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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 15.06.2005
Aktenzeichen: 24 W 174/03
Rechtsgebiete: WEG, BGB
Vorschriften:
WEG § 16 II | |
WEG § 28 III | |
WEG § 28 V | |
BGB § 387 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 24 W 174/03
In der Wohnungseigentumssache
betreffend die Wohnanlage Snnnnn n , 1nn Bnnn ,
hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 6. Mai 2003 - 85 T 406/02 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Kammergericht Kingreen und die Richterin am Kammergericht Hinrichs am 15. Juni 2005 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen und dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft die notwendigen außergerichtlichen Kosten dritter Instanz zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 13.117,70 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller sind die Mitglieder der im Rubrum bezeichneten Wohnanlage. Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der Wohnungen Nr. 2, 16 und 28.
Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 5. Juli 2001 wurde der Wirtschaftsplan 2001 beschlossen. Danach war das Jahreswohngeld im Voraus fällig, durfte aber in 12 gleichen Monatsraten zum 3. Werktag des Monats im Voraus gezahlt werden. Bei Rückstand von mindestens zwei Teilbeträgen sollte der restliche Jahresbetrag fällig werden. Die Verwaltung wurde ermächtigt, fällige Summen im eigenen sowie im Namen der Gemeinschaft gerichtlich geltend zu machen. Auf die Einheit Nr. 2 entfiel ein monatliches Wohngeld von 613,00 DM, auf die Einheit Nr. 16 ein monatliches Wohngeld von 183,00 DM und auf die Einheit Nr. 28 ein monatliches Wohngeld von 273,00 DM. Die übrigen Wohnungseigentümer haben von der Antragsgegnerin die Zahlung rückständigen Wohngeldes für Januar 2001 bis Dezember 2001 in Höhe von insgesamt 6.558,85 EUR (12.828,00 DM) verlangt. Außer über die Fälligkeit dieser Wohngeldforderungen haben die Beteiligten darüber gestritten, ob die Forderungen durch Aufrechnung mit Ansprüchen aus Notgeschäftsführung erloschen sei.
Die Antragsgegnerin, die zugleich Wohnungseigentümerin und Komplementärin der Beteiligten zu II. 3. (einer Betriebs KG) ist und deren Geschäftsführer wiederum selbstständig Wohnungseigentümer ist, hat dazu bereits in erster Instanz vorgetragen: Sie lasse ihre Wohnungen von der Beteiligten zu II. 3. verwalten. Die Antragsteller würden sich seit 1998 weigern, aus den Wohngeldern die öffentlichen Versorgungsbetriebe zu bezahlen. Die Berliner Wasserbetriebe hätten ihren Geschäftsführer wie folgt für erbrachte Versorgungsleistungen gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft in Anspruch genommen: Aus einem Vollstreckungsbescheid vom 1. August 1997 in Höhe von 34.588,48 DM und aus einem Vollstreckungsbescheid vom 22. Juli 1999 in Höhe von 13.998,80 DM. Daraufhin habe die Beteiligte zu II. 3. am 3. Februar 2000 einen Betrag 23.000,00 DM und am 2. März 2000 den Restbetrag von 10.055,30 DM an den Obergerichtsvollzieher zu dessen Geschäftsnummer überwiesen. In Höhe der Zahlung vom 2. März 2000 über 10.055,30 DM erkläre sie hilfsweise die Aufrechnung gegenüber der Wohngeldforderung. Eine weitere Hilfsaufrechnung werde daraus abgeleitet, dass die Berliner Stadtreinigung sie neben ihrem Geschäftsführer (weiterer Wohnungseigentümer) und der Beteiligten zu II. 3. (weitere Wohnungseigentümerin) aus drei Vollstreckungsbescheiden vom 27. Oktober 1998 bzw. 10. November 1998 in Höhe von 46.979,58 DM in Anspruch genommen und die Beteiligte zu II. 3. daraufhin am 10. April 2001 einen Betrag von 10.728,85 DM an den Obergerichtsvollzieher zu dessen Geschäftsnummer überwiesen habe; mit einem zweitstelligen Teilbetrag aus dieser Zahlung werde hilfsweise gegenüber der Wohngeldforderung aufgerechnet.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 29. August 2002 die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragsteller 6.558,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. August 2001 zu zahlen. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 6. Mai 2003 die Erstbeschwerde der Antragsgegnerin mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Fortgeltungsklausel wirksam sei und die Antragsgegnerin mit Ansprüchen anderer Wohnungseigentümer aus Notgeschäftsführung ebensowenig aufrechnen dürfe wie mit abgetretenen Gegenansprüchen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin, die erfolglos bleibt.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Weder in Bezug auf die Fortgeltungsklausel des Wirtschaftsplanes noch auf die beiden Hilfsaufrechnungen ist der angefochtene Beschluss rechtsfehlerhaft im Sinne von § 27 Abs. 1 FGG.
1. Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin darauf, dass der Wirtschaftsplan 2001 in der Eigentümerversammlung vom 5. Juli 2001 nicht wirksam beschlossen oder sogar nichtig sei. Bereits das Amtsgericht hat festgestellt, dass die Eigentümerversammlung unter TOP 9 nicht die generelle Fortgeltung des Wirtschaftsplans 2001 beschlossen, sondern konkret geregelt hat, dass der beschlossene Wirtschaftsplan bis zur Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2001 weitergilt, und somit eine konkrete Einzelfallregelung getroffen hat, die auch ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. In der Rechtsprechung ist die Wirksamkeit derartiger Fortgeltungsklauseln inzwischen anerkannt (BGHZ 156, 279 = NJW 2003, 3550; KG NZM 2003, 557 = ZMR 2003, 778 = GE 2003, 1213; KG FGPrax 2004, 62). Der Einwand der mangelnden Fälligkeit greift demnach nicht.
2. Ohne Rechtsirrtum hat das Landgericht den beiden gestaffelten Hilfsaufrechnungen den Erfolg versagt. Auch die Amtsermittlungspflicht des § 12 FGG entbindet einen Beteiligten im WEG-Verfahren nicht davon, seine Einwendungen substantiiert vorzutragen. Der Vortrag der Antragsgegnerin, der anhand der Vollstreckungstitel vollständig erfolgt ist, reicht aber aus Rechtsgründen nicht aus, um ein Erlöschen der Wohngeldforderungen anzunehmen.
Das liegt daran, dass eine einwandfreie Zuordnung gezahlter Beträge gerade auf die Antragsgegnerin nicht vorgenommen werden kann. Hinsichtlich der ersten Hilfsaufrechnung ergeben die vorgelegten Vollstreckungsbescheide, dass in den Mahnverfahren nicht die Antragsgegnerin als Eigentümerin dreier Wohnungen, sondern deren Geschäftsführer als Inhaber einer anderen Wohnung in Anspruch genommen worden ist. Der Senat hält insoweit an seiner Rechtsprechung (NJW-RR 1995, 719 = ZMR 1995, 218) fest, dass der aus einer Notgeschäftsführung erwachsene Aufwendungsanspruch nur von demjenigen Wohnungseigentümer zur Aufrechnung gestellt werden kann, der auch die Notgeschäftsführung vorgenommen hat. Wenn also der Geschäftsführer der Antragsgegnerin in seiner Eigenschaft als Inhaber einer anderen Wohnung als die der Antragsgegnerin in Anspruch genommen worden ist, kann er auch nicht durch Abtretung eine Aufrechnungsbefugnis gewinnen. Die von einer beliebigen Abtretung abhängige Aufrechnungslage wäre völlig unübersichtlich, zumal in verschiedenen Wohngeldverfahren gleichermaßen eine Abtretung behauptet werden kann und deren Wirksamkeit bis zu dem rechtskräftigen Abschluss eines der Wohngeldverfahren unklar bliebe. Da sich derartige Wohngeldverfahren über Jahre hinziehen können, wäre es für die Wohnungseigentumsverwaltung unzumutbar, sich unter Umständen mehrfach mit derartigen Aufrechnungserklärungen aus abgetretenem Recht (im vorliegenden Fall auch noch aus anderen Wirtschaftsperioden) auseinanderzusetzen.
4. Auch die zweite Hilfsaufrechnung mit der Zahlung am 10. April 2001 in Höhe von 10.728,85 DM hat das Landgericht rechtlich einwandfrei nicht durchgreifen lassen. Dieser Betrag ist ein Teilbetrag einer Gesamtsumme von 46.979,58 DM aus drei Vollstreckungsbescheiden vom 27. Oktober 1998 und 10. November 1998 der Stadtreinigungsbetriebe. Im Unterschied zur ersten Hilfsaufrechnung ist allerdings hier auch die Antragsgegnerin als Gesamtschuldnerin neben deren Geschäftsführer (offenkundig als Inhaber einer anderen Wohnung) und neben der Beteiligten zu II. 3. als einer weiteren Wohnungseigentümerin in Anspruch genommen worden. Die Zahlung von 10.728,85 DM erfolgte nicht durch die Antragsgegnerin, sondern nach deren Vortrag durch die Beteiligte zu II. 3., die aber wiederum selbst als Wohnungseigentümerin gesamtschuldnerisch haftet. Damit fehlt es nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts an einer unmittelbaren Zahlung seitens der Antragsgegnerin.
5. Ausgehend davon, dass die Schuldner der Vollstreckungsbescheide der Berliner Stadtreinigung nicht einzeln für ihre Wohnungen, sondern als Gesamtschuldner für die Verbindlichkeiten der gesamten Gemeinschaft in Anspruch genommen worden sind, ist eine Zuordnung des Teilbetrages von 10.728,85 DM auf den Gesamtbetrag aller drei Vollstreckungsbescheide in Höhe von 46.979,58 DM schon nicht möglich. Die Zuordnung zumindest des Teilbetrages gerade auf die Antragsgegnerin kann auch nicht dadurch hergestellt werden, dass die Beteiligte zu II. 3. zugleich für sich, daneben für den Geschäftsführer der Antragsgegnerin als Inhaber einer weiteren Wohnung und für die Antragsgegnerin als Inhaberin dreier Wohnungen sowie für einen Teil der übrigen Wohnungen die Sondereigentumsverwaltung durchführt und in deren Durchführung Mietzahlungen aus den verwalteten Wohnungen einsammelt und aus diesem Pool für die beteiligten Wohnungseigentümer die erforderlichen Zahlungen veranlasst und in diesem Zusammenhang auch Notgeschäftsführungen vorgenommen hat. Es mag sein, dass aus der Sicht der Antragsgegnerin mit diesen Zahlungen aus dem Mieten-Pool auch eine Zahlung auf die gesamtschuldnerische Haftung gegenüber Außen-Gläubigern erfolgt ist. Objektiv und zweifelsfrei ist eine derartige Zuordnung der Notgeschäftsführung zu einer Gesamtschuldnerin rechtlich nicht nachzuvollziehen. Die Beteiligte zu II. 3. war in eigener Person als Wohnungseigentümerin auch selbst Gesamtschuldnerin, so dass offen bleibt, ob in der Überweisung der 10.728,85 DM an den Gerichtsvollzieher nach Maßgabe eines Schreibens, in dem drei Gesamtschuldner aufgeführt sind, nicht in erster Linie eine eigene Zahlung liegt; zumal in dem Überweisungsauftrag auch keine besondere Zuordnung vorgenommen worden ist. Allein der Hinweis, der Zahlbetrag sei aus einer Verwaltungsmasse entnommen worden, die auch der Antragsgegnerin zustehe, reicht nicht aus. Die Rechtslage würde derjenigen gleichen, in der eine Abtretung der Aufwendungsersatzansprüche an die Antragsgegnerin vorgetragen wird, was nach den obigen Ausführungen nicht genügt. In verstärktem Maße gilt hier, dass eine eigene Zahlung der Antragsgegnerin nicht angenommen werden kann.
6. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsgegnerin die Gerichtskosten dritter Instanz trägt und wegen ihres Verzuges dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft die notwendigen außergerichtlichen Kosten dritter erstattet (§ 47 Satz 1 und 2 WEG).
Die Festsetzung des Geschäftswerts dritter Instanz beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der des Landgerichts.
Ende der Entscheidung
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