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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 18.08.2003
Aktenzeichen: 26 U 32/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, GKG


Vorschriften:

ZPO § 270 Abs. 3 a.F.
ZPO § 313 a Abs. 1
ZPO § 339
ZPO § 511 Abs. 1
ZPO § 513 Abs. 2
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 700 Abs. 1
BGB § 106 Abs. 1 Nr. 1 a.F.
BGB § 196 Abs. 1 a.F.
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1 a.F.
BGB § 197 a.F.
BGB § 209 Abs. 2 Nr. 1 a.F.
BGB § 209 a.F.
BGB § 222 Abs. 1 a.F.
BGB § 421
BGB § 611 Abs. 1
BGB § 614 Satz 2
BGB § 670
GKG § 65 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 26 U 32/03

Verkündet am: 18.08.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 26. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2003 durch Richter am Kammergericht von Gelieu als Einzelrichter für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 18. Dezember 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 18 O 513/02 - geändert:

Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Wedding vom 28. Juni 2002 - 01-1219354-18-N-6 - wird in Höhe eines Betrages von 5.545,47 EUR aufrechterhalten.

Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Beklagte 30 % und die Klägerin 70 % zu tragen.

Die Kosten seiner Säumnis trägt der Beklagte allein.

Die Klägerin hat die durch die Anrufung des Landgerichts Ulm entstandenen Mehrkosten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer übersteigt für beide Parteien 20.000,00 EUR nicht.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die nach § 511 Abs. 1 ZPO statthafte Berufung des Beklagten ist zulässig, da sie gem. §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden ist.

Sie ist zum überwiegenden Teil auch begründet.

III.

Auf den nach §§ 700 Abs. 1, 339 ZPO statthaften und zulässigen Einspruch des Beklagten war der Vollstreckungsbescheid unter gleichzeitiger Abweisung der Klage aufzuheben, soweit die Klägerin den Beklagten auf Zahlung eines Verwalterhonorars nebst Nebenkostenpauschale für das Jahr 1997 sowie die Monate Januar bis November 1998 in Anspruch nimmt.

Den insoweit geltend gemachten Ansprüchen steht nach § 222 Abs. 1 BGB a.F. ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten entgegen, da die Ansprüche gem. § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. verjährt sind.

Soweit das Landgericht, ohne auf den Stand der Literatur und der Rechtsprechung erkennbar einzugehen, auf diese Ansprüche § 197 BGB a.F. angewendet hat, kann dem nicht gefolgt werden. Sowohl in der höchstrichterlichen Rechtsprechung als auch in der Literatur ist anerkannt, dass die Vorschrift des § 196 Abs. 1 BGB a.F. im Konkurrenzfall der Regelung in § 197 BGB a.F. vorgeht (BGHZ 91, 305 [309 f.]; Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Rdnr. 4 zu § 195 BGB). Es besteht kein sachlicher Grund, den Gläubiger eines der in § 196 Abs. 1 BGB a.F. genannten Ansprüche allein deshalb zu privilegieren, weil er seine Vergütung in Form regelmäßig wiederkehrender Zahlungen verlangen kann (BGH a.a.O.). Zudem nennt § 196 Abs. 1 BGB a.F. in Ziff. 6 sowie 9-13 Personenkreise, die auch bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs typischerweise ihre Vergütung bereits in regelmäßig wiederkehrender Weise beansprucht haben.

Die Honoraransprüche der Klägerin für das Jahr 1997 sowie für die Monate Januar bis November 1998 sind nach § 614 Satz 2 BGB vor dem 1. Januar 1999 fällig geworden. Gleiches gilt für die in § 4 des Hausverwaltervertrages geregelte Nebenkostenpauschale, die zwar keine Vergütung i.S.v. § 611 Abs. 1 BGB, sondern einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB darstellt, der allerdings ebenfalls der kurzen Verjährung nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. unterfällt (Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Rdnr. 11 zu § 196 BGB). Da er sich als Zulage zu dem Honoraranspruch darstellt, wird er ebenfalls mit diesem fällig.

IV.

Der Vollstreckungsbescheid war hingegen unter Zurückweisung der Berufung aufrechtzuerhalten, soweit der Beklagte sich gegen eine Inanspruchnahme in Höhe von 5.545,47 EUR (10.846,00 DM) zur Wehr setzt. Das Landgericht hat diesen Betrag der Klägerin im Ergebnis zu Recht zugesprochen, da die Ansprüche der Klägerin insoweit nicht verjährt sind. Die Verjährung ist gem. § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. i.V.m. § 270 Abs. 3 a.F. ZPO durch die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens unterbrochen worden.

Dem Landgericht kann allerdings nicht darin gefolgt werden, dass es offen gelassen werden kann, ob dem von der Klägerin eingereichten Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides bereits eine Gesellschafterliste beigefügt war. Wäre dem Mahnantrag eine Gesellschafterliste nicht beigefügt gewesen, hätte ein Prozessrechtsverhältnis vor dem 1. Januar 2002 lediglich gegenüber der Gesellschafterin G und der BGB-Gesellschaft selbst begründet werden können. Eine unmittelbare persönliche Inanspruchnahme des Beklagten wäre hierdurch noch nicht erfolgt, er wäre als Partei auch nicht bereits hinreichend bestimmbar gewesen, da nach der bei Beantragung des Mahnbescheides bereits veröffentlichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs in BGHZ 146, 341 die BGB-Außengesellschaft selbst parteifähig ist und sich aus ihrer gerichtlichen Inanspruchnahme gerade nicht ergibt, dass zugleich die jeweiligen Gesellschafter unmittelbar in Anspruch genommen werden sollen. Selbst unter Zugrundelegung einer vierjährigen Verjährungsfrist wären die Ansprüche der Klägerin für die Monate Januar bis November 1997 auf jeden Fall verjährt gewesen. Der Eintritt oder die Unterbrechung der Verjährung können dabei nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Partei anwaltlich vertreten ist.

Selbst wenn dem Landgericht grundsätzlich darin zuzustimmen ist, dass der Schuldner die Beweislast für den Eintritt der Verjährung trägt, kann dem nicht gefolgt werden, soweit der Anspruch objektiv verjährt ist und der Gläubiger der Einrede der Verjährung nur im Hinblick auf § 209 a.F. BGB entgegentreten kann. Insoweit ist es Aufgabe des Gerichts anhand der ihm vorliegenden Verfahrensakten zu prüfen, ob eine Unterbrechung der Verjährung unter Berücksichtigung von § 270 Abs. 3 ZPO a.F. erfolgt ist. Da der zur Streitakte übersandte Aktenauszug des Mahnverfahrens offenbar unvollständig war, wäre das Landgericht gehalten gewesen, die Originalakte des Mahnverfahrens anzufordern, zumal sich schon aus dem bei der Akte befindlichen Aktenausdruck des Mahngerichts ergibt, dass am 12. Februar 2002 einundzwanzig Mahnbescheidsentwürfe ausgedruckt worden waren, was dafür spricht, dass dem Amtsgericht Wedding als Mahngericht durchaus bekannt war, dass sich das Verfahren gegen insgesamt 21 Antragsgegner richten sollte. Aus der hier beigezogenen Akte 1219354-18N - 26 N des Amtsgerichts Wedding ergibt sich im Übrigen, dass die Gesellschafterliste bereits dem Mahnantrag beigefügt war. Dies hätte auch das Landgericht ohne größeren Aufwand herausfinden können.

Die Zustellung des Mahnbescheids ist auch alsbald i.S.v. § 270 Abs. 3 ZPO a.F. erfolgt. Die Klägerin hat die Verzögerung bei Erlass und Zustellung des Mahnbescheides nicht zu vertreten. Das bloße Unterlassen von Nachfragen, warum eine Zustellung noch nicht erfolgt sei, ist nicht als Verschulden anzusehen (BGH, NJW 1988, 1981 f.; Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl., Rdnr. 7 zu § 270 ZPO), sofern nicht eine Vorschussanforderung des Mahngerichts ausbleibt (ebd. Rdnr. 8 m.w.N.). Beim automatisierten Mahnverfahren ist die Zahlung des Kostenvorschusses nach § 65 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht Voraussetzung für den Erlass und die Zustellung des Mahnbescheides. Erst der Erlass eines Vollstreckungsbescheides ist von der Vorschusszahlung abhängig. Dass das Mahngericht nicht bereit war, die Mahnbescheide an die jeweiligen Antragsgegner zuzustellen oder Kopien der Gesellschafterlisten anzufertigen, ist der Klägerin nicht vorzuwerfen, da sie kraft Gesetzes weder verpflichtet war, einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen noch Kopien in dreistelliger Anzahl mit zu übersenden. Die Klägerin muss sich nicht zurechnen lassen, dass aufgrund der für das automatisierte Mahnverfahren vorgesehenen Antragsformulare die Inanspruchnahme von mehr als zwei natürlichen Personen als Antragsgegner mit erheblichen Verfahrensschwierigkeiten verbunden ist.

Durch die rechtzeitige Beantragung des Mahnbescheides konnte die Klägerin die Verjährung der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2001 unverjährt bestehenden Ansprüche auf Hausverwalterhonorar und Auslagenersatz gem. § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB a.F. unterbrechen. Die Unterbrechung der Verjährung bezieht sich dabei nicht allein auf die Honorarforderungen für die Monate Januar bis September 1999 in Höhe von 7.650,00 DM netto, sondern auch auf das Honorar für den Monat Dezember 1998. Das Honorar für Dezember 1998 ist gem. § 614 Satz 2 BGB erst zum 1. Januar 1999 fällig geworden, weshalb der Honoraranspruch auch insoweit erst mit Ablauf des 31. Dezember 2001 gem. § 106 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. verjähren konnte. Aus dem Wortlaut des § 614 Satz 2 BGB ergibt sich eindeutig, dass eine nach Zeitabschnitten bemessene Vergütung erst nach Ablauf des Zeitabschnitts fällig wird, für den sie zu zahlen ist. Das bedeutet, dass das Verwalterhonorar für den Monat Dezember 1998 erst am 1. Januar 1999 fällig werden konnte (vgl. auch Staudinger-Richardi, Rdnr. 12 zu § 614 BGB).

Auch die Nebenkostenpauschale von 85,00 DM netto für den Monat Dezember 1998 ist erst zum 1. Januar 1999 fällig geworden. Die Klägerin muss sich nicht entgegenhalten lassen, sie habe diese Pauschale nicht bereits im Dezember 1998 aus den Mieteinnahmen entnommen. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin zu einer derartigen Entnahme im Hinblick auf die übrigen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien überhaupt berechtigt gewesen wäre. Die Auslagenpauschale kann regelmäßig erst mit dem Verwalterhonorar fällig werden, da es sich insoweit um eine Nebenleistung zu dem Vergütungsanspruch der Klägerin handelt, welche die Leistungserbring voraussetzt. Soweit der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung in Frage gestellt hat, ob die Auslagenpauschale überhaupt neben dem Verwalterhonorar verlangt werden könne, war auf dieses Vorbringen - nachdem erstinstanzlich die Anspruchshöhe grundsätzlich nicht beanstandet worden ist und die Klägerin einen derartigen Inhalt des Hausverwaltungsvertrages bestritten hat - eine Auflage zur näheren Substanziierung des Sachvortrages nicht zu erteilen. Es handelt sich insoweit um ein neues Verteidigungsmittel, das nach § 513 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen war. Eine entsprechende Vertragsauslegung hätte bereits in erster Instanz unter Beweisantritt erfolgen müssen, da sie sich nicht eindeutig aus dem Vertrag ergibt. Die in § 4 des vorformulierten Hausverwaltervertrages enthaltene Regelung sieht drei Alternativen hinsichtlich der Abrechnung von Nebenkosten vor, welche darin bestehen, dass diese entweder zum Einzelnachweis, zu einem Festbetrag oder zu einem anteiligen Teilbetrag des Verwalterhonorars abzurechnen sind. Die Parteien des Hausverwaltervertrages haben sich dahin geeinigt, dass die Auslagen nach einem Prozentsatz des Honorars zu vergüten sind.

Hierdurch wird deutlich, dass Auslagen zusätzlich zum Honorar der Klägerin zu erstatten sind.

Insgesamt berechnet sich die unverjährte Honorarforderung der Klägerin aus §§ 611 Abs. 1, 421 BGB i.V.m. §§ 3, 4 des Hauverwaltervertrages deshalb wie folgt:

Der Klägerin steht ein Nettohonorar von monatlich 850,00 DM für 10 Monate gegen die BGB-Gesellschaft und ihre Gesellschafter als Gesamtschuldner i.H.v. 8.500,00 DM zu. Hinzu kommt die Auslagenpauschale von anteilig 850,00 DM für zehn Monate. Zu dem Gesamtbetrag von 9.350,00 DM ist die gesetzliche Mehrwertsteuer von 16 % zu addieren, so dass sich eine Bruttoforderung von 10.846,00 DM ergibt. Dieser Betrag entspricht 5.545,47 EUR, in dieser Höhe war der Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 281 Abs. 3, 344 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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