Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 11.07.2008
Aktenzeichen: 3 Ws 137/08
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 39
InsO § 50 Abs. 1
InsO § 88
Eine auf Grund eines dinglichen Arrestes erfolgte Pfändung bleibt weiter bestehen, wenn sie außerhalb der Monatsfrist des § 88 InsO unanfechtbar erlangt worden ist.

Die Regelung des § 39 InsO gilt nur für Forderungen derjenigen Gläubiger, die an der Gesamtvollstreckung im Rahmen des Insolvenzverfahrens teilnehmen, während der Gläubiger, der Sicherheiten erworben hat, sich nach § 50 Abs.1 InsO aus dem Pfandgegenstand befriedigen kann.

Es besteht kein Anlass, die Wirkung des zivil- und strafrechtlichen Arrestes im Insolvenzverfahren unterschiedlich zu beurteilen.


KAMMERGERICHT Beschluss

Geschäftsnummer: 3 Ws 137/08 1 AR 129/08

In dem Ermittlungsverfahren

wegen Geldwäsche

hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 11. Juli 2008 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters Rechtsanwalt E. gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 11. Dezember 2007 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen die Beschuldigte wegen des Vorwurfs der Geldwäsche. Sie soll zwischen April 2003 und Februar 2005 von ihrem Lebensgefährten Geld entgegen genommen und in den legalen Wirtschaftskreislauf gebracht haben, obwohl sie wusste, dass es aus Straftaten stammt. Durch Beschluss vom 2. März 2005 ordnete das Amtsgericht Tiergarten in Berlin - 349 Gs 840/05 - auf Antrag der Staatsanwaltschaft in Höhe eines Betrages von 224.091,20 Euro den dinglichen Arrest in das Vermögen der Beschuldigten an, weil es befürchtete, dass die Beschuldigte versuchen werde, den staatlichen Anspruch auf Einziehung des Wertersatzes zu vereiteln oder zumindest zu erschweren. Im Rahmen der Vollstreckung dieses Arrestes wurden im März 2005 bei der Beschuldigten neben Wohnungseinrichtungsgegenständen, Schmuck, einer - zwischenzeitlich gegen Zahlung von 5.600.--Euro ausgelösten - Kücheneinrichtung und einem Pkw der Marke Golf auch diverse Guthaben auf einem Konto und bei der Bausparkasse der Deutschen Bank sowie Investmentanteile gepfändet. Durch Beschluss vom 14. August 2007 eröffnete das Amtsgericht Frankfurt/Oder (3 IN 634/07) auf den am 4. Mai 2007 eingegangenen Antrag der Beschuldigten hin das Insolvenzverfahren über deren Vermögen. Mit Schreiben vom 17. September 2007 erbat der Insolvenzverwalter die Freigabe der gepfändeten Gegenstände und Forderungen und legte schließlich mit Schreiben vom 30. Oktober 2007 gegen den Arrestbeschluss vom 2. März 2005 Beschwerde ein. Durch Beschluss vom 11. Dezember 2007 hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 2. März 2005 aufgehoben, soweit der Arrest über den 3. April 2007 hinaus vollzogen worden ist. Die weitergehende Beschwerde hat es verworfen. Die hiergegen angebrachte, nach § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO zulässige weitere Beschwerde des Insolvenzverwalters hat keinen Erfolg.

Die Strafkammer hat den Arrestbeschluss zu Recht aufrechterhalten, soweit er bis einschließlich 3. April 2007 vollzogen worden ist, denn die im Rahmen der Vollstreckung dieses Beschlusses bis zu diesem Zeitpunkt begründeten Pfändungspfandrechte bleiben bestehen und sind gesondert zu befriedigen.

Zwar sind nach § 89 Abs. 1 InsO Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens grundsätzlich unzulässig und durch eine Zwangsvollstreckung erlangte Sicherungen an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen werden, sofern sie im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zu dessen Eröffnung erlangt worden sind, unwirksam. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Gläubiger an einem Gegenstand der Insolvenzmasse ein Pfandrecht erlangt hat, das ihn nach Maßgabe der §§ 166-173 InsO zur abgesonderten Befriedigung berechtigt (§ 50 InsO). Anders als die Beschlagnahme nach § 111c Abs. 1 - 4 StPO, die im Insolvenzverfahren keine Wirkung entfaltet [vgl. BGH NJW 2007, 3350 ff.], bleibt eine auf Grund eines dinglichen Arrestes erfolgte Pfändung weiter bestehen, wenn sie außerhalb der Monatsfrist des § 88 InsO unanfechtbar erlangt worden ist [vgl. OLG Köln, ZIP 2004, 2013].

So liegt der Fall hier. Da die Frist des § 88 InsO vorliegend am 4. April 2007 begann, denn der Antrag der Beschuldigten auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ging am 4. Mai 2007 bei dem Amtsgericht Frankfurt/Oder ein, besteht hinsichtlich sämtlicher vor diesem Zeitpunkt wirksam begründeter Pfändungspfandrechte ein Absonderungsrecht. Dieses Absonderungsrecht besteht ungeachtet der in § 39 Abs. 1 InsO geregelten Forderungsrangfolge, so dass letztlich dahinstehen kann, ob der staatliche Anspruch auf Einziehung des Wertersatzes überhaupt zu den unter Nr. 3 dieser Bestimmung gelisteten Forderungen gehört [vgl. OLG Köln a.a.O.]. Denn die Regelung des § 39 InsO gilt nur für Forderungen derjenigen Gläubiger, die an der Gesamtvollstreckung im Rahmen des Insolvenzverfahrens teilnehmen, während der Gläubiger, der Sicherheiten erworben hat, für die ihm ein Absonderungsrecht zusteht, sich nach § 50 Abs. 1 InsO aus dem Pfandgegenstand gesondert befriedigen kann.

Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat an dieser durch das Absonderungsrecht begründeten Berechtigung zu gesonderter Befriedigung nichts geändert. Insoweit wird der Staat nicht anders behandelt als jeder andere zur Absonderung berechtigte Gläubiger.

Schließlich steht der Wirksamkeit des an den einzelnen Gegenständen begründeten staatlichen Pfändungspfandrechtes auch nicht entgegen, dass der Anspruch auf Verfall des Wertersatzes erst mit dem Urteil entsteht. Gleich dem zivilrechtlichen Arrest dient auch der strafrechtliche der Sicherung einer künftigen Forderung. Während im Zivilverfahren Anspruch und Arrestgrund schlüssig darzulegen und glaubhaft zu machen sind (§§ 917, 920 ZPO), erfordert das Strafverfahren das Vorliegen dringender Gründe. In beiden Fällen genügt daher neben der drohenden Gefahr der Vollstreckungsvereitelung oder -erschwernis eine hohe Wahrscheinlichkeit des Bestehens der zu sichernden Forderung. Angesichts dessen besteht kein Anlass, die Wirkung des zivil- und strafrechtlichen Arrestes im Insolvenzverfahren unterschiedlich zu beurteilen.

Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus einwendet, die Pfändung des Guthabens auf dem Konto der Deutschen Investment-Trust sei zu Unrecht erfolgt, weil dieses von dem Vater der Beschuldigten eröffnet worden sei und dieser auch die Einzahlung vorgenommen habe, kann er damit nicht durchdringen. Entscheidend ist, dass der Beschuldigten das Guthaben zusteht. Dies aber ist nach Aktenlage der Fall, denn die Beschuldigte ist ausweislich des Eröffnungsantrages Kontoinhaberin.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück