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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 24.11.2009
Aktenzeichen: 24 W 18/08
Rechtsgebiete: WEG, HGB


Vorschriften:

WEG § 10 Abs. 6
HGB § 257
HGB § 110
1. Auch vor dem Hintergrund der Berliner Kommunalvorschriften betreffend Versorgungsunternehmen kommt es für die Frage, ob Vertragspartner des jeweiligen Versorgers die Wohnungseigentümergemeinschaft oder die einzelnen Wohnungseigentümer wird bzw. werden, maßgeblich auf die Auslegung des betreffenden Vertrages an.

2. Falls die einzelnen Wohnungseigentümer aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung neben der weiterhin vertraglich verpflichtet bleibenden Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber deren Gläubiger nach außen haften, muss für die Frage, wer im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander die Lasten zu tragen hat, auf die innerhalb der Gemeinschaft geltenden Regelungen abgestellt werden. Dies gilt auch im Verhältnis der einzelnen Wohnungseigentümer zur Gemeinschaft.

3. Falls hiernach ein Freistellungsanspruch eines von einem Gläubiger der Wohnungseigentümergemeinschaft vor Anerkennung von deren Teilrechtsfähigkeit erfolgreich gerichtlich in Anspruch genommenen Wohnungseigentümers gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft besteht, führt die Geltendmachung dieses Freistellungsanspruchs nicht zu einer - unzulässigen - Durchbrechung der Rechtskraft des gegen den betreffenden Wohnungseigentümer erwirkten Titels.

4. Es besteht keine Vermutung dafür, dass eine unzureichende finanzielle Ausstattung der Gemeinschaft auf einer schuldhaften Pflichtverletzung der einzelnen Wohnungseigentümer beruht. Mit einem auf Zahlung gerichteten Schadensersatzanspruch kann die Gemeinschaft schon deshalb nicht wirksam gegen einen Freistellungsanspruch einzelner Wohnungseigentümer aufrechnen, weil es an der Gleichartigkeit der Forderungen fehlt.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 18/08

In der Wohnungseigentumssache betreffend

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 24. Juli 2007 - 85 T 118/06 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Harte, die Richterin am Kammergericht Dr. Kasprik-Teperoglou, sowie den Richter am Kammergericht Einsiedler am 24. November 2009 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten dritter Instanz wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 14.717,83 Euro festgesetzt.

Gründe:

A. Der Antragsteller war für in Bezug auf das Grundstück der oben genannten Wohnanlage erbrachte Abfallentsorgungs- und Straßenreinigungsleistungen der Berliner Stadtreinigungsbetriebe und Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsleistungen der Berliner Wasserbetriebe aus dem Zeitraum 1999 - 2003 von diesen Versorgungsunternehmen erfolgreich vor dem Amtsgericht Schöneberg (Urteil vom 20.0.2003 zu 12 C 34/03, vgl. Bd. I Bl. 29-33 d. A.), vor dem Amtsgericht Tiergarten (Urteile vom 02.02.2004 zu 5 C 489/03, vgl. Bd. I Bl. 48-50R d. A. und vom 24.11.2004 zu 8b C 279/04, vgl. Bd. I Bl. 69 -70R d. A.) und vor dem Landgericht Berlin (Urteil vom 18.04.2004 zu 9 O 471/03, vgl. Bd. I Bl. 88-92R d. A.) in Anspruch genommen worden. Nachdem der Antragsteller im vorliegenden Verfahren ursprünglich einzelne Wohnungseigentümer, nämlich die weiteren Beteiligten zu III., in Anspruch genommen hatte, hat er später das Verfahren noch erstinstanzlich diesen gegenüber zurückgenommen und seine Ansprüche gegenüber der (jetzigen) Antragsgegnerin geltend gemacht.

Unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Antragstellers hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 16.02.2006 - 70 II 53/05 - die Antragsgegnerin erstinstanzlich verpflichtet, den Antragsteller bezüglich seiner Zahlungsverpflichtungen aus den genannten rechtskräftigen Urteilen freizustellen. Die hiergegen eingelegte sofortige Erstbeschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 24.07.2007 - 85 T 118/06 WEG - mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet worden ist, den Antragsteller hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung der jeweiligen Hauptforderung, nicht aber in Bezug auf die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen und zur Tragung von Kosten aus den genannten Urteilen freizustellen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde. Drittinstanzlich geht es daher noch darum, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist, den Antragsteller hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung der jeweiligen Hauptforderung aus den genannten Urteilen freizustellen.

Ergänzend weist der Senat hinsichtlich der vom Landgericht nicht anerkannten Verpflichtung der Antragsgegnerin in Bezug auf Zinsen und Kosten auf Folgendes hin: Zwar ist das Landgericht im Beschluss vom 24.07.2007 davon ausgegangen, der Antragsteller habe nicht nur klargestellt, dass sich sein Freistellungsantrag nicht auf Kosten beziehe, sondern auch, dass sich sein Freistellungsantrag nicht auf Zinsen beziehe (vgl. Seite 10 des Beschlusses vom 24.07.2007), während tatsächlich der Antragsteller eine derartige Erklärung nur in Bezug auf die Kosten abgegeben hat (vgl. das Protokoll der Sitzung vor dem Landgericht vom 25.05.2007, dort Seite 3 = Bd. II Bl. 20 d. A.). Das Landgericht hat indes im Beschluss vom 24.07.2007 (dort Seite 16) - vorsorglich - seine Auffassung, hinsichtlich von Zinsen (und Kosten) stehe dem Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin kein Anspruch zu, mitgeteilt und begründet und der Antragsteller hat hiergegen kein Rechtsmittel eingelegt. Es bleibt daher bei dem oben bezeichneten drittinstanzlichen Verfahrensgegenstand.

B. Gemäß § 62 Abs. 1 WEG n. F. ist auf das hiesige Verfahren, welches vor dem 01.07.2007 anhängig gemacht worden ist, das alte Verfahrensrecht der §§ 43ff WEG a. F. einschließlich der dort enthaltenen Verweisung auf das FGG weiter anzuwenden.

C. Die nach §§ 27, 29 FGG, § 45 WEG a. F. zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, § 27 Abs. 1 Satz 1 FGG.

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht angenommen, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller aus seinen Verpflichtungen zu Zahlung von Hauptforderungen - hinsichtlich derer das Landgericht verfahrensfehlerfrei angenommen hat, der Antragsteller habe diese noch nicht erfüllt - aus den in A. genannten Urteilen freizustellen hat.

Der Freistellungsanspruch ist aus § 257 BGB in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 110 HGB begründet (vgl. Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., 2008 § 10 WEG Rdnr. 336; KG, NJW 2009, ZMR 2009, 786, Rdnr. 8 nach juris m. w. N.); ihm stehen keine durchgreifenden Gegenrechte oder Einwendungen der Antragsgegnerin entgegen.

a) Bei den titulierten Ansprüchen auf Ausgleich der fälligen Entgelte für Abfallentsorgung, Straßenreinigung sowie Be- und Entsorgung von Wasser handelt es sich um den Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft als solchen treffende "Gesellschaftsangelegenheiten"; hinsichtlich dieser kann der gleichwohl von den Versorgern in Anspruch genommene Antragsteller von der Antragsgegnerin Freistellung beanspruchen.

aa) Die durch Beschluss des BGH vom 02.06.2005 (V ZB 32/05 - veröffentlicht in NJW 2005, 2061) anerkannte - und nunmehr auch gesetzlich in § 10 Abs. 6 WEG verankerte - Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft hat Konsequenzen für das Haftungssystem. Konnte ein Gläubiger für Schulden der Gemeinschaft nach zuvor geltender Auffassung sämtliche Wohnungseigentümer als Vertragspartner und somit als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen, ist Vertragspartner nunmehr in der Regel der Verband der Wohnungseigentümer. Er haftet mit seinem Verwaltungsvermögen. Daneben kommt eine (unbeschränkte) gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nur dann in Betracht, wenn sie sich neben dem Verband klar und eindeutig auch persönlich verpflichtet haben oder soweit die Haftung auf einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers beruht (BGH, NJW 2005, 2061, Rdnr. 41 nach juris; BGH, NJW 2007, 2987, Rdnr. 21 nach juris).

Der Senat hat mit Beschluss vom 24.04.2009 (NJW 2009, ZMR 2009, 786, Rdnr. 10 ff., 16 nach juris m. w. N.) den Streitstand hinsichtlich der Frage, ob eine derartige akzessorische Haftung des einzelnen Wohnungseigentümers aus den landesrechtlichen Bestimmungen des kommunalen Abgabenrechts - insbesondere auch aus den die Bereiche der Straßenreinigung, der Abfallentsorgung sowie der Be- und Entsorgung von Wasser regelnden Berliner Vorschriften - hergeleitet werden kann, dargestellt. Hierzu hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 18.06.2009 (NJW 2009, 2521), in welchem er die vom dortigen Berufungsgericht getroffene Auslegung Berliner Kommunalvorschriften dahingehend, dass zu den in diesen genannten entgeltpflichtigen Grundstückseigentümern auch die Wohnungseigentümer gehören, als nach §§ 545 Abs. 1, 560 ZPO für die Revisionsinstanz bindend vorausgesetzt hat (BGH, a. a. O., Rdnr. 9 nach juris), weiter Stellung genommen. Nach der in diesem Urteil vertretenen Auffassung gilt Folgendes: Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft steht der gesamtschuldnerischen persönlichen Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer auch in Rechtsverhältnissen, die auf einem öffentlich-rechtlichen Anschluss- und Benutzungszwang beruhen, nicht entgegen (BGH, a. a. O., Rdnr. 15 nach juris). Bei einer - durch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit und der hierauf beruhenden Haftung des Verbandes nicht gehinderten - im kommunalen Abgabenrecht statuierten gesamtschuldnerischen Haftung der Wohnungseigentümer für Grundbesitzabgaben handelt es sich um eine ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers im Sinne des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 02.06.2005 (BGH, a. a. O., Rdnr. 16 nach juris; vgl. auch BVerwG, NJW 2006, 791, Rdnr. 15 nach juris).

bb. Für den vorliegenden Fall braucht der Senat nicht Stellung zu beziehen, ob der Antragsteller durch eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung des (Berliner) Gesetzgebers neben der Antragsgegnerin als Verband nach außen für die den unter A. genannten Urteilen zugrunde liegenden Forderungen der dort genannten Versorgungsträger haftet.

aaa. Die Antragsgegnerin ist Schuldnerin hinsichtlich der den unter A. genannten Urteilen zugrunde liegenden Forderungen der betreffenden Versorgungsträger.

Der Senat hat im Beschluss vom 24.04.2009 (a. a. O., Rdnr. 13, 14 nach juris) im Einzelnen dargelegt, dass es auch vor dem Hintergrund der Berliner Kommunalvorschriften für die Frage, wer Vertragspartner des jeweiligen Versorgers wird, maßgeblich auf die Auslegung der betreffenden Verträge ankommt. Vorliegend hat das Landgericht hierzu rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Antragsgegnerin - wie regelmäßig bei Verträgen mit Versorgern (vgl. BGH, NJW 2007, 2987, Rdnr. 21 nach juris) - Vertragspartner der vorliegend in Rede stehenden Versorger Berliner Wasserbetriebe und Berliner Stadtreinigungsbetriebe geworden sind. Der Vertrag mit den Berliner Wasserbetrieben (Bd. I Bl. 23 d. A.) nennt als Grundstückseigentümer die "WEG ... also die Antragsgegnerin; in Übereinstimmung hiermit sind an diese auch sämtliche eingereichte Rechnungen der Berliner Wasserbetriebe adressiert (vgl. Bd. I Bl. 24-28, 42-46, 64-68 d. A.). Für die Straßenreinigung und Abfallbeseitigung - hinsichtlich derer vertragliche Beziehungen vorliegend offenbar nicht durch schriftliche Vereinbarung, sondern durch tatsächliche Leistungsinanspruchnahme zustande gekommen sind (vgl. das betreffende Urteil des Landgerichts Berlin vom 18.04.2004 zu 9 O 471/03, dort Seite 6 = Bd. I Bl 90R d. A.) - ist von der Regel, dass Vertragspartner des Versorgers regelmäßig die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband wird, Abweichendes nicht ersichtlich; auch hier sind die eingereichten Rechnungen an die "WEG ... die in diesen auch als Eigentümer benannt ist, adressiert (vgl. Bd. I Bl. 75R-83R d. A.). Gegenteiliges hat auch die Rechtsbeschwerde nicht triftig aufzuzeigen vermocht.

bbb. Auch für den Fall, dass vorliegend der Antragsteller aufgrund von Regelungen des Berliner Kommunalrechts (gesamtschuldnerisch) für in den Jahren 1999-2003, während derer er Mitglied der Antragsgegnerin war, fällig gewordene Forderungen der Berliner Wasserbetriebe und Berliner Stadtreinigungsbetriebe diesen gegenüber haftet, ändert sich nichts an der - vertraglich begründeten - Zahlungspflicht der Antragsgegnerin hinsichtlich dieser Forderungen. Der Antragsteller würde für diesen Fall lediglich neben der Antragsgegnerin haften (vgl. BGH, NJW 2009, 2521, Rdnr. 16 nach juris; vgl. auch BVerwG, a. a. O. sowie Elzer in Riecke/Schmid, WEG, 2. Aufl., 2008, § 10 Rdnr. 498), und zwar nach außen gegenüber den Versorgungsunternehmen. Für die Binnenhaftung des Antragstellers muss indes auf die innerhalb der Gemeinschaft geltenden Regelungen abgesellt werden. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts war der Antragsteller vom 27.04.1997-25.06.2003 zusammen mit Herrn ... Eigentümer der in dieser Zeit nicht ausgebauten Dachgeschosseinheiten Nr. 16, 17 und 18. § 12 Ziffer 6 Satz 1 und 2 der der Teilungserklärung angeschlossenen Gemeinschaftsordnung enthalten hierzu folgende Regelung: "Das Dachgeschoss (Ziffern 16, 17 und 18) ist gegenwärtig nicht ausgebaut. Eigentümer des Dachgeschosses nimmt demgemäß an einer Kostenumlage nicht teil" (vgl. Bd. I Bl. 12R d. A.). Hiernach hatte der Antragsteller für den Zeitraum, auf den die streitgegenständlichen Versorgerrechnungen entfallen, im Binnenverhältnis keine Kosten zu tragen. Diese Regelung muss nicht nur im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander beachtet werden, sondern auch im Verhältnis der Wohnungseigentümer zum Verband, also im Verhältnis des Antragstellers zur Antragsgegnerin. So hat auch ein Wohngeldanspruch des Verbandes gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer in §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 5 WEG in Verbindung mit dem jeweiligen Eigentümerbeschluss über eine Jahresabrechnung oder einen Wirtschaftplan seine Grundlage (vgl. Elzer, a. a. O., § 10 Rdnr. 163) und ist insoweit ein von § 16 Abs. 2 WEG abweichender Kostenverteilungsschlüssel - falls zulässig vereinbart oder beschlossen - zu beachten. Daher ist auch vorliegend für das Verhältnis des Antragstellers zur Antragsgegnerin zu beachten, dass der Antragsteller auch für den Fall, dass er nach außen als Gesamtschuldner für die streitgegenständlichen Versorgerrechnungen haften sollte, aufgrund der keinen Bedenken begegnenden Vereinbarung in § 12 Ziffer 6 Satz 2 der Gemeinschaftsordnung für den Zeitraum, auf den diese Rechnungen entfallen, keine Kosten zu tragen hat.

Bei den dem Antragsteller gleichwohl durch die in A. genannten Urteile rechtskräftig auferlegten Verbindlichkeit handelt es sich um ein Sonderopfer, für die er, nicht anders als ein nach § 128 HGB verurteilter Gesellschafter einer oHG, Ausgleich bzw. - so vorliegend - Freistellung beanspruchen kann; dass der Antragsteller mit der Zahlung der Verbindlichkeit im Falle seiner gesamtschuldnerischen Haftung zugleich im Außenverhältnis zu den Versorgern eine eigene Pflicht erfüllen würde, steht dem nicht entgegen (KG, a. a. O., Rdnrn. 9, 17 nach juris m. w. N.).

ccc. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem - auch auf einen "Altfall" wie den vorliegenden anwendbaren (vgl. BGH, NJW 2009, 2521, Rdnr. 14 nach juris) - § 10 Abs. 8 WEG. Dieser betrifft die Haftung nach außen. Im Binnenverhältnis müsste aber auch hier die Regelung des § 12 Ziffer 6 Satz 2 der Gemeinschaftsordnung Beachtung finden (vgl. Elzer, a. a. O. Rdnr. 492 a. E.). Auf das Verhältnis von § 10 Abs. 8 WEG zu einer eventuell eingreifenden unbeschränkten gesamtschuldnerischen Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer nach außen kommt es vorliegen nicht an (vgl. BGH, a. a. O., Rdnr. 18 nach juris).

ddd. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin stellt die Anerkennung einer Rückgriffsmöglichkeit - bzw. hier eines Freistellungsanspruchs - des rechtskräftig zur Zahlung an die Berliner Wasserbetriebe und die Berliner Stadtreinigungsbetriebe verurteilten Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin keine unzulässige Durchbrechung der Rechtskraft der in A. genannten Urteile dar. Diese werden durch die Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht abgeändert. Es wird nur im Anschluss an die im Außenverhältnis gegenüber den Versorgern titulierte und weiterhin Bestand habende Zahlungspflicht für das Binnenverhältnis zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin eine Leistungspflicht angeordnet.

Auch in anderen Bereichen wird die Regressnahme eines zur Leistung an einen Dritten Verurteilten bei dem, der im Innenverhältnis zu dem Verurteilten zur entsprechenden Leistung verpflichtet ist, zutreffend nicht als Durchbrechung der Rechtskraft des zu Gunsten des Dritten ergangenen Urteils angesehen; dass vorliegend der von den Vorinstanzen zuerkannte Anspruch nicht auf Zahlung, sondern mangels einer Erfüllung durch den Antragsteller nur auf Freistellung gerichtet ist, ändert hieran nichts.

b. Dem Freistellungsanspruch des Antragstellers stehen keine durchgreifenden Gegenrechte oder Einwendungen der Antragsgegnerin entgegen.

aa. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die von der Antragsgegnerin erklärte Aufrechnung mit einem von der Antragsgegnerin angenommenen Schadensersatzanspruch nicht durchgreifen lassen. Mit einem etwaigen auf Zahlung gerichteten Schadensersatzanspruch kann schon deshalb nicht wirksam gegen einen Freistellungsanspruch aufgerechnet werden, weil es bereits an der Gleichartigkeit der Forderungen fehlt (vgl. BGH, NJW 1999,1182, Rdnr. 26; Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., 2009, § 387 Rdnr. 10). Darüber hinaus ist nicht zu greifen, dass der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller ein Schadensersatzanspruch wegen - von der Antragsgegnerin angenommener - schuldhafter Verletzung der Pflicht, für ihre ausreichende finanzielle Ausstattung zu sorgen, zusteht. Zu Recht hat das Landgericht hierzu vertreten, dass für eine derartige schuldhafte Pflichtverletzung keine Vermutung besteht, sondern diese dem betreffenden Wohnungseigentümer nachgewiesen werden muss; ferner hat es in Ermangelung zureichender Ansatzpunkte auch in Ansehung des § 12 FGG ohne Rechtsfehler von eigene weiteren Ermittlungen insoweit abgesehen. Auch drittinstanzlich vermag die Antragsgegnerin - unter Beachtung des Grundsatzes, dass im nur auf die Überprüfung der Rechtsanwendung durch den Tatrichter gerichteten Rechtsbeschwerdeverfahren neuer Sachvortrag regelmäßig nicht zulässig ist (Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., 2003, § 45 Rdnr. 85) - auf der Grundlage des bis zum Abschluss des zweitinstanzlichen Verfahrens Vorgetragenen eine schuldhafte Pflichtverletzung des Antragstellers in Bezug auf die bei ihr eingetretene Finanznotlage nicht erfolgreich aufzuzeigen. Der von der Antragsgegnerin geschilderte Hintergrund, nämlich ein von ihr behauptetes verdecktes Fehlverhalten eines damaligen "faktischen" Verwalters sowie die erfolgte gerichtliche Inanspruchnahme säumiger Wohngeldschuldner sprechen im Gegenteil gegen die Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung des Antragstellers. Aus diesem Grund kann die Antragsgegnerin sich insoweit auch nicht mit Erfolg auf einen Einwand aus Treu und Glauben, § 242 BGB, stützen.

bb. Die Antragsgegnerin vermag sich auch im Übrigen nicht mit Erfolg auf einen Einwand aus Treu und Glauben, § 242 BGB, zu berufen. Rechtsfehlerfrei haben die Vorinstanzen angenommen, dass schon nicht ersichtlich ist, dass der Antragsteller mit dem hiesigen Verfahren so lange zugewartet hätte, bis die Antragsgegnerin über finanzkräftige Mitglieder verfügte; Gegenteiliges wird auch drittinstanzlich nicht aufgezeigt. Es kann daher dahinstehen, was Rechtsfolge eines - schon nicht zu greifenden - derartigen Verhaltens wäre.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin führt die Entscheidung des Landgerichts (und die des Senats) nicht dazu, dass sich ein ausgeschiedener Wohnungseigentümer an neu eingetretenen Eigentümern schadlos halten kann, ohne selbst anteilsmäßig mit seinem Kostenanteil zu haften. Zum einen nimmt der Antragsteller vorliegend (zuletzt) die Antragsgegnerin als Verband in Anspruch, die - nach Anerkennung ihrer Teilrechtsfähigkeit - für ihre Verbindlichkeiten unabhängig von ihrem Personenbestand einzustehen hat (vgl. NJW 2005, 2061, Rdnr. 9 nach juris). Zum anderen ist auf der Grundlage der Entscheidung des Landgerichts und des Senats nicht zu ersehen, dass sich ein Wohnungseigentümer auf seinen Erstattungs- bzw. Freistellungsanspruch grundsätzlich nicht seine eigene nicht erfüllte Beitragsschuld - hinsichtlich derer die sogenannte Fälligkeitstheorie (vgl. hierzu Wenzel, a. a. O., § 10 Rdnrn. 125, 195; Merle in Bärmann, WEG, 10. Aufl., 2008, § 28 Rdnr. 151) gilt - anrechen lassen müsste. Dass sich vorliegend der Antragsteller keine Beitragspflicht anrechnen lassen muss, liegt daran, dass ihn nach § 12 Ziffer 6 Satz 2 der Gemeinschaftsordnung eine solche gerade nicht traf.

Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller eine erfolgversprechende Verteidigung gegen seine Verurteilung in den Rechtsstreitigkeiten mit den Versorgern unterlassen hätte, hat die Antragsgegnerin nicht triftig aufgezeigt; solche sind auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere kann es dem Antragsteller - unabhängig von der die Position der Versorger wieder stärkenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 18.06.2009 (a. a. O.) - nicht zum Vorwurf gemacht werden, kein Rechtsmittel gegen die in Rede stehenden Urteile eingelegt zu haben; denn die Rechtsprechungsänderung durch die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.06.2005 war zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der fraglichen Urteile nicht absehbar.

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG a. F. Es entspricht billigem Ermessen, dass die in dritter Instanz unterlegene Antragsgegnerin die Gerichtskosten dieser Instanz zu tragen hat, § 47 Satz 1 WEG a. F. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten geht § 47 Satz 2 WEG a. F. davon aus, dass jeder Beteiligte seine eigenen Kosten selbst zu tragen hat. Hinreichende Gründe, die eine Abweichung hiervon für die dritte Instanz rechtfertigen, liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Geschäftswerts dritter Instanz beruht auf § 48 Abs. 3 WEG a. F. Die Aufrechungserklärung der Antragsgegnerin führt vor dem Hintergrund bereits fehlender Gleichartigkeit nicht zu einer Erhöhung des Geschäftswerts.

Ende der Entscheidung

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