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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 09.08.2005
Aktenzeichen: 4 W 37/05
Rechtsgebiete: HWiG
Vorschriften:
HWiG § 3 |
Kammergericht Beschluss
Geschäftsnummer: 4 W 37/05
9. August 2005
In dem Rechtsstreit
wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 18. Mai 2005 - 21a O. 408/05 - auf die sofortige Beschwerde der Klägerin geändert:
Tenor:
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Beklagten haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von bis zu 5.000,00 EUR zu tragen.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 a ZPO aufzuerlegen, da die Klage zulässig und begründet war und ein sofortiges Anerkenntnis der Beklagten nicht vorlag.
I.
Die Beklagten haben einen mit der Snn AG (vormals Bnnnn AG) geschlossenen (Voraus-)Darlehensvertrag vom 2./12. Dezember 1994 (Anlage K 1) mit anwaltlichem Schreiben vom 5. Juli 1999 nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen, in der Folgezeit allerdings die monatlichen Raten regelmäßig weitergezahlt. Der Klägerin sind alle Ansprüche aus dem Darlehensvertrag abgetreten worden, nachdem sie am 31.12.1998 die Forderung der Sn AG abgelöst hat (Anlage K 4). Auf ein Schreiben der Klägerin vom 14. Oktober 2004 (Anlage K 5), gemäß dem die Beklagten gebeten wurden, wegen etwaiger Rechte aus dem erklärten Widerruf den Verzicht auf die Einrede der Verjährung (befristet bis zum 31.12.2006) zu erklären, reagierten die Beklagten nicht. Mit der Klageerwiderung haben die Beklagten die Zulässigkeit der Klage gerügt, hilfsweise den Anspruch der Klägerin anerkannt.
II.
Die Beklagten haben in der Sache anerkannt, dass der zwischen ihnen und der Sn AG abgeschlossene Vorausdarlehensvertrag nicht durch den von ihnen erklärten Widerruf aufgelöst worden ist, sondern wirksam fortbesteht. Insofern bestehen an der Begründetheit der Klage keine Zweifel. Die Klage war aber auch zulässig, insbesondere lag ein Feststellungsinteresse der Klägerin vor. Ein solches ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte sich eines Rechtes gegen den Kläger berühmt und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Bei einer behauptenden Feststellungsklage liegt eine solche Gefährdung in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet (BGH NJW 1986, 2507 mwN). Ein solches "Bestreiten" ist hier dadurch eingetreten, dass die Beklagten mit dem - 9-seitigen - anwaltlichen Schreiben vom 5. Juli 1999 den Widerruf des Darlehensvertrages haben erklären lassen und ausführlich begründet haben, warum gegen sie aus dem Darlehensvertrag keine Rechte mehr hergeleitet werden können und sie die Rückabwicklung des Vertrages verlangen können. Das durch dieses außerprozessuale Bestreiten (vgl. dazu Zöller-Greger, ZPO, 25. Aufl., § 256 Rn 7) entstandene Feststellungsinteresse hinsichtlich des Fortbestandes des Darlehensvertrages ist nicht dadurch erloschen, dass die Beklagten in der Folgezeit die Darlehensraten regelmäßig weiter gezahlt haben. Denn aufgrund der rechtsgestaltenden Wirkung des Widerrufs ist damit nicht sichergestellt worden, dass die Beklagten sich auch in Zukunft nicht auf die Wirksamkeit des Widerrufs berufen würden. Falls die Beklagten sich - z.B. nach dem Eintritt der Verjährung der Rückzahlungsansprüche der Klägerin - auf den Widerruf berufen hätten, hätte die Klägerin dem nur mit dem Einwand treuwidrigen Verhaltens entgegentreten können und wäre der Unsicherheit ausgesetzt gewesen, ob dieser Einwand in einem etwaigen Rechtsstreit durchgegriffen hätte. Darauf musste die Klägerin nicht vertrauen. Diese Unsicherheit musste sie nicht hinnehmen. Insofern liegt der Fall anders als diejenigen Fälle, die den vom Landgericht zitierten Entscheidungen des BGH (NJW 1995, 2032), des Landgerichts Hamburg (NJW-RR 1998, 1681) und des Kammergerichts (KG - 13 W 2/05) zugrunde lagen. Danach reicht es für die Annahme des Feststellungsinteresses für eine (negative) Feststellungsklage grundsätzlich nicht aus, dass die bloße rechtliche Möglichkeit besteht, dass der Beklagte Rechte geltend macht, deren er sich in früheren Zeiten einmal berühmt hat, wenn er sich danach - insbesondere nach für ihn negativen gerichtlichen Entscheidungen, bei denen das fragliche Recht des Beklagten streitentscheidend war - nur passiv verhalten und dem Kläger keinen konkreten Anlass mehr gegeben hat, anzunehmen, er wolle seine Rechte noch geltend machen. Hinzukommen müsse vielmehr eine im Verhalten des Beklagten begründete gegenwärtige Gefahr der Ungewissheit für die Rechtsposition des Klägers, die zu beseitigen ein Urteil geeignet ist. Eine solche Gefahr lag in den zitierten Entscheidungen nicht vor. Anders verhält sich dies im vorliegenden Fall. Denn hier geht es nicht nur um die Frage, ob die Beklagten in Zukunft noch Rechte gegen die Klägerin geltend machen werden, deren sie sich im Jahre 1999 berühmt haben. Sondern es geht auch und insbesondere darum, dass der Klägerin im Falle eines wirksamen Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz grundsätzlich ebenfalls Rückzahlungsansprüche nach § 3 HWiG zustehen und insofern mit Ablauf des Jahres 2004 die Verjährung drohte. Eben deshalb hat die Klägerin die Beklagten im Oktober 2004 angeschrieben, auf diesen Umstand und die ungewisse Rechtslage betreffend die Wirksamkeit des Widerrufs hingewiesen und angekündigt, Klage erheben zu müssen, wenn die Beklagten keinen Verzicht auf die Verjährung erklären. Da die Beklagten auf dieses Schreiben nicht reagiert haben, blieb die aufgrund des Widerrufs erzeugte Unsicherheit der Rechtslage bestehen. Insofern können sich die Beklagten nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei nicht ihre Pflicht oder Aufgabe gewesen, Rechtsunsicherheiten der Klägerin zu beheben. Denn diese Unsicherheiten sind durch die Beklagten verursacht worden, indem sie ein Haustürgeschäft bei Abschluss des Darlehens behauptet haben, die rechtsgestaltende Erklärung des Widerrufs abgegeben haben und sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen Voraussetzungen hierfür im Einzelnen ungeklärt waren. Unter diesen Umständen wäre es Sache der Beklagten gewesen, diese Rechtsunsicherheit dadurch zu beseitigen, dass sie der Klägerin (oder der Snnnn AG) gegenüber klargestellt hätten, dass sie aus der Widerrufserklärung keine Rechte herleiten. Zwar hat die Klägerin in dem Schreiben vom 14. Oktober 2004 eine solche Erklärung von ihnen nicht verlangt, sie hat aber zu erkennen gegeben, dass sie davon ausgeht, dass die Beklagten möglicherweise nicht auf ihre Rechte aus dem Widerruf verzichten wollen und für diesen Fall um eine Verzichtserklärung betreffend den Einwand der Verjährung gebeten. Aus dem Schreiben ergab sich für die Beklagten eindeutig, dass die Klägerin die Fortzahlung der Raten nicht dahin deutete, dass die Beklagten an ihrem Widerruf nicht mehr festhalten wollten und dass sie - die Klägerin - sich in Anbetracht der drohenden Verjährung gezwungen sah, diese Unsicherheit, die durch die Widerrufserklärung verursacht worden war, zu klären, und zwar entweder durch den Verzicht der Beklagten auf die Rechte aus dem Widerruf, den zeitweiligen Verzicht auf die Einrede der Verjährung oder durch - wie geschehen - Erhebung einer Feststellungsklage. Für die Beklagten wäre es ein Leichtes gewesen, diese Unsicherheit auszuräumen, indem sie - wie sie es in der Klageerwiderung getan haben - erklärt hätten, dass sie inzwischen zu der Auffassung gelangt sind, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Widerruf nicht vorlagen. Da sie dies vorprozessual nicht getan haben, verblieb die von ihnen verursachte Rechtsunsicherheit betreffend den streitigen Darlehensvertrag, so dass die Klägerin ein Rechtsschutzinteresse bezüglich des Klagebegehrens hatte. Zudem war das von den Beklagten hilfsweise erklärte Anerkenntnis auch kein sofortiges im Sinne von § 93 ZPO, da sie aus vorgenannten Gründen Anlass zur Klageerhebung gegeben haben.
Das Feststellungsinteresse der Klägerin kann auch nicht deshalb verneint werden, weil das Schreiben vom 14. Oktober 2004 von ihr selbst stammt und nicht von der Vertragspartnerin der Beklagten, der Snnnn AG. Da die Klägerin die Forderung der Snnnn AG am 31. Dezember 1998 abgelöst hat und ihr danach unstreitig alle Ansprüche der Snnnn AG gegen die Beklagten abgetreten worden sind, betraf die von den Beklagten verursachte Rechtsunsicherheit unmittelbar die Klägerin, d.h. der ihr abgetretene Rückzahlungsanspruch aus § 3 HWiG drohte zu verjähren. Soweit das Landgericht offenbar meint, die Beklagten hätten deshalb auf das Schreiben nicht reagiert und nicht zu reagieren brauchen, weil aus ihrer Sicht quasi ein unbekannter Dritter, mit dem sie nichts zu tun hatten, rechtliche Erklärungen verlangte, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen hat die Klägerin selbst - handelnd im Namen und für Rechnung der (damaligen) Bnn nn AG - den Vertrag mit den Beklagten geschlossen, mit ihr waren die Bausparverträge abgeschlossen, an sie wurden die Sparraten überwiesen, sie war Grundschuldgläubigerin, ihr waren die Unterlagen gemäß § 3 des Vertrages für die Auszahlung des Vorfinanzierungsdarlehens vorzulegen und ihr war unter bestimmten Bedingungen in § 5 des Vertrages das Recht eingeräumt, das Darlehen der Bnnnn AG abzulösen mit der Folge des Vertragseintritts in den Darlehensvertrag. Sie war mithin für die Beklagten keine unbekannte Dritte. Wenn die Beklagten sich insofern darauf hätten berufen wollen, dass die Klägerin, die von ihr den Verzicht auf den Einwand der Verjährung begehrte, nicht ihre Vertragspartnerin war, so hätten sie dies auf das Schreiben vom 14. Oktober 2004 hin tun können. Sie haben sich darauf aber nicht einmal in der Klageerwiderung berufen, was zeigt, dass sie insofern keine Zweifel hatten, dass die Klägerin unmittelbar von der Rechtsunsicherheit aufgrund des Widerrufs betroffen war. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Beklagten die Abtretung der Ansprüche an die Klägerin im Oktober 2004 möglicherweise nicht positiv kannten, ergab sich doch aus dem Schreiben deutlich, dass sich die Klägerin der Rückzahlungsansprüche berühmte ("unsere Rückzahlungsansprüche").
Die Beklagten gingen deshalb mit dem Schweigen auf das Schreiben vom 14. Oktober 2004 das Risiko ein, dass die Klägerin - wie angekündigt - Klage erheben würde und sich im Rahmen des Rechtsstreits - wie geschehen - herausstellen würde, dass sie tatsächlich auch Anspruchsinhaberin ist. Das Feststellungsinteresse der tatsächlichen Zessionarin ist dadurch jedenfalls nicht entfallen.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 91 ZPO.
Ende der Entscheidung
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