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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 10.01.2005
Aktenzeichen: 24 W 283/03
Rechtsgebiete: WEG, BGB
Vorschriften:
WEG § 16 III | |
WEG § 22 I | |
WEG § 27 I | |
BGB § 276 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 24 W 283/03
In der Wohnungseigentumssache
betreffend die Wnnnnnnnnnnnnn Mnnnnnn Ann nnnn , 1nn Bnnn
hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 16. Mai 2003 - 85 T 404/02 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister und die Richterinnen am Kammergericht Hinrichs und Kingreen am 10. Januar 2005 beschlossen:
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten dritter Instanz hat die Antragsgegnerin zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten dritter Instanz wird nicht angeordnet.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 4.694,97 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller haben von der Antragsgegnerin Wohngeld verlangt. Die Antragsgegnerin nimmt die Antragsteller auf Ersatz der Kosten für den Einbau neuer Fenster in die Wohnung Nr. n in Anspruch.
Mit Schreiben vom 15.1.2001 teilten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin der ehe-maligen Verwalterin mit, dass eine Reparatur der in der Wohnung Nr. n gelegenen Fenster nicht möglich sei und ein vollständiger Ersatz nötig sei und forderten, bis zum 19.1.2001 einen Auftrag zur Reparatur zu erteilen. Diese Verwalterin lehnte das nach Rücksprache mit dem Verwaltungsbeirat durch Schreiben vom 22.1.2001 unter Hinweis auf einen entgegenstehenden Eigentümerbeschluss ab. Daraufhin baten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 2.2.2001 darum diesen Beschluss zur Verfügung zu stellen, verwiesen auf das Erscheinungsbild des Gebäudes mit unterschiedlichen Fenstertypen bei einem Auswechseln durch jeden einzelnen Sondereigentümer und baten um Mitteilung der Material- und Farbanforderungen der Fenster für die Ersatzvornahme. Die ehemalige Verwalterin verwies mit Schreiben vom 15.2.2001 nach erneuter Rücksprache mit dem Verwaltungsbeirat auf den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 22.5.1989, nach dem jeder Eigentümer für den Außenanstrich der Fenster selber sorgen muss, und gab die Farbe der Fenster an. Am 27.2.2001 erteilten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin einen Auftrag zum Einbau von Thyssen-Kunststoffelementfenstern und informierten die damalige Verwalterin darüber unter Hinweis darauf, dass der Eigentümerbeschluss sich nicht auf die Erneuerung von Fenstern beziehe. Die Antragsgegnerin zahlte auf die Rechnung des Siegfried Wachs vom 5.4.2001 9.182,56 DM (= 4.694,97 Euro).
Das Amtsgericht hat durch Teilbeschluss auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 7.6.2002 - 72 II 42/02 WEG - die Antragsgegnerin rechtkräftig verpflichtet, an die Antragsteller zu Händen der Verwalterin 1.240,45 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Durch Schlussbeschluss vom 26.8.2002 - 72 II 42/02 WEG - hat es die Antragsgegnerin weiter verpflichtet, an die Antragstellerin zu Händen der Verwalterin 910,10 Euro nebst Zinsen zu zahlen und den Gegenantrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und die sofortige Vollstreckbarkeit der Ziffer 1 des amtsgerichtlichen (Schluss-) Beschlusses im Wege der einstweiligen Anordnung angeordnet.
Die Antragsgegnerin rügt:
Ihr stehe ein Schadensersatzanspruch aus § 326 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem wohnungserbbaurechtlichen Gemeinschaftsverhältnis zu. Die Gemeinschaft müsse sich die Erklärungen der früheren Verwalterin zurechnen lassen. Diese habe die Erfüllungsverweigerung ernsthaft erklärt. Sie habe in adäquater Weise den Schaden behoben. Die Antragsteller hätten einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darzulegen und zu beweisen. Außerdem stehe ihr ein Erstattungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer Notgeschäftsführung ohne Auftrag zu. Ihr sei es nicht zuzumuten gewesen, mit der Instandsetzung bis zu einer eventuellen Beschlussfassung der Gemeinschaft und einem anschließenden Verfahren abzuwarten, weil der Zustand eine Vermietung ausgeschlossen hätte. Ein rund einjähriger Mietausfall hätte die Gesamtkosten der Erneuerung ausgemacht. Der Maler habe eine Notabdichtung durch eine Folie vorgenommen, die aber nicht dauerhaft zumutbar gewesen sei. Für ihren Anspruch aus §§ 677 ff. BGB sei zu berücksichtigen, dass die Reparatur die teurere Instandhaltungsmaßnahme als der Ersatz der Fenster gewesen sei. Das Beweisrisiko gehe zulasten der Antragsteller. Nach § 16 Abs. 2 der Teilungserklärung hätte die damalige Verwalterin in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat die erforderliche Maßnahme selbst anordnen und durchführen können, ohne dass es einer Beschlussfassung bedurft hätte. Schließlich seien die Antragsteller bereichert durch Befreiung von der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht sowie durch den Wertzuwachs zwischen den alten und defekten Holzfenstern einerseits und den neuen Kunststofffenstern andererseits.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Antragsteller unter Abänderung des amtsgerichtlichen Schlussbeschlusses und des landgerichtlichen Beschlusses zu verpflichten, an sie 4.694,97 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Zustellung des Schriftsatzes vom 2.7.2002 zu zahlen,
hilfsweise,
das Verfahren an das Landgericht Berlin zur weiteren Sachaufklärung zurückzuverweisen.
Die Antragsteller beantragen,
die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsteller verteidigen den angefochtenen Beschluss und erwidern:
Die Antragsgegnerin könne keine Erstattung verlangen, weil sie die Fenster nicht ohne Zustimmung der Gemeinschaft habe austauschen dürfen. Es fehle an einer Ablehnungsandrohung. Die frühere Verwalterin sei nicht gesetzliche Vertreterin der Gemeinschaft. Deshalb gebe es keine Zurechnung von rechtsgeschäftlichen Erklärungen. Die Verwalterin habe nicht mit Schreiben vom 22.1.2001 endgültig die Erfüllung verweigert.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs. 1 Satz 1 FGG.
1.
Zutreffend hat das Landgericht eine schuldhafte Pflichtverletzung der Antragsteller hinsichtlich der Erneuerung der Fenster in der Wohnung Nr. n verneint. Ihnen ist nicht vorzuwerfen, gegen ihre Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung verstoßen zu haben, indem sie eine die Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums ermöglichende Beschlussfassung unterlassen haben (vgl. BGH NJW 1999, 2108). Anders als in dem Fall, der dem Senat zum Aktenzeichen 24 W 97/03 (Be-schluss vom 20.10.2004) zur Entscheidung vorlag, haben die Antragsteller zu keinem Zeitpunkt die Erneuerung der Fenster abgelehnt. Wie das Landgericht im Einzelnen ausgeführt hat, ist ein etwaiges Verschulden der ehemaligen Verwalterin den Antragstellern nicht zurechenbar (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 1999, 423 ff.; Bärmann/Pick/Merle, 9. Aufl., WEG § 21 Rdnr. 183; Weitnauer/ Lüke, 9. Aufl., WEG, § 21 Rdnr. 48). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 22.4.1999 (ZMR 1999, 573). Denn darin heißt es nur, dass mit Zugang von Willenserklärungen beim Verwalter diese gegenüber den Wohnungseigentümern gemäß §§ 164, Abs. 1 und 3, 130 BGB wirksam werden, nicht aber, dass auch das Verschulden des Verwalters ihnen zugerechnet wird; vielmehr stellt auch der Leitsatz auf ein eigenes Verschulden der Wohnungseigentümer ab. Ein solches liegt aber nicht vor, wenn nicht einmal die Antragsgegnerin als Betroffene eine Beschlussfassung ggf. im Umlaufverfahren begehrt hat, auf die die Antragsteller dann hätten reagieren können. Dass die ehemalige Verwalterin ihrer Pflicht gemäß § 16 II. Nr. 4 der Gemeinschaftsordnung, die für die ordnungsgemäße Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums notwendigen Maßnahmen zu treffen, schuldhaft nicht nachgekommen ist, ist ohne Bedeutung, da die Antragsgegnerin sie nicht in Anspruch nimmt.
2.
Mit Recht hat das Landgericht einen Aufwendungsersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der Notgeschäftsführung nach § 21 Abs. 2 WEG abgelehnt, weil die getroffenen Maßnahmen des vollständigen Austausches aller Fenster der Wohnung Nr. n nicht zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig gewesen sind. Verfahrensfehlerfrei hat es angenommen, dass bis zu einer etwaigen Beschlussfassung auch eine Notreparatur des Küchenfensters möglich gewesen wäre. Dass diese angeblich zur Unvermietbarkeit der Wohnung geführt hätte, ist als neuer Vortrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht zu berücksichtigen.
3.
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht keinen Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB unter dem Gesichtpunkt einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag zuerkannt. Da eine Vermutung dafür spricht, dass Wohnungseigentümer in einem Fall, der nicht von der Notgeschäftsführung gedeckt ist, selbst von ihrer Entscheidungsbefugnis Gebrauch machen wollen, entspricht die von einem einzelnen Wohnungseigentümer eigenmächtig getroffene Instandsetzungsmaßnahme, wenn sie nicht als einzige in Betracht kommt, im Zweifel nicht dem mutmaßlichen Willen der Wohnungseigentümer (vgl. BayObLG ZMR 2000, 187 f:; OLG Celle OLGR 2002, 94 f.). Diese Grundsätze hat das Landgericht zu Recht angewandt und darauf abgestellt, dass eine Reparatur der Holzfenster möglich gewesen wäre.
4.
Schließlich hat das Landgericht rechtsfehlerfrei einen Bereicherungsanspruch verneint. Soweit nach § 684 Satz 1 i.V.m. §§ 812 ff. BGB ein Anspruch auf Ersatz der durch eine nützliche Maßnahme bewirkten Wertsteigerung in Betracht kommt, kann nur Ersatz von solchen werterhaltenden Aufwendungen verlangt werden, die für den Geschäftsherrn später unausweichlich ebenfalls angefallen wären (vgl. BayObLG ZMR 2000, 187 = NZM 2000, 299). Nach den vom Landgericht verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsteller eine Sanierung durch den Einbau von Kunststofffenstern vorgenommen hätten. In Betracht kommen allenfalls die ersparten Kosten für die Reparatur eines Teils der Holzfenster, deren Höhe sich, wie das Landgericht verfahrensfehlerfrei angenommen hat, nach Beseitigung der Fenster nicht mehr feststellen lässt. Das gilt in gleicher Weise für den vom Landgericht geprüften Bereicherungsanspruch aus §§ 951 Abs. 1, 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Die sonst geltenden Grundsätze für die aufgedrängte Bereicherung (vgl. Palandt/Bassenge, BGB 64. Aufl., § 951 Rn.18 bis 21), werden durch die §§ 22 Abs.1, 16 Abs. 3 WEG überlagert. Die eigenmächtige Auswechselung der Fenster durch die Antragsgegnerin steht, da ein Mehrheitsbeschluss der Gemeinschaft nicht vorlag, einer unzulässigen baulichen Veränderung gleich, auch wenn der Anspruch auf Rückbau angesichts der Umstände ausgeschlossen sein dürfte. Sämtliche übrigen Wohnungseigentümer und - trotz fehlender Hinweise im Grundbuch - auch deren Nachfolger (vgl. BGHZ 116, 392 = NJW 1992, 978), die der baulichen Veränderung nicht zugestimmt haben, sind nach § 16 Abs. 3 WEG nicht verpflichtet, die Kosten der unzulässigen Maßnahme zu tragen. Würde die Aufrechnung durch die Antragsgegnerin hier durchgreifen, wären alle Wohnungseigentümer einer (anteiligen) erhöhten Beitragsleistung ausgesetzt, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a. a. O.) ausgeschlossen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsgegnerin als Unterlegene die Gerichtskosten zu tragen hat. Dagegen bestand kein Anlass, ausnahmsweise auch die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.
Der Geschäftswert dritter Instanz war gemäß § 48 Abs. 3 WEG auf den Wert der Schadensersatzforderung der Antragsgegnerin festzusetzen.
Ende der Entscheidung
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