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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 27.02.2009
Aktenzeichen: 5 U 162/07
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 5 Abs. 1
UWG § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
UWG § 12 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitssat.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 5 U 162/07

verkündet am: 27. Februar 2009

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 27.02.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bulling und die Richter am Kammergericht Dr. Lehmbruck und Dr. Pahl

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 26. September 2007 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des Landgerichts Berlin - 97 O 228/07 - teilweise geändert und in Ziff. 1 wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Vorstand, untersagt,

im geschäftlichen Verkehr auf der Internetseite www.ewwwww für Tickets, auf denen die Antragstellerin als Tourneeveranstalter benannt ist, mit dem Hinweis zu werben: " Im Ticketpreis ist eine Buchungsgebühr von ... EUR enthalten", wenn diese Buchungsgebühr nicht auf dem Ticket ausgewiesen ist.

Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung der Kammer für Handelssachen 97 des Landgerichts Berlin vom 27. August 2007 - 97 O 228/07 - aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung der Antragstellerin zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

A.

Die Antragstellerin ist eine Tourneeveranstalterin und Konzertagentur. Die Antragsgegnerin betreibt als Konzertagentur das Internetportal www.ettttt , über das sie Tickets für Konzerte u.a. von Künstlern vertreibt, die mit der Antragstellerin einen Tourneevertrag abgeschlossen haben. Der vom Verbraucher für dasselbe Konzert zu zahlende Endpreis variiert zwischen den Internet-Kartenvorverkaufsstellen abhängig von Anzahl und Höhe der einzelnen erhobenen Gebühren, Auslagen etc.. Die Antragstellerin nimmt in den Verträgen mit den jeweiligen örtlichen Veranstaltern einen Ticketpreis auf.

Im Internetauftritt der Antragsgegnerin heißt es im Zusammenhang mit ihren Preisangaben: " Hinweis: Im Ticketpreis ist eine Buchungsgebühr von 2,00 EUR enthalten". Nach dem Einlegen der gewünschten Tickets in den virtuellen Warenkorb durch den Verbraucher erscheint u.a. der Hinweis: "Bearbeitungsgebühr: 4,90 EUR". Diese Bearbeitungsgebühr enthält im wesentlichen Liefer- und Versandkosten.

Die Antragstellerin rügt hinsichtlich der Buchungsgebühr eine Irreführung der Verbraucher, weil diese den "Ticketpreis" als den Preis verstünden, der auf dem Ticket aufgedruckt und vom Veranstalter vorgegeben sei. Die Angabe der Bearbeitungsgebühr verstoße gegen die Preisangabenverordnung.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 27. August 2007 das Verbot antragsgemäß erlassen. Auf den Widerspruch der Antragstellerin hat es mit dem angefochtenen Urteil vom 26. September 2007 die Beschlussverfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zulässige Berufung der Antragstellerin, die einen Neuerlass des Verfügungsverbots begehrt.

Wegen des weitergehenden Parteivortrages wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil und auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Die Berufung ist teilweise begründet.

I.

Der Verfügungsantrag Nummer 1 (Buchungsgebühr) ist begründet. Insoweit steht der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3,5 Abs. 1, Abs. 2 S 1 Nummer 2 UWG alter Fassung/neuer Fassung zu.

1. Die Vermutung der Dringlichkeit gemäß § 12 Abs. 2 UWG ist hinsichtlich dieses Verfügungsantrages nicht widerlegt. Eine Buchungsgebühr (angegeben als Teil des Ticketpreises) war nicht Gegenstand der vorangegangenen Abmahnung aus 2006. Diese - auf vertraglicher Grundlage ergangene - Abmahnung betraf eine von der Antragsgegnerin beworbene Veranstaltung, bei der die Antragsgegnerin - wegen der vertraglichen Vereinbarungen - keine Buchungsgebühr erhoben hatte. Von der Praxis der Antragsgegnerin zur Erhebung der Buchungsgebühr bei anderen Veranstaltungen musste die Antragstellerin keine Kenntnis haben. Die Antragstellerin hatte sich auch nicht einer besseren Kenntnis verschlossen, wenn sie nicht vorsorglich sogleich alle Angebote der Antragsgegnerin auf wettbewerbsrechtliche Verstöße untersucht hatte. Insoweit kann es auch dahingestellt bleiben, ob die Antragsgegnerin schon 2006 die Buchungsgebühr als Teil des Ticketpreises ausgegeben hatte.

2. Streitgegenständlich ist nicht die Frage, ob die Antragsgegnerin überhaupt eine zum Ticketpreis hinzutretende eigene Buchungsgebühr in Rechnung stellen darf. Die Antragstellerin rügt insoweit allein, dass die Antragsgegnerin die Buchungsgebühr als Teil des Ticketpreises ausgibt. Diesbezüglich liegt eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung vor.

a) Der angesprochene Verkehr versteht - mindestens zum großen Teil - den Hinweis "Im Ticketpreis ist eine Buchungsgebühr von 2,00 Euro enthalten" dahin, dass der vom Veranstalter festgesetzte und auf den Karten ausgedruckte Preis der Eintrittskarten bereits eine von jedem Käufer zwingend zu zahlende Buchungsgebühr enthalte. Dies kann der erkennende Senat als Teil der angesprochenen Verkehrskreise aus eigener Sachkunde feststellen. Diese Vorstellung des Verbrauchers wird noch verstärkt, wenn nachfolgend der Ticketpreis (einschließlich Buchungsgebühr) als " Normalpreis" bezeichnet wird. Der Verbraucher geht davon aus, dass er wegen dieser Festsetzung die Buchungsgebühr in jedem Fall gegenüber jeder Verkaufsagentur zu zahlen habe. Der Verbraucher weiß, dass in den vom Veranstalter festgesetzten und auf den Eintrittskarten ausgedruckten Preisen bereits - neben dem Eintrittentgelt selbst - weitere Kosten eingerechnet sein können, etwa Vorverkaufsgebühren und Entgelte für Nahverkehrsmittel. Die pauschale Einbeziehung einer Buchungsgebühr ist für das Verständnis des Verbrauchers nicht völlig fern liegend.

b) Diese Irreführung ist wettbewerbsrechtlich auch relevant. Versteht der Verbraucher die Buchungsgebühr als Teil des vom Veranstalter festgelegten Ticketpreises, hat der Verbraucher keinen Anlass mehr, hinsichtlich des Anfallens und der Höhe der Buchungsgebühr Preisvergleiche zwischen den einzelnen Verkaufsstellen vorzunehmen. Gerade insoweit besteht aber (jedenfalls auch) der Preiswettbewerb zwischen diesen Verkaufsstellen.

II.

Die Berufung der Antragstellerin ist hinsichtlich des Verfügungsantrages Nummer 2 (Versandkosten) nicht begründet.

1. Zwar liegt insoweit ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß gemäß §§ 3,4 Nummer 11 UWG alter Fassung/neuer Fassung in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2, Satz 2 PAngV vor.

a) Die durch die Marktverhaltensregelung des § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben müssen jedenfalls alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Internetseite gemacht werden, die noch vor Einleitung des Bestellformulars notwendig aufgerufen werden muss (BGH, GRUR 2008,84 Teilziffer 31 - Versandkosten). Die Angaben nach der Preisangabenverordnung benötigt der Verbraucher nicht erst im Zuge der Bestellung, sondern bereits, wenn er sich mit dem Angebot näher befasst. Werden die erforderlichen Informationen dem Verbraucher erst gegeben, wenn er sich bereits zum Erwerb entschlossen und deswegen den Bestellvorgang durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb eingeleitet hat, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 PAngV nicht erfüllt (BGH, a.a.O. Teilziffer 33).

Vorliegend wurden die Angaben zu den Versandkosten erst nach dem "Einlegen in den Warenkorb" gemacht.

b) Der Anwendung des § 1 Abs. 2 PAngV steht hier auch nicht § 312 b Abs. 3 Nummer 6 BGB entgegen. Dafür kommt es vorliegend nicht darauf an, ob auch die Antragsgegnerin als bloße Vermittlungsagentur "Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in dem Bereich Freizeitgestaltung" schließt. Zu den Vorschriften über Fernabsatzverträge, von denen § 312 b Abs. 3 Nummer 6 BGB bestimmte Bereiche ausnehmen will, gehören nicht die Regelungen der Preisangabenverordnung. Dies folgt schon aus § 9 Abs. 3 PAngV. Denn danach ist § 1 Abs. 2 PAngV ausdrücklich nicht anzuwenden (nur) " auf die in § 312 b Abs. 3 Nummer 1 bis 4 und 7 des BGB genannten Verträge". § 9 Abs. 3 PAngV regelt damit als lex spezialis das Verhältnis der Preisangabenverordnung zu § 312 b Abs. 3 BGB. Der hier allenfalls einschlägige § 312 b Abs. 3 Nummer 6 BGB soll gerade nicht die Anwendung des § 1 Abs. 2 PAngV ausschließen.

2. Es ist aber für den hier in Rede stehenden Verstoß durch das Zuwarten der Antragstellerin seit der Abmahnung 2006 die Vermutung der Dringlichkeit aus § 12 Abs. 2 UWG widerlegt.

Bereits 2006 hatte die Antragstellerin eine " Bearbeitungsgebühr: 5,00 €" beanstandet, die tatsächlich die Versandkosten beinhaltet hatte. Dieser Hinweis wurde ebenfalls erst nach dem "Einlegen in den Warenkorb" gegeben. Zwar hatte die Antragstellerin diesen Vorgang nur aus vertragsrechtlichen Gründen gerügt, weil sie - vor der aufklärenden Antwort der Antragsgegnerin - von einer vertragswidrigen reinen Bearbeitungsgebühr ausgegangen war. Mit der Aufklärung durch die Antragsgegnerin waren der Antragstellerin alle tatsächlichen Umstände bekannt, die auch den vorliegend gerügten Verstoß gegen § 1 Abs. 2 PAngV begründen. Eine an einer dringlichen Erledigung und Einstellung des wettbewerbsrechtlichen Verstoßes interessierte Partei hätte daher bereits 2006 den Wettbewerbsverstoß gerichtlich verfolgt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.



Ende der Entscheidung

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