die Kompetenz der Wohnungseigentümer, durch Mehrheitsbeschluss die Verfolgung von Gewährleistungsansprüchen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums zur Angelegenheit der Gemeinschaft zu machen, ist nicht dadurch in Frage gestellt, dass vor Bildung der WEG-Gemeinschaft eine gesamthänderische Bindung durch eine BGB-Gesellschaft vorhanden war.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 100/04

In der Wohnungseigentumssache

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 28. Mai 2004 - 85 T 402/03 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Kammergericht Kingreen und die Richterin am Kammergericht Hinrichs am 25. Mai 2005 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen und dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft die außergerichtlichen Kosten dritter Instanz zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu I. und II. bilden die Eigentümergemeinschaft der Wohnanlage, die von der Beteiligten zu III. verwaltet wird. Die Wohnanlage besteht aus zehn Reihenhäusern, die in zwei Reihen rechtwinklig zueinander angeordnet sind. Die antragstellenden Wohnungseigentümer (Be-teiligte zu I.) sind zugleich Geschäftsführer der H. GmbH, die mit den Antragsgegnern (Beteiligte zu II.) einzelne Bauverträge (Gruppenselbsthilfeverträge) zur Errichtung der Reihenhauswohnanlage abgeschlossen hat, wobei die H. GmbH sich gegenüber den Antragsgegnern zur Planung und Bauüberwachung der Anlage vertraglich verpflichtet hat. Der notarielle Teilungsvertrag stammt vom 14. April 2000, die Teilung wurde im Grundbuch eingetragen am 2. Januar 2002.

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die H. GmbH ihre Pflichten im Zusammenhang mit der Errichtung der Wohnanlage mangelfrei erfüllt hat. Insoweit wurden bereits mehrere Verfahren zwischen den Beteiligten geführt. Im März 2002 reichten die Antragsgegner zur Wahrnehmung vermeintlicher Gewährleistungsrechte der Gemeinschaft gegenüber der H. GmbH Klage beim Landgericht Berlin ein. In diesem Verfahren liegen bereits zwei gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten vor, die Mängel an der Wohnanlage bestätigt haben. Durch Gerichtsgutachten in einem weiteren Verfahren beim Amtsgericht wurde festgestellt, dass der Heizungskeller im erdberührenden Bereich über keine ordnungsgemäße Abdichtung verfügt.

Auf der Eigentümerversammlung vom 26. November 2001 wurde unter TOP 8 beschlossen: "Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass im Interesse aller Miteigentümer die Beseitigung aller Mängel am Gemeinschaftseigentum, insbesondere der laut Gutachten vom 16. Juli 2001 bestehenden Mängel von der H. GmbH eingeklagt wird. ..."

Auf der Eigentümerversammlung vom 22. Mai 2002 wurden - soweit in dritter Instanz noch von Bedeutung - in Abwesenheit der Antragsteller folgende, im hiesigen Verfahren angefochtene Beschlüsse gefasst:

TOP 8: "Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass der in der 4. Wohnungseigentümerversammlung am 26. November 2001 als TOP 8 gefasste Beschluss zur Mängelbeseitigungsklage wie folgt erweitert wird:

Die Mängelbeseitigung soll aufgeteilt in 2 Verfahren eingeklagt werden.

Im ersten Verfahren soll die Beseitigung der Mängel, die im vorliegenden Gerichtsgutachten beschrieben sind (Verfahren Hnnn GmbH gegen Rnnn ) eingeklagt werden, indem die Hnnn GmbH den notwendigen Betrag zur Ersatzvornahme an die Gemeinschaft überweist.

Im zweiten Verfahren soll die Beseitigung der übrigen Mängel eingeklagt werden.

Die Verwalterin wird bevollmächtigt, zur Durchführung der Ansprüche der Gemeinschaft einen Anwalt zu beauftragen.

Es wird eine Sonderumlage für bereits entstandene und entstehende Kosten in Höhe von 7.000,00 Euro gebildet. Diese wird entsprechend der Miteigentumsanteile umgelegt und ist somit zu jeweils einem Zehntel pro Wohneinheit zu tragen. Dabei werden die schon geleisteten Zahlungen für Gerichtskostenvorschuss und Anwalt angerechnet.

Werden die vom Verwalter festgesetzten Zahlungsfristen überschritten, ist dieser berechtigt, die ausstehenden Zahlungen gerichtlich einzuklagen und damit einen Anwalt zu beauftragen."

TOP 9: "Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass aufgrund von Gefahr und Verzug die Ausleihe von 2 Geräten erfolgt (Pump- und Sauggerät), die es ermöglichen, den Keller insoweit trocken zu halten, dass möglichst keine Folgeschäden entstehen.

Die Eigentümer beteiligen sich dabei mit gleichmäßig verteilter Arbeitsleistung. Die WEG trägt die Kosten zunächst aus der Instandhaltungsrücklage. Der Hnnn GmbH wird der entstehende Aufwand und die Arbeitsleistung weiterberechnet. Falls die Hnnn GmbH die Rechnungen nicht begleicht, wird der Verwalter ermächtigt, die offenen Beträge gerichtlich einzuklagen und einen Anwalt damit zu beauftragen."

Die Antragsteller haben behauptet, die Antragsgegner versuchten durch die angefochtenen Beschlüsse weitere Leistungen von der H. GmbH "herauszuschlagen", obwohl es keinen Vertrag zwischen der H. GmbH und der Wohnungseigentümergemeinschaft gäbe, sondern nur Einzelverträge der H. GmbH mit jeder einzelnen Familie.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 17. Juni 2003 u. A. den Eigentümerbeschluss vom 22. Mai 2002 zu TOP 9 teilweise für ungültig erklärt, nämlich soweit in den Sätzen zwei bis vier des Beschlusses die Eigentümer zu Arbeitsleistungen verpflichtet werden, eine Kostenregelung auch für die Kosten der Arbeitsleistungen getroffen wurde und die Geltendmachung der auf Arbeitsleistungen entfallenden Kosten gegenüber der H. GmbH beschlossen wurde. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 28. Mai 2004 die auf die weitergehende Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 8 und 9 gerichtete Erstbeschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Antragsteller, die erfolglos bleibt.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig, jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG), weist der angefochtene Beschluss nicht auf.

Eigentümerbeschluss zu TOP 8

Rechtlich einwandfrei nimmt das Landgericht an, dass der Eigentümerbeschluss vom 22. Mai 2002 zu TOP 8 sich in den Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung hält. Der Mehrheitsbeschluss, Gewährleistungsrechte der Eigentümergemeinschaft betreffend das Gemeinschaftseigentum gegen die baubetreuende H. GmbH geltend zu machen, ist nicht zu beanstanden.

Zutreffend legt das Landgericht den Eigentümerbeschluss dahin aus, dass durch ihn die behaupteten Mängel nicht etwa konstitutiv festgestellt würden. Dies ist erst im nachfolgenden Schadensersatzprozess zu klären. Durch den Mehrheitsbeschluss wird lediglich der Wille zum Ausdruck gebracht, die nach Auffassung der Antragsgegner bestehenden Gewährleistungsrechte gerichtlich geltend zu machen. Es handelt sich um einen Vorbereitungsbeschluss, bei dem für eine ordnungsmäßige Verwaltung lediglich erforderlich, aber ausreichend ist, dass die behaupteten Schadensersatzansprüche nicht von vornherein ausgeschlossen sind. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist dies der Fall, weil bereits Gerichtsgutachten vorliegen, welche die Tätigkeit der H. GmbH als mangelhaft eingestuft haben.

Unerheblich ist, dass die Antragsgegner einzeln und nicht als Wohnungseigentümergemeinschaft Verträge mit der H. GmbH geschlossen haben. Die behaupteten Mängel beziehen sich unstreitig auf das Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümer. Es ist seit langem anerkannt, dass die Wohnungseigentümer auch die auf einzelnen Verträgen beruhenden Mängelansprüche, insbesondere die sogenannten sekundären Gewährleistungsansprüche, zur Angelegenheit der Gemeinschaft machen dürfen (BGHZ 81, 35 = NJW 1981, 1841; BayObLG NJW-RR 2000, 379 = ZMR 2000, 113; KG NJW 2004, 1672 = ZMR 2004, 531), was auch dem Baubetreuer zugute kommt, weil dieser nicht unterschiedlichen Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt wird.

Die Kompetenz der Wohnungseigentümer, durch Mehrheitsbeschluss die Verfolgung von Gewährleistungsansprüchen hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums zur Angelegenheit der Gemeinschaft zu machen, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass vor Bildung der Wohnungseigentümergemeinschaft - hier durch Eintragung der Teilung am 2. Januar 2002 - unter Umständen eine gesamthänderische Bindung der einzelnen Vertragspartner durch eine BGB-Gesellschaft vorhanden war. Soweit sich die späteren Wohnungseigentümer hier zu einem gemeinsamen Zweck und damit zu einer BGB-Gesellschaft zusammengeschlossen haben sollten, konnten sie die Form der Auseinandersetzung nach § 731 BGB vertraglich regeln und haben dies jedenfalls in der Weise getan, dass das Grundstück mit den errichteten Gebäuden, wenn es denn Gesamthandvermögen gewesen sein sollte, mit Eintragung des Teilungsvertrages in das Grundbuch in das Bruchteilseigentum verbunden mit dem Sondereigentum gemäß § 3 WEG überführt worden ist. Vom 2. Januar 2002 an bestimmen sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Beteiligten in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum nach dem WEG.

Im Sinne des § 10 Abs. 4 sind auch die Antragsteller an die gemeinsame Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche gegen die H. GmbH gebunden.

Ohne Rechtsirrtum hat das Landgericht ferner angenommen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Durchführung des Prozesses nicht zu beanstanden ist. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die geltend gemachten Schäden den Streitwert von 5.000,00 Euro übersteigen. Auch die Bildung einer Sonderumlage zur Finanzierung des gerichtlichen Vorgehens und deren Einforderung bei den Eigentümern entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. Angesichts der laufenden gerichtlichen Verfahren kann auch nicht von einer unzureichenden Vorbereitung des Eigentümerbeschlusses gesprochen werden. Die hierzu getroffenen Feststellungen des Landgerichts sind ausreichend. Der Senat als Rechtsbeschwerdegericht ist hieran gebunden (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 559 Abs. 2 ZPO).

Die Aufspaltung in zwei gestaffelte Verfahren ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, zumal bereits in der Eigentümerversammlung am 26. November 2001 festgelegt worden ist, dass im Interesse aller Miteigentümer die Beseitigung aller Mängel am Gemeinschaftseigentum eingeklagt werden soll. Demgemäß ist auch hinreichend bestimmt, wenn in dem zweiten Verfahren die Beseitigung der übrigen Mängel eingeklagt werden soll; im Zweifel sind damit alle feststellbaren Mängel am Gemeinschaftseigentum gemeint.

Die wiederholten Hinweise der Antragsteller darauf, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft über keine Ansprüche gegen die H. GmbH verfüge, ist unerheblich. Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft eine eigenständige juristische Person darstellt oder wie eine solche zu behandeln ist. Wie bereits ausgeführt, sind nach § 10 Abs. 4 WEG auch die überstimmten Wohnungseigentümer an den Mehrheitsbeschluss über die Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche gebunden.

Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsteller würden eher umgekehrt bei einzelnen Prozessen der einzelnen Vertragspartner Schwierigkeiten auftreten, weil die Wohnungseigentümer über die Beschaffenheit des Gemeinschaftseigentums nicht einzeln entscheiden können, sondern nur alle zusammen nach den Regeln des WEG.

Eigentümerbeschluss zu TOP 9

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht entschieden, dass auch der Eigentümerbeschluss vom 22. Mai 2002 zu TOP 9 sich in den Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung hält, soweit nicht die Sätze zwei bis vier bereits vom Amtsgericht für ungültig erklärt worden sind. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist es nicht unwahrscheinlich, dass die H. GmbH im Zusammenhang mit der Trocknung des Kellers schadensersatzpflichtig ist. Ob die Ansprüche auf Kostenerstattung wirklich bestehen, ist gegebenenfalls im Prozesswege zu prüfen.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsteller als Gesamtschuldner die Gerichtskosten ihres erfolglosen Rechtsmittels tragen. Angesichts der überzeugenden Begründung des Landgerichts besteht auch hinreichender Anlass, die Erstattung außergerichtlicher Kosten dritter Instanz anzuordnen (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der des Landgerichts.

Ende der Entscheidung

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