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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 01.09.2009
Aktenzeichen: 27 U 76/08
Rechtsgebiete: BGB, AVB FernwärmeV
Vorschriften:
BGB § 309 Nr. 9 | |
BGB § 310 Abs. 2 | |
BGB § 310 Abs. 3 | |
AVB FernwärmeV § 32 Abs. 1 |
Kammergericht
Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 27 U 76/08
verkündet am: 01.09.2009
In dem Rechtsstreit
hat der 27. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 01.09.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Kowalski, die Richterin am Amtsgericht Krumrey und die Richterin am Kammergericht Saak
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29.04.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 22 O 473/07 - geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Frage, ob die zehnjährige Bindungsfrist in dem Wärmelieferungsvertrag vom 17.9.2002 über das Objekt DDDDDDDDDDDD wirksam vereinbart ist oder ob der Vertrag durch die Kündigung aus dem Jahr 2005 beendet werden konnte. In dem genannten Vertrag verpflichtete sich die Beklagte, das Grundstück/Gebäude mit Wärme für Heizung und Warmwasser aus einer im Eigentum des Grundstückseigentümers stehenden Heizstation gemäß der AVB FernwärmeV, deren Geltung im Vertrag vereinbart war, zu versorgen. Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien bis zum Abschluss der ersten Instanz wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Wärmelieferungsvertrag zwischen den Parteien zum 31.12.2007 wirksam gekündigt ist und zu diesem Zeitpunkt endete, weil die zehnjährige Laufzeit nicht wirksam vereinbart worden sei. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Ansicht, dass die zehnjährige Bindungsfrist aufgrund der Geltung der AVB FernwärmeV für den streitgegenständlichen Vertrag wirksam vereinbart sei.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist begründet.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass ein Vertrag entsprechend dem mit der Klageschrift eingereichten Wärmelieferungsvertrag über das Grundstück aaaaaaaaaaa für das hiesige Grundstück abgeschlossen worden ist und dass die Klägerin den ursprünglich mit der Voreigentümerin geschlossenen Vertrag übernommen hat. Zwar beanstandet die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung, dass das Landgericht dies als unstreitig angesehen hat, sie trägt aber keinen anderen Sachverhalt vor. Insbesondere legt sie selbst keinen schriftlichen Vertrag über das Objekt vor und behauptet auch nicht, dass sich der streitgegenständliche Vertrag von dem vorgelegten Vertrag über das Objekt unterscheide.
Die Vereinbarung der zehnjährigen Laufzeit des Vertrages ist wirksam, denn gemäß § 32 Abs. 1 AVB FernwärmeV darf die Laufzeit von Versorgungsverträgen, die dieser Verordnung unterliegen, 10 Jahre betragen. Soweit die Klägerin meint, in dem Vertrag sei eine längere Laufzeit als 10 Jahre vereinbart, weil es in § 12 Abs. 1 heißt, die Laufzeit dieses Vertrages betrage ab dem ersten des auf die Vertragsunterzeichnung folgenden Monats 10 Jahren, kann dem nicht gefolgt werden, denn die Laufzeit begann danach nicht mit der Unterzeichnung am 17.9.2002, sondern erst am 1.10.2002 und beträgt ab diesem Zeitpunkt 10 Jahre.
Der weitere Einwand der Klägerin, der Vertrag betreffe nicht die Lieferung von Fernwärme im Sinne der AVB FernwärmeV, greift nicht durch. Was unter dem Begriff Fernwärme zu verstehen ist, ist umstritten (vergleiche die Zusammenstellung der unterschiedlichen Ansichten in BGH NJW 1990, 1181 unter B. I 3.b)aa)). Einigkeit besteht darüber, dass die Begriffsbestimmung im Sinne der AVB FernwärmeV sachlich im Einklang mit der Terminologie und dem Regelungsgehalt der HeizkostenV steht (vergleiche Schubart NJW 1985, 1682 ff unter II.3.). In der amtlichen Begründung zu § 1 Abs. 1 HeizkostenV (BR-Dr 632/80, S. 17) heißt es, dass eine Wärmelieferung dann als Fernwärme anzusehen sei, wenn sie nicht vom Gebäudeeigentümer, sondern von einem Dritten erfolge und dieser die Wärmelieferung nach den Vorschriften der AVB FernwärmeV vornehme; erfasst seien damit sowohl die herkömmlichen Fernwärmeversorgungsunternehmen, wie auch diejenigen Unternehmen, die es übernommen haben, die Heizungsanlage des Gebäudeeigentümers für diesen im eigenen Namen und für eigene Rechnung zu betreiben. Danach steht der Annahme von Fernwärme nicht entgegen, dass - wie hier - die Heizungsanlage im Eigentum des Gebäudeeigentümers steht. Unter der Geltung der HeizkostenV aus den Jahren 1981/1984 war dies allerdings umstritten, weil in § 1 Abs. 1 Nr. 1. und 2. HeizkostenV der Betrieb zentraler Heizungsanlagen einerseits der Lieferung von Fernwärme andererseits gegenübergestellt waren, woraus geschlossen wurde, dass Fernwärme dann nicht vorliegen könne, wenn die Wärmelieferung aus dem Betrieb der zentralen Heizungsanlage des Gebäudeeigentümers erfolgte (BGH NJW 1986, 3195, Rn 23 f nach juris). Nach Änderung der HeizkostenV zum 1.3.1989 können diese Bedenken nicht mehr aufrechterhalten werden, da es nunmehr in § 1 Abs. 1 Nr. 2 heißt: "eigenständige gewerbliche Lieferung von Wärme und Warmwasser, auch aus Anlagen nach Nr. 1 (Wärmelieferung, Warmwasserlieferung)". Nach der amtlichen Begründung der Verordnung (BR Dr 494/88, S. 19, 21, 22) soll dadurch jede Art der eigenständigen gewerblichen Wärmelieferung abgedeckt sein, ohne Rücksicht darauf, ob sie in Lieferverträgen als Direkt-, Nah- oder Fernlieferung deklariert wurde und damit Nah- und Direktwärmeversorgungskonzepte der Fernwärmelieferung rechtlich gleichgestellt seien. Unter Hinweis auf diese Änderung der HeizkostenV hat der BGH (NJW 1990, 1181/1183) seine oben zitierte Entscheidung aus dem Jahre 1986 in Frage gestellt, brauchte die hiesige Fallkonstellation dort aber nicht zu entscheiden, da die Heizungsanlage nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers stand. Er hat aber deutlich zu erkennen gegeben, dass nach der Änderung der HeizkostenV 1989 auch die Fälle, in denen die Heizungsanlage im Eigentum des Gebäudeeigentümers steht unter den Begriff Fernwärme zu subsumieren sein werden. Dem folgt der Senat, weil es sich im vorliegenden Fall um eine eigenständige gewerbliche Wärmelieferung handelt. Die Beklagte trägt das unternehmerische Risiko der Brennstoffbeschaffung und des ordnungsgemäßen Betriebes der Heizanlage die sie während der Laufzeit des Vertrages ordnungsgemäß zu warten, zu pflegen und zu reparieren hat. Sie hat an einer festgelegten Übergabestelle die Wärme zu übergeben. Dass die Klägerin als Eigentümerin die Heizanlage zur Verfügung gestellt und auch für die bauliche Instandhaltung des Heizraumes sowie Ersatzinvestitionen verantwortlich ist, steht der Annahme einer Fernwärmelieferung nicht entgegen. Dafür spricht auch die Entscheidung des BGH (NJW 2006, 1667 mwN), wonach das tragende Element allein die Versorgung anderer sei und auch der Lieferant, der selbst überhaupt nicht produziert, unter die AVB FernwärmeV falle. Voraussetzung sei auch nicht, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Verbraucher auf einem größeren Gebiet versorgt werde. Aus dieser Entscheidung kann dagegen nicht abgeleitet werden, dass nur dann Fernwärme vorliegt, wenn aus einer nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehenden Heizungsanlage von einem Dritten eigenständig Wärme produziert wird. Der BGH (a.a.O. Rn 22 nach juris) führt dort zwar - unter Zitierung früherer Entscheidungen - aus, dass es sich nach seiner Rechtsprechung um Fernwärme handele, wenn aus einer nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehenden Heizungsanlage von einem Dritten Wärme produziert und an andere geliefert werde. Es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er das Vorliegen von Fernwärme auf diese Fälle beschränken wollte, denn weder in der genannten Entscheidung noch in den vom BGH zitierten früheren Entscheidungen bestand Anlass, zu der Fallkonstellation wie sie hier vorliegt, Ausführungen zu machen. Deshalb kann der Entscheidung nicht entnommen werden, dass Fernwärme nur dann vorliege, wenn die Heizungsanlage nicht im Eigentum des Gebäudeeigentümers steht.
Da es sich nach den vorstehenden Ausführungen bei dem streitgegenständlichen Vertrag um einen solchen über die Lieferung von Fernwärme handelt und die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von der AVB FernwärmeV abweichen, stellt sich die von den Parteien diskutierte und im angefochtenen Urteil ausführlich erörterte Frage, ob die vereinbarte Laufzeit von 10 Jahren gemäß § 309 Nr. 9 BGB unwirksam ist, nicht, weil diese Vorschrift gemäß § 310 Abs. 2 und 3 BGB auf den vorliegenden Wärmelieferungsvertrag keine Anwendung findet.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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