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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 20.08.2004
Aktenzeichen: 25 U 1/04
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 676 | |
BGB § 278 | |
BGB § 249 | |
BGB § 254 |
Kammergericht Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 25 U 1/04
verkündet am: 20.08.2004
In dem Rechtsstreit
hat der 25. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. August 2004 durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Böhrenz, die Richterin am Kammergericht Diekmann und den Richter am Kammergericht Helmers
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 1. Dezember 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 10 des Landgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin ist 1941 geboren. Sie war Kundin der Beklagten.
In einem sog. persönlichen Beratungsbogen nahm die Beklagte im Herbst 1999 auf, dass die Klägerin ihr Vermögen in Rentenpapieren, in einem Grundwert-Fonds und einer Lebensversicherung angelegt habe. Als Anlageform wünsche sie Renten. Diesbezüglich verfüge sie über mehr als fünf Jahre Erfahrung. Sie habe erneut die Informationsbroschüre "Risiken minimieren" erhalten. Sie stelle sich als Anlagedauer ein bis fünf Jahre vor. Als Anlagementalität ist "konservativ" angekreuzt. Nach dem Beratungsbogen bedeutet "konservativ" ein strukturiertes, auf mehrere Werte diversifiziertes Depot mit Schwerpunkt in Rentenpapieren und begrenztem Aktienanteil. Risikobewusst ist als ein strukturiertes, auf mehrere Werte diversifiziertes Depot mit internationaler Ausrichtung im Aktien- und Rentenbereich, deren Gewichtung individuell festgelegt werden kann, umschrieben. Kenntnisse der Klägerin über Aktien sind auf dem Bogen nicht aufgeführt.
Am 22. Februar 2000 erschien die Klägerin bei der Beklagten, um Grundwert-Fonds-Anteile im Wert von 27.755,71 EUR zu verkaufen. Die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten rieten ihr für eine Neuanlage zum sog. DIT-Altersvorsorgefonds 55. Dieser Fonds weist einen Rentenanteil von 35%, einen Immobilienanteil von 15% und einen Aktienanteil von 50% aus. Der Fonds hält internationale Aktien auch aus dem asiatischen und amerikanischen Raum. Im Verkaufsprospekt vom 16. Oktober 2003 wurde die Investition des Fonds in Aktien als chancenorientierte Anlage gekennzeichnet. Als Ziel der Anlagepolitik war ein langfristiger Kapitalzuwachs genannt. Über das Gespräch am 22. Februar 2000 wurde erneut ein persönlicher Beratungsbogen erstellt. Dieser nimmt Bezug auf den von 1999. Es ist aufgeführt, dass eine Produktaufklärung W/AS55 erfolgt und seitens der Klägerin auf die Übergabe von "VKP, RB, AS-Fonds" verzichtet worden sei.
Die Klägerin erwarb für 27.609,76 EUR Anteile am empfohlenen Fonds. Durch Wiederanlage der Ausschüttungen hält die Klägerin derzeit 801,141 Anteile, die 20.836,68 EUR wert sind. Die Beklagte lehnte eine Rückabwicklung des Anlagegeschäfts ab.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe am 22. Februar 2000 erklärt, keine Aktien zu wollen.
Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Klageschrift vom 25. August 2003 (Bl. 1-7 d.A.) mit entsprechenden Anlagen verwiesen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 27.609,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB seit dem 16. Oktober 2003 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung von 801,141 Anteilen Fonds DIT-Altersvorsorge 55.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die Klägerin sei am 22. Februar 2000 darauf hingewiesen worden, dass der empfohlene Fonds zu 50% in Aktien investiere. Es sei ihr erläutert worden, dass es sich hierbei um ein klassisch strukturiertes Anlagemuster eines konservativen Fonds mit längerfristigem Anlagehorizont handele.
Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21. Oktober 2003 (Bl. 29 - 35 d.A.) mit entsprechenden Anlagen verwiesen.
Das Landgericht Berlin hat die Beklagte durch ein am 1. Dezember 2003 verkündete Urteil verurteilt, an die Klägerin 27.609,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Oktober 2003, Zug um Zug gegen Übertragung von 801,141 Anteile des Fonds DIT-Altersvorsorge 55. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin ein Anspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung (positive Vertragsverletzung) zustehe. Die Klägerin habe eine konservative Anlage gewünscht. Darunter verstehe man dem Sprachsinn entsprechend, dass das eingesetzte Kapital erhalten bleibe. Aus der Natur der Aktien, die ihren Wert in voller Höhe verlieren könnten, sei nicht sichergestellt, dass die eingezahlten Beträge erhalten blieben. Ferner hätten die Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin nicht darüber aufgeklärt, dass der empfohlene Fonds nicht dem gewünschten Anlagehorizont von einem bis fünf Jahren entsprochen habe. Die Pflichtverletzung sei schuldhaft und kausal für den eingetretenen Schaden. Die Klägerin könne verlangen so gestellt zu werden, wie sie gestanden hätte, wenn die Beklagte sie zutreffend beraten hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil (Bl. 44 - 53, AH 1 - 10 d.A.) verwiesen.
Dieses Urteil ist der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 4. Dezember 2003 zugestellt worden. Die Beklagte hat mit am 2. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten Berufung bei dem Kammergericht eingelegt. Diese hat sie mit am 16. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten begründet.
Die Beklagte erachtet die landgerichtliche Entscheidung für unzutreffend. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Berufungsbegründungsschriftsatz vom 13. Januar 2004 (Bl. 66 - 74 d.A.) sowie die Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten vom 20. Januar 2004 (Bl. 80/81 d.A.), 10. Juni 2004 (Bl. 97 - 101 d.A.) und 26. Juli 2004 (Bl. 105/106 d.A.) mit entsprechenden Anlagen und auf die Erklärung ihrer Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 20. August 2004 (Bl. 107 d.A.) verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom Dezember 2003 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertieft ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen und erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Berufungserwiderungsschriftsatz vom 13. Mai 2004 (Bl. 92 - 96 d.A.) und den Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12. Juli 2004 (Bl. 103/104 d.A.) verwiesen.
II.
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 517, 519, 520, 524 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 ZPO), mithin zulässig. Sie hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch begründet ist.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 27.609,76 EUR Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile des DIT-Altersvorsorge-Fonds 55 entsprechend der Grundsätze des (vormals maßgebenden) Rechtsinstituts der positiven Vertragsverletzung in Verbindung mit einem zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsvertrag) zu.
1. Der Beratungsvertrag ist am 22. Februar 2000 formlos durch konkludentes Verhalten, nämlich durch das zwischen der Mitarbeiterin der Bank, Frau Snnn , über die Neuanlage des Geldes zustandegekommen (vgl. BGH MDR 1979, 748 f.; BGHZ 100, 117 ff.; WM 2000, 1441; KG, 7. Zivilsenat, KGR 2000, 191). Es kann dahinstehen, ob die Klägerin die Beklagte an jenem Tag bereits mit dem Ziel einer Neuanlage aufgesucht hatte. Die Mitarbeiterin der Beklagten musste jedenfalls, als die Klägerin Interesse an einer Neuanlage zeigte, davon ausgehen, dass sie Aufklärung und Unterrichtung über die angebotene Vermögensanlage erwartete und dass sie diese Informationen zur Grundlage ihrer Entschlüsse machen wollte (BGHZ 100, 117; OLG Celle, OLGR 1994, 22; OLG Karlsruhe, OLGR 1999, 89). Diese Umstände sind ausreichend, um einen Beratungsvertrag anzunehmen.
2. Die Beklagte hat durch ihre Mitarbeiter, für die sie gemäß § 278 BGB einstandspflichtig ist, die ihr aus dem Beratungsvertrag obliegenden Verpflichtungen schuldhaft verletzt.
Die als Anlageberaterin auftretende Bank trifft die Pflicht zu einer umfassenden, wahrheitsgemäßen, sorgfältigen Information über alle Tatsachen und Umstände, die für die jeweilige Anlageentscheidung des Kunden Bedeutung haben oder haben können (BGHZ 74, 103). Der Umfang einer Aufklärungspflicht wird im Einzelfall durch die persönlichen Verhältnisse des Kunden mitbestimmt. Erfolgt die Beratung über die Anlage eines bestimmten Geldbetrages, sind der Wissenstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art sowie dessen Risikobereitschaft sowie das vorgegebene Anlageziel und die speziellen Risiken dieses Anlageobjektes von Bedeutung.
Je unerfahrener der Kunde ist, desto intensiver und deutlicher müssen Beratung und Aufklärung ausfallen. Dazu gehört es, dass der Berater den Wissensstand des Kunden erfragt, soweit dieser ihm nicht aus einer längeren Geschäftsbeziehung bekannt ist (BGH MDR 1993, 861).
Die Anlage muss unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Kunden anlagegerecht sein (BGH MDR 1993, 861; WM 2000, 1441). Die Beratung muss ebenso wie die empfohlene Anlage auf die Verhältnisse des konkreten Anlageinteressenten zugeschnitten sein. Einem Kunden, der eine sichere Anlage zur Alterssicherung wünscht, darf keine spekulative Anlage verkauft werden (BGH WM 2000, 1441, 1443).
Bei der Aufklärung ist zwischen den allgemeinen Risiken (etwa Konjunkturlage und Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjektes ergeben (etwa Kurs- und Währungsrisiko) (OLG Saarbrücken OLGR 2003, 136). Stellt der Anlageberater die vorgeschlagene Anlage als sicher hin, muss er über gesicherte Informationsgrundlagen verfügen oder zumindest offen legen, dass dies nicht der Fall ist (OLG Düsseldorf OLGR 1997, 159 ff.). Hat eine Bank das Anlageobjekt in ein von ihr zusammengestelltes Anlageprogramm aufgenommen, darf der Kunde darauf vertrauen, dass die ihn beratende Bank die in ihr Anlageprogramm aufgenommenen Papiere umfassend geprüft und für gut befunden hat. Es muss eine Plausibilitätsprüfung vorgenommen worden sein (BGHZ 100, 117; s.a. BGH MDR 1998,111).
Grundsätzlich hat der Anleger die Verletzung einer Aufklärungs- und Hinweispflicht darzulegen und zu beweisen. Verlangt er Schadensersatz wegen unzureichender Aufklärung, muss er darlegen und beweisen, dass entsprechende vertragliche oder vorvertragliche Verhaltenspflichten vorhanden waren und dass diese verletzt wurden. Beweisschwierigkeiten des Anlegers, die sich aus der Führung eines Negativbeweises bei behaupteter Nichtaufklärung ergeben, werden dadurch überwunden, dass der Berater die Behauptung des Anlegers substantiiert bestreiten muss (OLG Stuttgart, OLGR 2001, 234; siehe zur sekundären Darlegungslast: OLG Düsseldorf WM 1996, 1082).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich bereits aus den dem Anleger übergebenen Aufklärungsunterlagen ein Sachverhalt dartut, der die Vermutung einer insgesamt unvollständigen Aufklärung begründet; in diesem Fall ist dem Berater die Beweislast dafür aufzuerlegen, dass ausführliche Risikoinformationen mündlich erteilt worden sind (OLG Schleswig, OLGR 1997, 17; OLG Saarbrücken, OLGR 2003, 136, 138).
Schon nach dem unstreitigen Sachverhalt ist von einer Pflichtverletzung der Beklagten auszugehen, da die empfohlene Anlage der Risikobereitschaft der Klägerin nicht entsprach. Es kann dahinstehen, ob bei dem Gespräch am 22. Februar 2000 eine Verständigung des Anlagezieles "kein Substanzverlust, keine langfristige Geldanlage" erfolgt ist. Zwischen den Parteien ist jedenfalls unstreitig, dass am 11. Oktober 1999 über die Anlagestrategie und -mentalität gesprochen wurde. Ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Beratungsbogens wurde die Anlagementalität der Klägerin als "konservativ" bezeichnet. Als Anlagedauer waren 1 bis 5 Jahre angegeben. Bei der gewünschten Anlageform war angekreuzt: "DM-Renten".
Die Empfehlung des DIT-Altersvorsorgefonds 55 entsprach weder der vorstehend beschriebenen Anlagementalität noch der -strategie. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, nur eine Anlage in Rentenpapiere anzuraten. Die Risikobereitschaft der Klägerin war jedenfalls als "konservativ" eingeschätzt worden. Der empfohlene Fonds entspricht nach Auffassung des Senats nicht den an eine konservative Anlageform zu stellenden Voraussetzungen. Es ist insoweit auf die Definition im Beratungsbogen abzustellen. Als konservativ wird dort eine Anlage beschrieben, bei der der Schwerpunkt auf DM-Renten (bzw. Euro) liegt und ein begrenzter Aktienanteil vorhanden ist. Erforderlich ist danach, dass im Depot ein weit über 50% liegender Anteil von Rentenpapieren vorhanden sein muss. Das ist nicht der Fall, wenn - wie bei dem empfohlenen Fonds - die Hälfte der Anlage aus Aktienanteilen besteht. Soweit die Beklagte anführt, dass der Fonds durch Vormundschaftsgerichte wie vergleichbare Anlagen als mündelsicher anzusehen sei, steht dies der hier getroffenen Wertung nicht entgegen, da die Gerichte nur den Einzelfall entsprechend der dort vorliegenden persönlichen Verhältnisse zu prüfen haben.
Hier ist weiter zu berücksichtigen, dass bei der Empfehlung des Fonds nicht beachtet wurde, dass die Klägerin nur eine Anlage von 1-5 Jahren tätigen wollte. Der Altersvorsorge-Fonds sieht aber gerade die Langfristigkeit vor. Das entspricht im Übrigen auch der Zielgruppe eines ungefähr fünfundfünfzig Jahre alten Anlegers, der während der Dauer einer Berufstätigkeit noch mehrere Jahre Kapital schaffen kann. Zu dieser Gruppe gehört die Klägerin angesichts ihres Alters nicht.
Nach Auffassung des Senats kann dahinstehen, ob die Beklagte die Klägerin insbesondere über das Aktienrisiko hinreichend aufgeklärt hat, so dass auch eine entsprechende Beweisaufnahme nicht erforderlich ist. Als maßgeblich erweist sich, dass kein Anhalt dafür besteht, dass sich die zuvor beschriebene Anlagementalität und die Anlagewünsche der Klägerin seit Oktober 1999 geändert hatte. Vielmehr ist nach den entsprechenden Erklärungen der Prozessbevollmächtigten der Parteien vor dem erkennenden Senat in der mündlichen Verhandlung vom 20. August 2004 davon auszugehen, dass im Beratungsbogen vom 22. Februar 2000 die bereits dargestellte von der Klägerin gewünschte Anlageform erneut vermerkt worden ist. Eine hinreichende Beratung hätte dann aber beinhaltet, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass die empfohlene Anlage nicht der zuvor beschriebenen Anlagementalität entsprach. Nach Ansicht des Senats hätte die Klägerin bei der hier empfohlenen Anlage als "risikobewusst" eingeschätzt werden müssen. Angesichts der Struktur des Fonds ist die von der Beklagten verwandte Kennzeichnung als "ein auf mehrere Werte diversifiziertes Depots mit internationaler Ausrichtung im Aktien- und Rentenbereich, deren Gewichtung individuell festgelegt werden kann", erfüllt. Dass eine entsprechende Verständigung zwischen den Parteien erfolgt ist, ist nicht ersichtlich. Sollten die Mitarbeiter der Beklagten allerdings davon ausgegangen sein, dass es sich bei dem hier maßgeblichen Fonds um eine Anlage handelt, die der Risikomentalität der Klägerin entspricht, läge die Pflichtverletzung in der auf der Grundlage dieser - nach Auffassung des Senats nicht zutreffenden - Bewertung des Fonds vorgenommenen Beratung.
3. Die Pflichtverletzung der Beklagten war kausal für den Schaden der Klägerin. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass die in einem wesentlichen Punkt unvollständige Auskunft ursächlich für die Anlageentscheidung des geschädigten Anlegers ist (BGH WM 2000, 426 (429); WM 1998, 1673, 1674). Es wird also vermutet, dass der Kunde die Anlageentscheidung bei ordnungsgemäßer Belehrung und Aufklärung nicht getroffen hätte (s. zur beim Anlageberater liegenden Darlegungs- und Beweislast: BGH WM 2000, 405; s.a. SchlHOLG MDR1997, 130). Unerheblich ist, ob sich gerade das Risiko verwirklicht hat, über welches der Kunde nicht aufgeklärt worden ist (BGH MDR 1991, 140; OLG Karlsruhe OLGR 2000, 17). Hinreichende Anhaltspunkte, die gegen die vorgenannte Vermutung sprechen könnten, sind nicht dargetan worden.
4. Die Klägerin kann den Schadensersatz auch in geltend gemachter Höhe verlangen.
Der geschädigte Kapitalanleger kann verlangen, im Wege des Schadensersatzes gemäß § 249 BGB so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn er sich an dem Anlagemodell nicht beteiligt hätte. Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen gehört das eingesetzte Kapital. Es kann die Einlage Zug um Zug gegen Rückübertragung der Fondsanteile verlangt werden (OLG Saarbrücken, a.a.O.; OLG Düsseldorf WM 1996, 1088; vgl. auch OLG Düsseldorf WM 2003, 1263). Diesen Schaden hat die Klägerin hier geltend gemacht. Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruches ist auch nicht im Hinblick darauf ausgeschlossen, dass der Wert des Fonds ggfls. Steigen wird. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er zwischenzeitlich den ursprünglichen Wert erreicht hat. Ist dies nicht der Fall, kann sich die Klägerin auf den Grundsatz der Naturalrestitution berufen.
5. Die Geltendmachung ist auch nicht gemäß § 254 BGB ausgeschlossen. Im Rahmen des § 254 BGB könnte allenfalls eine Schadensminderung eintreten, wenn davon auszugehen wäre, dass die Klägerin durch die Nichtgeltendmachung ihrer Ansprüche dazu beigetragen hätte, dass die Papiere nicht werthaltig sind (vgl. OLG Düsseldorf WM 1996, 1089; s.a. BGH WM 2002, 1502). Anhaltspunkte dafür liegen nicht vor (s. im Übrigen zur Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge: BGH WM 2001, 1716).
6. Hinsichtlich der Zinsentscheidung schließt sich der Senat den Ausführungen des Landgerichts an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat angesichts des hier vorliegenden Einzelfalles zur Beratung und Anlageform keine grundsätzliche Bedeutung, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Desweiteren erfordert sie keine Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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