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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 15.07.2002
Aktenzeichen: 24 W 54/02
Rechtsgebiete: WEG, FGG


Vorschriften:

WEG § 451
FGG § 22 II
FGG § 291
Für einen nicht anwaltlich vertretenen Beteiligten, der trotz Hinweises auf die Formvorschriften des § 29 Abs. 1 FGG weder die Unterschrift eines Rechtsanwalts einholt noch die Rechtsantragsstelle aufsucht, kommt die Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Mai 2002, V ZB 36/01).
KAMMERGERICHT Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 54/02

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnanlage

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 4. Dezember 2001 - 85 T 415/00 WEG - durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Dr. Briesemeister, die Richterin am Landgericht Hinrichs und den Richter am Kammergericht B.-D. Kuhnke am 15. Juli 2002 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts vom 4. Dezember 2001 wird als unzulässig verworfen.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht gewährt.

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen und den Antragstellern deren notwendige außergerichtliche Kosten dritter Instanz zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 1.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig.

Die Antragsgegnerin hat die sofortige weitere Beschwerde nicht form- und fristgerecht eingelegt. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb der Beschwerdefrist von 2 Wochen frist- und formgerecht durch Anwaltsschriftsatz oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen (§ 29 Abs. 1 und 2, § 22 Abs. 1 FGG i. V. m. § 45 1 WEG) (vgl. BayObLG, WE 1994, 375, 376).

Der gemäß § 45 Abs. 1 WEG erforderliche Wert der Beschwer von über 750 Euro wird erreicht. Der Wert der Beschwer beträgt 1.000 Euro. Mit der Rechtsbeschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Verpflichtung zur Herausgabe sämtlicher Verwaltungsunterlagen und zur Rechnungslegung gegenüber den Antragstellern durch Erstellung einer Schlussrechnung zum 30. September 1999.

Das Verfahren auf Erteilung einer Auskunft, auf Rechnungslegung und Einsichtgewährung in bestimmte Unterlagen wird grundsätzlich mit 1/10 bis 1/4 des Anspruchs bewertet, dessen Geltendmachung es vorbereiten soll. Für das Rechtsmittel des Verurteilten bemisst sich der Wert des Beschwerdegegenstandes und der Beschwer allein nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, die die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, nicht aber nach dem Wert des Auskunftsanspruchs (BGH GSZ NJW 1995, 664; Staudinger-Wenzel, Kommentar zum BGB, 12. Aufl., § 48 WEG Rdnr. 28). Der Senat schätzt den Aufwand an Zeit und Kosten für die Antragsgegnerin zur Erfüllung des titulierten Anspruchs auf 1.000 Euro.

Die Antragsgegnerin hat innerhalb der Zweiwochenfrist gegen den am 28. Juni 2002 zugestellten Beschluss des Landgerichts Berlin vom 4. Dezember 2001 am 11. Februar 2002 und damit fristgerecht die Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Einlegung des Rechtsmittels erfolgte aber weder durch einen Anwalt noch zu Protokoll der Geschäftsstelle, sodass die Beschwerde nicht formgerecht gemäß § 29 Abs. 1 FGG eingelegt wurde. Das Formerfordernis wurde auch nicht durch die mit Schreiben vom 15. März 2002 abgegebene Erklärung der Antragsgegnerin behoben, dass die am 11. Februar 2002 eingelegte Rechtsbeschwerde als zu Protokoll der Rechtsantragsstelle eingelegt zu werten sei. Die gesetzlichen Vorschriften sehen nicht vor, dass ein Antrag, der zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären ist, fingiert werden kann. Die in dem Beschluss des Landgerichts fehlende Rechtsmittelbelehrung berührt weder die Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung noch steht das Unterbleiben dem Beginn des Laufs der Rechtsmittelfrist nach der Entscheidung des BGH im Beschluss vom 2. Mai 2002 - V ZB 36/01 - entgegen (S. 12 des Beschlusses). Nach dieser Entscheidung wird den Interessen des unterlegenen Beteiligten dadurch Rechnung getragen, dass er im Falle einer unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung einen Wiedereinsetzungsantrag nach § 22 Abs. 2 FGG stellen kann. Stellt er diesen Antrag, ist zu seinen Gunsten in Wohnungseigentumssachen unwiderlegbar zu vermuten, dass er die Versäumung der Fristen für die sofortige weitere Beschwerde bei Fehlen der Rechtsmittelbelehrung nicht verschuldet hat. Das gleichwohl bestehende Erfordernis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Belehrungsmangel und Fristversäumnis erlaubt es, insbesondere die Fälle von einer Wiedereinsetzung auszunehmen, in denen ein Beteiligter wegen ohnehin vorhandener Kenntnis zur effizienten Verfolgung seiner Rechte nicht der Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedarf. Ferner kann nach § 22 Abs. 2 Satz 2 FGG bei anwaltlicher Vertretung eines Beteiligten dessen geringerer Schutzbedürftigkeit Rechnung getragen werden (S. 14 des Beschlusses vom 2. Mai 2002). Dagegen wird der Rechtssuchende durch die Möglichkeit der Versäumung der zweiwöchigen Antragsfrist nicht erheblich benachteiligt. Deren Lauf beginnt erst dann, wenn das Hindernis für die Fristwahrung nicht mehr besteht oder sein Weiterbestehen nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann; von diesem Zeitpunkt an ist der Beteiligte jedoch auch nicht mehr schutzbedürftig (S. 15 des Beschlusses vom 2. Mai 2002). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht zu gewähren, da deren Voraussetzungen nach den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätzen nicht vorliegen. So ist die Antragsgegnerin nach Eingang der sofortigen weiteren Beschwerde am 11. Februar 2002 mit Schreiben des Vorsitzenden des Senats vom 27. Februar 2002 darauf hingewiesen worden, dass die sofortige weitere Beschwerde nach § 29 FGG rechtswirksam nur durch einen Rechtsanwalt oder zu Protokoll der Rechtsantragsstelle eingelegt werden kann. Damit ist der Antragsgegnerin unmißverständlich mitgeteilt worden, auf welche Art und Weise form- und fristgerecht eine sofortige weitere Beschwerde einzulegen ist. Mit Zugang dieses Schreibens vom 27. Februar 2002 hatte damit die Antragsgegnerin Kenntnis der erforderlichen Formen und Fristen. Gemäß § 22 Abs. 2 FGG ist einem Beschwerdeführer nur dann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses einlegt. Mit Zugang des Schreibens vom 27. Februar 2002 war das Hindernis beseitigt. Eine formgerechte Rechtsbeschwerde ist bis zum heutigen Tage und damit nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 22 Abs. 2 FGG eingegangen. Die Versäumung der Einlegung einer frist- und formgerechten Rechtsbeschwerde ist daher verschuldet.

Es entspricht billigem Ermessen, dass die Antragsgegnerin die Gerichtskosten dritter Instanz trägt und den Antragstellern deren außergerichtliche Kosten in dritter Instanz erstattet, nachdem sie durch das Schreiben des Vorsitzenden des Senats vom 27. Februar 2002 ausdrücklich auf die Rechtslage bezüglich der Form der Rechtsbeschwerde hingewiesen worden waren (§ 47 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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