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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 30.06.2006
Aktenzeichen: 25 U 42/05
Rechtsgebiete: BauGB, BGB


Vorschriften:

BauGB §§ 28 ff.
BGB § 459 a.F.
BGB § 462 a.F.
BGB § 275 a.F.
BGB §§ 323 ff. a.F.
Zu den Auswirkungen einer Änderung der Trassenführung einer Bundesstraße auf die Leistungspflichten in einem Grundstückskaufvertrag (hier: Fälligkeit des Kaufpreisanspruches, fehlendes Rücktrittsrecht, eine Loslösung des Vertrages nach den vormals maßgeblichen Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage).
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 25 U 42/05

verkündet am : 30.06.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 25. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juni 2006 durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Böhrenz, die Richterin am Kammergericht Diekmann und den Richter am Kammergericht Helmers

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. Juli 2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 153.387,56 EUR nebst 10% Zinsen p.a. seit dem 22. April 2005 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe der von der nnnnnnnn ausgereichten Bürgschaft vom nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn .

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. 2. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Am 5. November 1992 schlossen Herr nnnnnnnnnnn und die damals als Treuhandanstalt firmierende Beklagte einen Flurstückskaufvertrag (- UR-Nr. nnnn des Notars nnnnnnnnnnnnnn -) über einen im Außenbereich in der Gemarkung von nnnnnnn gelegenen Grundbesitz. Herr nnnnn war geschäftsführender Gesellschafter der nn GmbH & Co. KG.

Der Grundbesitz war damals durch mit Beton- und Bitumenbelag befestigte Waldwege an die Bundesstraße n angeschlossen. Eine weitere - öffentliche - Zuwegung zum Grundbesitz erfolgt über die nnnnn , die von der Stadtverwaltung nnnnnn unterhalten wird.

In § 2 des Vertrages hieß es:

"Verkauf

1. Der in § 1 genannte Grundbesitz wird durch den Verkäufer an den Käufer zu Alleineigentum verkauft. Der Verkauf erfolgt mit den Gebäuden und den mit den Grundstücken fest verbundenen Anlagen und mit dem gesetzlichen Zubehör.

Durch den Verkauf sollen die Errichtung und der Betrieb eines Schulungszentrums nebst Wohnhaus ermöglicht werden."

§ 7 Nr. 1 lautete:

"Rückfallklausel:

Hat der Käufer die auf dem erworbenen Grundstück geplante und in § 2 genannte Investition gemäß Vorhabenplan (Schulungszentrum nebst Wohnhaus) nicht bis 30. Juni 1994 begonnen und Investitions- und weitere Verpflichtungen gemäß § 7 bzw. gem. § 8 nicht vereinbarungsgemäß eingehalten, ist der Verkäufer zum Rückkauf berechtigt. Entsprechendes gilt bei Verwendung des Grundstücks für Zwecke, die dem vereinbarten Zweck entgegenstehen..."

Nach § 8 Nr. 1 a des Vertrages verpflichtete sich der Käufer, insgesamt 1,2 Mio DM zu investieren.

In § 8 Nr. 1 b hieß es:

"Käufer verpflichtet sich, mit dem Investitionsvorhaben bis zum Ende des ersten Jahres nach wirksamer Baugenehmigung sechs Vollzeitarbeitsplätze und im darauffolgenden Jahr weitere sechs Vollzeitarbeitsplätze zu schaffen, zu sichern und zu besetzen und für den Zeitraum von fünf Jahren ab Vertragsschluss beizubehalten..."

In § 9 wurde folgendes aufgenommen:

"Der Kaufgegenstand ist nur zugänglich über Waldwege (siehe Anlage 1 Bl. 2). Die Vertragsbeteiligten legen Schreiben vom Amt für Forstwirtschaft nnnnn vom 6.8.1992 (Anlage 3) vor, nachdem (...) der Gewährung eines Wegerechtes keine Hindernisse entgegenstehen.

Verkäufer erklärt heute vollmachtlos namens des Eigentümers der Flurstücke ... die Bewilligung der Eintragung eines unbefristeten Geh-, Fahr- und Leitungsrechts in mindestens drei Meter Breite für den jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundstücks gemäß § 1 entsprechend der in der Anlage 1 Blatt 2 skizzierten Form..."

Nach der Anlage 1 Blatt 2 des Kaufvertrages führte das Wegerecht vom Kaufgrundstück zur nnnnnnnn . Die nnnnn war in der Anlage 1 Blatt 1 als Querstraße zur Straße nach nnnnnn eingezeichnet.

§ 4 Nr. 1 des Vertrages lautete:

"1. Der Kaufpreis von insgesamt 300.000,-- DM (...) wird durch den Käufer direkt an den Verkäufer binnen zwei Wochen nach Mitteilung des Notars über den Eintritt der nachfolgend aufgeführten Bedingungen entrichtet:

a) Eintragung einer Eigentumsverschaffungsvormerkung für den Käufer im Grundbuch und Vorliegen aller Genehmigungen und der Verzichtserklärung gem. §§ 28 ff. BauGB für den Vertrag, ausgenommen ist die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung.

b) Sicherstellung des lastenfreien Erwerbs, soweit Rechte vom Käufer nicht zu übernehmen und ausdrücklich im Vertrag genannt sind;

c) Sicherstellung der Eintragung des in § 9 genannten und einzutragenden Geh-, Fahr- und Leitungsrechts. Der Verkäufer sichert bereits jetzt die Bedingung gemäß 1.b) zu."

In § 4 Nr. 6 war aufgenommen worden:

"Käufer hat Bankbürgschaft gegenüber Verkäufer geleistet. Verkäufer wird bei Zahlung des Kaufpreises die Bürgschaftsurkunde zurückgeben."

In § 11 des Kaufvertrages ist zu vermögensrechtlichen Ansprüchen folgendes geregelt:

"1. Den Vertragsparteien ist bekannt, daß Ansprüche auf Rückübereignung und Entschädigungsansprüche früherer Eigentümer nicht mit völliger Sicherheit ausgeschlossen werden können. Die Parteien gehen jedoch davon aus, daß eine derartige Rückübertragung nicht erfolgt.

Soweit Anträge nach § 30 VermG gestellt worden sind, werden die Parteien vereinbaren, daß dieser Vertrag sodann unter der aufschiebenden Bedingung steht, daß

1. die Stelle für Investitionsvorrangentscheidungen der Treuhandanstalt einen stattgebenden Investitionsvorrangbescheid erlässt oder

2. die Präsidentin der Treuhandanstalt - Stelle für Grundstücksverkehrsgenehmigungen - die Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung (GVO) erteilt und die jeweilige Stelle dem Notar den Eintritt der Bedingungen schriftlich mitteilt ..."

Zum Rücktritt hieß es in § 12:

"Dem Käufer steht ein Rücktrittsrecht in folgenden Fällen zu:

a) wenn das in § 9 vereinbarte Wegerecht nicht bis zum 30.06.1994 grundbuchlich eingetragen werden kann;

b) wenn die vorgesehene Bebauung gem. Vorhabenplan (Schulungszentrum nebst Wohnhaus) nicht genehmigt wird und bis zum 30. Juni 1994 eine vollziehbare Baugenehmigung nicht erreicht werden kann, es sei denn, daß dies aus Gründen erfolgt, die Käufer selbst gesetzt hat.

c) Der Rücktritt muss schriftlich durch Einschreiben oder Fax (mit Nachfolgendem Schreiben) bis 10. Juli 1994 gegenüber dem amtierenden Notar erklärt werden. Käufer sichert lastenfreie Rückgabe zu."

In der Folgezeit wurden für den Grundbesitz zunächst weder eine Genehmigung nach der GVO noch ein Investitionsvorrangbescheid erteilt. Der Verlauf der Bundesstraße 96 wurde geändert im Rahmen des Projekts "Ortsumgehung nnnnnn /Verlegung B n ". Der als Zuwegung zum Kaufgrundstück vorgesehene Waldweg wurde dadurch zur Sackgasse.

Auf eine Bauvoranfrage vom 21. Dezember 1992 und durch einen Bauvorbescheid vom 13. April 1992 wurde die Zulässigkeit des Bauvorhabens verneint, da es sich nicht um ein im Außenbereich privilegiertes Vorhaben handele. Der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 5. Mai 1993 wurde mit Bescheid vom 24. Mai 1995 zurückgewiesen. Die am 21. Juni 1995 erhobene Verpflichtungsklage wurde am 18. April 1996 wegen voraussichtlicher Erfolglosigkeit zurückgenommen.

Am 4. Juli 1994 wurde für Herrn nnnnnnnnnnn eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen.

Herr nnnnnnnnnnn verstarb am nnnnnnn und wurde von der Klägerin allein beerbt.

Mit Schreiben vom 8. April 1998 erklärte die nn nnnnn KG gegenüber der BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) den Rücktritt vom Kaufvertrag insbesondere wegen der noch nicht erteilten GVO-Genehmigung.

Die Genehmigung nach der GVO wurde am 1. Juli 1998 erteilt.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 1998 unterrichtete die BVVG die nnnnnn KG davon, dass das vertraglich vorgesehene Wegerecht für die Nutzung der Waldwege nach angestellten Recherchen angeblich nicht erforderlich sei, da das vertragsgegenständliche Grundstück über eine offizielle Zuwegung, die nn straße, verfüge. Hinsichtlich der Arbeitsplatz- und Investitionsgarantie bot die BVVG eine Vertragsanpassung an. Dem Rücktritt widersprach sie mit Blick auf die Befristung in § 12 des Kaufvertrages.

Die nnnnnn KG hielt mit Schreiben vom 23. Februar 1999 an ihrem Aufhebungsantrag fest, weil die nn straße nicht ausreichend befestigt sei.

Mit Schreiben vom 12. September 2003 meldete sich die BVVG direkt gegenüber der Klägerin und bat um Entbindung von der Verpflichtung zur Schaffung eines Wegerechts nach § 9 des Kaufvertrages, da die nn straße ausreichend sei.

Das Bauordnungs- und Planungsamt teilte unter dem 28. Januar 2004 der nnnnnnnn GmbH mit, dass sich an der planungsrechtlichen Beurteilung des seinerzeit beantragten Bauvorhabens nichts geändert habe.

Mit Anwaltsschreiben vom 24. Februar 2004 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber der BVVG u.a. mangels der erforderlichen Zuwegung. Mit Anwaltsschreiben vom selben Tage unterrichtete die Klägerin auch den Urkundsnotar vom Rücktritt. Der Urkundsnotar teilte am 26. Februar 2004 der Klägerin mit, dass "mangels verkäuferseitiger Erfüllung der Verpflichtungen gem. § 9 die in § 4 Abs. 1 lit. c) der UR nnnn genannten Bedingungen für die Zahlung des Kaufpreises nicht eingetreten sind.

Mit Schreiben vom 22. März 2004 machte die BVVG gegenüber der Klägerin einen Anspruch auf Vertragsanpassung dahingehend geltend, dass sie - die BVVG - von der Verpflichtung zur Schaffung eines Wegerechts befreit werde. Diesem Begehren widersprach die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 29. März 2004 und übersandte eine Löschungsbewilligung hinsichtlich der Vormerkung.

Die Klägerin hat behauptet, die nn straße sei nicht ausreichend befestigt, da sie über eine Länge von ca. 100 m über eine Fläche mit erhöhtem Grundwasserbestand mit der Folge führe, dass bei Regenfällen, Schneefall und Tauwetter dieser Abschnitt für Pkw unpassierbar sei. Das Grundstück sei daher nicht wie vorgesehen nutzbar. Bei Vertragsschluss hätten die Parteien die nn straße zwar gekannt, aber wegen ihres Zustandes bewusst nicht ausreichend für die Grundstückserschließung erachtet.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass ein Rücktrittsrecht schon daraus folge, dass eine vollziehbare Genehmigung für das Bauvorhaben nicht bis zum 30. Juni 1994 habe erreicht werden können. Die in § 12 des Kaufvertrages vereinbarte Frist habe mangels GVO-Genehmigung zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 8. April 1998 noch nicht zu laufen begonnen. Der Beklagten sei auch ihre Hauptleistung, nämlich die Verschaffung einer ausreichenden Zuwegung durch Änderung der Trassenführung der Bundesstraße n unmöglich geworden. Der Vertrag sei dahin auszulegen, dass die Befristung des Rücktrittsrechts erst nach Erteilung der GVO-Genehmigung gelte; während der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages habe daher das Rücktrittsrecht unbefristet ausgeübt werden können, wofür auch die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung in § 11 des Kaufvertrages spreche.

Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Klageschrift vom 20. Juli 2004 (Bl. 1 - 12 d.A.) und die Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. November 2004 (Bl. 42 - 55 d.A.), 17. Dezember 2004 (Bl. 69 - 70 d.A.), 4. Februar 2005 (Bl. 84 - 88 d.A.), 26. April 2005 (Bl. 104 - 107 d.A.), 26. Juni 2005 (Bl. 114 - 120 d.A.) mit entsprechenden Anlagen verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die nnnnnnnnn nnnnnnn , die von dieser ausgereichte Bürgschaft vom 5. November nn , Bürgschaftsnummer nn , herauszugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Wege der Widerklage hat die Beklagte den Kaufpreis geltend gemacht und beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an sie 153.387,56 EUR nebst 10% Zinsen p.a. seit dem 22. Juli 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat behauptet, dass die nn straße zur örtlichen Erschließung ausreichend sei.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass sie, die Beklagte, keine schuldrechtliche Verpflichtung zur Bestellung eines Wegerechtes übernommen habe. § 12 lit. A Rücktrittsrechts. Der Klägerin stehe kein Rückgewähranspruch zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. September 2004 (Bl. 20 d.A.), 14. Oktober 2004 (Bl. 25 - 31 d.A.), 1. Februar 2005 (Bl. 71 - 76 d.A.), 7. Februar 2005 (Bl. 80 - 82 d.A.), 21. April 2005 (Bl. 99 - 103 d.A.) und 5. Juli 2005 (Bl. 133 - 135 d.A.) mit entsprechenden Anlagen verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Sie hat hinsichtlich des geltend gemachten Zinsanspruches die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat durch am 5. Juli 2005 verkündetes Urteil der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Rückgewähr der Bürgschaftsurkunde zustehe, weil der Sicherungszweck endgültig weggefallen sei. Der Sicherungszweck sei zwar nicht wegen Erlöschens der Kaufpreisforderung weggefallen, sondern weil die zu sichernde Kaufpreisforderung endgültig nicht mehr fällig werde.

Die Widerklage sei unbegründet, da die Kaufpreisforderung nicht fällig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts (Bl. 136 - 149 d.A. = AH 1 - 14 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses am 22. Juli 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 22. August 2005 bei dem Kammergericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die nach Verlängerung der Begründungsfrist mit am 21. Oktober 2005 eingegangenem Schriftsatz begründet worden ist.

Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für unzutreffend. Sie vertritt die Ansicht, der Regelung in § 12 des Vertrages liege offenbar die Vorstellung zugrunde, dass beide Parteien auch ohne Einräumung des Wegerechts möglicherweise Interesse an der Abwicklung des Vertrages haben könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 21. Oktober 2005 (Bl. 173 - 179 d.A.) und den Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29. Mai 2006 (Bl. 210 - 218 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 5. Juli 2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin die Klage abzuweisen sowie die Klägerin auf die Widerklage hin zu verurteilen, an die Beklagte 153.387,56 EUR nebst 10 % Zinsen p.a. seit dem 22. Juli 1998 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die landgerichtliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27. Februar 2006 (Bl. 198 - 209 d.A.) und 31. Mai 2005 (Bl. 233 - 237 d.A.) verwiesen.

II.

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden, mithin zulässig.

Sie hat in der Sache teilweise Erfolg.

A. Zur Klage

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Klage unbegründet.

Ein Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der Bürgschaft, der sich nur aus § 371 BGB analog ergeben kann, besteht nicht. Denn der Sicherungszweck der Bürgschaft ist nicht endgültig weggefallen.

1. Die zu sichernde Kaufpreisforderung ist durch die Erklärung des Rücktritts nicht erloschen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Käufers bei Abgabe der ersten Rücktrittserklärung von der nnnnnnnn KG. wirksam vertreten wurde. Sie hat deren Erklärung jedenfalls auch durch eine eigene Erklärung genehmigt (§§ 177, 179 BGB).

Dem Landgericht ist zwar dahingehend beizupflichten, dass die Frist zur Ausübung des vertraglich vereinbarten Rücktritt bei der Erklärung desselben bereits, nämlich mit Ablauf des 30. Juni 1994 erloschen war. Dass diese Fristbestimmung von den Parteien ungeachtet des Umstandes, wann die GVO-Genehmigung erteilt werden würde, so gewollt war, ergibt sich aus der ausdrücklichen Bestimmung hinsichtlich der Fristen zur Ausübung des Rücktrittsrechts in § 12.

Auf die Fristbestimmung kommt es allerdings nach Ansicht des Senats nicht an, da der Klägerin wegen der geänderten Trassenführung kein vertragliches Rücktrittsrecht zusteht.

Es heisst in § 12 des Vertrages, dass dem Käufer ein Rücktrittsrecht zusteht, wenn das in § 9 vereinbarte Wegerecht nicht bis zum 30. Juni 1994 grundbuchlich eingetragen werden kann. In § 9 ist geregelt, wie das Wegerecht verlaufen soll. Die Beklagte hat bei Vertragsschluss erklärt, dass sie die Erklärung vollmachtlos namens der Eigentümer bestimmter Flurstücke abgibt. Über die Rechtswirkungen vollmachtlos abgegebener Erklärungen und mögliche Rechtsfolgen sei belehrt worden. Aus dem Zusammenhang mit dem Schreiben des Amtes für Forstwirtschaft vom 6. August 1992 ergibt sich, dass die Parteien davon ausgegangen sind, dass die Einräumung des Wegerechtes nur an die Zustimmung der Verfügungsberechtigten hinsichtlich der genannten Flurstücke geknüpft ist, nicht aber an weitere Voraussetzungen. Folglich kann die Klausel nach Ansicht des Senats nur dahin ausgelegt werden, dass ein vertragliches Rücktrittsrecht bestehen sollte, wenn für den Käufer erkennbar war, dass die Erklärungen der Eigentümer nicht abgegeben würden.

Die Klägerin führt zwar zutreffend aus, dass bis heute entsprechende Erklärungen der Verfügungsberechtigten der anderen Grundstücke nicht vorliegen. Daraus kann sie allerdings nach Ansicht des Senats kein Rücktrittsrecht herleiten. Denn selbst wenn diese Erklärungen vorlägen, gingen diese Erklärungen hinsichtlich vereinbarten Zuwegung "ins Leere" da die Trassenführung der B 96 geändert worden war.

Die Klägerin kann ihren Rücktritt auch nicht auf andere vertragliche Vereinbarungen stützen.

Soweit sie sich darauf stützt, dass die Baugenehmigung nicht erteilt worden sei, ist der Rücktritt angesichts der Fristbestimmung in § 12 b) des Vertrages verfristet gewesen. Selbst wenn man unterstellt, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass die Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung zügig erteilt werde, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass die Vereinbarung zur Rücktrittsfrist nicht gelten sollte, wenn die Baugenehmigung nicht erteilt wird. Auf § 11 des Vertrages kann sich die Klägerin insoweit nicht berufen, weil eine entsprechende Vereinbarung nicht getroffen worden ist. Im Übrigen spricht die Formulierung der Regelung auch eher dafür, dass die Parteien die Rücktrittsfristen unabhängig von der Erteilung der GVO-Genehmigung regeln wollten.

2. Auf ein gesetzliches Rücktrittsrecht kann sich die Klägerin nicht berufen.

Die Voraussetzungen der §§ 459, 462 BGB a.F. liegen nicht vor. Es handelt sich, wenn ein Grundstück nicht dergestalt erreicht werden kann wie dies vertraglich vorgesehen ist, nicht um einen Fehler der Kaufsache selbst. Auch ist nicht ersichtlich, dass das Vorhandensein einer Eigenschaft zugesichert worden ist. Hinzukommt, dass es sich bei der anderen Trassenführung auch nicht um einen Umstand handelt, der bei Gefahrübergang bereits gegeben war.

Die Regelungen in §§ 275, 323 ff. BGB a.F. finden nach Ansicht des Senats ebenfalls keine Anwendung. Die Beklagte hat sich allenfalls verpflichtet, die Genehmigungen der Verfügungsberechtigten bzw. Eigentümer der anderen Flurstücke einzuholen. Es oblag ihr aber nicht, für eine bestimmte Trassenführung Sorge zu tragen.

3. Eine Anpassung des Vertrages nach den vormals maßgeblichen Regelungen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Bebaubarkeit als auch die Erreichbarkeit des Grundstücks.

Als Geschäftsgrundlage sind die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, aber bei Vertragsschluss zutage getretenen gemeinschaftlichen Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, auf denen sich der Geschäftswille der Parteien aufbaut anzusehen. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist allerdings dann kein Raum, wenn nach der vertraglichen Regelung derjenige das Risiko zu tragen hat, der sich auf die Störung beruft. Die Aufteilung der vertraglichen Risikosphären (mit der Folge, dass für eine Berücksichtigung des Fortfalls der Geschäftsgrundlage kein Raum bleibt) kann sich aus der vertragstypischen Regelung durch das dispositive Gesetzesrecht und dem darin zum Ausdruck kommenden Beurteilungsmaßstab ergeben; sie kann aber auch ausdrücklichen oder stillschweigenden Absprachen der Parteien im Wege der (notfalls ergänzenden) Auslegung zu entnehmen sein (Senat, KGR 2003, 200 ff., 201 m.w.N.).

Nach der gesetzlichen Interessenbewertung beim Kaufvertrag trägt i.d.R. der Käufer das Risiko, ob er den sachmangelfrei gelieferten Kaufgegenstand wie beabsichtigt verwenden kann. Sind Störungen der Geschäftsgrundlage voraussehbar, ist es grundsätzlich Sache der betroffenen Vertragspartner, sich gegen die daraus drohenden Nachteile zu sichern (Senat, ebd.).

Für den Fall, dass die Bebaubarkeit eines Grundstücks betroffen ist, ist anerkannt, dass es geboten sein kann, eine Vertragslücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu Lasten eines Verkäufers zu schließen. Dies kann dann gelten, wenn die Parteien irrtümlich geglaubt haben, das Risiko der Bebaubarkeit zu Lasten des Verkäufers lückenlos geregelt zu haben und sich herausstellt, dass aus einem von den Parteien übersehenen Grunde die Erwartung künftiger Bebaubarkeit enttäuscht wird, ohne dass der Vertrag nach den Regeln über die nachträgliche Unmöglichkeit der Leistung rückabzuwickeln ist. Maßgeblich ist dann die dem konkreten Vertrag in seiner individuellen Ausgestaltung immanente Risikoverteilung (vgl. BGH NJW 1979, 1818, 1819). Für eine Umverteilung des Verwendungsrisikos muss der Vertrag erkennen lassen, dass nach der ihm zugrunde liegenden Risikoverteilung das Risiko der Bebaubarkeit des Grundstücks ausnahmsweise beim Verkäufer liegt (BGH, ebd.).

Hinsichtlich der Bebaubarkeit haben die Parteien vertragliche Regelungen getroffen (s.o.), so dass auf die vorstehenden Grundsätze nicht zurückgegriffen werden kann.

Sie können allerdings auch herangezogen werden, wenn sich eine Partei darauf beruft, dass das Grundstück nicht wie vertraglich vereinbart erreicht werden kann. Nach ihnen kann hier keine Risikoumverteilung auf die Beklagte erfolgen, so dass keine Rückabwicklung des Vertrages in Betracht kommt. Die Parteien haben nach Ansicht des Senats irrtümlich geglaubt, das Risiko der Erreichbarkeit auf dem Weg über den Rücktrittsvorbehalt zu Lasten der Beklagten lückenlos geregelt zu haben. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass das nicht der Fall ist. Die Beklagte wollte zwar dafür eintreten, dass die anderen Verfügungsberechtigten der Einräumung des Wegerechtes zustimmten. Es findet sich im Vertrag aber kein Anhalt dafür, dass die Beklagte für jeden Fall der Nichterreichbarkeit auf den markierten Waldwegen einstehen wollte. Dass sie das angesichts öffentlich-rechtlicher Vorschriften auch gar nicht konnte, zeigt der hier vorliegende Sachverhalt. Die Klägerin trägt folglich das Risiko der Erreichbarkeit.

Dieses Ergebnis ist nach Auffassung des Senats auch auf Grund einer anderen Erwägung sachgerecht. Bis zur vereinbarten Rücktrittsfrist lagen keine ausreichenden, den Anforderungen nach § 9 des Vertrages genügenden Erklärungen vor. Der Käufer ist also in Kenntnis dieser Frist das Risiko eingegangen, dass die Eintragung des Wegerechtes nicht erfolgen könnte.

4. Nach Vorstehendem ist der Kaufpreisanspruch fällig. Der Sicherungszweck ist nicht entfallen.

Soweit das Landgericht meint, dass der Kaufpreis im Hinblick auf § 4 c) dauerhaft nicht fällig sei, teilt der Senat diese Auffassung nicht.

Nach § 4 Nr. 1 des Vertrages sollte der Kaufpreis u.a. dann fällig werden, wenn die Sicherstellung der Eintragung des in § 9 genannten Rechts erfolgt ist. Durch die Regelung soll erreicht werden, dass die Zahlung des Kaufpreises möglichst umgehend nach Sicherung des Wegerechtes erfolgen soll. Das es hier auf die Sicherung des Wegerechtes im Hinblick auf die geänderte Trassenführung der B n nicht mehr ankommt, ist diese Bedingung entfallen.

Diese Auslegung der Fälligkeitsbestimmung ist im Hinblick auf die Risikoverteilung des Vertrages (s.o.) geboten. Der Klägerin ist die Berufung auf die fehlende Fälligkeit verwehrt, weil die Voraussetzungen für diese Fälligkeitsbedingung nicht mehr gegeben sind und von der Beklagten auch nicht herbeigeführt werden können. Selbst wenn die Eigentümer der Einräumung des Wegerechtes zustimmten, hätte dies keinen Einfluss auf die fehlende Zuwegung aus öffentlich-rechtlichen Gründen.

Eine andere Wertung würde dazu führen, dass die Klägerin die die Möglichkeit hatte, sich vom Vertrag zu lösen, die Durchführung des Vertrages unter Berufung auf eine fehlende Fälligkeit dauernd verweigern könnte, obwohl die Beklagte die entsprechenden Umstände nicht zu vertreten hat.

Da die Fälligkeitsbedingungen vorliegen, ist der Kaufpreisanspruch gegeben.

B. Zur Widerklage

Nach den vorstehenden Ausführungen ist der Kaufpreisanspruch fällig, so dass die Widerklage insoweit begründet ist. Die Beklagte kann allerdings lediglich Zinsen seit Zustellung der Widerklage am 22. April 2005 verlangen. Sie hat keinen hinreichenden Vortrag dahingehend erbracht, dass sich die Beklagte zuvor im Verzug befunden hat. Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich aus § 4 Nr. 3 des Vertrages zwischen den Parteien.

Dass die Forderung verjährt sein könnte, ist nicht ersichtlich.

Die Kaufpreiszahlung hat gemäß § 4 Nr. 6 des Vertrages nur Zug um Zug gegen Rückgabe der Bürgschaft zu erfolgen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision folgt aus § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat angesichts des hier vorliegenden Einzelfalles keine grundsätzliche Bedeutung, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Des weiteren erfordert sie keine Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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