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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 12.02.2004
Aktenzeichen: 4 U 162/02
Rechtsgebiete: BGB, AGBG, HOAI


Vorschriften:

BGB § 635 (Fassg. bis 31.12.2001)
BGB § 638 (Fassg. bis 31.12.2001)
BGB § 640 (Fassg. bis 31.12.2001)
BGB § 634a Abs. 1 Nr. 2 (Fassg. ab dem 1.1.2002)
BGB § 364 Abs. 2 (Fassg. ab dem 1.1.2002)
BGB § 640 (Fassg. ab dem 1.1.2002)
BGB § 309 Nr. 8 b ff (Fassg. ab dem 1.1.2002)
AGBG § 11 Nr. 10 f. (Fassg. ab dem 1.1.2002)
HOAI § 15
1.

Die Verjährungsfrist für Ansprüche gegen einen Architekten wegen Verletzung seiner Überwachungspflichten beginnt bei Übertragung der Vollarchitektur (Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 HO AI) grundsätzlich erst mit Beendigung der Leistungsphase 9 zu laufen.

2.

Allgemeine Geschäftsbedingungen, nach deren Inhalt die Verjährungsfrist für diese Ansprüche bereits mit Abnahme des Bauwerks zu laufen beginnt, verstoßen gegen § 11 Nr. 10 f. des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen a.F. (AGB-Gesetz) (jetzt: § 309 Nr. 8 b ff BGB).

3.

Anderes kann gelten, wenn die Parteien in dem Architektenvertrag die Möglichkeit von Teilabnahmen der Architektenleistungen vereinbart haben, was auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich ist, und die unter Ziffer 2 genannte Klausel in der Weise ausgelegt werden kann, dass die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche gegen den Architekten wegen eines Überwachungsverschuldens im Rahmen seiner Verpflichtung aus § 15 Leistungsphase 8 nach Teilabnahme sämtlicher im Rahmen dieser Leistungsphase erbrachten Architektenleistungen zu laufen beginnt.


Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 4 U 162/02

In dem Rechtsstreit

verkündet am: 12.02.2004

hat der 4. Zivilsenat des Kammergerichts, Elßholzstraße 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2004 durch den Richter am Kammergericht Klum als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 5. September 2002 - 6 O 230/01 - wie folgt geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.014,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Mai 2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 53 % und der Beklagte 47 %; von den Kosten des zweiten Rechtszuges tragen der Kläger 41 % und der Beklagte 59 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Für das vorliegende Rechtsverhältnis sind die Rechtsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung maßgebend. Der Beklagte ist dem Kläger gegenüber gem. § 635 BGB a.F. zum Schadensersatz wegen mangelhafter Bauüberwachung als Architekt verpflichtet. Der Anspruch ist nicht verjährt. Die gesetzliche Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 638 BGB a.F.) beginnend mit der Abnahme der geschuldeten Leistung ist nicht abgelaufen. Geschuldete Leistung in diesem Sinne ist bei einem Architektenvertrag mit Vollarchitektur oder - wie im vorliegenden Fall - mit Übertragung der Leistungsphasen 5 bis 9 des § 15 HOAI die Verpflichtung, ein mangelfreies Bauwerk entstehen zu lassen. Von daher ist die Architektenleistung grundsätzlich erst mit Abschluss der Leistungsphase 9 erbracht mit der Folge, dass die Gewährleistungsfrist wegen mangelhafter Architektenleistungen erst kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist wegen mangelhafter Leistungen des Bauunternehmers zu laufen beginnt und bis zu zehn Jahren nach Abnahme des Bauwerks dauern kann (BGH NJW 1994, 1276).

An diesem Grundsatz ändern die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien nichts. Soweit nach Ziffer 8 der Allgemeinen Vertragsbedingungen zum Architektenvertrag vom 21. April 1993 die Verjährungsfrist bereits mit der Abnahme des Bauwerks zu laufen beginnen soll, verstößt diese Vorschrift gegen § 11 Nr. 10 f des damals geltenden AGB Gesetzes. Es ist davon auszugehen, dass die allgemeinen Vertragsbedingungen von dem Beklagten zur Verfügung gestellt wurden, weil seine Äußerung, er könne sich nicht mehr daran erinnern, ob dies damals der Fall gewesen war, und könne dies deshalb nicht ausschließen, lediglich als unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen gem. § 138 Abs. 4 ZPO zu behandeln ist. Soweit er darüber hinaus mit Rücksicht der zahlreichen Streichungen auf Seite 1 des Architektenvertrages davon ausgeht, dass die Bedingungen nicht von ihm gestellt, sondern von den Vertragsparteien ausgehandelt wurden, kann dem bezüglich der Ziffer 8 der allgemeinen Vertragsbedingungen nicht gefolgt werden. Vielmehr sind bis auf Ziffer 7 Abs. 2 AVA die Vertragsbedingungen unverändert übernommen worden, so dass schon von daher ein Aushandeln nicht anzunehmen ist.

Es spielt letztlich auch keine Rolle, ob mit Rücksicht auf die Kaufmannseigenschaft des Klägers § 11 AGB Gesetz keine unmittelbare Anwendung findet (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1 AGB Gesetz). Denn über die §§ 24 Satz 2, 9 AGB Gesetz gilt das Verbot der Verkürzung gesetzlicher Gewährleistungsfristen in allgemeinen Geschäftsbedingungen auch gegenüber Kaufleuten (Baurecht 1984, 390).

Ziffer 8 AVA wäre allerdings wirksam, wenn er anderweit ausgelegt werden könnte, dass Ansprüche wegen mangelhafter Architektenleistungen der Leistungsphase 5 bis 8 des § 15 HOAI fünf Jahre nach (Teil-)Abnahme dieser Leistungsphasen verjähren und lediglich Ansprüche wegen Architektenmängeln in der Leistungsphase 9 des § 15 HÖAI fünf Jahre nach Objektbegehung am Ende der Gewährleistungsfrist des Bauunternehmers verjähren. Dieser Auslegung stünde, nicht entgegen, dass Teilabnahmen in AGBs - wie hier in Ziffer 2.2 - nicht wirksam vereinbart werden könnten. Denn der Bundesgerichtshof hat dies in seinem Nichtanhahmebeschluss vom 5. April 2001 (Baurecht 2001, 1615) ausdrücklich für wirksam gehalten. Letztlich kann jedoch offen bleiben, ob Ziffer 8 AVA in der oben geschilderten Weise ausgelegt werden kann, weil der Beklagte eine Teilabnahme seines Architektenwerkes im Jahre 1994 nicht vorgetragen hat. Bei einer erst teilweise ausgeführten Leistung kommt eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten ohnehin regelmäßig nicht in Betracht (BGH Baurecht 1994, 392; 1981, 373).

Der Kläger war auch nicht gehalten, dem Beklagten die Nachbesserung seiner mangelhaften Architektenleistungen in der Weise zu gestatten, dass er eine Mängelbeseitigung von der Firma ... vornehmen ließ. Nach allgemeiner Meinung besteht ein Nachbesserungsrecht des Architekten nur in Ausnahmefällen nach Treu und Glauben, etwa wenn der Architekt einen zuverlässigen Handwerker an der Hand hat, der von sich aus die Nachbesserung anbietet. Ansonsten ist der Architekt nicht zur Nachbesserung verpflichtet und berechtigt. (BGH Baurecht 1996, 735, Pastor Bauprozess, 10. Aufl., Rn. 1638 ff.). Daran ändert auch Ziffer 5.4 AVA nichts, nach deren Inhalt der Auftragnehmer für den Fall der Inanspruchnahme verlangen kann, dass zunächst ihm die Schadensbeseitigung übertragen wird. Es kann offen bleiben, ob diese Bestimmung mit § 9 des AGB Gesetzes in Übereinstimmung zu bringen ist, da jedenfalls weder der Beklagte, noch die Firma ... dem Kläger gegenüber angeboten hatten, die festgestellten Mängel in der erforderlichen Weise zu beseitigen. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten sind unsubstantiiert wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat.

Es bedarf keiner näheren Ausführungen, dass dem Beklagten eine Verletzung seiner Pflichten als bauleitender Architekt vorzuhalten ist, weil er die ausführenden Baufirmen nicht in der gebotenen Weise überwacht hat. Bei Abdichtungsarbeiten an Dächern, die besonders schadensträchtig sind, und die zur Herbeiführung des Bauzwecks von wesentlicher Bedeutung sind, handelt es sich um Bauleistungen, die der Architekt aufgrund seiner Verpflichtung zur Bauüberwachung vor Ort beaufsichtigen muss. Insoweit handelt es sich um eine Kernpflicht des Architektenvertrages. Dies wird im Übrigen von dem Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.

Hinsichtlich der Schadenshöhe kann den Ausführungen des Landgerichts nicht in vollem Umfang gefolgt werden. Es ist zwar richtig, dass der Sachverständige ... in seinem Gutachten vom 14. November 2000 (im selbstständigen Beweisverfahren 6 OH 13/00 Landgericht Berlin) und vom 19. März 2002 im vorliegenden Rechtsstreit bei dem von ihm geschätzten Aufwand der Sanierungskosten 80 m2 Sanierungsfläche zugrunde gelegt hat. Dies betraf jedoch ersichtlich die gesamte Wohnung Nr. 4, so dass die Kosten einer Totalsanierung der Dämmung im Schlafzimmer, deren Erforderlichkeit das Landgericht zu Recht als nicht bewiesen angesehen hat, hätten herausgerechnet werden müssen. Da der Kläger, der hierfür darlegungs- und beweispflichtig ist, bis zum Ende der mündlichen Verhandlung nichts konkretes vorgetragen hat (das Vorbringen im Schriftsatz vom 4.Februar 2004 war nicht mehr zu berücksichtigen §§ 523, 296a ZPO), ist von dem Vorbringen des Beklagten auszugehen, wonach für die Totalsanierung 37 % der Gesamtsanierungsfläche von 80 m2 in Ansatz zu bringen sind. Daraus ergibt sich als Aufwand für die Totalsanierung 29,6 m2 x 400 DM = 11.840 DM. Hinzu kommen weitere 6.048 DM als Kosten der Teilsanierung für die übrige Fläche (50,4 m2 x 120 DM). Damit errechnet sich als Gesamtsanierungsaufwand ein Betrag von 20.750,08 DM brutto.

Die Bauleitungskosten des Dipl.-Ing. M betragen 10 x 75 DM = 750 DM netto zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer = 870 DM. Hinzu kommen noch Mietausfallkosten in Höhe von 1.878,40 DM für zwei Monate, die das Landgericht zutreffend zuerkannt hat. Insgesamt errechnet sich damit ein Schadensersatzbetrag von 237498,48 DM = 12.014,58 EUR.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hier nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO). § 635 (Fassg. bis 31.12.2001)BGB § 638 (Fassg. bis 31.12.2001)BGB § 640 (Fassg. bis 31.12.2001)BGB § 634a Abs. 1 Nr. 2 (Fassg. ab dem 1.1.2002)BGB § 364 Abs. 2 (Fassg. ab dem 1.1.2002)BGB § 640 (Fassg. ab dem 1.1.2002)BGB § 309 Nr. 8 b ff (Fassg. ab dem 1.1.2002)AGBG § 11 Nr. 10 f. (Fassg. ab dem 1.1.2002)HOAI § 15Verfahrensgang:LG Berlin 6 O 230/01 vom 05.09.2 § 11 Nr. 10 f. des Gesetzes zur Regelung des Rechts § 15 Leistungsphase 8 nach Teilabnahme sämtlicher i § 635 BGB a.F. zum Schadensersatz wegen mangelhafte § 15 HOAI die Verpflichtung, ein mangelfreies Bauwe § 11 Nr. 10 f des damals geltenden AGB Gesetzes. Es § 138 Abs. 4 ZPO zu behandeln ist. Soweit er darübe § 11 AGB Gesetz keine unmittelbare Anwendung findet §§ 24 Satz 2, 9 AGB Gesetz gilt das Verbot der Verk § 15 HOAI fünf Jahre nach (Teil-)Abnahme dieser Lei § 15 HÖAI fünf Jahre nach Objektbegehung am Ende de § 9 des AGB Gesetzes in Übereinstimmung zu bringen §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war

Ende der Entscheidung

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