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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 29.03.2004
Aktenzeichen: 24 W 194/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 3
WEG § 29 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 194/02

In der Wohnungseigentumssache

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Beschwerdeführerinnen zu I. 2. - 5. gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 24. Mai 2002 - 85 T 400/00 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Kammergericht Hinrichs und die Richterin am Kammergericht Kingreen am 29. März 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde wird unter ihrer Zurückweisung im Übrigen der Beschluss des Landgerichts vom 24. Mai 2004 - 85 T 400/00 - teilweise geändert und der Anfechtungsantrag zu TOP 10 der Eigentümerversammlung vom 13. Juni 2000 zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten zweiter Instanz werden den Beschwerdeführerinnen zweiter Instanz 86 % und dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft 14 % auferlegt. Die Gerichtskosten dritter Instanz haben die Beschwerdeführerinnen dritter Instanz zu 86 % und das Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft zu 14 % zu tragen. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten dritter Instanz wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für die dritte Instanz wird auf 18.406,51 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu I. bis III. bilden die Eigentümergemeinschaft der oben angegebenen Wohnanlage.

In dem vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten in der Rechtsbeschwerdeinstanz um die Gültigkeit folgender Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 13.6.2000:

TOP 3a) Genehmigung der von der von der BBM GmbH erstellten Jahresabrechnung für 1999

TOP 4 Nichtbildung einer Sonderumlage in Höhe von 25.000,00 DM zur Auszahlung von Guthaben aus der Jahresabrechnung 1999,

Gestattung der Abtretung von Guthaben aus den Jahresabrechnungen 1998 und 1999 zwischen den Eigentümern zum Ausgleich von Nachzahlungen oder Wohngeldzahlungen in 2000,

Gestattung der Verrechnung von Rückständen aus 1999 mit Wohngeldzahlungen aus 2000

TOP 4a) Verpflichtung der Beteiligten zu IV. zur Auszahlung von Guthaben aus 1998 und 1999,

Gestattung der Verrechnung laufender Wohngelder aus 2000 und Sonderumlagen mit Guthaben aus den Jahresabrechnungen 1998 und 1999, soweit diese nicht bereits durch Beschluss zu TOP 4 erfasst sind

TOP 10 Neuwahl des Verwaltungsbeirats:

Beteiligte zu I. 4. (Vorsitzende)

Beteiligte zu III. 6.

Beteiligte zu III. 4.

TOP 10b) Gewährung einer pauschalen Vergütung an die Vorsitzende des Verwaltungsbeirats in Höhe von 1.000,00 DM jährlich

Durch Teilbeschluss vom 12.10.2000 - 70 II 147/00 WEG I - hat das Amtsgericht diese Beschlüsse für ungültig erklärt. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 24.5.2002 - 85 T 400/00 WEG - die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerinnen (zweiter Instanz) zurückgewiesen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beschwerdeführerinnen zu I. 2. - 5. ist gemäß §§ 27, 29 FGG, § 45 WEG zulässig , in der Sache jedoch überwiegend nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG), weist der angefochtene Beschluss nur hinsichtlich TOP 10 der Eigentümerversammlung vom 13.6.2000 auf.

TOP 3a (Jahresabrechnung 1999)

Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die von der Bn GmbH erstellte Jahresabrechnung für das Wirtschaftsjahr 1999 gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstößt. Das gilt sowohl hinsichtlich der Jahresgesamtabrechnung als auch hinsichtlich der Einzelabrechnungen. Die Abrechnungen weisen einzelne schwerwiegende Fehler auf, die sich auf das Gesamtergebnis auswirken (vgl. Bärmann/Pick/Merle, 9. Aufl., WEG, § 28 Rdnr. 115). Dabei liegt es im Ermessen der Tatsacheninstanzen, ob sie bei festgestellten Fehlern der Jahresabrechnung die Billigung der Jahresabrechnung insgesamt für ungültig erklären oder nur eine abgrenzbare Teilungültigkeitserklärung aussprechen (vgl. KG WuM 2001, 356 = ZWE 2001, 334; zitiert nach juris).

Verfahrensfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass die Anfangs- und Endbestände in der Jahres(gesamt)abrechnung sowie die in einigen Einzelabrechnungen eingestellten Zahlungen und Guthaben unrichtig sind und Zahlungen für Arbeiten am Sondereigentum als Kosten für das Gemeinschaftseigentum eingestellt worden sind.

TOP 4 (Abtretung und Verrechnung von Guthaben mit Wohngeldforderungen)

TOP 4a (Auszahlung von Guthaben aus 1998 und 1999, Verrechnung aus 1999 mit Wohngeld 2000 und Sonderumlage)

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die Beschlüsse für ungültig erklärt, weil sie schon wegen ihrer Bezugnahme auf die Jahresabrechnung 1999 nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.

Das gilt aber auch für die beschlossenen Abtretungsbefugnisse der Wohnungseigentümer und Auszahlungsansprüche hinsichtlich ihrer Abrechnungsguthaben aus 1998, weil diese wie die Aufrechnungsbefugnisse die Bestandskraft der Guthaben voraussetzen (vgl. KG Beschluss vom 25.2.2004 - 24 W 285/01 - 1. Leitsatz). Der Beschluss der Gemeinschaft vom 11.1.1999 über die Jahresabrechnung 1998 war jedoch durch Beschluss des Landgerichts vom 6.6.2000 - 85 T 308/99 - WEG für ungültig erklärt worden.

TOP 10 (Neuwahl des Verwaltungsbeirats)

Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht angenommen, dieser Beschluss entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. In der Wohnungseigentümergemeinschaft widerspricht eine Beiratswahl nur dann Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn schwerwiegende Umstände gegen die Person des Gewählten sprechen. Bei Zwistigkeiten in der Gemeinschaft reicht es regelmäßig nicht aus, wenn bei der überstimmten Minderheit das Vertrauen in die persönliche Eignung des Kandidaten fehlt, wie auch die Verfolgung eigener Interessen oder die einer Mehrheitsgruppe nicht schon ausreicht, um die Qualifikation als Beiratsmitglieds zu beseitigen (KG Beschluss vom 28.1.2004 - 24 W 3/02). Solche schwerwiegenden Umstände sind auch in diesem Fall aus dem Akteninhalt nicht abzuleiten. Weder die angebliche Verwahrlosung der Wohnungen der Beteiligten zu I. 4. und III. 6. noch das Alter der Beteiligten zu III. 4 sowie ihre Nichtbeteiligung an Eigentümerversammlungen lassen darauf schließen, dass die Gewählten nicht bereit und in der Lage sind, sich um die Verwaltungsangelegenheiten zu kümmern.

Es bestehen auch keine Bedenken, dass die Mitglieder des Verwaltungsbeirats en bloc gewählt worden sind. Auf der Eigentümerversammlung hat nicht ein einziger Wohnungseigentümer verlangt, die Bestellung zum Beiratsmitglied einzeln vorzunehmen (vgl. Armbrüster, ZWE 2001, 355, 358; Niederführ/Schulz, 6. Aufl., WEG, § 29 Rdnr. 2b; siehe auch LG Schweinfurt, WuM 1997, 641 mit abl. Anm. Drasdo; Staudinger/Bub, 12. Aufl., 1997, WEG, § 29 Rdnr. 30; vgl. auch BGH NJW 2003, 3412; a.A. Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 29 Rdnr. 19; Deckert/Drasdo, Die Eigentumswohnung, Gruppe 4, Rdnrn. 5025 ff.). Vielmehr ging es in TOP 10 a) alternativ um eine weitere Blockwahl mit dem Antragsteller an Stelle der Beteiligten zu III. 4.

Der Hilfsantrag auf eine für die Zukunft wirkende Abberufung war schon deshalb nicht zulässig, weil die angefochtene Wahl des Verwaltungsbeirats inzwischen durch die Neuwahlen vom 30.11.2000 und 16.7.2001 überholt ist.

TOP 10b (Vergütung des Verwaltungsbeirats)

Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Gewährung einer jährlichen Vergütung von 1.000,00 DM für die Vorsitzende des Beirats ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, ausnahmsweise von dem Grundsatz abzuweichen, dass alle Mitglieder des Verwaltungsbeirats unentgeltlich tätig werden und lediglich Ersatz für pauschalierte oder nachgewiesene Aufwendungen beanspruchen können. Insbesondere rechtfertigt die in der Begründung des Beschlusses angeführte äußerst schwierige und zerstrittene Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ein solches Honorar, das zudem in der Größenordnung der Verwaltervergütung liegt. Denn die schlechte Liquiditätslage der Eigentümergemeinschaft erlaubt nicht das Eingehen weiterer Verbindlichkeiten, die nicht notwendig sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Die Beteiligten haben nach § 47 S. 1 WEG die Gerichtskosten entsprechend ihrem Obsiegen und Unterliegen zu tragen. Es bestand kein Anlass, von dem Grundsatz, wonach außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind, nach § 47 S. 2 WEG abzuweichen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts richtet sich nach § 48 Abs. 3 WEG.



Ende der Entscheidung

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