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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 07.11.2003
Aktenzeichen: 25 W 100/03
Rechtsgebiete: AGBG, BGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 5 a.F.
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 305 c
ZPO § 23
ZPO § 567 Abs.1 Nr. 1
ZPO § 570 Abs. 3
ZPO § 571 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 793
ZPO § 828 Abs. 2
ZPO § 882 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 25 W 100/03

In der Zwangsvollstreckungssache

hat der 25. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Böhrenz, die Richterin am Kammergericht Diekmann und die Richterin am Landgericht Dr. Wolter am 7. November 2003 beschlossen:

Tenor:

1.)

Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Mitte von Berlin vom 16. Juni 2003 - Az. 32 M 4848/03 - in der Beschlussformel zu 1) und 3) aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Mitte von Berlin vom 23. April 2003 - Az 32 M 4848/03 - wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass dieses Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen.

2.)

Die Wirksamkeit dieser Entscheidung wird bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses hinausgeschoben.

3.)

Der Gläubiger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4.)

Der Verfahrenswert wird auf 843.188,78 EUR festgesetzt.

5.)

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.)

Der Gläubiger ist Inhaber von Staatsanleihen der Schuldnerin. In einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankfurt am Main erwirkte er ein Urteil, durch das die Schuldnerin zur Zahlung von 766.937,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8,5% hieraus seit dem 23. Februar 2002 Zug um Zug gegen Aushändigung in der Urteilsformel näher bezeichneter Inhaberschuldverschreibungen verurteilt wurde (Urteil des Landgerichts Frankfurt/M. vom 14. März 2003, Aktenzeichen 2-21 O 294/02).

In den Anleihebedingungen der hier streitbefangenen Anleihe WKN 135 475 heißt es in § 12 Abs. 4:

"In dem Ausmaß, in dem die Republik derzeit oder zukünftig Immunität (aus hoheitlichen oder sonstigen Gründen) von der Gerichtsbarkeit irgendeines Gerichts oder von irgendeinem rechtlichen Verfahren (ob bei Zustellung, Benachrichtigung, Pfändung, Vollstreckung oder in einem sonstigen Zusammenhang) in Bezug auf sich selbst oder ihre Einkünfte, ihr Vermögen oder Eigentum besitzt oder erwerben sollte, verzichtet die Anleiheschuldnerin hiermit unwiderruflich auf eine solche Immunität in Bezug auf ihre Verpflichtungen aus den Teilschuldverschreibungen in dem Umfang, in dem sie dazu gemäß dem anwendbaren Recht berechtigt ist.

Unbeschadet des Vorstehenden werden durch argentinische Gerichte Pfändungen vor einer gerichtlichen Entscheidung nicht angeordnet im Hinblick auf (i) Vermögenswerte, die entsprechend Artikel 6 des Konvertibilitätsgesetzes frei verfügbare Reserven darstellen, (ii) in Argentinien belegene Vermögensgegenstände, die öffentliches Eigentum im Sinne der Art. 2.337 und 2.340 des argentinischen Zivilgesetzbuches darstellen, (iii) in Argentinien belegene Vermögensgegenstände, die der Erbringung unverzichtbarer staatlicher Dienstleistungen gewidmet sind, und (iv) Vermögensgegenstände im Sinne des Artikels 19 des Haushaltsgesetzes für das Jahr 1996.".

Auf Antrag des Gläubigers vom 11. April 2003 hat das Amtsgericht Mitte als Vollstreckungsgericht mit Beschluss vom 23. April 2003 die Pfändung der bei der Drittschuldnerin belegenen Konten wegen einer Forderung in Höhe von insgesamt 843.188,78 EUR angeordnet. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Bl. 2 ff d.A.) wurde der Drittschuldnerin am 29. April 2003 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2003, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Schuldnerin Erinnerung gegen den Pfändungs- und Uberweisungsbeschluss eingelegt und gleichzeitig beantragt, die ausgebrachten Zwangsvollstreckungsmaßnahme ohne Sicherheitsleistung einzustellen.

Mit Beschluss vom 6. Mai 2003 (Bl. 44 d.A.) hat das Amtsgericht Mitte die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 23. April 2003 bis zur Entscheidung über die Erinnerung der Schuldnerin vom 2. Mai 2003 einstweilen eingestellt.

Der Gläubiger hat mit Schriftsatz vom 8. Mai 2003 beantragt, die Erinnerung und den Antrag auf einstweilige Anordnung der Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückzuweisen und mit weiterem Schriftsatz vom 9. Mai 2003 Erinnerung gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 6. Mai 2003 eingelegt und beantragt, diesen aufzuheben.

Mit angefochtenem Beschluss vom 16. Juni 2003 hat das Amtsgericht Mitte sowohl die Erinnerung der Schuldnerin vom 2. Mai 2003 als auch die Erinnerung des Gläubigers vom 9. Mai 2002 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Schuldnerin einen umfassenden Verzicht auf Immunität in den streitbefangenen Anleihen erklärt habe, welcher eine Vollstreckung auch in die Botschaftskonten zulasse. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bl. 174 - 177 d. A. Bezug genommen. Der Beschluss wurde der Schuldnerin und dem Gläubiger sowie der Drittschuldnerin jeweils am 20. Juni 2003 zugestellt.

Hiergegen richtet sich die am 25. Juni 2003 eingegangene sofortige Beschwerde der Schuldnerin. Diese vertritt wie bereits im Verfahren über die Erinnerung die Auffassung, dass die Vollstreckung in die Botschaftskonten unzulässig sei, da der in den Anleihebedingungen ausgesprochene Verzicht auf Immunität sich allein auf die allgemeine Staatenimmunität beziehe, jedoch keinen ausdrücklichen Verzicht auf die Vorrechte und Befreiungen des diplomatischen Verkehrs darstelle. Ein derartiger ausdrücklicher Verzicht sei aber nach dem allgemeinen Völkerrecht unerlässlich, zudem müsse ein derartiger Verzicht auch dem Empfangsstaat schriftlich mitgeteilt werden.

Unter Bezugnahme auf die vom Botschafter der ständigen Mission der Schuldnerin in Deutschland gegenüber dem Vollstreckungsgericht abgegebene Erklärung vom 25. März 2003 (Bl. 92 d.A.) meint die Schuldnerin, es sei von ihr hinreichend dargelegt, dass die von der Pfändung betroffenen Konten Vermögenswerte darstellten, welche der besonderen diplomatischen Immunität unterlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Schuldnerin wird auf die Beschwerdeschrift vom 25. Juni 2003, Bl. 183 - 200 d.A. sowie den Schriftsatz vom 2. Juli 2003 verwiesen.

Die Schuldnerin beantragt,

den Beschluss des Amtsgericht Berlin Mitte vom 16. Juni 2002 und den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Mitte vom 23. April 2003 aufzuheben.

Der Gläubiger beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Der Gläubiger verteidigt die Entscheidung des Amtsgerichts unter erneutem Hinweis darauf, dass die Tätigkeit der Botschaft der Schuldnerin trotz der bereits am 19. März 2003 erfolgten Vorpfändung seit Wochen unbeeinträchtigt sei. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Botschaftskonten keinen hoheitlichen Zwecken dienten. Zudem befänden sich auf den Botschaftskonten erhebliche Guthaben in Millionenhöhe, die schon angesichts ihrer Höhe nicht nur der Deckung der als relativ gering anzusetzenden laufenden Ausgaben und Kosten der Botschaft der Schuldnerin dienen könnten. Es liege vielmehr nahe, dass die Schuldnerin ihre Botschaftskonten nutze, um unter ihrem Schutz finanzielle Leistungen abzuwickeln, die nicht unmittelbar im Zusammenhang mit den Aufgaben einer diplomatischen Vertretung stünden.

Der Gläubiger ist der Ansicht, eine Vollstreckung in die Botschaftskonten der Schuldnerin sei zulässig, da die Schuldnerin in § 12 Abs. 4 der Anleihebedingungen einen unmissverständlichen und umfassenden Verzicht auf Immunität im Vollstreckungsverfahren erklärt habe. Ein redlich denkender, verständiger Anleger könne den erklärten Immunitätsverzicht nur so verstehen, als dass er die Zwangsvollstreckung in sämtliche Vermögensgegenstände der Schuldnerin zulasse. Die Anleihebedingungen unterlägen dem Transparenzgebot des § 5 AGBG a.F. bzw. § 305 c BGB n.F., verbleibende Zweifel bei der Auslegung gingen daher zu Lasten der Schuldnerin.

II.)

Die sofortige Beschwerde ist zulässig gemäß § 793 ZPO in Verbindung mit § 567 Abs.1 Nr. 1 ZPO, sie ist insbesondere frist- und formgerecht erhoben.

Die Zuständigkeit des Senats folgt aus 119 Abs. 1 Ziffer 1 b GVG.

2.)

Die sofortige Beschwerde ist begründet; der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist wegen Unzulässigkeit der Vollstreckung aufzuheben, denn der angegriffene Beschluss verstößt gegen die völkerrechtlichen Vorrechte und Befreiungen des diplomatischen Verkehrs.

a)

Es kann hier dahinstehen, ob für das vorliegende Verfahren eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte besteht. Diese wäre trotz der Regelung des § 571 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch im Beschwerdeverfahren zu prüfen (vgl. BGH NJW 2003, 426).

Hier kann die Frage, ob der Gerichtsstand des Vermögens gemäß § 23 ZPO in Verbindung mit § 828 Abs. 2 ZPO, welcher voraussetzt, dass die Partei Gegenstände besitzt, die dem Vollstreckungszugriff unterliegen, überhaupt gegeben ist, wenn eine Vollstreckung nur in Vermögen der Schuldnerin erfolgen könnte, welches der Vollstreckung wegen Immunität nicht unterliegt (verneinend z. B. OLG Frankfurt IPRax 1999, 247 f), letztlich unerörtert bleiben, denn jedenfalls fehlt es an der Zulässigkeit der Pfändung.

b)

Zutreffend hat das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung zunächst zugrundegelegt, dass nach der einschlägigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 13. Dezember 1977 = BVerfGE 46, 342, 388 f, 392 ) eine allgemeine Regel des Völkerrechts, die über Art. 25 GG Bestandteil des Bundesrechts wäre, nicht existiert, nach welcher dem Gerichtssaat die Zwangsvollstreckung gegen einen fremden Staat schlechthin verwehrt wäre.

Danach besteht aber eine gefestigte, allgemeine, von der Rechtsüberzeugung getragene Übung der Staaten, wonach die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsstaat aus einem gerichtlichen Vollstreckungstitel gegen einen fremden Staat, der über ein nicht-hoheitliches Verhalten (acta iure gestionis) dieses Staates ergangen ist, in Gegenstände dieses Staates, die sich im Hoheitsbereich des Gerichtsstaates befinden oder dort belegen sind, ohne Zustimmung des fremden Staates unzulässig ist, soweit diese Gegenstände im Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahme hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen (BverfGE a.a.O.; BverfGE 64, 1, 40). Insbesondere Forderungen aus einem laufenden, allgemeinen Bankkonto der Botschaft eines fremden Staates, welches im Gerichtsstaat besteht und zur Deckung der Ausgaben und Kosten der Botschaft bestimmt ist. unterliegen danach nicht der Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsstaat (BverfGE 42, 342, 364). Denn die finanzielle Abwicklung der Ausgaben und Kosten einer Botschaft über ein allgemeines, laufendes Konto des Entsendestaates, das bei einer Bank im Empfangsstaat unterhalten wird, gehört unmittelbar zur Aufrechterhaltung der diplomatischen Funktionen des Entsendestaates unbeschadet dessen, dass Leistungen, die über ein solches Konto abgewickelt werden, im Verhältnis zur Bank oder zu Dritten sich im Rahmen von Rechtsverhältnissen oder Verhaltensweisen vollziehen mögen, die je nach ihrer Rechtsnatur als Verhalten iure gestionis zu qualifizieren sein mögen. Die aus einem solchen Konto begründeten Forderungen des Entsendestaates gegen die Bank genießen daher kraft allgemeinen Völkerrechts jedenfalls den Immunitätsschutz zugunsten diplomatischer Vertretungen bei der Zwangsvollstreckung (BverfG 42, 342, 392 f, 397).

Eine Zwangsvollstreckung sowohl in Vermögensgegenstände eines fremden Staates, die hoheitlichen Zwecken dienen als auch insbesondere die Zwangsvollstreckung in vom Diplomatenrecht besonders geschützte Vermögensgegenstände setzt danach einen entsprechenden Immunitätsverzicht des fremden Staates voraus.

Die angefochtene Pfändungsmaßnahme ist entgegen der Auffassung der angefochtenen Entscheidung unter Berücksichtigung dieser allgemein anerkannten Grundsätze - die auch von den Parteien nicht angezweifelt werden - unzulässig, da die Schuldnerin - entgegen der Auffassung der angefochtenen Entscheidung - den danach für die Zulässigkeit der Vollstreckung in die Botschaftskonten möglichen und erforderlichen Verzicht nicht erklärt hat. Denn die Schuldnerin hat keinen Verzicht auf den besonderen Schutz, welcher sich nach dem Grundsatz der Unverletzlichkeit diplomatischer Vertretungen als auch der Immunität des fremden Staates bezüglich der amtlichen Funktionen seiner diplomatischen Vertretungen ergibt, erklärt. Dem in Art. 12 der Anleihebedingungen erklärten pauschalen Immunitätsverzicht kommt ein derartiger Erklärungsgehalt nicht zu. Die gegenständlichen Grenzen, die das allgemeine Völkerrecht der Vollstreckung durch den Gerichtsstaat gegen den fremden Staat setzt, sind damit durch die angegriffene Pfändungsmaßnahme überschritten.

Im Einzelnen:

(1)

Entgegen der Ansicht des Gläubigers ist hier von einem unzulässigen Eingriff in nach diesem Sinne geschütztes Vermögen auszugehen, denn es ist nach der entsprechenden Auskunft des Botschafters mit Mitteilung vom 25. März 2003 zugrunde zu legen, dass von den Pfändungsmaßnahmen Konten betroffen sind, welche dazu dienen, die Ausgaben und Kosten für die Einrichtung und Tätigkeit der diplomatischen Mission in Deutschland abzuwickeln.

Soweit der Gläubiger in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass schon wegen des Umstands, dass der Botschaftsbetrieb trotz der seit Monaten bestehenden Pfändung der Botschaftskonten unbeeinträchtigt weiter stattfinde, davon auszugehen sei, dass diese keinen hoheitlichen Zwecken dienten, verfängt dies ebensowenig wie der weitere Einwand des Gläubigers, es befänden sich auf den Botschaftskonten erhebliche Guthaben in Millionenhöhe, die schon angesichts ihrer Höhe nicht nur der Deckung der als relativ gering anzusetzenden laufenden Ausgaben und Kosten der Botschaft der Schuldnerin dienen könnten.

Die Schuldnerin hat insofern nachvollziehbar und hinreichend dargelegt und durch Vorlage der Bestätigung des Botschafters vom 25. März 2003 hinreichend glaubhaft gemacht, dass die der Pfändung unterliegenden Konten der Abwicklung der Ausgaben und Kosten für die Einrichtung und Tätigkeit ihrer diplomatischen Mission dienen und dass die Pfändung der Konten den Botschaftsbetrieb schwerwiegend beeinträchtigen würde. Dies ist entgegen der Auffassung des Gläubigers ausreichend, auch wenn weder eine Versicherung des Botschafters an Eides Statt eingereicht wurde noch die Mitteilung des Botschafters eine genaue Aufschlüsselung der Guthaben bzw. Ausgaben und Kosten enthält. Denn an die Darlegungs- und Beweisführungslast der Schuldnerin sind insoweit keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 46, 342, 400; BGH Beschluss vom 28. Mai 2003 - IXa ZB 19/03 -). So verwehrt das allgemeine Völkerrecht zwar nicht, vom Entsendestaat zu verlangen, dass er glaubhaft macht, es handele sich bei einem Konto um ein Konto, das zur Aufrechterhaltung der Funktion seiner diplomatischen Vertretung dient; für Inhalt und Form dieser Glaubhaftmachung muss es der Gerichtsstaat von Völkerrechts wegen allerdings genügen lassen, wenn eine gehörige Versicherung durch ein zuständiges Organ des Entsendestaates erfolgt (BVerfG a.a.O; BGH Beschluss vom 28. Mai 2003 - IX a ZB 19/03 -, S. 10).

Dies ist hier gegeben: Wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Beurteilung einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit der diplomatischen Vertretung und wegen der latent gegebenen Missbrauchsmöglichkeit zieht das allgemeine Völkerrecht den Schutzbereich zugunsten des fremden Staates sehr weit und stellt auf die typische, abstrakte Gefahr, nicht aber auf die konkrete Gefährdung der Funktionsfähigkeit der diplomatischen Vertretung durch Maßnahmen des Empfangsstaates ab (BVerfGE 46, 342, 395).

Die abstrakte Gefahr ist danach hier anzunehmen, auch wenn der Botschaftsbetrieb trotz der seit nunmehr Monaten dauernden Pfändung jedenfalls nach außen hin unbeeinträchtigt erscheinen sollte, wie der Gläubiger vorträgt. Denn das Bundesverfassungsgericht hat bereits mit der Entscheidung vom 13. Dezember 1977 hierzu ausgeführt, dass es für die Frage der Immunität eines Entsendestaates zu Gunsten seiner diplomatischen Vertretung gerade nicht auf die wirtschaftliche Lage des Entsendestaates ankommt, ob er also etwa in der Lage ist, trotz der Pfändung von Forderungen aus einem allgemeinen laufenden Konto seiner Botschaft den Botschaftsbetrieb durch finanzielle Zuwendungen oder Leistungen, die auf anderen Wege erbracht werden, aufrechtzuerhalten. Es kommt insofern allein auf die abstrakte Gefährdung durch Vollstreckungsmaßnahmen dieser Art an. Sie ist bei den Rechtswirkungen, die ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nach deutschen Recht zu Lasten des Vollstreckungsschuldners und von Drittschuldnern auslöst, gegeben. Eine Unterscheidung nach der wirtschaftlichen Lage des Entsendestaates würde überdies zu einer unterschiedlichen Behandlung fremder Staaten im Bereich der diplomatischen Immunität führen können, die dem völkerrechtlichen Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten widerstritte (BVerfGE 46, 342; 402).

Auch der Umstand, dass die gepfändeten Konten nach Auskunft der Drittschuldnerin erhebliche Guthaben aufweisen, führt angesichts der vom Botschafter abgegeben Erklärung zu keinem anderen Ergebnis: Es würde eine völkerrechtswidrige Einmischung in die ausschließlichen Angelegenheiten des Entsendestaates darstellen, dem Entsendestaat ohne seine Zustimmung anzusinnen, das Bestehen oder die früheren, gegenwärtigen oder künftigen Verwendungszwecke von Guthaben auf einem Botschaftskonto darzulegen (BVerfGE a.a.O.)

Das streitbefangene Konsulatskonto unterfällt daher dem Schutz der besonderen diplomatischen Immunität.

(2)

Die Pfändung der Botschaftskonten ist mangels eines ausdrücklich erklärten Verzichts auf die besondere diplomatische Immunität unzulässig.

Der in § 12 Abs. 4 1. Teilabsatz der Anleihebedingungen, welche der titulierten Forderung zugrunde liegen, enthält einen Immunitätsverzicht, welcher nicht eindeutig ist. Nach der Klausel wird Verzicht auf derzeitige oder zukünftige "Immunität (aus hoheitlichen oder aus sonstigen Gründen)" erklärt. Aus dem Wortlaut ergibt sich nicht, welchen Umfang der Immunitätsverzicht hat, ob der Immunitätsverzicht sich auf die allgemeine Staatenimmunität oder auch auf die besondere diplomatische Immunität bezieht. Inhalt und Reichweite der Verzichtserklärung sind daher durch Auslegung zu ermitteln, §§ 133, 157 BGB; nach der gebotenen Auslegung bezieht sich der erklärte Immunitätsverzicht aber nur auf die allgemeine Staatenimmunität.

Soweit der Gläubiger darauf verweist, dass der Immunitätsverzicht ein umfassender sei, da ausdrücklich auf Immunität aus hoheitlichen und sonstigen Gründen und auch ohne Einschränkung im Zwangsvollstreckungsverfahren verzichtet werde, nicht zuletzt um trotz der zur Zeit der Ausgabe angespannten wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin so die Anleihe für den Anleger attraktiv zu gestalten, greift dies zu kurz, denn es gibt gerade kein einheitliches Rechtsinstitut der Immunität. Entscheidend kann somit entgegen der Ansicht des Gläubigers nicht allein sein, ob überhaupt (pauschal) ein Verzicht auf Immunität erklärt wurde. Bei der Auslegung des erklärten Immunitätsverzichts ist vielmehr zu berücksichtigen, dass Staatenimmunität und diplomatische Immunität verschiedene Institute des Völkerrechts mit jeweils eigenen Regeln sind, so dass von etwaigen Beschränkungen in einem Bereich nicht auf den anderen geschlossen werden kann. Die diplomatische Immunität stellt nicht nur einen Reflex der Immunität des Entsendestaates dar, sondern erklärt sich eigenständig aus dem besonderen Status des Diplomaten. Die Anwesenheit des Diplomaten auf dem Territorium des Empfangsstaates und seine Befugnis, dort für den Entsendestaat tätig zu werden, beruhen auf der Zustimmung des Empfangsstaates in Form des Agrement. Diese Zustimmung rechtfertigt die persönliche wie funktionelle diplomatische Immunität (BVerfGE 96, 68, 83, 84; Seidl-Hohenfeldern/Stein, Völkerrecht, 10. Auflage, Rz. 1462 und 1008 ff; Ipsen, Völkerrecht, 4. Auflage, § 26 R. 16 und 26; § 35 Rz. 34 ff).

Schutzzweck und Schutzwirkung unterscheiden beide Rechtsinstitute: während die Staatenimmunität auf der gleichberechtigten Souveränität der Staaten als Völkerrechtssubjekte beruhen ("par in parem non hebet imperium"), ist das Schutzgut der Vorrechte und Befreiungen des diplomatischen Verkehrs ein anderes, nämlich das Interesse der Völkergemeinschaft am diplomatischen Verkehr. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 10. Juni 1997 dazu ausgeführt:

Die Institution der Diplomatie mit ihren Privilegien und Immunitäten hat sich im Laufe der Jahrhunderte als unverzichtbares Instrument der effektiven Kooperation innerhalb der internationalen Gemeinschaft erwiesen, das es den Staaten erlaubt, unabhängig von ihren unterschiedlichen Verfassungs- und Sozialsystemen ein gegenseitiges Verständnis zu entwickeln und ihre Meinungsverschiedenheiten mit friedlichen Mitteln beizulegen (vgl. IGH, Diplomatie and Consular Staff <Order 15 XII 79> Fall, International Court of Justice-Reports of Judgements, Advisory Opinions and Orders <ICJ Rep> 1979, S. 6 <19>; IGH, Diplomatie and Consular Staff <Judgement> Fall, ICJ Rep. 1980, S. 1 >42 f.>. Die Komplexität der heutigen internationalen Gemeinschaft verlangt mehr denn je, dass die Regeln, die den geordneten Fortschritt der Beziehungen zwischen ihren Mitgliedern sichern, dauerhaft und mit größter Sorgfalt respektiert werden (vgl. IGH, Diplomatie and Counsular Staff <Judgement> Fall, ICJ Rep. 1980, S. 1 >43>). Zusätzlich ist die besondere Rolle der Gegenseitigkeit im Diplomatenrecht zu beachten: Jeder Empfangsstaat ist zugleich Entsendestaat; jede Einschränkung und jeder Verstoß gegen diplomatische Immunitäten und Vorrechte kann - rechtlich oder faktisch - auf die eigenen Diplomaten und ihre Angehörige im Ausland zurückwirken .... Die Regeln des Diplomatenrechts stellen deshalb eine in sich geschlossene Ordnung, ein sog. self-contained regime dar .... (BVerfGE 96, 68, 83 f). Diese Unterschiedlichkeit beider Rechtsinstitute der Immunität findet ihren Ausdruck auch in dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (BGBl. 1969 II, S. 1585) und dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (BGBl. II 1964 II, S. 959), welche die Kodifikation des zuvor lange Zeit auf gewohnheitsrechtlicher Tradition beruhenden Rechts der diplomatischen Vertretungen und dessen teilweise Fortentwicklung darstellen und teilweise fortentwickeln (Ipsen, Völkerrecht, 4. Auflage, § 35 Rz. 4; Doehring, Völkerrecht, Rz. 490).

Entgegen der vom Gläubiger vertretenen Ansicht ist der besondere Schutzbereich der diplomatischen Immunität von den Wiener Übereinkommen darin nicht abschließend definiert. Den Räumlichkeiten der diplomatischen Mission, ihrer Einrichtung und den sonstigen darin befindlichen Gegenständen sowie Beförderungsmitteln der diplomatischen Mission wird zwar ausdrücklich Immunität zuerkannt, diese Aufzählung von geschützten Vermögenswerten in den Wiener Übereinkommen ist aber nicht abschließend in dem Sinne, dass diese und weitere Vermögensgegenstände darüber hinaus nicht auch den völkerrechtlichen Immunitätsschutz der amtlichen Funktion der diplomatischen Vertretung des Entsendestaates genießen könnten (BVerfGE 42, 342, 396, 397). Vielmehr ist als allgemeine Regel des Völkerrechts anerkannt, dass Gegenstände, deren sich der Entsendestaat zur Wahrnehmung seiner diplomatischen Funktionen bedient, auch dann jedenfalls Immunitätsschutz genießen, wenn sie nicht unter den sachlichen oder räumlichen Anwendungsbereich der Unverletzlichkeitsregelung des Wiener Übereinkommens teilhaben (BVerfGE a.a.O.). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 1977 auch erkannt, dass Forderungen aus einem allgemeinen, laufenden Bankkonto, das der Entsendestaat für seine diplomatische Vertretung im Empfangsstaat unterhält und das zur Deckung und Abwicklung der Ausgaben und Kosten der Botschaft bestimmt ist, nach dem allgemeinen Völkerrecht an dem besonderen Schutz zugunsten diplomatischer Vertretungen teilhat, gerade weil sich dies aus dem Zweck des besonderen völkerrechtlichen Schutzes zugunsten diplomatischer Vertretungen ergibt (ebenso BGH Beschluss vom 28. Mai 2003 - IXa ZB 19/03 -).

Die in den Wiener Abkommen getroffenen Regelungen hinsichtlich eines Verzichts auf Immunität sind daher auch heranzuziehen, wenn es - wie hier - um eine Zwangsvollstreckung in Botschaftskonten geht, weil diese an den besonderen Vorrechten und Befreiungen des diplomatischen Verkehrs teilhaben. Sowohl Artikel 32 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen als auch Art. 45 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen sehen die Möglichkeit eines Immunitätsverzichts durch den Entsendestaat in Bezug auf die vom Diplomatenrecht besonders geschützten Vermögensgegenstände vor. Während Art. 32 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen einen ausdrücklich erklärten Verzicht verlangt, ist nach der Bestimmung des Art. 45 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen ein ausdrücklicher Verzicht erforderlich, welcher zusätzlich dem Empfangsstaat schriftlich mitzuteilen ist. Unabhängig davon, dass letztere Bestimmung sogar noch die Voraussetzung der Mitteilung gegenüber dem Empfangsstaat beinhaltet, ist in beiden Fällen jedenfalls ein ausdrücklicher Verzicht auf den besonderen Schutz der diplomatischen Vermögenswerte erforderlich.

Entsprechendes ergibt sich aus den Artikeln 18 und 19 des Entwurfs der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (International Law Commission) zur Staatenimmunität (Artikelentwürfe der ILC über die gerichtlichen Immunitäten der Staaten und ihres Eigentums, in YILC 1991 II (2), 12 ff) und dem dazu ergangenen Bericht der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen. Danach ist grundsätzlich ein Verzicht auf Vollstreckungsimmunität u.a. auch hinsichtlich Bankkonten, welche für Zwecke der diplomatischen Mission eines Staates oder seiner Konsularposten genutzt werden oder genutzt werden sollen, möglich. Allerdings gelten für die Annahme eines derartigen Verzichts strenge Voraussetzungen; dies folgt aus der amtlichen Erläuterung zu Art. 19 des Entwurfs der Völkerrechtskommission (Report of the International Law Commission on the work of ist 43rd Session, Document A/46/10, Yearbook of the International Law Commission 1991, vol 2, 9, 59). Darin heißt es ausdrücklich, dass ein allgemeiner Verzicht oder ein Verzicht in Bezug auf sämtliches in dem Territorium belegene Vermögen nicht ausreichend wäre, um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Vermögen zuzulassen, das dem besonderen Schutz der Wiener Konvention unterliegt.

Entgegen der Rechtsmeinung des Gläubigers dienen die Arbeiten der Völkerrechtskommission und der International Law Association der Feststellung von völkerrechtlichen Normen und sind deshalb Erkenntnisquelle des Völkerrechts (vgl. Art. 38 Abs. 1 des Statuts des Internationalen Gerichtshofes, BGBl. 1973 II, S. 505). Es ist deshalb im hier zu entscheidenden Fall dieser Bericht der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen ebenfalls zu berücksichtigen, denn dieser gibt den Stand des Völkergewohnheitsrechts wieder, das gemäß Art. 25 GG Teil der objektiven Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland ist.

Die danach an einen Immunitätsverzicht hinsichtlich der Zwangsvollstreckung in Botschaftskonten zu stellenden Anforderungen unterscheiden sich danach maßgeblich von den Anforderungen an einen Verzicht auf allgemeine Staatenimmunität.

(3)

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist hier der erklärte pauschale Verzicht der Schuldnerin auf Immunität nicht ausreichend, denn die besondere Schutzwürdigkeit der diplomatischen Aktivitäten erfordert (zumindest) einen explizit erklärten Verzicht des Entsendestaates auf Immunität hinsichtlich der Zwangsvollstreckung in Vermögen, welches dem besonderen Schutz der Wiener Übereinkommen unterliegt. Daran fehlt es hier aber schon, so dass es hier nicht darauf ankommt, ob über einen derart ausdrücklich erklärten

Verzicht hinausgehend etwa noch eine schriftliche Mitteilung an den Empfangsstaat - wie in Art. 45 Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen verlangt - erforderlich wäre, an der es hier gleichfalls fehlt.

So lässt sich aus der Stellung des erklärten Verzichts in dem ersten Teilabsatz der Regelung des § 12 Abs. 4 im Gegensatz zu dem zweiten Teilabsatz in § 12 Abs. 4 der Anleihebedingungen entgegen der Auffassung des Gläubigers nicht entnehmen, dass der im ersten Teilabsatz erklärte Verzicht ein umfassender Verzicht auch im Hinblick auf den besonderen diplomatischen Schutz sei, denn der zweite Absatz nimmt Vermögensgegenstände, die der Erbringung unverzichtbarer staatlicher Dienstleistungen gewidmet sind, von einer Pfändung durch argentinische Gerichte aus. Zwar enthält der erste Teilabsatz keinerlei derartige Einschränkung, aus dem Fehlen einer Einschränkung kann aber nach Ausfassung des erkennenden Senats nicht geschlossen werden; dass damit der Verzicht auf Immunität ein allumfassender sein sollte. Denn allein der Hinweis im zweiten Teilabsatz darauf, welche Vermögensgegenstände in der Rechtsordnung der Schuldnerin unpfändbar sind - welcher für den ausländischen Anleihegläubiger naturgemäß von besonderer Bedeutung ist - lässt - unter Anwendung des danach gebotenen restriktiven Ansatzes - nicht den Umkehrschluss zu, dass im Übrigen - also weltweit - besonders geschützte Vermögensgegenstände dem Zugriff der Anleihegläubiger preisgegeben werden sollen.

Ein Verzicht auf die besondere diplomatische Immunität kann auch nicht aus der Formulierung "aus hoheitlichen oder sonstigen Gründen" in der Verzichtsklausel entnommen werden. Dies folgt zum einen daraus, dass die Klausel sich nach ihrem Wortlaut schon nur allein auf "ihre Einkünfte, ihr Vermögen oder Eigentum" bezieht und die davon völlig unabhängigen Vorrechte und Befreiungen des diplomatischen Verkehrs unberührt lässt.

Zum anderen zielt das Merkmal der "hoheitlichen Gründe" erkennbar auf solche schwächeren Gründe, die aus der Souveränität der Schuldnerin folgen und kann sich daher nicht auf den im Interesse der Völkergemeinschaft liegenden, also völlig andersartigen und ungleich stärkeren Schutz der Vorrechte und Befreiungen des diplomatischen Verkehrs erstrecken.

Entsprechendes gilt für die in der Verzichtsklausel erwähnten "sonstigen Gründe", da dieses Merkmal neben dem Begriff "hoheitlichen" schon nach Wortlaut und Stellung nur noch schwächere und ergänzende Bedeutung zukommt.

Es scheidet die Annahme, mit dem Bezug auf "sonstige Gründe" sei der Schutz des diplomatischen Verkehrs gemeint, zudem schon deshalb aus, weil mit der Verwendung dieses Begriffs jedenfalls der gebotene ausdrückliche Verzicht nicht erklärt ist, denn ein expliziter Verzicht in dem dargestellten Sinne kann nur dann gegeben sein, wenn er auch unmissverständlich - also z.B. unter Nennung der betroffenen diplomatisch genutzten Vermögensgegenstände - formuliert ist. Dies ist mit "sonstigen Gründen" nicht ansatzweise gegeben.

Auch die Formulierungen "in bezug auf sich selbst" und "soweit sie dazu gemäß anwendbarem Recht berechtigt ist" in der Verzichtsklausel lassen eine Auslegung wie vom Amtsgericht vorgenommen, nicht zu, denn auch insofern fehlt der erforderliche ausdrückliche Verzicht bezüglich diplomatisch geschützter Vermögenswerte.

Ferner ist ebenfalls der Ansicht des Gläubigers, aus Sicht eines redlich denkenden, verständigen Anlegers unter Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt ergebe sich, dass die Verzichtsklausel ihm gestatte, die Vollstreckung ggf. auch in Konsularkonten zu betreiben, entgegenzutreten. Bei der Auslegung ist zu berücksichtigen, dass ein Verzicht auf die Vorrechte und Befreiungen des diplomatischen Verkehrs weltweite Geltung hätte mit der Folge, dass - gerade bei der vom Gläubiger behaupteten schon bekannten sehr angespannten finanziellen Situation der Schuldnerin bei Ausgabe der Anleihen - der Zugriff weltweit auf diplomatische Vermögenswerte möglich wäre und damit ggf. die außenpolitische und diplomatische Handlungsfähigkeit der Schuldner hätte massiv beeinträchtigt werden können. Dass eine derartige Auslegung auch bei dringendem Finanzierungsbedarf keinesfalls im Interesse eines Staates sein kann, liegt auf der Hand.

3.)

Anders als vom Amtsgericht Mitte in einem parallel gelagerten Fall mit Beschluss vom 10. September 2003 angenommen, ist nach Auffassung des Senats eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 GG nicht erforderlich.

Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ist gemäß Art. 100 Abs. 2 GG bei Zweifeln am Bestehen oder an Umfang und Tragweite einer allgemeinen Regel des Völkerrechts zulässig und geboten; auf deren unmittelbare Wirkung auf den Einzelnen kommt es - angesichts der Umsetzung in Art. 25 GG und abweichend vom Wortlaut des Art. 100 Abs. 2 GG - nicht an (vgl. BVerfG NJW 1963, 435, 436; BVerfG vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81, 2 BvR 679/81, 2 BvR 683/81; BVerfGE 64, 1; BVerfGE 96, 68). Das Gericht ist nicht nur dann zur Vorlage verpflichtet, wenn es selbst Zweifel über das Bestehen oder die Tragweite einer Regel des Völkerrechts hegt, sondern wenn es objektiv auf ernst zu nehmende Zweifel stößt, d.h. wenn das Gericht abweichen würde von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von Entscheidungen hoher deutscher, ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft (vgl. BVerfGE vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81, 2 BvR 679/81, 2 BvR 6837 81; BVerfGE 64, 1).

Allein der hier zu entscheidende Frage, ob die Schuldnerin durch den allgemein formulierten Immunitätsverzicht in den streitbefangenen Anleihebedingungen auf ihre Immunität auch bezüglich der Vollstreckung in ihre Botschaftskonten verzichtet hat, stellt keine derartige allgemeine Frage des Völkerrechts gemäß Art. 25 GG entscheidend ist, sondern betrifft lediglich eine Frage der Auslegung der im rechtsgeschäftlichen Bereich seitens der von der Schuldnerin in den Anleihebedingungen abgegebenen Verzichtserklärung gemäß §§ 133, 157 BGB.

Zweifel ergeben sich hinsichtlich der Erforderlichkeit eines ausdrücklich erklärten Verzichts auf die Vorrechte und Befreiungen des diplomatischen Verkehrs nicht, denn die Völkerrechtsquellen ergeben insofern ein einheitliches, übereinstimmendes Meinungsbild.

4.)

Wegen des gefundenen Ergebnisses kann der Senat damit offenlassen, ob der Vollstreckung in die Botschaftskonten ggf. (auch) die analoge Anwendung des § 882 a ZPO entgegenstünde.

5.)

Zur Vermeidung möglicher Rechtsverluste auf Gläubigerseite ist es geboten, die Wirksamkeit des Beschlusses bis zur Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung auszusetzen, § 570 Abs. 3 ZPO (BGHZ 66, 394, 395; OLG Köln MDR 1989, 464, 465).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Der Verfahrenswert ist entsprechend der Forderung, wegen der vollstreckt wird, auf 843.188,73 EUR festzusetzen.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da von einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle in der Bundesrepublik Deutschland auszugehen ist.

Ende der Entscheidung

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