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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 11.08.2000
Aktenzeichen: 5 U 1692/00
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 1
Leitsatz:

1. Die Werbung mit einem Gewinnspiel in einer Tageszeitung ist grundsätzlich auch dann zulässig, wenn nicht darauf hingewiesen wird, dass eine Teilnahme an diesem Gewinnspiel nicht von dem Erwerb der Zeitung abhängig ist.

2. Die Zulässigkeit hängt auch nicht davon ab, inwieweit die Zeitung bisher derartige Gewinnspiele durchgeführt hat.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 5 U 1692/00 15 O 597/99 LG Berlin

In dem Verfügungsverfahren

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bornemann, den Richter am Kammergericht Crass und den Richter am Landgericht van Dieken am 11. August 2000 beschlossen:

Tenor:

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfügungsverfahrens zu tragen.

Gründe:

Die Parteien sind Mitbewerber auf dem Berliner Tageszeitungsmarkt. Auf City-Light Plakaten im Berliner Stadtgebiet bewarb die Antragsgegnerin ihre Zeitung mit folgender Aussage: "Ich informiere mich nicht irgendwie. Sonst wohne ich am Ende irgendwo. Wir zahlen ihre Miete. Jetzt jeden Sonnabend Gewinnspiel im Immobilienmarkt." Die Plakate enthielten keinen Hinweis, ob es noch eine andere Möglichkeit gab. an dem Gewinnspiel teilzunehmen.

In der Zeitung wurde dann angegeben, dass im großen Immobilienmarkt des Tanzoman jeweils fünf Orientierungspunkte in Berlin zu finden und den richtigen Bezirken zuzuordnen seien. Die Teilnahme konnte per Telefon, Fax, e-Mail und per Post erfolgen. Die Antragsgegnerin wies auch darauf hin, dass die Gewinnchancen unabhängig vom Kauf der Zeitung seien und bei Bedarf der Immobilienspiegel auch kostenlos übersandt werde.

Die Antragstellerin meint, dass diese Art der Bewerbung i. S. d. § 1 UWG wettbewerbswidrig sei, da es sich um eine Koppelung von Verkauf der Zeitung der Antragsgegnerin und Teilnahmemöglichkeit am Gewinnspiel handele, bei der für den Konsumenten keine andere Möglichkeit am Gewinnspiel teilzunehmen, ersichtlich sei. Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht auf ein Presseprivileg berufen, da bei diesem Gewinnspiel nicht der Unterhaltungszweck überwiege, sondern der Werbezweck. Sie meint, dass es zwar Presseprodukte gäbe, bei denen der Verbraucher Gewinnspiele erwarten könne, dazu zähle aber nicht die seriöse Tageszeitung der Antragsgegnerin, was sich schon aus der werbemäßigen Herausstellung ergäbe. Sie meint ferner, dass ein Wettbewerbsverstoß auch dann anzunehmen wäre, wenn es noch andere Teilnahmemöglichkeiten gäbe, die nicht an den Kauf der Zeitung gebunden wären, da diese nur dann wettbewerbsrechtlich relevant seien, wenn sie auch tatsächlich Beachtung fänden. Dies sei hier nicht der Fall.

Die Antragstellerin hat die einstweilige Verfügung vom 9. November 1999 erwirkt, durch die der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel untersagt worden ist, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für ein Gewinnspiel, mit dem die Finanzierung einer Mietwohnung für ein halbes Jahr ausgespielt wird, mit der Ankündigung "Wir zahlen Ihre Miete. Jetzt jeden Sonnabend Gewinnspiel im Immobilienmarkt" zu werben und / oder werben zu lassen.

Die Antragsgegner hat im Widerspruchsverfahren ausgeführt, eine unzulässige Koppelung zwischen der Veranstaltung eines Gewinnspieles und dem Erwerb des Tagesspiegels liege nicht vor. Zum einen fehle es schon an einer tatsächlichen Koppelung. Im Übrigen greife das Presseprivileg für Gewinnspiele ein. Ihre Werbung sei nicht wettbewerbswidrig, da das Plakat überhaupt keine konkreten Informationen über die Teilnahmemodalitäten enthalten habe. Daher habe auch keine Hinweispflicht auf andere Teilnahmemöglichkeiten bestanden. Der Eindruck nur durch den Kauf am Gewinnspiel teilnehmen zu können, entstehe bei den hier angesprochenen Verbraucherkreise gar nicht und das Gewinnspiel sei so ausgestaltet gewesen - auch wenn es nicht so beworben worden sei - dass eine Teilnahme unabhängig vom Kauf möglich gewesen sei.

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung bestätigt. In der Berufungsinstanz hat die Antragsgegnerin die Einrede der Verjährung erhoben und dann auch erklärt, dass sie nicht beabsichtige, die angegriffene Wettbewerbsmaßnahme zu wiederholen. Daraufhin haben die Parteien das Verfügungsverfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Da die Parteien das Verfügungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten nach § 91a ZPO zu entscheiden. Danach hat die Antragstellerin die Kosten des Verfügungsverfahrens zu tragen, da sie nach dem bisherigen Sach- und Streitstand unterlegen wäre.

Der Antragstellerin stand kein Anspruch nach § 1 UWG zu, da die beanstandete Werbung der Antragsgegnerin für ihr Gewinnspiel nicht wettbewerbswidrig war.

Grundsätzlich ist allerdings zutreffend, dass die Koppelung zwischen Warenabsatz und Gewinnspiel wegen des damit verbundenen Kaufzwangs sittenwidrig ist. Für Gewinnspiele der Presse in der Presse besteht allerdings eine Ausnahme. Denn Preisrätsel der Presse gehören zum herkömmlichen Unterhaltungsstoff. Auch wenn mithin die Zeitung auch deshalb gekauft wird, weil sie ein attraktives Preisausschreiben ankündigt, sind solche Preisausschreiben nicht nur Werbung für das Presseerzeugnis, sondern auch Unterhaltungsstoff (v. Strobl-Albeg in Löffler, Presserecht, 4. Auflage, BT Gewinnspiel Rdnr. 12; Baumbach/Hefermehl, UWG, 21. Auflage, § 1 Rdnr. 168; von Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, Kap. 27 Rdnr. 9; BGH GRUR 1990, 611, 616 - Werbung im Programm). Damit brauchte die Antragsgegnerin grundsätzlich nicht darauf hinzuweisen, dass die Gewinnspielteilnahme nicht von einem Kauf der Zeitung abhängig ist. Auch aus anderen Gründen ergibt sich keine Sittenwidrigkeit.

Der Antragsgegnerin kann eine derartige Werbung nicht aus dem Gesichtspunkt versagt werden, dass sie als seriöse Zeitung des Berliner Zeitungsmarkts gelte und mithin für gewöhnlich nicht derartige Unterhaltung biete. Abgesehen von dem Umstand, dass dem Senat aus eigener Anschauung bekannt ist, dass der T auch bisher schon durchaus auch Preisrätsel enthielt, kann dies ohnehin keine andere Beurteilung rechtfertigen. Denn es kann keinem Marktteilnehmer verwehrt werden, die Werbemittel zu benutzen, die auch ein anderer Teilnehmer nutzt. Dass Preisrätsel und die dafür geschaltete Werbung auf dem Berliner Zeitungsmarkt üblich sind, ist zwischen den Parteien auch nicht streitig.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin tritt bei der Werbung auch nicht der Informations- und Unterhaltungswert derart in den Hintergrund, dass ausnahmsweise doch von einer Unlauterkeit auszugehen wäre.

Das OLG Hamburg (ZUM 1989, 362 - Super Chance) hat dies für den Fall angenommen, dass sich die Gewinnzahlen für ein Gewinnspiel aus der Zeitung ergaben, an der mittels separat erhältlichen Teilnahmekarten teilgenommen werden konnte. Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Hier ergab sich das Gewinnspiel allein aus dem Immobilienteil der Zeitung und hatte überdies auch eine unterhaltende Funktion, weil verschiedene Orte in Berlin wiedererkannt und den Bezirken zugeordnet werden mussten. Insoweit unterschied sich das Gewinnspiel in keiner Weise von den sonst üblichen Gewinnspielen, die durch Zeitungen veranstaltet werden.

Unerheblich ist entgegen der Auffassung des Landgerichts auch, dass sich der auch unterhaltende Charakter nicht aus der Werbung selbst ergab. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Werbung mit Gewinnspielen zulässig ist, weil eben bei dieser Werbung die Ausnutzung der Spiellust in den Hintergrund tritt. Dabei ist auch nicht entscheidend, ob der Begriff Gewinnspiel oder Preisrätsel verwandt wird, da diese Begriffe ohnehin nicht scharf zu unterscheiden sind.

Ende der Entscheidung

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