Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 27.01.2006
Aktenzeichen: 25 U 63/04
Rechtsgebiete: VZOG


Vorschriften:

VZOG § 1 a Abs. 1 Satz 2
1. Zu den Auswirkungen einer Änderung eines Vermögenszuordnungsbescheides, der auf Grund einer Einigung aller in Betracht kommenden Zuordnungsberechtigten ergangen ist (§ 2 Abs. 1 VZOG).

2. Zum Übergang von Verpflichtungen aus Mietverhältnissen als "grundstücksbezogen" gemäß § 1 a Abs. 1 Satz 2 VZOG.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 25 U 63/04

verkündet am : 27.01.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 25. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2006 durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Böhrenz, die Richterin am Kammergericht Diekmann und den Richter am Kammergericht Helmers für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 16. Juli 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die Entgelte, insbesondere aus Miet-, Pacht- und sonstigen Nutzungsverhältnissen des Hausgrundstückes nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn , für den Zeitraum 1. Juli 1994 bis 28. Februar 1996 und Auskunft zu erteilen für den vorgenannten Zeitraum über die nicht erfüllten Entgeltansprüche unter Benennung des jeweiligen Schuldners, des Schuldgrundes und der Höhe der ausstehenden Forderung.

Der Rechtsstreit wird zur Verhandlung und Entscheidung über die im Wege der Stufenklage geltend gemachten weiteren Ansprüche an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.

Die Klage wird wegen des Zahlungsantrages in Höhe von 61.272,35 EUR abgewiesen. Die entsprechende weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Dem Landgericht bleibt die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich derjenigen der Berufungsinstanz - vorbehalten.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,-- EUR vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird insoweit zugelassen, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche nach § 7 Abs. 7 VermG hinsichtlich des Grundstücks nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn , für den Zeitraum vom 1. Juli 1994 - 28. Februar 1996 sowie Zinsen auf bereits von der Beklagten an sie gezahlte Nutzungen geltend.

Am 30. Juli 1938 wurden die nnnnn Kaufleute nnnnnnnnnnn als Eigentümer des vorgenannten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Mit Vertrag vom 1. August 1938 verkauften sie das Grundstück an die R------bank Berlin.

Am 17. November 1961 wurde der Vermerk "Eigentum des Volkes" in das Grundbuch eingetragen. Mit Wirkung vom 1. Juli 1990 wurde der "Rat des Stadtbezirks B-----nnn , Abt. Gesundheit- und Sozialwesen" zum neuen Rechtsträger bestellt. Das Grundstück wurde am 18. Mai 1992 durch Bescheid nach dem Vermögenszuordnungsgesetz (VZOG) dem Land Berlin zugeordnet.

In dem Bescheid hieß es u.a.:

"Teil II

Verhandlung der Beteiligten

Die Beteiligten (Bundesrepublik und Land Berlin) haben Einvernehmen erzielt, dass das Eigentum gemäß Artikel 2 Einigungsvertrag dem Land zusteht. (...)

Etwaige Ansprüche nach dem Vermögensgesetz bleiben unberührt und gehen zu Lasten des neuen Eigentümers. (...)

Teil III

Feststellung der Zuordnung

Es wird festgestellt, daß das Land Eigentümer der oben in Teil I bezeichneten Liegenschaft ist.

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Vermögenszuordnungsgesetz wird die Liegenschaft entsprechend der Einigung der Beteiligten nach Teil II dem Land als Eigentum zugeordnet."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in Ablichtung zu den Akten gereichten Bescheid (Bl. 34 - 36 d.A.) verwiesen.

Das Land Berlin wurde am 10. Juni 1992 im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen.

Am 24. September 1995 schlossen das Land Berlin und die Beklagte eine Vereinbarung. Danach stimmten sie in Abweichung des o.g. Bescheides einer Zuordnung an die Beklagte zu. Es wurde ein Übergang von Nutzen und Lasten für den 25. September 1995 vereinbart.

Mit Datum vom 3. November 2005 erließ der Oberfinanzpräsident der Oberfinanzdirektion Berlin einen sog. Änderungsbescheid.

In diesem hieß es:

" (...) III. Einvernehmen der Beteiligten

Die Beteiligten haben über die Zuordnung des Vermögenswertes gemäß § 2 Abs. 1 Vermögenszuordnungsgesetz (VZOG) Einvernehmen erzielt.

IV. Feststellung der Zuordnung

Gemäß § 7 Abs. IV VZOG ändere ich mit Zustimmung des Landes Berlin meinen Zuordnungsbescheid vom 18.05.1992 (...) wie folgt:

Es wird festgestellt, daß die Bundesrepublik Deutschland (Bundesfinanzverwaltung) gemäß Art. 21 Abs. 1 EV Eigentümer des oben unter II. bezeichneten Vermögenswertes ist.

Etwaige Ansprüche nach dem Vermögensgesetz bleiben unberührt und gehen zu Lasten des neuen Eigentümers. (...)"

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 185 - 186 d.A. verwiesen.

Die Beklagte wurde am 8. Dezember 1995 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Am 24. Juli 2002 erging ein Restitutionsbescheid, mit dem das Eigentum an dem Grundstück an die Klägerin rückübertragen wurde. Der Bescheid wurde am 30. August 2002 bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2002 forderte die Klägerin die Beklagte zur Rechenschaftslegung über die Einnahmen und Ausgaben des Grundstücks und Überschusszahlung mit Fristsetzung zum 30. November 2002 auf.

Am 29. November 2002 wurde das Grundstück von der Beklagten an die Klägerin übergeben. Die Parteien erstellten hierzu ein Übergabeprotokoll. Darin hieß es (Ziff. 5 letzter Satz), dass die Beklagte der Klägerin eine Grundstücksabrechnung gesondert vorlegen werde. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 60 - 65 d.A. verwiesen.

Die Parteien verhandelten über einen Rückkauf des Grundstücks durch die Beklagte. Am 12. Dezember 2002 wurde ein entsprechender notarieller Vertrag abgeschlossen. Das Grundstück wurde am 9. April 2003 von der Klägerin an die Beklagte aufgrund des Kaufvertrages rückübergeben. Das Grundstücksübergabeprotokoll wurde für die Klägerin von der nnn GmbH vorbereitet. Es hieß darin: "Nach Vorlage der Grundstücksabrechnung durch die Vorverwaltung (Bundesvermögensamt) wird die nnn Gnnnnnnnnnnnnnnnnn mbH eine Endabrechnung erstellen".

Die Beklagte rechnete gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 17. Oktober 2003 für den Zeitraum 1. März 1996 bis 29. November 2002 ab, wobei sie einen Saldo von 888.379,63 EUR zugunsten der Klägerin errechnete. Dieser Betrag, um dessen Auszahlung die Klägerin mit Schreiben vom 22. Oktober 2003 gebeten hatte, ging am 12. Dezember 2003 bei der Klägerin ein.

Deren Prozessbevollmächtigter teilte der Beklagten mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2003 mit, dass sich diese spätestens seit dem 27. Oktober 2003 in Zahlungsverzug befunden habe.

Die Klägerin hat behauptet, das Grundstück sei ausweislich des Restitutionsbescheides gewerblich genutzt worden. Sie hat die Ansicht vertreten, dass es deshalb Eigentum der Beklagten nach Art. 22 Abs. 1 Einigungsvertrag geworden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Klageschrift vom 10. Februar 2004 (Bl. 1 - 5 d.A.) sowie die Schriftsätze ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. März 2004 (Bl. 25/26 d.A.), 30. April 2004 (Bl. 77 - 79 d.A.) und 18. Mai 2004 (Bl. 85 - 87 d.A.) jeweils mit entsprechenden Anlagen verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 61.272,35 EUR zu zahlen.

Zudem hat die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen über die Entgelte insbesondere aus Miet- und Pacht- und sonstigen Nutzungsverhältnissen des Hausgrundstückess nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn nnn für den Zeitraum 1. Juli 1994 bis 28. Februar 1996 und Auskunft zu erteilen für den vorgenannten Zeitraum über die nicht erfüllten Entgeltansprüche unter Benennung des jeweiligen Schuldners, des Schuldgrundes und der Höhe der ausstehenden Forderung.

In der mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 2004 vor dem Landgericht Berlin hat die Klägerin eine Abtretung der Beklagten hinsichtlich von Ansprüchen aus der noch nicht erfolgten Grundstücksabrechnung für die Zeit vom 29. September 1995 - 28. Februar 1996 gegen das Land Berlin, angenommen.

Unter Rücknahme ihres weitergehenden Hilfsantrages hat die Klägerin zuletzt hilfsweise

beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie die ihr gegenüber dem Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Mitte von Berlin, zustehenden Ansprüche auf Zahlung und Auskunft über sämtliche Entgelte insbesondere aus Miet- Pacht- und sonstigen Nutzungsverhältnissen des Hausgrundstückes nnnnnnnnnnnnnnnnn , nnnnnn , für den Zeitraum 1.7.1994 bis 24.9.1995 abzutreten; die Klägerin nimmt die Abtretung an.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, dass das auf dem Grundstück befindliche Haus am 1. Oktober 1998 überwiegend für den Gemeinden obliegende Verwaltungsaufgaben genutzt worden sei. Die Parteien seien sich einig gewesen, dass eine Frist für die Erstellung der Abrechnung über das Grundstück, wie sie schließlich im Oktober 2003 erstellt worden sei, nicht bestanden habe. Sie, die Beklagte, habe auch nicht zügiger abrechnen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten vom 8. April 2004 (Bl. 29 - 33 d.A.), 4. Mai 2004 (Bl. 55 - 59 d.A.) und 23. Juni 2004 (Bl. 90/91 d.A.) mit den entsprechenden Anlagen verwiesen.

Das Landgericht Berlin hat durch am 16. Juli 2004 verkündetes Urteil der Klage hinsichtlich des Zahlungsantrages teilweise stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Verzugszinszahlung zu. Die Beklagte habe sich seit Ablauf des 10. April 2003 in Verzug befunden.

Der Klägerin stehe ein weiterer Anspruch weder auf Auskunft noch Abtretung von Ansprüchen gegen das Land Berlin zu. Die Stufenklage sei mangels Auskunftsanspruches insgesamt abzuweisen. Über den bereits abgerechneten Zeitraum hinaus sei die Beklagte nicht zur Erlösauskehr verpflichtet, weil sie zu anderen als den Zeiten, über die sie bereits abgerechnet habe, nicht verfügungsberechtigt sei. Das Land Berlin sei als Eigenbesitzer verfügungsberechtigt gewesen. Die Einigung habe nicht auf den 3. Oktober 1990 zurückgewirkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Seite 4 - 9 des Urteils (Bl. 97 - 102 d.A. = AH 4 - 9 d.A.) verwiesen.

Dieses Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 2. August 2004 zugestellt worden. Die Klägerin hat mit am 2. September 2004 eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt, die sie mit am 20. September 2004 eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten begründet hat. Nach Verlängerung der Frist zur Erwiderung auf die Berufung hat die Beklagte mit am 14. März 2005 bei dem Kammergericht eingegangenem Schriftsatz Anschlussberufung eingelegt, die zugleich begründet worden ist.

Die Klägerin erachtet die landgerichtliche Entscheidung für teilweise fehlerhaft.

Sie vertritt die Ansicht, dass sich der Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen gegen den im Restitutionsbescheid Genannten richte. Dieser sei als Verfügungsberechtigter anzusehen.

Hinsichtlich der nur teilweisen Zuerkennung von Zinsen sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Tätigkeiten, die die Beklagte habe erbringen müssen, nicht binnen sechs Wochen zu erledigen gewesen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 20. September 2004 (Bl. 141 - 149 d.A.) sowie den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 13. Juni 2005 (Bl. 177a - 182 a d.A.) mit entsprechenden Anlagen verwiesen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts teilweise dahin abzuändern, dass

1. die Beklagte verurteilt wird, an sie weitere 22.736,11 EUR zu zahlen, sowie im Wege der Stufenklage zunächst

2. die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen über die Entgelte, insbesondere aus Miet-, Pacht- und sonstigen Nutzungsverhältnissen des Hausgrundstücks nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn für den Zeitraum vom 1. Juli 1994 bis 28. Februar 1996 und Auskunft zu erteilen für den vorgenannten Zeitraum über die nicht erfüllten Entgeltansprüche unter Benennung des jeweiligen Schuldners, des Schuldgrundes und der Höhe der ausstehenden Forderung, und hilfsweise bei Aufhebung des angefochtenen Urteils die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Berlin.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und im Wege der Anschlussberufung, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Beklagte erachtet die landgerichtliche Entscheidung hinsichtlich der Zinsen für fehlerhaft.

Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14. März 2005 (Bl. 168 - 172 d.A.) und 16. Juni 2005 (Bl. 184 d.A.) mit entsprechenden Anlagen verwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung und die Anschlussberufung sind form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 517, 519, 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO); sie sind mithin zulässig. In der Sache hat die Berufung der Klägerin teilweise Erfolg, die Anschlussberufung hingegen in Gänze.

Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich nach Ansicht des Senats als teilweise rechtlich unzutreffend (§ 513, 546 ZPO).

1. Der Klägerin steht entgegen der vom Gericht erster Instanz vertretenen Ansicht der mit der Berufung weiter verfolgte Anspruch auf Auskunft der Entgelte, insbesondere aus Miet-, Pacht- und sonstigen Nutzungsverhältnissen für den Zeitraum vom 1. Juli 1994 bis 28. Februar 1996 gemäß § 7 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VermG zu.

Danach hat der Berechtigte gegen den Verfügungsberechtigten einen Anspruch auf Herausgabe der Entgelte, die dem Verfügungsberechtigten ab dem 1. Juli 1994 aus einem Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnis zustehen. Der Berechtigte kann als Nebenanspruch einen Auskunftsantrag erheben, um den Herausgabeanspruch geltend zu machen. Dabei kann gemäß § 254 ZPO im Wege der Stufenklage vorgegangen werden.

Die Klägerin ist Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG.

Danach ist Verfügunsgberechtigter die Person, in deren Eigentum oder Verfügungsmacht der Vermögenswert steht.

Die Beklagte war zum Zeitpunkt der Bestandskraft des Restitutionsbescheides verfügungsberechtigt. In der Rechtsprechung und Literatur wird insoweit einhellig zugrunde gelegt, dass die Begriffe Eigentum oder Verfügungsmacht auf die formale Inhaberschaft eines Rechts abstellen (BGH VIZ 2004, 318 - 321 m.w.N. u.a. auf BVerwG VIZ 2000, 717; VIZ 2001, 203). Dem Begriff der Verfügungsmacht kommt insoweit eine über die Inhaberschaft hinausreichende Bedeutung zu, als sie auch die formale Berechtigung umfasst, über den Vermögenswert zu verfügen (BGH, a.a.O.).

Zum Zeitpunkt der Bestandskraft des Restitutionsbescheides war die Beklagte im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen und damit formale Rechtsinhaberin.

Die Beklagte war aber auch hinsichtlich des geltend gemachten Zeitraums vom 1. Juli 1994 bis 28. Februar 1996 Verfügungsberechtigte. Entscheidend sind insoweit der Vermögenszuordnungsbescheid und der Änderungsbescheid.

Das Zuordnungsverfahren nach dem Vermögenszuordnungs-Gesetz (VZOG) hat eine verbindliche Festlegung der materiellen, sich insbesondere nach Maßgabe der Art. 21 und 22 Einigungsvertrag ergebenden Rechtslage zum Ziel. Denn es wird durch den Bescheid (mit Wirkung ex tunc) die Eigentumslage verbindlich so festgesetzt, wie sie sich aufgrund der Art. 21, 22 Einigungsvertrag schon am 3. Oktober 1990 dargestellt hat.

Dies gilt aber nicht, wenn die Feststellung (- hier mit Bescheid vom 19. Mai 1992 -) aufgrund einer Einigung aller in Betracht kommenden Zuordnungsberechtigten vorgenommen worden ist. In einem solchen Fall liegt der behördlichen Entscheidung die Einverständniserklärung der am Verfahren Beteiligten zugrunde. In § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG ist ausdrücklich bestimmt, dass die Einigung, soweit hierdurch Rechte anderer Zuordnungsberechtigter nicht verletzt werden, von den Bestimmungen des Einigungsvertrages abweichen darf. Daraus folgt, dass bei einem ein-vernehmlich ergangenen Vermögenszuordnungsbescheid im Gewande eines (scheinbaren) Feststellungsbescheides eine konstitutive Änderung der Eigentumslage (mit Wirkung ex nunc) herbeigeführt werden kann (BGH NJW 1999, 3331).

Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass die Beklagte nur für die Zeit ab dem 3. November 1995 (Datum des Änderungsbescheides) auskunftsverpflichtet wäre.

Hier ist nämlich die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Zuordnungsbescheid geändert wurde - und zwar erneut aufgrund einer Einigung zwischen dem Land Berlin und der Beklagten. Dass diese Änderung rückwirkend erfolgt, ergibt sich aus Folgendem: nach § 7 Abs. 4 Satz 2 VZOG kann jeder Zuordnungsbescheid des aus ihm Begünstigten geändert werden, wenn die Änderung den in § 1 VZOG genannten Vorschriften eher entspricht. Bei der Änderung ist also maßgeblich, ob die Zuordnung der Rechtslage am 3. Oktober 1990 eher gerecht wird (Art. 21, 22 Einigungsvertrag). Eine andere Wertung würde dazu führen, dass die Zuordnung letztlich beliebig oft und ohne weitere Voraussetzungen geändert werden könnte, was nach Ansicht des Senats dem Gesetzeszweck, nämlich der Klärung der Eigentumsverhältnisse widerspräche. Zu berücksichtigen ist zudem, dass dann, wenn nicht allein der Änderungsbe-scheid maßgeblich wäre, ein Dritter - hier die Klägerin - verpflichtet wäre, u. U. umfangreiche Nachforschungen anzustellen, wer zu welcher Zeit Verfügungsberechtigter war. Dies erachtet der Senat ebenfalls für nicht mit dem Gesetzeszweck vereinbar.

Die Verpflichtungen aus den Mietverhältnissen sind auf die Beklagte übergegangen. Insoweit ist nach Ansicht des Senats entscheidend auf den Vermögenszuordnungsgegenstand abzustellen. Nach § 1 a Abs. 1 VZOG sind entsprechende Vermögensgegenstände bebaute und unbebaute Grundstücke sowie rechtlich selbständige Gebäude und Baulichkeiten (Grundstücke und Gebäude), Nutzungsrechte und dingliche Rechte an Grundstücken und Gebäuden, bewegliche Sachen, gewerbliche Schutzrechte sowie Unternehmen. Dazu gehören ferner Verbindlichkeiten, Ansprüche sowie Rechte und Pflichten aus Schuldverhältnissen, soweit sie Gegenstand der Zuteilung nach den in § 1 VZOG bezeichneten Vorschriften sind.

Die Verpflichtungen aus den Mietverhältnissen sind nach Ansicht des Senats als "grundstücks-bezogen" im Sinne des § 1 a Abs. 1 Satz 2 VZOG auf Beklagte übergegangen (vgl. BGH a.a.O., S. 3332 linke Spalte unter c)). Zu den objektbezogenen Verbindlichkeiten, die übergehen können, zählen auch schuldrechtlich begründete Verbindlichkeiten oder Ansprüche (vgl. BVerwG KPS § 11 VZOG 3794 = ZIP 1994, 1314, 1316; BGH ZIP 1995, 683). Damit sind Entgelte aus Miet-, Pacht - oder sonstigen Nutzungsverhältnissen umfasst (vgl. BVerwG ZIP 1994, 1315 unter Hinweis auf § 17 Satz 1 VermG).

Diese Wertung ist hier schon deshalb gerechtfertigt, weil es im Änderungsbescheid ausdrücklich heisst, dass etwaige Ansprüche nach dem Vermögensgesetz unberührt bleiben und zu Lasten des neuen Eigentümers gehen. Diese Regelung kann aus Sicht eines Dritten (- wie hier der Klägerin -) nur dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte hinsichtlich aller Ansprüche passiv legitimiert ist.

Der Beklagten standen die Entgelte auch zu. Zum Begriff des "Zustehens" im Sinne des § 7 Abs. 7 VermG hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass darunter auch Mieteinnahmen fallen, die dem Verfügungsberechtigten zwar nicht zugeflossen sein müssen, der Verfügungs-berechtigte muss auch nicht selbst Vertragspartner eines Mieters sein, wohl aber muss er gegen jenen aus Geschäftsbesorgung oder GoA einen Anspruch auf Herausgabe der Mieteinnahmen aus einem Mietverhältnis haben (BGH VIZ 2003, 526 - 530).

Das ist hier nach Ansicht des Senats der Fall. Auf die Frage, wie das Land Berlin und die Beklagte eine Nutzen-Lastenverteilung im Innenverhältnis vorgenommen haben, kommt es für die Rechtsbeziehung zur Klägerin nicht an (vgl. auch BGH NJW-RR 2004, 656).

Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht teilweise erfüllt. Die Beklagte hat ihre ihr für die Zeit vom 8. Dezember 1995 bis zum 28. Februar 1996 zustehenden Ansprüche gegen das Land

Berlin abgetreten. Die Klägerin hat die Abtretung angenommen. Der Senat vertritt die Ansicht, dass es sich um eine Leistung erfüllungshalber handeln soll (vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, 65. Aufl., § 364 Rn. 7 m.w.N.). Die Abtretung sollte sich weder auf die Zulässigkeit der Klage insoweit, noch auf deren Begründetheit auswirken. Der Gläubiger erhält bei einer Leistung er-füllungshalber nur eine weitere Befriedigungsmöglichkeit. Er ist nur im Zweifel verpflichtet, daraus Befriedigung zu suchen (vgl. BGH NJW 1986, 424). Dass diese Wirkung der Abtretung nicht gewollt war, ergibt sich schon daraus, dass beide Parteien die ursprünglichen Anträge weiterverfolgen und sich die Wirkung der Abtretung nach der Rechtslage beurteilen soll. Von einer Erfüllungswirkung kann dann nicht ausgegangen werden.

Der Senat hat, da das Landgericht die Stufenklage insgesamt abgewiesen hat, den Rechtsstreit an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen, damit über den Herausgabeanspruch befunden werden kann (§ 538 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend ZPO; vgl. BGH NJW 1985, 862).

2. Der Klägerin steht nach Auffassung des Senats kein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen gegenüber der Beklagten zu, so dass die Anschlussberufung begründet ist.

Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. kommt ein Schuldner, der auf eine Mahnung des Gläubigers nicht leistet, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, durch die Mahnung in Verzug.

Diese Voraussetzungen lagen hier ab dem 1. Dezember 2002 vor. Vorliegend war der Herausgabeanspruch mit Bestandskraft des Restitutionsbescheides nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut in § 7 Abs. 7 Satz 3 VermG entstanden, mithin fällig. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2002 (nach Fälligkeit) schrieb die Klägerin an die Beklagte, dass sie sich erlaube, diese anzuhalten, den Überschuss herauszugeben. Weiter hieß es: "Wir erlauben uns eine Frist zu notieren zur Erfüllung bis zum 30. 11. 2002". Bei diesem Schreiben handelte es sich um eine Mahnung. Die Fälligkeit war gegeben und die in dem Schreiben genannte Leistung war eindeutig. Dass sie der Höhe nach noch bestimmt werden musste, steht dieser Wertung nicht entgegen.

Der Senat teilt allerdings die Ansicht des Landgerichts nicht, dass sich die Klägerin auf die Verzugsfolgen berufen kann. Der Senat folgt zwar der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, dass eine Stundung, ein Verzicht oder eine Rücknahme der Mahnung hier nicht vorliegen. Auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil wird verwiesen.

Nach Ansicht des Senats liegt hier aber eine unzulässige Rechtsausübung vor, nämlich ein Fall des "venire contra factum proprium" (§ 242 BGB).

Ein widersprüchliches Verhalten ist danach missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist (BGHZ 32, 279) oder wenn andere bestimmte Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH NJW 1997, 3377). Hier liegt der zweite Fall vor.

Schon am 22. Dezember 2002 unterzeichnete ein Vertreter der von der Klägerin bevollmächtigten Grundstücksverwaltung ein Übergabeprotokoll. In diesem hieß es, dass die Nutzungsentgelte vom Bund bis zum 30.11.2002 eingenommen wurden. Die erforderlichen Rechnungsunterlagen wird der Bund der Übernehmenden zur Verfügung stellen.

Die Grundstücksabrechnung wird der Bund gesondert vorlegen.

Dieses Schreiben ist zwei Tage vor Ablauf der Frist von der Beklagten gezeichnet worden.

Ist aber davon auszugehen, dass die Rechnung noch gesondert vorgelegt werden sollte und erklärte sich die Klägerin damit einverstanden, dann muss dies nach objektivem Empfängerhorizont dahin ausgelegt werden, dass die Klägerin sich jedenfalls nicht auf etwaige Verzugsfolgen würde berufen wollen. Dass diese Auslegung zutrifft, ergibt sich auch daraus, dass die Vertreterin der Klägerin (zum Umfang der Vertretungsbefugnis vgl. Bl. 66 d.A.) in dem Entwurf zur Anlage zum Grundstücksübergabeprotokoll (Bl. 73 d.A.) darauf hingewiesen hat, dass bis zur Erstellung der Endabrechnung keine Beträge aus der Zwischenabrechnung von beiden Seiten fällig sind. Die Klägerin strebte also eine Gesamtlösung an. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 22. Oktober 2003 kein Anhalt findet, dass die Abrechnung nunmehr als verzögert angesehen wird. Dass in der Zwischenzeit irgendwelche Aktivitäten seitens der Klägerin entfaltet wurden, erschließt sich nicht.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Bei einem Auskunftsanspruch findet die Regelung in § 708 Nr. 10 ZPO keine Anwendung. Der Senat hat den Aufwand der zu erteilenden Auskunft wie aus dem Tenor ersichtlich geschätzt (vgl. BGH VersR 95, 314).

Der Senat hat die Revision in eingeschränktem Umfang zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Nach Ansicht des Senats hat die Frage, welche Rechtswirkungen ein Änderungsbescheid nach dem VZOG, der auf einer Einigung von Beteiligten beruht, auf die Verfügungsberechtigtenstellung hat, grundsätzliche Bedeutung. Das Auftreten dieser Frage ist in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten. Soweit ersichtlich, ist die Frage bislang höchstrichterlich nicht entschieden.

Hinsichtlich der Geltendmachung von Verzugszinsen liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision angesichts der hier getroffenen Einzelfallentscheidung nicht vor.

Nach Ansicht des Senats war es möglich, die Revision nur eingeschränkt zuzulassen, da über die geltend gemachten Ansprüche durch Teilurteile hätte entschieden werden können (vgl. BGH NJW-RR 98, 505).

Ende der Entscheidung

Zurück