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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 27.07.2001
Aktenzeichen: 4 U 3760/00
Rechtsgebiete: BGB, HOAI
Vorschriften:
BGB § 179 Abs. 1 | |
BGB § 242 | |
HOAI § 4 |
2. Ausnahmsweise Bindung des Architekten an eine - die Mindestsätze der HOAI unterschreitende - Honorarvereinbarung.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 4 U 3760/00
Verkündet am: 27. Juli 2001
hat der 4. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2001 durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Uerpmann als Einzelrichterin für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. Februar 2000 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 2 O 244/99 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise geändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.695,98 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Oktober 1998 zu zahlen.
Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 87 % und der Beklagte zu 13 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt 60.000,00 DM.
Tatbestand:
Wegen des Sach- und Streitstandes I. Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, der wie folgt ergänzt wird: Nach dem Vortrag des Klägers wurde ein Honorar von ca. 40.000,00 DM für eine Minimalleistung erörtert, für den Bauantrag und Ausführungsskizzen, allen weiteren Leistungen hätten jeweils entsprechende Auftragserweiterungen durch den Beklagten zugrunde gelegen. Der Beklagte sei mehrfach darauf hingewiesen worden, daß sich die Kosten erhöhen würden (Zeugnis Dipl.-Ing.), da die vom Beklagten abgeforderten Leistungen nicht Bestandteil des zunächst Vereinbarten gewesen sei. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 20.09.1999, Seite 6 bis 8 (Bl. I., 42 ff d.A.) Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Planung des Klägers geltend gemacht, denen der Kläger mit Schriftsatz vom 13.10.1999, Seite 5 bis 7 (Bl. I., 85 ff d.A.) entgegengetreten ist.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da der Kläger eine Auftragserteilung durch den Beklagten nicht habe beweisen können.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, die er mit Schriftsatz vom 10.07.2000 begründet. Auf den Beschluß des Gerichts vom 06.02.2001, auf den Bezug genommen wird (Bl. I, 168 f d.A.), überreicht der Kläger mit Schriftsatz vom 09.04.2001 (Bl. II, 13 d.A.) ein Anlagenkonvolut über den Umfang der von dem Kläger erbrachten Leistungen, mit der die Nebenkosten mit 3.326,03 DM zuzüglich 169,95 DM Frachtkosten beziffert werden, und trägt nach Schluß der mündlichen Verhandlung in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 17.07.2001 (Bl. II, 43 d.A:) ergänzend vor. Ferner trägt der Kläger mit Schriftsatz vom 02.07.2001 (Bl. II, 36 d.A.) vor.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 197.924,91 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.10.1998 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bestreitet, den Auftrag erteilt zu haben und trägt mit den Schriftsätzen vom 06.03.2001 und 23.04.2001 (Bl. II, 1 und 15 d.A.) vor, daß allenfalls 40.000,00 DM geschuldet seien; der Kläger habe in seinen beiden Kostenschätzungen (Anlage B 2 und B 3) schriftlich ein Honorar in dieser Höhe bestätigt und am 20. Januar 1998 ein an die finanzierende Bank gerichtetes Schreiben unterzeichnet, nach dem die "anliegende Gesamtkostenaufstellung vom 14.01.1998 die aktuellen Kostenforderungen beinhalten" und "keine weiteren Kosten zu erwarten" seien (Anlage BB 1, Bl. II, 19 ff d.A.). Der letzte Satz ist unstreitig nach Unterzeichnung durch den Kläger auf das Schriftstück gesetzt worden, nach Behauptung des Beklagten aber im Beisein und mit Einverständnis des Klägers.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluß vom 15.05.2001 (Bl. II, 25 d.A.). Wegen der Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.07.2001 Bezug genommen. Ferner wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat teilweise Erfolg.
Der Beklagte ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung aus dem mit dem Kläger mündlich abgeschlossenen Architektenvertrag verpflichtet, sei es, daß er diesen Vertrag im eigenen Namen geschlossen hat, sei es, daß er im Namen der sich seinerzeit allenfalls - ein Gesellschaftsvertrag war noch nicht geschlossen worden - im Vorgründungstadium befindlichen S GmbH aufgetreten ist. Im letzteren Fall haftet er in entsprechender Anwendung des § 179 Abs.1 BGB (Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl. §§ 177, 178 Rn. 3 m.w.N.). Der Beklagte, der beweispflichtig ist, weil er die Verhandlungen geführt hat und ein Vertretergeschäft behauptet (Palandt/Heinrichs, aaO. § 164 Rn 18 m.w.N.), hat nicht zu beweisen vermocht, daß er den Vertrag namens der späteren Geschäftsführerin S geschlossen und diese damit (zunächst) verpflichtet hat. S hat als Zeugin bekundet, daß sie keinerlei Befugnis hatte, irgendwelche Aufträge zu erteilen, sie sei lediglich von ihrem Ehemann, dem Beklagten, davon in Kenntnis gesetzt worden, daß der Kläger die Bowlinganlage für 40.000,00 DM baue. Daraus folgt nicht, daß der Kläger in ihrem Namen als spätere Geschäftsführerin gehandelt hat.
Bei Vertragsschluß ist - insoweit sind sich die Parteien einig - eine pauschale Vergütung von 40.000,00 DM vereinbart worden. Die Parteien streiten darüber, welche Leistungen der Kläger dafür erbringen sollte. Nach dem Vortrag des Klägers hat er dafür lediglich eine "Minimalleistung" erbringen sollen, während allen weiteren Leistungen entsprechende Auftragerweiterungen durch den Beklagten zugrunde gelegen hätten, wobei der Beklagte mehrfach darauf hingewiesen worden sei, daß sich die Kosten erhöhen würden, worauf der Beklagte erklärt habe, die Kostenerhöhungen seien selbstverständlich, das könne sein Mitarbeiter Dipl.-Ing. bezeugen (Schriftsatz vom 13,10.1999, Seite 4, Bl. I, 84 d.A.). Es ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich - auch nicht aus dem im Schriftsatz des Klägers vom 17.07.2001 (Bl. II, 43 d.A.) wiedergegebenen Schreiben von Dipl-Ing. - daß sich die Parteien auf einen bestimmten Pauschalbetrag oder auf die Anwendung der Gebührensätze der HOAI geeinigt hätten. Entsprechendes hat auch der Kläger bei der Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen. Dipl.-Ing. schreibt lediglich (Seite 3, Bl. II, 45 d.A.), daß bei mindestens zwei dieser Gelegenheiten "der Wert der zusätzlichen Leistungen mit ca. 60.000,00 DM beziffert,, worden sei, woraus nicht folgt, daß der Beklagte sich bereit erklärt hat, diesen Betrag zu zahlen. Damit steht im Einklang, daß Dipl.-Ing. in einem Schreiben vom 5. Juni 1998 an die S GmbH (Anlage B 13 (Bl. I, 67 d.A.) den eingeschränkte Leistungsumfang beschreibt und dazu darauf hinweist, daß sich dies auch "in dem vereinbarten Honorar" wiederspiegele, womit - wie in der mündlichen Verhandlung unstreitig war - die ursprüngliche Vereinbarung gemeint war. Eine Auftragserweiterung mit einer Erhöhung der an den Kläger zu zahlenden Vergütung ist damit nicht schlüssig dargelegt. Eine Beweisaufnahme kommt mithin nicht in Betracht. Es stellt sich damit nicht die Frage, ob der Vortrag im Schriftsatz vom 17.07.2001 verspätet ist. Ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung ist nicht veranlaßt.
Der Kläger kann auch dann nicht nach den Mindestsätzen der HOAI abrechnen, wenn - wie er unter Vorlage seiner Unterlagen und Aufstellungen vorgetragen hat - die ihm nach seiner Leistung zustehende Vergütung entsprechend den Mindestsätze der HOAI wesentlich höher ist als 40.000,00 DM. Eine die Mindestsätze der HOAI unterschreitende Honorarvereinbarung ist zwar grundsätzlich unwirksam. Da die Vereinbarung nicht schriftlich geschlossen worden ist, kommt es auch nicht darauf an, ob sie allein wegen wichtiger Gründe im Sinne des § 4 Abs.2, 4 HOAI wirksam getroffen werden konnte ist. Dem Kläger ist es aber nach § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, die höhere Vergütung nach der HOAI zu verlangen, wobei an den im Beschluß vom 06.02.2001 vom Gericht angeführten strengen Voraussetzungen nicht festgehalten wird.
Ein Architekt kann sich nicht auf die Unwirksamkeit der die Mindestsätze der HOAI unterschreitenden Vereinbarung berufen, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung vertraut, er darauf vertrauen durfte und sich darauf eingerichtet hat (vgl. BGH NJW 1997, 2329/2331, KG, 19. Zivilsenat, KG-Report 2001. 210). Diese Voraussetzungen sind, wie sich im Verlauf des Rechtsstreits nach der Erörterung der Sach- und Rechtslage gezeigt hat, gegeben. Es gibt keinen konkreten Anhalt dafür, daß dem Beklagten bekannt war, daß eine solche Vereinbarung unwirksam ist. Des weiteren hat sich der Beklagte auf die Wirksamkeit der Vereinbarung eingestellt und durfte das auch tun, weil der Kläger in sämtlichen Kostenaufstellungen während des Baus seine Architektenkosten mit den 40.000,00 DM eingesetzt sind, auch noch in der im Mai 1998 von ihm überarbeiteten Kostenschätzung vom 26.06.1997 (Anlage B 3, Bl. I, 53 d.A., ferner B 2, Bl. I, 47 d.A.). Hinzukommt, daß der Kläger das Schreiben an die finanzierende Bank zur Gesamtkostenaufstellung vom 14.01.1998 am 20.01.1998 unterschrieben hat, in dem es heißt, daß diese Aufstellung "die aktuellen Kostenforderungen beinhalte". Dieses Schreiben diente der Finanzierung des Baus, weshalb es für den Beklagten zu diesem Zeitpunkt wichtig war zu wissen, welche weiteren Kosten auf ihn zukommen können. In der Kostenaufstellung waren indes die Architektenkosten nur in Höhe des Pauschalbetrages enthalten, ebenso wie in der bereits genannten im Mai 1998 überarbeiteten Aufstellung. Der Kläger hat zu dieser Zeit nicht den Beklagten darauf hingewiesen, in welcher Größenordnung ihm seine Architektenleistungen noch zu vergüten sind.
Darauf, wie sich die in den Aufstellungen angegebenen "Baunebenkosten" im einzelnen aufschlüsseln, worüber die Parteien streiten, kommt es nicht an, ebensowenig darauf, ob der zweite Satz in dem Schreiben an die Deutsche Bank vom 20.01.1998, wonach keine weiteren Kosten zu erwarten seien, mit Wissen und Einverständnis des Klägers angefügt worden ist oder nicht. Selbst wenn daraus und aus den Vorgängen im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Schreibens, über die die Parteien streiten, für den Beklagten ersichtliche gewesen wäre, daß weitere Kosten auf ihn zukommen, brauchte er nicht mit einer hohen Forderung des Klägers zu rechnen, wenn dieser ihn nicht spätestens bei dieser Gelegenheit darauf hinweist. Das hat er nach seiner Bekundung in der letzten mündlichen Verhandlung nicht getan.
Der Kläger hat neben dem noch ausstehenden Teil der Vergütung in Höhe von 20.000,00 DM zuzüglich 16 % =) 23.200, Anspruch auf Ersatz seiner Nebenkosten einschließlich der Frachtkosten in Höhe von 3,326,03 DM und 169,95 DM gemäß § 7 HOAI, da die Parteien schriftlich nichts anderes vereinbart haben. Die Höhe der Kosten hat der Beklagte nicht bestritten.
Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des Architektenvertrages - wie mit Schriftsatz vom 20.09.1999 (Seite 6, Bl. I, 42 d.A.) geltend gemacht, hat der Beklagte trotz Auflage des Gerichts nicht schlüssig dargelegt. Er hat den Vortrag des Klägers hierzu im Schriftsatz vom 13.10.1999 (Seite 5, Bl. I, 85 d.A.) lediglich bestritten. Das genügt nicht, da der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig ist.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 284 Abs.1, 288 BGB, §§ 92 Abs.1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs.2, § 3 ZPO.
Ende der Entscheidung
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