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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 10.11.2009
Aktenzeichen: 27 W 100/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 412
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 27 W 100/09

In dem Rechtsstreit

hat der 27. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Kowalski, die Richterin am Kammergericht Dr. Caasen-Barckhausen und die Richterin am Landgericht Schwerdtfeger am 10. November 2009 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 31. Juli 2009 - 103 OH 2/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Wert der Beschwerde wird auf bis zu 260.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin beantragte unter dem 26. August 1999 die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung von Mängeln an der Fassade im Atrium des Bauvorhabens .... Das Verfahren richtete sich zunächst gegen die Antragsgegnerin zu 1), die die Fassadenverkleidung für einen vereinbarten Pauschalpreis von 1.500.000 DM (766.937,82 EUR) ausführte. Später erweiterte die Antragstellerin das Beweisverfahren auch gegen die Antragsgegner zu 2) bis 8), die ebenfalls jeweils in Teilen mit der Erstellung der Atriumsfassade befasst waren. Bei dem für die Fassadenverkleidung verwendeten Material handelte es sich um eine funierte mineralische Faserplatte.

Das Landgericht hat am 16. September 1999 einen entsprechenden Beweisbeschluss erlassen und den von der Antragstellerin vornehmlich vorgeschlagenen Sachverständigen ... bestellt.

Der Sachverständige erstattete zunächst ein schriftliches Gutachten mit Datum vom 04. Juli 2000.

Auf die Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten hat das Landgericht die schriftlichen Ergänzungsgutachten I vom 22. März 2002 und II vom 14. Juli 2005 des Sachverständigen eingeholt. Auf den Antrag der Antragstellerin auf Anhörung des Sachverständigen hat dieser sein Ergänzungsgutachten II im Termin am 03. Februar 2006 mündlich im Hinblick auf die von der Antragstellerin sowie der Antragsgegnerin zu 1) aufgeworfenen Fragen erläutert.

Im Anschluss daran hat das Landgericht aufgrund der weiteren Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten die Ergänzungsgutachten III vom 14. November 2006, IV vom 16. August 2007 und V vom 02. März 2009 durch den Sachverständigen erstellen lassen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgenannten schriftlichen Sachverständigengutachten Bezug genommen.

Das Ergänzungsgutachten V ist der Antragstellerin am 16. März 2009 zugegangen. Mit Schriftsatz vom 27. März 2009 hat sie um Frist zur Stellungnahme bis zum 16. Juni 2009 gebeten, da sie zur Überprüfung des Ergänzungsgutachtens V einen Sachverständigen hinzuziehen wolle. Eine konkrete Fristsetzung hat das Landgericht nicht vorgenommen. Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2009 hat die Antragstellerin eine Neubegutachtung durch einen anderen Sachverständigen, hilfsweise die Anhörung des Sachverständigen und dann ggf. Neubegutachtung oder ergänzende Begutachtung begehrt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den vorgenannten Schriftsatz verwiesen.

Diesen Antrag hat das Landgericht mit Beschluss vom 31. Juli 2009 (Bl. 130 ff Bd. VI d.A.) zurückgewiesen. Der Antrag auf Neubegutachtung durch einen anderen Sachverständigen sei verspätet und rechtsmissbräuchlich, weil die Bestellung des Sachverständigen auf einem Vorschlag der Antragstellerin beruhe und die Antragstellerin dessen nunmehr vermeintliche Ungeeignetheit bereits nach dem Vorliegen des Erstgutachtens hätte geltend machen müssen. Auch der Hilfsantrag sei verspätet, weil angeblich aufklärungsbedürftige Fragen bereits nach Vorliegen des ersten Gutachtens hätten gestellt werden können.

Gegen diesen den Bevollmächtigten der Antragstellerin am 11. August 2009 zugestellten Beschluss haben diese mit einem am 25. August 2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Antragstellerin ist insbesondere der Ansicht, die Überprüfung des Ergänzungsgutachtens V habe ergeben, dass der Sachverständige in seinen früheren Gutachten von einem falschen Material der verwendeten Platten ausgegangen sei, weshalb die Grundannahmen sämtlicher Gutachten falsch seien. Im Übrigen greift sie einzelne Aussagen des Sachverständigen in dem Ergänzungsgutachten V an. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Schriftsätze vom 25. August 2009 und 21. September 2009 Bezug genommen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Neubegutachtung durch einen anderen Sachverständigen, hilfsweise Anhörung und anschließende Neubegutachtung.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 23. September 2009 nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Über die sofortige Beschwerde war durch den Senat in der gemäß § 122 GVG vorgeschriebenen Besetzung und nicht durch den Einzelrichter gemäß § 568 Abs. 1 ZPO zu entscheiden, weil die angefochtene Entscheidung nicht von einem Einzelrichter im Sinne dieser Vorschrift erlassen wurde. Der nach § 349 Abs. 2, 3 ZPO an Stelle der Kammer entscheidende Vorsitzende einer Kammer für Handelssachen ist nicht Einzelrichter im Sinne von § 568 Satz 1 ZPO (BGH, Beschluss v. 20.10.2003 - II ZB 27/02, zitiert nach juris; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 568, Rn. 3 m.w.N.).

1.

Soweit die Antragstellerin in der Hauptsache eine Neubegutachtung durch einen anderen Sachverständigen begehrt, ist die sofortige Beschwerde nicht statthaft.

Gemäß § 567 Abs. 1 ZPO findet die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Landgerichte statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist, oder wenn es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidung handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(a) Die Zurückweisung des Antrags auf Neubegutachtung durch einen anderen Sachverständigen stellt sich als eine Entscheidung des Landgerichts gemäß § 412 ZPO dar. Aus dieser Vorschrift ergeben sich die Voraussetzungen, unter denen das Gericht ein neues Sachverständigengutachten einholen kann. Sie findet gemäß § 492 Abs. 1 ZPO auch im selbständigen Beweisverfahren Anwendung. Eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts nach § 412 ZPO ist im Gesetz nicht vorgesehen.

(b) Ein Beschwerderecht ist auch nicht nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gegeben. Für das Hauptsacheverfahren ist allgemein anerkannt, dass diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, wenn es sich um eine Entscheidung des Gerichts von Amts wegen handelt, selbst wenn mit ihr zugleich ein "Antrag" der Partei ablehnend beschieden wird (BGH, Beschluss v. 27.01.2004 - VI ZB 33/03, zitiert nach juris; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 567, Rn. 31, 35).

Aus diesem Grund unterliegt nach ganz überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur die Zurückweisung eines in einem selbständigen Beweisverfahren gestellten Antrags auf eine erneute Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen gemäß § 412 ZPO nicht der sofortigen Beschwerde (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30.01.2009 - 1 W 3/09; Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss v. 10.02.2009 - 16 W 18/09 - und v. 20.02.2003 - 16 W 14/03; OLG Zweibrücken, Beschluss v. 08.10.2008 - 8 W 49/08; OLG Rostock, Beschluss v. 17.03.2008 - 3 W 28/08; Thüringer OLG, Beschluss v. 18.04.2007 - 7 W 119/07; OLG Koblenz, Beschluss v. 30.01.2007 - 5 W 71/07; OLG Köln, Beschluss v. 28.05.2001 - 11 W 16/01 - und v. 28.04.1999 - 19 W 15/99; OLG Hamm, Beschluss v. 16.03.2001 - 20 W 32/00; OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 20.09.1999 - 6 W 48/99; alles zitiert nach juris; Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl., § 412, Rn. 4; Stein/Jonas-Leiphold, ZPO, 22. Aufl., § 412, Rn. 21; MünchKomm-Zimmermann, ZPO, 3. Aufl., § 412, Rn. 5; Musielak/Huber, ZPO, 7. Aufl., § 412, Rn. 5).

Soweit nach einer teilweise vertretenen anderen Auffassung gegen die Ablehnung einer erneuten Begutachtung gemäß § 412 ZPO im selbständigen Beweisverfahren der Beschwerdeweg eröffnet sein soll (OLG Stuttgart, Beschluss v. 04.08.2008 - 10 W 38/08; OLG Frankfurt, Beschluss v. 07.12.2007 - 4 W 64/07, beides zitiert nach juris), überzeugt dies den Senat nicht. Die Voraussetzung des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO liegt nicht deshalb vor, weil das Gericht zwar im Hauptsacheverfahren, nicht aber im selbständigen Beweissicherungsverfahren von Amts wegen eine Entscheidung nach § 412 ZPO zu treffen hätte (so OLG Frankfurt, Beschluss v. 07.12.2007 - 4 W 64/07, zitiert nach juris). Gemäß § 492 ZPO findet § 412 ZPO im selbständigen Beweissicherungsverfahren Anwendung, so dass das Gericht auch im selbständigen Beweissicherungsverfahren von Amts wegen eine Entscheidung nach § 412 ZPO zu treffen hat, die einen Antrag einer Partei nicht voraussetzt.

Die Beweismöglichkeiten im selbstständigen Beweisverfahren sollen gemäß § 485 Abs. 3 ZPO nicht weiter gehen als im Hauptprozess. Es ist anerkannt, dass im Hauptprozess gemäß § 355 Abs. 2 ZPO grundsätzlich eine Beschwerde gegen einen Beweisbeschluss des Prozessgerichts nicht zulässig und dieser Beschluss nicht selbstständig anfechtbar ist (vgl. BGH, Beschluss v. 04.07.2007 - XII ZB 199/05, zitiert nach juris; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 355, Rn. 7). Es ist kein überzeugender Grund ersichtlich, den Beteiligten im Beweissicherungsverfahren eine im Hauptsacheverfahren nicht gegebene Beschwerdemöglichkeit einzuräumen. Schließlich steht die selbständige Beweisaufnahme einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich, § 493 Abs. 1 ZPO. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 412 ZPO ist dann gegebenenfalls durch das im Hauptsacheverfahren zuständige Gericht zu überprüfen (BGH, Beschluss v. 13.09.2005 - VI ZB 84/04).

Zwar hat der Bundesgerichtshof die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Gesuchs auf Anhörung eines Sachverständigen im selbständigen Beweissicherungsverfahren für statthaft erachtet, weil es sich um eine Entscheidung handele, die das Verfahren weitgehend abschließe und die deshalb nicht erst in einem möglicherweise folgenden Rechtsstreit zur Hauptsache geklärt werden könne (BGH, Beschluss v. 13.09.2005 - VI ZB 84/04, zitiert nach juris). Aber auch wenn eine ablehnende Entscheidung nach § 412 ZPO im selbständigen Beweissicherungsverfahren ebenfalls abschließenden Charakter haben kann, kann dieser Streit ohne weiteres in das Hauptsacheverfahren verlagert werden. Anders als bei einem Antrag auf mündliche Anhörung des Sachverständigen nach §§ 402, 397 ZPO, über den das Gericht grundsätzlich ohne Einräumung eines Ermessens zu entscheiden hat, hat das Gericht bei der Entscheidung nach § 412 ZPO pflichtgemäßes Ermessen auszuüben. Insofern erscheint eine unterschiedliche Beurteilung der Beschwerdemöglichkeiten in beiden Fällen gerechtfertigt.

2.

Überdies wäre die Beschwerde hinsichtlich des Hauptantrags unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 412 ZPO nicht vorliegen. Umstände, die die erstellten Gutachten ungenügend erscheinen lassen könnten, sind weder ersichtlich noch durch die Antragstellerin dargetan (dazu nachfolgend unter 3.).

3.

Soweit die Antragstellerin hilfsweise die Anhörung des Sachverständigen und anschließende Neubegutachtung beantragt hat, ist die Beschwerde im Hinblick auf die beantragte Anhörung zwar zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, § 569 Abs. 1 und 2 ZPO.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Die Zurückweisung des Antrags auf Anhörung des Sachverständigen durch das Landgericht ist nicht zu beanstanden.

Die Parteien haben zwar auch im selbständigen Beweissicherungsverfahren zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs gemäß §§ 492 Abs. 1, 402, 397 ZPO das Recht, den Sachverständigen mündlich zu hören, auch wenn das Gericht gemäß § 411 Abs. 3 ZPO keinen Klärungsbedarf sieht (BGH, Beschluss v. 22.05.2007 - VI ZR 233/06 -; Beschluss v. 08.11.2005 - VI ZR 121/05 - und v. 13.09.2005 - VI ZB 84/04 -; Urteil v. 29.10.2002 - VI ZR 353/01; Urteil v. 22.05.2002 - VI ZR 268/00; Urteil v. 17.12.1996 - VI ZR 50/96; OLG Stuttgart, Beschluss v. 25.03.2002 - 1 W 12/02; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 14.05.1999 - 19 W 18/99, zitiert nach juris). Allerdings ergeben sich Beschränkungen des Fragerechts in Fällen der Verspätung, des Rechtsmissbrauchs und der Prozessverschleppung oder wenn die angekündigten Fragen sachlich abwegig oder beweisrechtlich insgesamt unerheblich sind (BGH, Urteil v. 18.06.1997 - XII ZR 96/95 und v. 17.12.1996 - VI ZR 50/96; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 14.05.1999 - 19 W 18/99; OLG Oldenburg, Urteil v. 18.03.1997 - 5 U 3/96).

Einem Antrag auf erneute mündliche Anhörung des Sachverständigen ist allerdings stattzugeben, wenn es auf Grund neuer sachlicher Einwendungen gegen das schriftliche oder mündliche Gutachten einer weiteren sachverständigen Stellungnahme bedarf (BGH, Urteil v. 03.06.1986 - VI ZR 95/85 - zitiert nach juris).

Wird ein Antrag auf mündliche Gutachtenerläuterung aber erst nach Einholung eines oder mehrerer schriftlicher Ergänzungsgutachten gestellt, sind an dessen Begründung strengere Anforderungen zu stellen. Es genügt nicht, dass die Partei allgemein angibt, in welche Richtung sie im Rahmen der Anhörung eine weitere Abklärung herbeizuführen wünscht. Die Partei muss vernünftige Gründe angeben, weshalb trotz der Gutachtenergänzung objektiv weiterer Klärungs- und Erläuterungsbedarf besteht (Saarländisches OLG, Urteil v. 25.02.2004 - 1 U 422/03, zitiert nach juris).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das Landgericht zu Recht unter dem Gesichtspunkt der Verspätung keinen Anlass gesehen, den Sachverständigen erneut zur mündlichen Erläuterung seiner schriftlichen Gutachten zu laden. Sämtliche von der Antragstellerin aufgeworfenen Fragen sind bereits schriftlich beantwortet und die Antragstellerin hätte ihr Fragerecht bei der bereits erfolgten Anhörung des Sachverständigen ausüben können. Denn entgegen ihrer Ansicht erhebt sie gerade keine neuen sachlichen Einwendungen gegen das Ergänzungsgutachten V, die eine erneute mündliche Anhörung des Sachverständigen rechtfertigen könnten.

(a) Zu den einzelnen mit Schriftsatz vom 21. September 2009 formulierten Fragen ist Folgendes anzumerken:

Frage 1

Zu der unterschiedlichen Bezeichnung des Materials hat der Sachverständige bereits in seinem Erstgutachten vom 04. Juli 2000 Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass die in Rede stehenden Platten von den Verfahrensbeteiligten unterschiedlich bezeichnet werden (S. 3: z.B. Holzwand, Thermax-Platten). Er weist darauf hin, in seinen weiteren Ausführungen gemäß dem gerichtlichen Beschluss vom 16. September 1999 die Bezeichnung "Holzwand" und "Platten" zu verwenden. Der Einwand der Antragstellerin, der Sachverständige sei von einem völlig anderen Material - nämlich von funierten Holzplatten anstatt richtigerweise von mineralischen Fassadenplatten (Vermiculitplatten des Herstellers Thermax) - ausgegangen, ist dadurch widerlegt. Der Sachverständige bezeichnet die untersuchte Platte im Erstgutachten auch als "Brandschutzplatte" (S. 7 und Anlage F zum Erstgutachten). Im Ergänzungsgutachen I vom 22. März 2002 (Seite 18, 21) spricht er von "Thermax-Platte". Zudem ergibt sich eindeutig aus dem Lichtbild Nr. 52 zum Erstgutachten vom 04. Juli 2000, mit dem der Sachverständige die Bruchstelle einer von ihm untersuchten Platte dokumentiert, dass es sich nicht um reine Holzplatten handelt. Im Zusammenhang mit den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen erscheint der Einwand der Antragstellerin, dass der Sachverständigen bei seinen Feststellungen nicht von dem zutreffenden Plattenmaterial ausgegangen sei, abwegig.

Frage 2

Diese Frage bezieht sich aus den vorgenannten Gründen nicht auf einen durch das Ergänzungsgutachten V aufgeworfenen neuen Aspekt. Sie ist auch in ihrer Allgemeinheit für die Beantwortung der Beweisfrage völlig unerheblich, weil es allein auf die Eigenschaften des hier verwendeten Materials ankommt, und hätte bereits im Rahmen der bereits erfolgten mündlichen Anhörung des Sachverständigen geklärt werden können.

Frage 3

Die Frage der Systemvorgaben des Plattenherstellers Thermax hat der Sachverständige bereits in dem Ergänzungsgutachten I (S. 24) und im Ergänzungsgutachten II vom 14. Juli 2005 (S. 18) beantwortet. Aus dem Ergänzungsgutachten V ergibt sich nichts Neues, was nicht bei der bereits erfolgten mündlichen Anhörung im Anschluss an das Ergänzunggutachten II hätte erörtert werden können. Bereits im Erstgutachten vom 04. Juli 2000 führt der Sachverständige aus, dass eine stabilere Ausführung der Unterkonstruktion mit einem Ausgleich für Verformungen und Unebenheiten der Platten zu einer Schadensminimierung geführt hätte (Ziffer 1.3: S. 6 f, 8; Ziffer 1.4 und 2: S. 9; Ziffer 3: Seite 10; Ziffer 1.2.2: Seite 13 f, 16 f). Auf das Verformungsverhalten der Platten ist der Sachverständige hier ebenfalls bereits eingegangen (Ziffer 1.2.2: Seite 12).

Frage 4

Hinsichtlich der Grundannahme des Sachverständigen zu dem verwendeten Material sowie der Unterkonstruktion gilt das Vorstehende zu den Fragen 1 und 3.

Frage 5

Die Frage der Vergleichbarkeit von Türen und mit den hier verwendeten mineralischen Faserplatten ist kein neuer sachlicher Einwand, der aus dem vorgelegten Ergänzungsgutachten V resultiert und die Anhörung des Sachverständigen rechtfertigen könnte. Bereits im Erstgutachten hat der Sachverständige im Zusammenhang mit Ausführungen zur Ebenmäßigkeit von Flächen beispielhaft auf Türblätter verwiesen. Dies hat er in dem Ergänzungsgutachten II (Seite 6 f) hinsichtlich der Verformung von Türblättern und den streitgegenständlichen Platten näher ausgeführt und hierzu auch auf ein Fachbuch zu Türen verwiesen (Anlage 9 des Ergänzungsgutachtens II). Der Sachverständige geht ersichtlich von dem richtigen Material aus (siehe Frage 1) und ist sich der Unterschiede zwischen Türen und Wandplatten bewusst (vgl. im Erstgutachten S. 16 f, Ergänzungsgutachten II S. 6).

Die von der Antragstellerin aufgeführten Zitate aus dem Ergänzungsgutachten V ergeben nichts Gegenteiliges:

- Die Bezugnahme auf das Verformungsverhalten an Sperrtüren wiederholt im wesentlichen die Aussage des Sachverständigen zu unterschiedlichen Oberflächen auf der Vorder- und Rückseite der Platten im Erstgutachten (Seite 14 f). Er hat ausdrücklich auf den erforderlichen Nachweis in einer Klimakammer hingewiesen (S. 6 des Ergänzungsgutachtens II).

- Der Sachverständige zieht lediglich ein Beispiel aus dem Türenbau heran, um zu verdeutlichen, in welchen Umfang beidseitiges Plattenfunier aus einem Baumstamm für ein einheitliches Gesamtbild hergestellt werden kann. Es ist offenkundig, dass dies unabhängig vom Trägermaterial und der vorgesehenen Funktion des funierten Gegenstandes ist.

- Dass der Sachverständige auf seine Prüferfahrung bei Türen zurückgreift, liegt in der Natur der Sache, da er unter anderem Sachverständiger für Türentechnik ist. Hinsichtlich der Frage der Rückverformung der Wandplatten bezieht er sich ausdrücklich auf die von ihm durchgeführten Klimaprüfungen an den streitigen Wandplatten, so dass die Frage sachlich abwegig ist.

Frage 6

Zu dem vom Sachverständigen zugrunde gelegten Material gelten die Ausführungen zu Frage 1. Diesen Umstand hätte die Antragstellerin bereits bei der mündlichen Anhörung des Sachverständigen klären können.

Frage 7

Der Sachverständige geht zutreffend von Vermiculitplatten aus (siehe Frage 1). Der Sachverständige hat sich zu der möglichen Minderung der Verformung von Vermiculitplatten bereits im Erstgutachten geäußert (Seite 13 ff).

Frage 8

Diese Frage hat der Sachverständige bereits beantwortet (siehe Frage 7).

Frage 9

Diese Frage hat der Sachverständige bereits beantwortet. Er hat ausgeführt, dass auch bei einer technisch perfekten Unterkonstruktion noch mit geringen Unebenheiten zu rechnen wäre (S. 14 des Erstgutachtens). Zur Erforderlichkeit des Austauschs der Platten hat er sich ebenfalls geäußert (Seite 9 f des Erstgutachtens).

Frage 10

Ein Zusammenhang der Sicherheitsvorgaben für Rollgerüste mit der vermeintlich falschen Grundannahme des Sachverständigen hinsichtlich des Plattenmaterials ist nicht ersichtlich. Im Übrigen ist diese Frage verspätet. Der Sachverständige hat sich bereits im Ergänzungsgutachten I vom 22. März 2002 (S. 7) zu der Gerüststellung durch Rollrüstungen geäußert, so dass die Antragstellerin diesen Gesichtspunkt längst hätte klären können.

(b) Auch die darüber hinaus von der Antragstellerin aufgeführten ergänzenden Kritikpunkte rechtfertigen eine erneute Anhörung des Sachverständigen nicht:

Soweit die Antragstellerin vorträgt, die nacheinander erstatteten Gutachten widersprächen sich, genügt dieser allgemeiner Einwand nicht der hier für eine erneute Anhörung des Sachverständigen erforderlichen detaillierten Begründung.

Der vom Sachverständigen vorgeschlagene Austausch der Querblenden trotz Verformungsberuhigung erklärt sich mit der vom ihm bereits im Erstgutachten bemängelten Maßaufteilung der Querblenden, bei der die Stöße zunächst innerhalb der Säulenverkleidung lagen (dort S. 10, 18). Der Sachverständige hat nochmals in dem Ergänzungsgutachten I vom 22. März 2002 (S. 10) ausgeführt, dass die weitaus auffälligsten Unebenheiten vor der Sanierung im Bereich der Querblenden zu der darüber und darunter liegenden Säulenverkleidung lagen.

Soweit die Antragstellerin nunmehr bemängelt, es seien lediglich zwei Platten mit beidseitiger Funierbeschichtung untersucht worden, ist dieser Einwand verspätet. Der Sachverständige hat bereits im Erstgutachten vom 04. Juli 2000 (S. 15) darauf hingewiesen, dass die starken Unterschiede der Verformung möglicherweise auf der Verwendung von andersartigem Gegenzugmaterial beruhen kann. Aus der Anlage F zum Erstgutachten ergibt sich, dass eine beidseitig funierte Platte untersucht wurde. Insofern hätte die Antragstellerin bereits zeitnah zum Erstgutachten auf die Untersuchung einer asymetrischen Platte hinwirken und dies im Rahmen der erfolgten mündlichen Anhörung klären können. Zudem hat der Sachverständige nochmals eindeutig mit Schreiben vom 08. August 2006 (Bl. 96, Bd. V), dass der Antragstellerin übersandt worden ist, ausgeführt, dass die ursprünglich in der Klimakammer gelagerten Platten mit Originalpaneelverstärkungen nicht mit Gegenzug aus Papier, sondern aus Buchenfunier augestattet gewesen seien.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

5.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG. Das Interesse der Antragstellerin an der von ihr vornehmlich begehrten Neubegutachtung steht ihrem Interesse an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens gleich. Für den Streitwert des selbstständigen Beweisverfahrens ist der Hauptsachewert maßgebend, auf den sich die Beweiserhebung bezieht (BGH, Beschluss v. 16.09.2004 - III ZB 33/04; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 3 Rn. 16 "selbstständiges Beweisverfahren"). Dabei ist der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert weder bindend noch maßgeblich. Das Gericht hat nach Einholung des Gutachtens den "richtigen" Hauptsachewert, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers, festzusetzen (BGH, aaO m.w.N.). Die Antragstellerin hat in ihrer Antragsschrift vom 26. August 1999 den Wert mit 1.500.000,- EUR (766.937,82 EUR) angegeben. Der Sachverständige hat die Kosten für die von ihm vorgeschlagene Mängelbeseitigung hingegen auf 430.000 DM netto geschätzt, was bei 16 % Mehrwertsteuer 255.032,39 EUR brutto entspricht. Diesen Wert legt der Senat zugrunde.

6.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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