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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 14.01.2005
Aktenzeichen: 24 W 77/04
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 47
BGB § 276
BGB § 675
Leitet der Wohnungseigentumsverwalter ein gerichtliches Wohngeldverfahren gegen einen Wohnungseigentümer ein und teilt er dem Gericht im Verhandlungstermin nicht die sechs Wochen zuvor erfolgte Zahlung des Wohngelds mit und erklärt er auch nicht das Verfahren wegen des Wohngelds in der Hauptsache für erledigt, hat der Verwalter die vermeidbaren Mehrkosten des weiteren Verfahrens zu tragen.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 24 W 77/04

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnanlage Knnnnnnnn nnn , 1nnn Bnnn ,

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 10. Mai 2004 - 85 T 162/03 WEG - durch die Richterin am Kammergericht Kingreen, die Richterin am Kammergericht Steuerwald-Schlecht und die Richterin am Kammergericht Dr. Ehinger am 14.Januar 2005

beschlossen:

Tenor:

Unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und teilweiser Änderung des Beschlusses des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 7. Februar 2003 - 72 II 211/02 - werden auferlegt:

a) die Gerichtskosten erster Instanz den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern auferlegt,

b) von den außergerichtlichen Kosten erster Instanz den Antragsgegnern als Gesamtschuldner die bis zum 23. Dezember 2002 entstandenen Kosten sowie

c) die erstinstanzliche Verhandlungsgebühr nach dem Wert der Kosten zu a) und b) und

d) der Verwalterin persönlich die übrigen Kosten erster Instanz sowie die gesamten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zweiter und dritter Instanz.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 900,00 EUR festgesetzt. Für die Vorinstanzen verbleibt es bei der Festsetzung des Landgerichts.

Gründe:

I.

Antragsteller sind die Wohnungseigentümer der im Rubrum bezeichneten Wohnanlage mit Ausnahme der Antragsgegner, die unter Berufung auf strittige Gegenforderungen fällige Wohngelder für April bis November 2002 nicht zahlten und mit der Verwalterin eine Stundung der Wohngelder bis zum 30. November 2002 vereinbarten. Mit der Antragsschrift vom 28. November 2002, die den Antragsgegnern am 10. Dezember 2002 zugestellt worden ist, haben die Antragsteller beantragt, die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu verpflichten, an sie zu Händen der Verwaltung 2.358,85 EURO nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Am 20. Dezember 2002 zahlten die Antragsgegner den geforderten Hauptbetrag. Die Antragsgegner behaupten, sie hätten durch ein Fax-Schreiben vom 20. Dezember 2002 das Gericht über die Zahlung unterrichtet; das Fax-Schreiben ist zum damaligen Zeitpunkt nicht zu den Gerichtsakten gelangt. Auch die Verwalterin teilte die Zahlung dem Gericht nicht mit. Der von ihr beauftragte Verfahrensbevollmächtigte stellte in der mündlichen Verhandlung am 7. Februar 2003 den Zahlungsantrag aus der Antragsschrift. Das Amtsgericht verpflichtete die Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung und zur Tragung der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten. Auf die Erstbeschwerde der Antragsgegner erklärten die Antragsteller die Hauptsache für erledigt; die Antragsgegner schlossen sich dieser Erklärung an. Das Landgericht hat den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten erster und zweiter Instanz auferlegt, weil die Antragsgegner den Erfüllungseinwand rechtzeitig hätten vortragen müssen, was sie nicht getan hätten. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner mit dem Ziel, dass sämtliche gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten den Antragstellern aufzuerlegen seien. Das Rechtsmittel hatte nur teilweise Erfolg.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß § 20 a Abs. 2 FGG zulässig. Das Rechtsmittel ist auch teilweise gerechtfertigt, weil die Kostenentscheidung des Landgerichts nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG) ist.

Zutreffend führt das Landgericht aus, dass die Kostenentscheidung gemäß § 47 WEG und in entsprechender Anwendung des § 91 a Abs. 1 ZPO für die Kosten erster und zweiter Instanz unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu treffen ist. Bereits die Erstbeschwerde hätte aus Rechtsgründen teilweise Erfolg haben müssen.

Rechtlich einwandfrei führt das Landgericht aus, dass die Berufung der Antragsgegner auf die bis zum 30. November 2002 mit der Verwalterin vereinbarte Stundung unerheblich ist, die Antragsschrift ist den Antragsgegner am 10. Dezember 2002 zugestellt worden. Spätestens mit diesem Zeitpunkt waren die Antragsgegner im Zahlungsverzug, weshalb sie grundsätzlich die Gerichtskosten des Zahlungsverfahrens zu tragen und regelmäßig dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben. Der Zugang des Fax-Schreibens vom 20. Dezember 2002 an das Amtsgericht konnte nicht festgestellt werden; er ist erst in zweiter Instanz in das Verfahren eingeführt worden.

Aus Rechtsgründen zu beanstanden ist jedoch die Annahme des Landgerichts, es sei zunächst Sache der Antragsgegner, den Erfüllungseinwand vorzutragen, wohingegen es bei den Antragstellern nur darauf ankomme, ob sie die Zahlung rechtsmissbräuchlich verschwiegen haben. Dem Landgericht ist nur darin zu folgen, dass die Feststellungslast für die Erfüllung bei den Antragsgegnern liegt, wenn die Erfüllung streitig ist. Ansonsten hat wie im Zivilprozess auch im WEG-Verfahren jede Beteiligtenseite pflichtgemäß dafür zu sorgen, dass die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens nicht unnötig anwachsen. Insofern kommt es nicht darauf an, ob die Antragsteller bzw. die Verwalterin die Zahlung der Antragsgegner in dem Zeitraum vom 20. Dezember 2002 bis zum 7. Februar 2003 rechtsmissbräuchlich verschwiegen haben, sondern die Verwalterin hätte in den sechs Wochen den Verfahrensbevollmächtigten über die Zahlung informieren müssen. In diesem Fall wäre es jedenfalls zu einer einseitigen Hauptsachenerledigungserklärung der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht gekommen. Ob die Zeit ausgereicht hätte, eine gleichlautende Erklärung der Antragsgegner bis zum Termin einzuholen, kann nicht sicher festgestellt werden, zumal der weitere Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nur nach der überwiegenden Wahrscheinlichkeit abgeschätzt werden kann.

Es ist davon auszugehen, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller bereits vor Eintritt in die mündliche Verhandlung die Erklärung abgegeben hat, die er schließlich in zweiter Instanz abgegeben hat, nämlich dass die Hauptsache erledigt sei. Wenn wegen der Abwesenheit der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung nicht festgestellt werden kann, dass diese der Erledigungserklärung zugestimmt haben, hätte die Entscheidung des Amtsgerichts wahrscheinlich gelautet, dass die Hauptsachenerledigung festgestellt werde. Da in diesem Fall die dreifache Gerichtsgebühr entstanden wäre, sind die Gerichtskosten erster Instanz den Antragsgegner als Gesamtschuldnern wegen der verspäteten Zahlung nach Zustellung der Antragsschrift aufzuerlegen. Da bei Zahlungsverzug der Wohnungseigentümer regelmäßig die Erstattung der außergerichtlichen Kosten anzuordnen ist, haben die Antragsgegner als Gesamtschuldner auch die bis zum 7. Februar 2003 dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Ferner ist ihnen die erstinstanzliche Verhandlungsgebühr des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller nach dem Wert der bis dahin entstandenen Verfahrenskosten aufzuerlegen. Die Höhe der Verhandlungsgebühr ist dem Kostenfestsetzungsverfahren zu überlassen.

Für den weiteren Gang des Verfahrens geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegner sich mit einer zutreffend begründeten Entscheidung des Amtsgerichts abgefunden hätten, zumal sie in zweiter Instanz vorrangig den Erfüllungseinwand geltend gemacht haben. Für die nach § 47 WEG zu treffende Kostenentscheidung ist allgemein anerkannt, dass die Kosten auch dem formell beteiligten Verwalter auferlegt werden können, wenn sie durch unrichtiges und schuldhaftes Verhalten des Verwalters verursacht worden sind (WeitNauR/Mansel, WEG 9. Aufl. § 47 Rdnr. 8; Bährmann/Pick/Merle, WEG 9. Aufl. § 47 Rdnr. 5). Hierauf ist die Verwalterin mit Schreiben des Gerichts vom 5. November 2004 hingewiesen worden, woraufhin sie nichts vorgetragen hat.

Bei der Kostenentscheidung nach § 47 WEG ist gegebenenfalls ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch der Gemeinschaft gegen den Verwalter zu berücksichtigen (BGH NJW 1998, 755 = ZMR 1998, 171 = GE 1998, 361). Dadurch, dass die Verwalterin die Wohngeldzahlung am 20. Dezember 2002 nicht in dem Zeitraum bis zu dem gerichtlichen Termin am 7. Februar 2003 dem Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt hat, ist im gerichtlichen Termin eine einseitige Hauptsachenerledigungserklärung unterblieben. Daraus hat sich die nach materiellem Recht unzutreffende erneute Verurteilung der Antragsgegner durch den Beschluss des Amtsgerichts wie auch das Verfahren zweiter und dritter Instanz ergeben. Demgemäß erscheint es nach billigem Ermessen angezeigt, der Verwalterin persönlich die vermeidbaren übrigen Kosten erster Instanz sowie die gesamten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zweiter und dritter Instanz aufzuerlegen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts dritter Instanz beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Sie entspricht der Höhe nach den Kosten, die bei einseitiger Erledigungserklärung in erster Instanz entstanden wären. Für die Vorinstanzen muss es dagegen bei dem gesamten Zahlungsbetrag verbleiben, weil dieser vom Amtsgericht ausgeurteilt und mit der Erstbeschwerde angegriffen worden ist.

Ende der Entscheidung

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