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Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 21.12.2002
Aktenzeichen: 5 U 191/01
Rechtsgebiete: UrhG, GG
Vorschriften:
UrhG § 51 Nr. 2 | |
GG Art. 5 Abs. 3 Satz 1 |
2. Bei großer Gebrauchsnähe der Werke darf die Zitierfreiheit nur mit größter Rücksicht ausgeübt werden.
3. Die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gebietet keine Ausdehnung der Zitierfreiheit, wenn das Zitat nicht mehr als Beleg fremder Meinungen dienen soll.
4. Das Voranstellen eines Zitats als Motto des Sprachwerkes genügt in der Regel dem Zitatzweck des § 51 Nr. 2 UrhG.
5. Sollen die Zitate nur aus sich heraus sprechen und damit dem Autor eine - mögliche - eigene Formulierung und Wertung ersparen und sollen die Zitate nur den Text auflockern und Authentizität übernehmen, ohne dass die konkrete Wortwahl des Zitats erkennbare Bedeutung für das zitierende Werk hat, hält sich dies regelmäßig nicht mehr innerhalb der Zitierfreiheit des § 51 Nr. 2 UrhG.
KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: 5 U 191/01
Verkündet am: 21. Dezember 2001
In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Haase und die Richter am Kammergericht Grass und Dr. Pahl für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung der Antragsgegnerin und die Anschlussberufung des Antragstellers wird das am 22. Mai 2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin - Az. 16 O 172/01 - teilweise abgeändert:
a) In Ziffer 1 des Tenors entfällt nach der Wendung "wenn und soweit darin nachfolgend wörtlich" die Wendung "oder sinngemäß".
b) Weiterhin entfallen in Ziffer 1 des Tenors die folgenden Wendungen:
aa) "Seite 186/5... verwässert."
bb) "Seite 150/152 f./193... ich!"
cc) "Seite 183/200... spät."
dd) "Seite 118/202... weitergehen?"
ee) "Seite 47/266... Feigheit!"
ff) "Seite 230/268... Religion."
gg) "Seite 33/283... protestiert."
hh) "Seite 122f./157... Menschheit."
ii) "Seite 46/170... hingeraten."
jj) "Seite 216/196... verloren."
c) Hinter der Wendung "Seite 96/311... vorbereiten konnte" wird neu eingefügt:
aa) "Seite 94f./209 Ich glänze wie (...) ein Luder!"
bb) "Seite 255/292 Fest steht (...) in jeder Hinsicht."
cc) "Seite 264/293 Ich bin 44 Jahre (...) noch-meschuggener."
dd) "Seite 252/295 Von tiefster Verlassenheit (...) die Feuerwagen..."
ee) "Seite 278f.1299 Manchmal glaube ich... machen?"
2. Die weitergehende Berufung und Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Verfahrens haben zu tragen:
I. Instanz: Der Antragsteller 4/5 und die Antragsgegnerin 1/5,
II. Instanz: Der Antragsteller 3/4 und die Antragsgegnerin 1/4.
Tatbestand (abgekürzte Fassung gemäß § 543 Abs. 1, 1. Alt. ZPO):
Der Antragsteller ist Schriftsteller. Er ist der alleinige Erbe der im Jahre 1977 verstorbenen Schriftstellerin M W, die mit dem Werk "Guten Morgen, du Schöne!" bekannt wurde. Sie hinterließ unter anderem Tagebücher und Briefe. Der Antragsteller brachte in zwei Büchern jeweils eine ausgewählte Sammlung dieser Tagebücher und Briefe heraus, die unter den Titeln "M W Leben wär eine prima Alternative" (1979) und "M W: Ein Leben ist nicht genug" (1994) erschienen sind.
Anfang März des Jahres 2001 erschien bei der Antragsgegnerin das Buch der Autorin S Z "Das Leben, dieser Augenblick - Die Biografie der M W". Dieses enthält Zitate aus den von dem Antragsteller herausgegebenen vorgenannten Werken, von denen der Antragsteller einige genehmigt hatte, die weitaus größere Anzahl aber ohne seine Zustimmung verwendet wurde. Der Antragsteller erfuhr hiervon durch die Übersendung der Druckfahnen (Anlage A 14) seitens der Antragsgegnerin im Januar 2001.
Der Antragsteller, der sich mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zunächst auch gegen die Veröffentlichung von bislang unveröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen von M W und gegen die Wiedergabe diverser Fotografien gewandt hatte, hat erstinstanzlich unter Zurücknahme seines weitergehenden Antrags die einstweilige Verfügung vom 27. März 2001 erwirkt, durch die der Antragsgegnerin untersagt worden ist, die von der Autorin S Z erfasste Biografie über M W mit dem Titel "Das Leben, dieser Augenblick" herzustellen, feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen, insbesondere sie zu vervielfältigen und zu verbreiten oder in unkörperlicher Form der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wenn und soweit darin nachfolgend wörtlich oder sinngemäß aufgeführte Textstellen enthalten sind:
aus
M W LEBEN WÄR EINE PRIMA ALTERNATIVE. TAGEBÜCHER UND BRIEFE, München 1994, ungekürzte Ausgabe, dtv Nr., ISBN (Gegenüberstellung von Buchseite / Seitenangabe nach Druckfahnen Anlage AS 14):
Seite 186/5 Ich habe meine Heimat in mir [...] verwässert
Seite 164/21 Am wohlsten fühle ich mich [...] wie einst in Vaters Säckelchen.
Seite 130/168 Sind das die mündigen [...] hervorbringen wollen?
Seite" 145f 88 Eigentlich [...] als irgendetwas anderes.
Seite1 50, 152f/193 Unsere besten Möglichkeiten [...] So eine Mutter bin ich!
Seite 124f/195 Dornen [...] stören sie ja schon genug!
Seite 183/200 Was mir wirklich fehlt [...] Zu spät.
Seite 118/202 Wo bin ich [...] wird es weitergehen?
Seite 111/207f Ja, ich weiß es.[...] ist sehr klein
Seite 94f/209 Ich glänze wie [...] ein Luder!
Seite 98f/209 Man kann traurig sein [...] es geht vorbei!
Seite 108f/209 ob es nicht möglich [...] als Volksfeind betrachten. A 108/109
Seite 21/211 erstes Hingerissensein [...) hegen und pflegen!
Seite 159/212 durch das dunkle Kleinmachnow, [...] traurig.
Seite 131f/213 Das Kind ist es gewesen [...] mit sich reden.
Seite 123/216 Bleibt vereint [...] Schatten.
Seite 207f/216f Alles drehte sich [...] schon tot war.
Seite 209/217 Ich fand ins Schloss [...] in der Gnade.
Seite 118/237 Wörter ziehen mich an [...] Kindergeschichten.
Seite 24/251 Was mit mir passiert [...] auch allein
Seite 27/251 Wer liebt die denn jetzt noch?
Seite 31-33/253f Ich hab Pech [...] in einem fremden Land!
Seite 13/256 Mamsch, [...] ins Haus gebracht.
Seite 14/257 Meine lieben Alte [...] sagen möchte.
Seite 42f/259 Hab eine Nachricht [...] verlorene Jugend.
Seite 49/260 Seit einer Woche [...] normal aus.
Seite 46/261 Das wirkliche Leben [...) sagt man in Wien!
Seite 45/261 Jeden Tropfen Leben [...] eigentlich ist.
Seite 58/264 Nichts erinnert [...] Halleluja.
Seite 62/264 Ich habe wieder [...] dem Himmel am nächsten.
Seite 89/265 Wenn meine Nacht einst fällt [...] meine Spur.
Seite 57/266 ich habe plötzlich [...] Wohlstand.
Seite 47/266 In all den Jahren [...] Feigheit!
Seite 60/261 Warum fragt mich niemand?
Seite 223/268 Mir scheint [...] ganz woanders.
Seite 230/268 Bei mir bildet sich [...] durch die Religion.
Seite 77/270 Ich war zwei [...] bleiben werden.
Seite 85/273 Im Grunde [...] Stillhalten...
Seite 33/283 Gehe aufrecht [...] die Wunde protestiert
Seite 219/292 nicht mehr so nahe bei [...] viel Zeit bleibt
Seite 248, 255/292 Fest steht [...] Kittys Grab nicht mehr.
Seite 264/293 Ich bin 44 Jahre [...] noch meschuggener.
Seite 259/293 Dem Sensenmann [...] für Krebs.
Seite 216/294 Früher sprang ich doch auf alle an, liebte alle!
Seite 228/294 Der Jammer ist nur [...] zu anstrengend.
Seite 264/294 Obwohl meine Nervosität [...] selbst zuwider.
Seite 252/295 Von tiefster Verlassenheit [...] die Feuerwagen...)
Seite 234f/295 Ich lüge [...] lächerlichen Zwiste.
Seite 221/295 Ich lebe [...] sterben könnte.
Seite 65f/296 hundsgemeine [...] prima Alternative!
Seite 218f/299 Manchmal glaube ich [...] machen?
Seite 96/311 Meine Situation: [...]vorbereiten konnte.
aus
M W EIN LEBEN IST NICHT GENUG: Tagebuchaufzeichnungen und Briefe, Ungekürzte Ausgabe, Zweite Auflage München 1998, dtv Nr., ISBN (Gegenüberstellung von Buchseite 1 Seitenangabe nach Druckfahnen Anlage AS 14):
Seite 195/13 Die Leni war sehr hübsch, hast du erzählt.
Und die Hausfrau hat die Leni nur deshalb nicht haben wollen! Und an dieser Stelle hat unser Vater ziemlich unverschämt gelacht, und du wurdest böse, aber nur zum Schein!
Seite 118/113 Dass mein kleiner Bruder [...] haben wir alle zu dramatisch gesehen.
Seite 42/134 Hab ja vor der ersten Paris-Reise [...] Gott soll uns alle beschützen!
Seite 34/135 Jawohl [...] Fred kennt eigentlich nichts anderes.
Seite 58/144 so hoffnungslos [...] wohl nicht mehr ertragen!
Seite 58/145 Ich widerrufe [...] mit mir zu den Verhandlungen gehen!
Seite 108/155 Bei Kitty hab ich viel versäumt [...] werde ich es ganz anders machen.
Seite 117f/156 So viel Hoffnung [...] anders vorgestellt!
Seite 122f/157 Das ist eine Erfahrung [...] blindes Vertrauen in die Menschheit.
Seite 131/158 Unsere Ausstellung [...] bereit uns Unbehagen.
Seite 155/164f Das Gerede [...] und ihrer Krankheit beigetragen haben.
Seite 151/166 Mama im Zimmer [...] Morgengrauen
Seite 46/170 Wir sind auch weggegangen [...] Wo bin ich hingeraten.
Seite 135f/170 Ich fahre an zwei Tagen [...] als ungerecht
Seite 135/172 Ich habe Verständnis [...] fertig werden.
Seite 120/172 Du merkst schon [...] Arbeiterklasse.
Seite 152/176 Das Geländer wackelig [...] ausrangierte Kommoden
Seite 154f/178 Freds 50. Geburtstag [...] besorgen mussten
Seite 72f/178 Fred ist verzweifelt [...] Wohnungstausch gestellt
Seite 176/179 Wir haben endlich [...] auf gepackten Koffern sitzen.
Seite 172/180 Kitty blieb [...] ein wenig geweint.
Seite 76f/180 Meine verdammte Zettelwirtschaft [...] Fernsehsendungen.
Seite 183/181 Ist sie eine neue [...] haben wir selten erlebt.
Seite 183/184 Ich habe ihr leider [...] glaub ich ihr nicht.
Seite 207f/187 Freds 200 - Seiten-Manuskript [...] wo bin ich?
Seite 216/196 Die Ereignisse [...] schon verloren.
Seite 190/199 Ich habe oft [...] dass wir hier leben.
Seite 181f/206 Ich lausche [...] auf einfache Weise lösen?
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung die einstweilige Verfügung teilweise aufrechterhalten und wie folgt erkannt:
1. Die einstweilige Verfügung vom 27. März 2001 wird bestätigt, soweit die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, die von der Autorin S Z Biografie über M W mit dem Titel "Das Leben, dieser Augenblick" herzustellen, feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen, insbesondere sie zu vervielfältigen und zu verbreiten oder in unkörperlicher Form der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wenn und soweit darin nachfolgend wörtlich oder sinngemäß aufgeführte Textstellen enthalten sind:
aus M W Leben war eine prima Alternative, Tagebücher und Briefe", München 1994, ungekürzte Ausgabe, DTV Nr., ISBN (Gegenüberstellung von Buchseite/Seitenangabe nach Druckfahnen-Anlage AS 14):
Seite 186/5 Ich habe meine Heimat in mir (...) verwässert.
Seite 164/21 Dort könnte ich sitzen (...) wie einst in Vaters Säckelchen.
Seite 130/168 Sind das die Mündigen (...) hervorbringen wollen?
Seite 145 f./188 Eigentlich (...) bedient zu werden.
Seite 150/152 f/193 Unsere besten Möglichkeiten (...)so eine Mutter bin ich!
Seite 124 f./195 Dornen (...) stören sie ja schon genug!
Seite 183/200 Was mir wirklich fehlt (...) Zu spät.
Seite 1181202 Wo bin ich (...) wird es weitergehen?
Seite 98 f./209 Man kann traurig sein (...)es geht vorbei!
Seite 108 f./209 Ob es nicht möglich (...) als Volksfeind betrachten.
Seite 126/210, 211 Erstes Hingerissensein (...)hegen und pflegen!
Seite 159/212 Durch das dunkle Kleinmachnow (...) traurig.
Seite 131 1/213 Das Kind ist es gewesen (...) mit sich reden.
Seite 207 f./216 f. Alles drehte sich (...) schon tot war.
Seite 209/217 Ich fand ins Schloss (...)in der Gnade.
Seite 118/237 Wörter ziehen mich an (...) Kindergeschichten.
Seite 24/251 Was mit mir passiert (...) auch allein.
Seite 31 - 33/253 f. Ich hab Pech (...) in einem fremden Land!
Seite 14/257 Meine liebe Alte (...) sagen möchte.
Seite 42 f./259 Hab eine Nachricht (...) verlorene Jugend.
Seite 46/261 Das wirkliche Leben (...) sagt man in Wien!
Seite 45/261 Jeden Tropfen Leben (...) eigentlich ist.
Seite 62/264 Ich habe wieder (...) dem Himmel am nächsten.
Seite 47/266 In all den Jahren (...) Feigheit!
Seite 230/268 Bei mir bildet sich (...)durch die Religion.
Seite 33/283 Gehe aufrecht (...) die Wunde protestiert.
Seite 219/292 Nicht mehr so nahe bei (...) viel Zeit bleibt.
Seite 234 f./295 Ich lüge (...) lächerliche Zwiste.
Seite 65 f./296 hundsgemeine (...) prima Alternative!
Seite 96/311 Meine Situation: (...) vorbereiten konnte.
aus M W Ein Leben ist nicht genug: Tagebuch-Aufzeichnungen und Briefe", ungekürzte Ausgabe, 2 Aufl. München 1998, DTV Nr., ISBN (Gegenüberstellung von Buchseite/Seitenangabe nach Druckfahnen-Anlage AS 14):
Seite 195/13 Die Leni war sehr hübsch, hast du erzählt. Und die Hausfrau hat die Leni nur deshalb nicht haben wollen! Und an dieser Stelle hat unser Vater ziemlich unverschämt gelacht, und du würdest böse, aber nur zum Schein!
Seite 118 f./73 Dass mein kleiner Bruder (...) haben wir alle zu dramatisch gesehen.
Seite 122 f./157 Das ist eine Erfahrung (...) blindes Vertrauen in die Menschheit.
Seite 46/170 Wir sind auch weggegangen (...) wo bin ich hingeraten.
Seite 135 f./170 In meinem Kopf (...) als ungerecht.
Seite 152/176 Das Geländer wackelig (...) ausrangierte Kommoden.
Seite 176/179 Die Flecken an der Wand (...) auf gepackten Koffern sitzen.
Seite 183/181 Ist sie eine neue Beauvoir? (...) haben wir selten erlebt.
Seite 216/196 Die Ereignisse (...) schon verloren.
Seite 181 f./206 Ich lausche (...) auf einfache Weise lösen?
Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.
Das Landgericht hat dabei einen Unterlassungsanspruch aus § 87 Abs. 1 UrhG bejaht, soweit die übernommenen Teile ihrerseits (für sich genommen) als persönliche geistige Schöpfungen selbständigen Schutz genießen würden und hierzu im Einzelnen ausgeführt:
B. I. "Leben war eine prima Alternative"
1. Seite 186/5: Sowohl die Wendungen "Heimat in mir" als auch "Lebensgesetz verlassen, verraten, verbessert" sind ungewöhnlich und zeugen von dem individuellen Gedankengang und Stil der Autorin.
2. Seite 164/21: Dasselbe gilt für den Satz "Dort könnte ich sitzen und tagelang vor mich hin schnurren und Gott preisen und mich pudelwohl und geborgen fühlen, wie einst in Vaters Säckelchen."
3. Seite 130/168: Auch die Frage "Sind das die mündigen, wissenden, allseitig entwickelten Menschen, die wir hervorbringen wollen?" enthält eine kritische Reflektion in Bezug auf das Verhalten ihrer Mitmenschen im Alltag der DDR.
4. Seite 145 f./188: Hier findet der Gedanke der Gleichheit seine individuelle Ausprägung.
5. Seite 1501152 f./193: Zwar sind die einzelnen Sätze aus dem Zusammenhang gerissen; jedoch lassen sie den individuellen Gedankengang der Autorin betreffend ihre Familie, ihr Haus, ihr eigenes Denken und Fühlen sowie ihre Mutterrolle erkennen.
6. Seite 124 f./195: Diese Sätze - der letzte ebenfalls aus dem Zusammenhang gerissen - geben einen Traum anschaulich wieder.
7. Seite 1831200: Hier reflektiert die Autorin Einzelheiten über ihre verlorene Heimat.
8. Seite 1181202: Dieser Passus befasst sich mit der schnellen Vergänglichkeit und dem Sinn des Lebens, wobei der individuelle Gedankengang der Autorin zum Ausdruck kommt.
9. Seite 98 f. 1209: Mit diesen Sätzen äußert sich die Autorin über den Tod ihrer Tochter, die Trauer und deren Einfluss auf das tägliche Leben, wobei ihr individueller Gedankengang zum Ausdruck kommt.
10. Seite 108 f./209: Bei diesen - auseinandergerissenen - Passagen geht es um den Sozialismus und dessen Vermittlung in der Schule, wobei die Autorin in unverblümter Weise ihrem Ärger Luft macht.
11. Seite 126/210, 211: Auch wenn es sich hierbei nur um den Teil eines Satzes und um einen ganzen Satz handelt, kommt der individuelle Stil "Erstes Hingerissensein von mir" und der individuelle Gedankengang in Bezug auf die Schlussfolgerungen, die die Autorin zieht, zum Ausdruck.
12. Seite 159/212: Hier geht es wiederum um die Bewältigung des Todes ihres Kindes in individueller Erzählweise.
13. Seite 131 f. 1213: In dieser Passage - die Sätze sind wiederum auseinandergerissen - schildert die Autorin einen Traum und ihre Gedanken hier zu im Zustand des Wachseins.
14. Seite 207/216 f.: Mit diesen Sätzen schildert die Autorin ihre Gefühle und Gedanken anlässlich eines Ohnmachtsanfalls mit individuellen Worten.
15. Seite 109/217: Hier gilt dasselbe wie zu 14.
16. Seite 118/237: Mit diesen Sätzen schildert die Autorin ihren Wunsch, zu schreiben und ihr Unvermögen hierzu. Auch hier kommt die individuelle Prägung der von ihr geäußerten Gedanken zum Ausdruck.
17. Seite 24/251: Bei diesen Sätzen geht es um die eigene Krankheit und die ihres Kindes, wobei die Autorin ihren individuellen Gedankengang zum Ausdruck bringt.
18. Seite 31 - 33/253 f.: Diese Sätze - zwei verschiedenen Briefen entnommen - befassen sich mit der Krebskrankheit der Autorin und geben ihre individuellen Gedanken hierzu wieder.
19. Seite 14/257: Mit diesem Satz bringt die Autorin in individueller Sprachschöpfung zum Ausdruck, dass man beim Briefschreiben nie das sagt, was man sagen möchte.
20. Seite 42 f./259: Mit diesen - wiederum auseinandergerissenen - Sätzen setzt sich die Autorin mit einem in einem früheren Brief geäußerten Gedanken ihres Ehemannes - des Antragstellers - mit individueller Formulierung auseinander.
21. Seite 46/261: Mit diesem Satz reflektiert die Autorin mit eigener Formulierung über das Leben.
22. Seite 45/261: Hier gilt dasselbe wie zu 21..
23. Seite 62/264: Mit diesen beiden Sätzen bringt die Autorin mit individuellem Gedankengang zum Ausdruck, weshalb sie gern auf Dächern spazieren geht.
24. Seite 47/266: Mit diesen auseinandergerissenen Sätzen schildert die Autorin ihre Gefühle zum Sozialismus und zum Leben der DDR in anschaulicher Erzählweise.
25. Seite 230/268: Hier gilt dasselbe wie zu 21.
26. Seite 33/283: Hier beschreibt die Autorin ihre Gefühle bei der beginnenden Besserung nach der Operation mit eigenen Gedankengängen.
27. Seite 219/292: Mit diesem Satz beschreibt die Autorin den Schmerz in ihrer eigentümlichen Erzählweise.
28. Seite 134f./295: Mit diesen Sätzen beschreibt die Autorin ihren Umgang mit ihrem Ehemann - den Antragsteller - kurz vor ihrem Tod und bringt wiederum individuelle Gedanken zum Ausdruck.
29. Seite 65 f./296: Der erste Satzteil besticht durch die Auswahl und Aneinanderreihung dreier Adjektive zu dem Substantiv Krankheit. Der zweite Satz, den der Antragsteller gleichzeitig zum Titel des Buches gewählt hat, bringt ebenfalls die besondere Ausdrucksweise der Autorin zur Geltung.
30. Seite 96/311: Mit dieser Passage beschreibt die Autorin mit knappen, ihren Gedankengang gut ausdrückenden Worten ihren Werdegang bis zum 39. Lebensjahr.
II. "Ein Leben ist nicht genug"
1. Seite 195/13: Mit diesen Sätzen erzählt die Autorin in einem Brief an ihre Mutter von deren (der Autorin früher erzählten) Jugenderlebnis als Dienstmädchen. Auch hier kommt ihr Erzählstil unverwechselbar zum Ausdruck.
2. Seite 118/73: Diese Sätze entstammen einem Brief der Autorin an ihren Vater, in dem sie über die Privilegierung von Arbeiterkindern in der DDR berichtet und hiermit ihre eigenen Gedankengänge zum Ausdruck bringt.
3. Seite 122/157: Diese beiden Sätze entstammen demselben Brief und berichten über den Charakter ihres - der Autorin - Ehemannes, des Antragstellers, wobei auch hier ihre persönlichen Gedanken zum Ausdruck kommen.
4. Seite 46/170: Mit diesen - teilweise umgestellten - Sätzen reflektiert die Autorin über die Schwierigkeiten der schriftstellerischen Entwicklung einer Hausfrau und Mutter. Auch hier kommen wiederum ihre eigenen Gedanken in individueller Formulierung zum Ausdruck.
5. Seite 135 f./1 70: Hier gilt dasselbe wie zu 4.
6. Seite 152/176: Mit diesen - teilweise zerstückelten - Sätzen berichtet die Autorin anschaulich von dem Zustand des Dachbodens.
7. Seite 176/179: Mit diesen Sätzen beschreibt die Autorin ihre Wohnung in individuellem Erzählstil.
8. Seite 183/181: Hier berichtet die Autorin über die Schriftstellerin C W und bringt ihre eigenen Gedanken über diese Schriftstellerin zum Ausdruck.
9. Seite 216/196: Hier geht es wiederum um den Tod ihrer Tochter Kitty, wobei ihr individueller Gedankengang zum Ausdruck kommt.
10. Seite 181/206: Mit diesen - auseinandergerissenen - Sätzen erzählt die Autorin anschaulich über einen Bericht ihres Ehemannes - des Antragstellers - vom Konzentrationslager und den hierdurch in ihr - der Autorin ausgelösten Gefühlen.
Die Voraussetzungen des Zitatsrechts nach § 51 Nr. 2 UrhG lägen nicht vor, denn die Autorin des angegriffenen Werks habe sich nicht mit der besonderen Erzählweise der Autorin des übernommenen Werkes auseinandergesetzt. Dies aber hätte der Zitatzweck erfordert.
Im Übrigen sei die Beschlussverfügung mangels Werkhöhe oder weil es sich um Fremdzitate handele oder die Sätze nicht mehr im gedruckten Buch enthalten seien, aufzuheben, und hat hierzu ausgeführt:
C. I. "Leben war eine prima Alternative".
1. Seite 111/207 f. Hier berichtet die Autorin über die Rezensionen betreffend das Buch ihres Ehemannes - des Antragstellers - und gibt damit nur den Sachverhalt wieder.
2. Seite 94 f /209: Diese Passage gibt die Autorin des streitgegenständlichen Werks mit eigenen Worten wieder.
3. Seite 123/216: Hier handelt es sich um ein Zitat der Autorin aus dem Buch des arabischen Dichters K G.
4. Seite 27/251: Der Satz "Wer liebt sie denn jetzt noch" lässt für sich genommen keinen schöpferischen Gehalt erkennen.
5. Seite 13/256: Hier gibt die Autorin einen einfachen Sachverhalt (Pflücken von Holunder) und Zubereitung einer Mahlzeit wieder, schildert also lediglich einen alltäglichen Vorgang.
6. Seite 49/260: Diese beiden Sätze beschreiben den Zustand der Autorin, nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen ist.
7. Seite 58/264: Auch diese beiden Sätze lassen einen schöpferischen Gedankengang nicht erkennen.
8. Seite 89/265: Diese Sätze stammen von dem russischen Dichter B.
9. Seite 57/266: Diese Passage gibt die Autorin des streitgegenständlichen Werkes mit eigenen Worten wieder.
10. Seite 60/267: Der Satz "Warum fragt mich niemand?" weist keine Schöpfungshöhe auf.
11. Seite 223/268: Diese Passage erscheint im Buch nicht.
12. Seite 77/270: Hier gilt dasselbe wie zu 10.
13. Seite 85/273: Mit diesem Satz schildert die Autorin lediglich allgemeine Probleme mit Kindern, ohne eigene Gedanken hierzu zu entwickeln.
14. Seite 255/292: Für den Satz "Fest steht nur, dass wir von der Grenze wegwollen, dass wir mehr Weite um uns brauchen in jeder Hinsicht" gilt das zu 10. Gesagte.
15. Seite 264/293: Hier gilt dasselbe wie zu 10. Gesagte.
16. Seite 259/293: Hier gilt dasselbe wie zu 10. Gesagte.
17. Seite 276/294: Hier gilt dasselbe wie zu 10. Gesagte.
18. Seite 228/294: Auch diese beiden Sätze, die sich mit der Kommunikation mit Männern und Kindern im Allgemeinen befassen, lassen keine besondere Schöpfungshöhe erkennen.
19. Seite 264/294: Hier gilt dasselbe wie zu 18.
20. Seite 252/295: Diese Passage gibt die Autorin des angegriffenen Werks mit eigenen Worten wieder.
21. Seite 221/295: Hier gilt dasselbe wie zu 10.
22. Seite 278 f. 1299: Diese Sätze geben das Befinden der Autorin wieder und lassen eine besondere Schöpfungshöhe nicht erkennen.
II. "Ein Leben ist nicht genug"
1. Seite 42/134: Diese Sätze befassen sich mit der Suche nach einer beruflichen Tätigkeit der Autorin. Sie weisen weder vom gedanklichen Inhalt her noch hinsichtlich der Formulierung Schöpfungshöhe auf.
2. Seite 34/135: Der Satz "Fred kennt eigentlich nix anderes" bezieht sich auf das Leben in einem Grenzgebiet und lässt einen schöpferischen Gedanken nicht erkennen.
3. Seite 58/144: Hier gilt das zu 2. Gesagte.
4. Seite 58/145: Diese Passage hat die Autorin des streitgegenständlichen Werks mit eigenen Worten wiedergegeben.
5. Seite 108/155: Diese Sätze beziehen sich auf das Verhältnis der Autorin zu ihren Kindern. Sie enthalten keine besonderen schöpferischen Gedankenäußerungen.
6. Seite 117 f./156: Bei dieser Passage geht es um das Paris-Buch der Autorin und des Antragstellers und dessen Verleger. Auch hier geht der gedankliche Inhalt nicht über das Alltägliche hinaus.
7. Seite 137/158: Dieser Satz bezieht sich auf die Ausstellung der Paris-Fotos und lässt eine besondere Schöpfungshöhe nicht erkennen.
8. Seite 155/164 f.: Mit diesen Sätzen gibt die Autorin Familienquerelen in alltäglicher Sprache wieder.
9. Seite 151/166: Hier schildert die Autorin ihr und ihrer Mutter Weinen nach dem Tod ihres Vaters in alltäglicher Sprache.
10. Seite 135/172: Diese Passage gibt die Autorin des streitgegenständlichen Werks mit eigenen Worten wieder.
11. Seite 120/172: Diese - auseinandergerissenen - Sätze beschäftigen sich mit der schriftstellerischen Tätigkeit der Autorin in der DDR. Eine besondere Schöpfungshöhe weisen sie nicht auf.
12. Seite 154 f./178: Diese - ebenfalls auseinandergerissenen - Sätze schildern den 50. Geburtstag des Antragstellers. Auch sie lassen eine Schöpfungshöhe nicht erkennen.
13. Seite 72 f./178: Diese Passage gibt die Autorin des streitgegenständlichen Werks mit eigenen Worten wieder.
14. Seite 172/180: Mit diesen beiden Sätzen schildert die Autorin den Besuch ihrer Tochter Kitty mit alltäglichen Wendungen.
15. Seite 76 f. 1180: Mit diesen Sätzen beklagt die Autorin ihre Zettelwirtschaft und die sich daraus ergebende Unordnung. Sie weisen keine besondere Schöpfungshöhe auf.
16. Seite 183/184: Der 2. Absatz ihres Treffens mit Christa Wolf gibt lediglich einen einfachen Sachverhalt wieder.
17. Seite 207 f./187: Dieser Satz schildert einen alltäglichen Vorgang (Abschreiben eines Manuskripts des Antragstellers).
18. Seite 190/199: Diese beiden Sätze berichten von der Sehnsucht der Autorin nach Wien und weisen keine besondere Schöpfungshöhe auf.
Entscheidungsgründe:
Die hiergegen eingelegte Berufung der Antragsgegnerin und die Anschlussberufung des Antragstellers sind teilweise begründet.
A. Die Berufung der Antragsgegnerin ist im zuerkannten Umfang begründet.
I. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Verfügungsgrund bejaht.
Zwar fehlt für das vorliegende urheberrechtliche Verfahren eine gesetzliche Vermutung der Dringlichkeit wie etwa nach § 25 UWG für Wettbewerbsverfahren.
Die unmittelbar bevorstehende Veröffentlichung des Buches und sein Verkauf lassen es aber besorgen, dass ein Hauptsachenverfahren zu spät einen Unterlassungstitel erbringen könnte, §§ 935, 940 ZPO. Die daraus folgende Dringlichkeit ist - wie das Landgericht zutreffend ausführt - nicht durch zögerliches Verhalten des Antragstellers entfallen. Insoweit wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
II. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch des Antragstellers folgt aus §§ 97 Abs. 1 Satz 1, 16, 17 UrhG. Er ist teilweise begründet.
1. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen und Briefe - denen die hier streitigen Formulierungen entnommen worden sind - in ihrer Gesamtheit urheberrechtlichen Schutz als Schriftwerke nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG genießen. Sie gehen nach Form und Inhalt insgesamt über alltägliche Mitteilungen deutlich hinaus und sind Ausdruck einer individuell geprägten literarischen Schöpfung (vgl. auch Senat, NJW 1995, 3392 - Botho Strauß). Dies stellt letztlich auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede.
2. Ebenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht eine urheberrechtliche Schöpfungshöhe jeder einzelnen übernommenen Formulierung als Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs geprüft.
a) Die unfreie Nachbildung wie auch die Vervielfältigung oder Vorführung von völlig unveränderten Teilen eines Werkes ist nur dann unzulässig, wenn die Werkteile als solche den Schutzvoraussetzungen des Urheberrechts genügen; denn nur dann verkörpere sie eine teilweise Wiedergabe des Urheberrechtsgutes (BGHZ 9, 262, 266 - Lied der Wildbahn). Werden völlig farblose, jeder Individualität entbehrende Teile entnommen, tritt eine Entwertung des Geisteswerkes nicht ein, so dass es an einer teilweisen Verwertung des "Werkes" und seines urheberrechtlich tragenden Gehalts fehlt (BGH, a.a.O., S. 267).
b) In der Entscheidung "Verkehrskinderlied" (BGHZ 28, 234, 237) hatte der BGH die Zulässigkeit des Zitats einer Kinderliedstrophe zu beurteilen, und dabei ausdrücklich - allerdings ohne Problematisierung - die Werkqualität des übernommenen Werkteils gefordert und bejaht. Die dabei erörterten §§ 41 und 19 LitUrhG haben insoweit durch das UrhG keine wesentliche Änderung erfahren.
bb) In der späteren Entscheidung "Handbuch moderner Zitate" (BGH, GRUR!973, 216, 217) hat der BGH sich allerdings hinsichtlich der Schutzwürdigkeit der zitierten Formulierungen mit der Feststellung begnügt, "die Werke ..., aus denen Stellen in das... Handbuch aufgenommen sind", seien "urheberrechtlich geschützt." Zwar prüft der BGH die Werkhöhe der einzelnen Zitate nicht. Er gibt aber nicht zu erkennen, dass er insoweit von der Entscheidung "Verkehrskinderlied" abweichen will, obwohl die Werkhöhe und Schutzfähigkeit der einzelnen zitierten Formulierungen entscheidungserheblich war, da der BGH die Voraussetzung einer zulässigen Zitierung nach § 51 Nr. 2 UrhG verneint hat.
Soweit der BGH - im Rahmen des § 51 Nr. 2 UrhG - die besondere Schutzwürdigkeit des Zitierten erörtert (aus dem Zusammenhang gerissene Wiedergabe einzelner Werkstellen in Zitatsammlungen könnten zu einer fehlsamen Einschätzung der in der Quellenangabe angeführten Werke führen und ihren Absatz mindern statt fördern, sowie die persönlichkeitsrechtlichen Belange der betroffenen Autoren empfindlich verletzen), kann dies zwar auch begründen, warum bei einem Zitat - wegen der Kenntlichmachung des teilweise übernommenen Werkes und seines Autors - die urheberrechtliche Schutzwürdigkeit nicht nur auf die übernommene einzelne Formulierung, sondern auf das verwertete Werk insgesamt zu beziehen ist. Denn bei der Verwertung einer farblosen, jeder Individualität entbehrenden Formulierung ohne Beleg fehlt es an einer Verbindung zum entlehnten Werk und seinem Autor.
Soweit es um den allgemeinen Persönlichkeitsschutz des Autors durch Zitate geht, genügen aber an sich die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften, insbesondere §§ 823, 1004 BGB in direkter oder analoger Anwendung. Soweit es um den gemäß § 11 UrhG geschützten Bereich der geistigen und persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk und die Werknutzung geht, unterscheidet das UrhG die Urheberpersönlichkeitsrechte (insbesondere §§ 12-14 UrhG) von den Verwertungsrechten (insbesondere §§ 15-24 UrhG). Wenn der Urheber seinen Anspruch auf Unterlassung einer Werknutzung durch andere nur auf seine fehlende Zustimmung stützt, ist die urheberrechtliche Werkhöhe des übernommenen Werkes oder Werkteils des Urhebers rechtsbegründend, soweit sie sich gegen eine Veränderung oder Entstellung richtet, muss diese an sich nachgewiesen werden. Die bloße Möglichkeit einer Entstellung bei einer Werknutzung begründet - für sich - keinen Unterlassungsanspruch. Macht ein Urheber einen Unterlassungsanspruch wegen einer Entstellung seines urheberrechtlich geschützten Werkes durch ein fehlerhaftes Zitat geltend, dann ist dies im Fall der Zitierung eines Werkteils mit urheberrechtlicher Werkhöhe nach den Vorschriften zu Werkänderungen der §§ 62, 39 UrhG zu beurteilen, § 62 Abs. 1 UrhG.
Denn das zulässige Zitat ersetzt nach § 51 UrhG das Zustimmungsrecht des Urhebers und führt gleichsam zu einem "Nutzungsrecht". Das fehlerhafte Zitieren eines Werkteils ohne urheberrechtliche Werkhöhe ist am Entstellungsverbot des § 14 UrhG zu messen. Insoweit bedarf nur das "entstellte" Werk einer urheberrechtlichen Werkhöhe. Die Entstellung muss aber nicht nur möglich sein, sondern tatsächlich vorliegen. Mit dieser Einschränkung ist der BGH-Entscheidung "Handbuch moderner Zitate" zuzustimmen.
cc) Der Senat hat für einen gegen nicht genehmigte Zitate gerichtetes Unterlassungsanspruch auch die urheberrechtliche Werkhöhe für jedes einzelne Zitat gefordert (Senat, GRUR 1973, 602, 604 - Hauptmann-Tagebücher; KG-Report 1994, 68 - Bildergeschichten).
dd) Ebenso wird in der Kommentarliteratur die urheberrechtliche Werkhöhe als Voraussetzung des auf fehlende Zustimmung gestützten Unterlassungsanspruchs genannt (Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., § 51 Rdn. 7, 43; v. Garnen, UrhG, § 51 Rdn. 7; Schack, Urheber und Urhebervertragsrecht, 2. Aufl., § 15 Rdn. 487; wohl auch Vinck in Nordemann/Vinck/Hertin, Urheberrecht, 9. Aufl., § 51 Rdn. 1).
Insgesamt sieht der Senat somit keinen durchgreifenden Anlass, davon abzugehen.
c) Vorliegend stützt der Antragsteller seinen Unterlassungsanspruch in erster Linie auf seine fehlende Zustimmung; insoweit ist die Werkhöhe der einzelnen Zitatstellen erforderlich. Wenn der Antragsteller darüber hinaus in der Berufungserwiderung teilweise auch eine Verfälschung geltend macht, ist dies zusätzlich - je nach gegebener oder nicht gegebener Werkhöhe - an den §§ 62 Abs. 1, 39 UrhG bzw. § 14 UrhG zu messen.
3. Zutreffend hat das Landgericht den Zitatstellen B 11-30 und B I 11-10 eine hinreichende urheberrechtliche Werkhöhe zuerkannt.
a) Werke im Sinne des UrhG sind gemäß § 2 Abs. 2 UrhG nur persönliche geistige Schöpfungen. Auch kleinste Teile, die im Verhältnis zum ganzen Werk bedeutungslos sind, genießen Schutz, sofern sie nach Form oder Inhalt eine individuelle Prägung aufweisen (Nordemann/Vinck, a.a.O., § 2 Rdn. 26).
aa) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann die individuelle Prägung nicht nur aus der Form der Darstellung folgen, sondern auch aus dem Inhalt (Senat a.a.O., Hauptmann-Tagebücher, S. 603). Schon in der Amtlichen Begründung zu §2 heißt es, Werke im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG seien solche, die durch ihren Inhalt oder durch ihre Form oder durch die Verbindung von Inhalt und Form etwas Neues und Eigentümliches darstellen (BT Drucks. IV/270 S. 38; vgl. Loewenheim in Schricker, a.a.O., § 2 Rdn. 55). Bei Sprachwerken kann die persönliche geistige Schöpfung grundsätzlich sowohl in der Gedankenformung und -führung des dargestellten Inhalts als auch in der besonders geistvollen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs liegen (BGH, GRUR 1987, 704, 705 - Warenzeichenlexika; GRUR 1980, 227, 230 - Monumenta fermaniae Historica; zum Inhaltsschutz auch GRUR 1962, 531, 533 - Bad auf der Tenne II; Loewenheim, a.a.O. (§ 2 Rdn. 55). Die bloße Idee kann zwar regelmäßig nicht Gegenstand urheberrechtlichen Schutzes sein (BGH, a.a.O., Warenzeichenlexika; Loewenheim, a.a.O., § 2 Rdn. 50), es sei denn, sie hat sich bereits zu einer Fabel oder Skizze verdichtet (Loewenheim, a.a.O., § 2 Rdn. 52 und 22 m.w.N.).
bb) Die individuelle Form eines Schriftwerkes muss sich, um den urheberrechtlichen Schutz zu erreichen, vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten unterscheiden (BGHZ 94, 276, 287 - Inkasso-Programm; Senat, a.a.O., Hauptmann-Tagebücher, S. 603). Bei Schriftwerken wird der wortgetreue Nachdruck auch kleinster Ausschnitte in der Regel eine Urheberrechtsverletzung darstellen, weil die Möglichkeiten, einen Gedankeninhalt in eine sprachliche Form zu bringen, so mannigfaltig sind, dass die gewählte Formgebung zumeist eine dem geistigen Schaffen entspringende individuelle Prägung aufweisen wird (BGH, a.a.O., Lied der Wildbahn, S. 268). Allerdings fehlt bei bloßen einzelnen oder mehreren Wörtern oder Satzteilen häufig ein hinreichender Raum für die Entfaltung von Individualität (Senat, a.a.O., Hauptmann-Tagebücher, S. 604; Loewenheim, a.a.O., § 2 Rdn. 67).
b) Vorliegend sind die genannten Zitatstellen ein eigentümlicher Ausdruck bestimmter individueller Gefühle, Gedanken und Einsichten. Diese werden sehr anschaulich und bildhaft geschildert und enthalten auch über den reinen Wortsinn hinausgehende Bedeutungen. Sie heben sich deutlich von einer nüchternen, alltäglichen Sprache ab. Die Möglichkeiten eines umformulierten Ausdrucks dieser Wendungen sind vielfältig.
4. Die Antragsgegnerin kann sich aber teilweise auf das Zitatrecht nach § 51 Nr. 2 UrhG stützen.
a) Das Zitatrecht nach § 51 Nr. 1 UrhG greift schon deshalb nicht ein, weil es hier nur um einzelne Stellen eines Werkes geht (vgl. BGH, GRUR 1986, 59 - Geistchristentum).
b) Das zitierende Werk der Antragsgegnerin ist ein selbständiges Sprachwerk (zu diesem Erfordernis BGH, a.a.O., Handbuch moderner Zitate, S. 217; a.a.O., Geistchristentum, S. 59). Über die bloße Sammlung einzelner Zitate hinaus enthält das Werk ganz überwiegende Schilderungen und Wertungen in eigenen Formulierungen. Auch der Antragsteller stellt dies nicht in Abrede.
c) Teilweise halten sich die zitierten Textstellen auch in einem durch den Zweck des Werkes der Antragsgegnerin gebotenen Umfang.
aa) Der sachliche Umfang des Kleinzitats wird durch den konkreten Zitatzweck im Rahmen des zitierenden Werkes, seiner Art, seines Inhalts und Zwecks begrenzt. Die Zitierfreiheit soll der Freiheit der geistigen Auseinandersetzung dienen und auch in der Form stattfinden können, dass politische, wissenschaftliche oder geistige Strömungen durch die wörtliche Wiedergabe einzelner Stellen aus den geschützten Werken verschiedener Autoren deutlich gemacht werden. Dabei ist eine Abwägung der beteiligten Interessen vorzunehmen. Ein Werk darf nicht um seiner selbst Willen zur Kenntnis der Allgemeinheit gebracht werden; andere sollen durch die Zitierfreiheit lediglich in die Lage versetzt werden, Entlehnungen als Hilfsmittel der eigenen Darstellung zu benutzen. Ein Zitat ist deshalb grundsätzlich nur zulässig, wenn es als Beleg für eigene Erörterungen des Zitierenden erscheint. Das Anleihen bei dem Original darf schriftlich nicht in einem solchen Umfang Kenntnis vom Original oder dessen Kernstücken verschaffen, dass hierdurch ein gewisser Ersatz für den Erwerb des Exemplars des vollständigen Werkes geboten und damit die dem Schöpfer dieses Werkes zustehenden Verwertungsmöglichkeiten geschmälert werden (BGH, a.a.O., Geistchristentum, S. 60).
Zitatstellen kommen als Beleg für eigene Darlegungen des Zitierenden in Betracht, wenn sie als Beispiel für eine ungewöhnliche Sprachgestaltung, zur Verdeutlichung übereinstimmender oder abweichender Aussagen, zum besseren Verständnis eigener Ausführungen, zur Begründung oder Vertiefung des Dargelegten oder als Ausgangspunkt für die eigene Darstellung dienen (BGH, a.a.O., Geistchristentum). Es genügt nicht, dass die Zitatstellen überhaupt mit dem Text des Zitierenden in Verbindung stehen, wenn sie etwa den Text bloß illustrieren und dies das Buch schmücken und für den Leser auflockern soll (Senat, KG-Report 1994, 68, 69 - Bildergeschichten).
bb) Vorliegend hat sich das Buch der Antragsgegnerin auch nach ihrer Aussage zur Aufgabe gemacht, im Rahmen einer Biografie das Leben der M W darzustellen, nicht aber deren literarische Qualitäten zu untersuchen. Die Autorin will keine Literaturkritik betreiben, sondern ein Leben jenseits der vor allem in der damaligen DDR vorherrschenden Legende der Person M W rekonstruieren.
Darin zeigt sich aber auch schon eine große Nähe zu der Verwertung der Briefe und Tagebücher durch den Antragsteller in den entlehnten Werken. Diese zusammengefassten schriftlichen Äußerungen der M W haben ihrerseits einen starken biografischen Charakter. Diese Werke und das der Antragsgegnerin konkurrieren somit nicht unerheblich um die Gunst der am Leben der M W interessierten, auch wenn bei den Briefen und Tagebüchern der authentische, persönliche Eindruck und Sprachstil im Vordergrund steht, hingegen bei dem Werk der Antragsgegnerin die Zusammenhänge aufzeigende, geschlossene Darstellung eines außenstehenden "Beobachters". Je mehr die Biografie der Antragsgegnerin auch den authentischen und persönlichen Eindruck und Sprachstil wiedergibt, um so weniger hat jedenfalls die breite Masse der Leser ein Interesse, noch die Werke des Antragstellers zu lesen. Wegen dieser starken Gebrauchsnähe der Werke darf die Zitierfreiheit nur mit größerer Rücksicht ausgeübt werden. Dies gilt um so mehr, als mangels Literaturkritik der Sprachstil der M W für die Biografie der Antragsgegnerin keine besondere Bedeutung hat.
cc) Der Beschränkung der Zitierfreiheit auf mit größerer Zurückhaltung ausgewählte exemplarische Belege steht vorliegend auch nicht der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG entgegen. Zwar erfordert Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG im Fall eines Zitats in einem Kunstwerk eine kunstspezifische Auslegung und Anwendung des § 51 Nr. 2 UrhG, die die innere Verbindung der zitierten Stelle mit den Gedanken und Überlegungen des Zitierenden über die bloße Belegfunktion hinaus auch als Mittel künstlerischen Ausdrucks und künstlerischer Gestaltung anerkennt und damit dieser Vorschrift für Kunstwerke zu einem Anwendungsbereich verhilft, der weiter ist als bei anderen, nicht künstlerischen Sprachwerken (BVerfG, ZuM 2000, 867, 869). Der Künstler darf urheberrechtlich geschützte Texte auch ohne Verwendung als Beleg in sein Werk aufnehmen, soweit sie als solche Gegenstand und Gestaltungsmittel seiner eigenen künstlerischen Aussage bleiben, etwa um einen fremden Autor selbst als Person der Zeit- und Geistesgeschichte kritisch zu würdigen (BVerfG, a.a.O.). Steht ein geringfügiger Eingriff in die Urheberrechte ohne die Gefahr merklicher wirtschaftlicher Nachteile der künstlerischen Entfaltungsfreiheit gegenüber, so haben die Verwertungsinteressen der Urheberrechtsinhaber im Vergleich zu den Nutzungsinteressen für eine künstlerische Auseinandersetzung, zurückzutreten (BVerfG, a.a.O.).
Es liegt nahe, dass die Wissenschaftsfreiheit ebenso eine wissenschaftsspezifische Auslegung und Anwendung des § 51 Nr. 2 UrhG gebietet. In der Wissenschaft dient das Zitat aber nur als Beleg der fremden Meinung, so wie dies herkömmlich für § 51 Nr. 2 UrhG gefordert wird. Während der Künstler Stilmittel verwenden darf, die beim Betrachter möglicherweise nur diffuse und sogar unterschiedliche Assoziationen hervorrufen, ist es Aufgabe der Wissenschaft, objektiviert Aussagen zu treffen, die den Anspruch erheben, von allen in einem eindeutigen Sinn verstanden zu werden. Zudem ist die Gebrauchsnähe (und damit die wirtschaftliche Gefährdung) zwischen einem erdichteten Werk und einem solchen, in dem der Autor neben anderen zeitkritisch betrachtet wird (so im Fall des BVerfG, a.a.O.), weit geringer als in vorliegendem Fall einer "Autobiografie" in Brief- und Tagebuchform zu einer Biografie über dieselbe Person. Dies gilt um so mehr angesichts der sehr populärwissenschaftlichen Darstellung der Biografie der Antragsgegnerin.
dd) Daraus folgt im Einzelnen:
(1) B M - Diese Äußerung ist als Motto dem Buchinhalt vorangestellt. Sie hat einen deutlichen Bezug zu der Grundthese in der Biografie von der zu nehmenden Entfremdung der - in der DDR populären - M W von der damaligen DDR. Bei Sprachwerken kann das Zitat auch als Devise oder Motto vorangestellt werden (Schricker, a.a.O., § 51 Rdn. 17). Dies genügt auch vorliegend als hinreichender Zitatzweck.
(2) In den Zitaten B I, 3, 10, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 23, 30 und B II 1, 2, 6, 7, 10 fehlt jeder nähere, erläuternde Zusammenhang der Zitate zum übrigen Text. Die Zitate sollen aus sich heraus sprechen und der Autorin eine - mögliche - eigene Formulierung und Wertung ersparen. Durch diese Zitate wird der Text aufgelockert und Authentizität übernommen. Die konkrete Wortwahl im Zitat ist ohne erkennbare Bedeutung. All dies hält sich nicht mehr innerhalb des hier zulässigen Zitatzwecks.
(3) Die Zitate B I 2, 4, 6, 9, 11, 19, 21, 22, 27, 28 und 29 sowie B II 5, 8 haben zwar einen Bezug zum vorangehenden Text, der in einer allgemeinen Wendung das nachfolgende Zitat umformuliert. Insoweit "belegt" zwar das Zitat die allgemeine Formulierung. Diese geht aber in ihrer Wertung nicht über den Inhalt des Zitats hinaus; das Zitat ist letztlich nur die bloße Ausformulierung der allgemeinen Wendung im Text. Fehlt es in der Regel an einem hinreichenden Zitatzweck, wenn der Inhalt des Zitats ohne Weiteres in anderen, eigenen Worten formuliert werden kann, dann ist die bloße Umformulierung auch kein ausreichender Anlass, sie durch ein Zitat zu belegen. Anderes könnte nur gelten, wenn es gezielt um die Glaubhaftigkeit der Umformulierung ginge, also diese Würdigung etwa vom übernommenen Bild der M W abweichen würde. Dazu ist nichts näher vorgetragen. Die Zitate berühren auch keine erkennbaren zentralen Aussagen, sondern sind situationsbezogen.
(4) Von zentraler Bedeutung sind hingegen die Zitate B I 5 (Beleg für "ungebetene Gäste" - prägende Schuldgefühle aus dem Unfalltod des Kindes), 7 (Beleg für "Dem Räume... erklärt hat " - Beziehung zu ihrem Ehemann und der DDR), 8 (Beleg für "nicht eingelassen..., auf Deutschland" - Verhältnis zur DDR), 24 (Beleg für "zu sehr Wohlstand... kasteit" - These in Frageform), 25 (Beleg für "innere Stimme..." - These in Frageform), 26 (Beleg für "ihr literarisches Leben" und die "Brustoperation" - bedeutsamer Punkt in der literarischen Entwicklung), B II 3 (Beleg für "Niederlage von Fred" - wesentliche Charakterisierung des Ehemannes), 4 (Beleg für "zweite Falle" - bedeutsam für literarische Entwicklung), 9 (Beleg für "DDR verlassen müssen" - kennzeichnend für Verhältnis zur DDR). Sie werden im Text eingehend erörtert oder sind Belege für wesentliche Wertungen in der Biografie, die dem Leser ein eigenes Urteil erlauben. Auch Thesen in Frageform zeigen einen Interpretationsspielraum, über die sich der Leser ein eigenes Bild machen soll.
d) Aus dem Abdruck in Anführungszeichen und den zahlreichen Hinweisen in diesem Zusammenhang auf Verlautbarungen der M W folgt, dass diese Aussagen erkennbar als Zitat gemacht werden. Dies genügt, um den Schutzbereich des § 51 UrhG zu eröffnen.
Allerdings läge ein Verstoß gegen den Umfang des Quellenangabegebots aus § 63 UrhG vor, soweit neben dem Urheber nicht auch das Werk selbst genannt wird (Dietz in Schricker, a.a.O., § 64 Rdn. 14). Dies ist aber für alle - zulässigen - Zitate vorstehend (c, dd, 1 und 4) auf Seiten 311-319 des Buches der Antragsgegnerin der Fall.
5. Soweit in dem Werk der Antragsgegnerin zulässig zitiert worden ist, liegt auch kein Verstoß gegen das Änderungsverbot nach §§ 62 Abs. 1, 39 Abs. 2 UrhG vor. Die Zitate entsprechen wörtlich den Formulierungen in den Werken des Antragstellers. Soweit einzelne Zwischensätze weggelassen wurden, ist dies mit der gebotenen straffen Zitierweise, dem Ausscheiden von Unwesentlichem und der Betonung des Wesentlichen noch hinreichend gerechtfertigt. Eine Entstellung oder sonstige Beeinträchtigung der Interessen des Antragstellers ist nicht erkennbar. Sein Vortrag hierzu erschöpft sich in bloßen Behauptungen.
6. Die Berufung der Antragsgegnerin ist daher begründet bezüglich der Äußerungen B M, 5, 7, 8, 24, 25, 26 und B II 3, 4, 9. Im Übrigen fehlt ein Rechtfertigungsgrund. Da auch eine Wiederholungsgefahr besteht, ist insoweit der Unterlassungsanspruch - bezogen auf die konkrete Verletzungsform - gegeben.
7. Zu weitgehend ist es aber, wenn der Antragsgegnerin eine "sinngemäße" Wiedergabe der Textstellen im Übrigen untersagt werden soll.
Den bloßen Gedankeninhalt kann der Antragsteller nicht für sich monopolisieren. Zwar beeinflusst der über das Banale hinausgehende Gedankeninhalt die Werkhöhe. Er wird für sich allein - also losgelöst von der Form - aber nur schutzwürdig, wenn er sich von der Beschreibung des Tatsächlichen löst und nur vorgestellte Geschehnisse angesprochen werden. Die vorliegenden Beschreibungen der M W, zu ihren Gefühlen und Erlebnissen beziehen sich auf die erlebten Geschehnisse. Sie sind somit Allgemeingut, die nicht losgelöst von der Form urheberrechtlich geschützt sind. Sie können daher "sinngemäß" in anderen Formulierungen erörtert werden. Auch insoweit ist die Berufung begründet.
B. Die Anschlussberufung des Antragstellers ist teilweise begründet.
I. Dies gilt allerdings nicht für die Zitate C I 13 und C II 7.
1. In C 113 geht M W zwar durchaus individuell auf die Probleme ihres Kindes mit der damaligen DDR ein. Der Gedanke geht über das Banale hinaus, und seine Darstellung hat eigentümliche Züge ("grauslich... die Entdeckung... nix verändert werden kann. Goschen halten. Stillhalten..."), insbesondere wegen der recht drastischen Wortwahl.
Das Zitat belegt aber den "Kummer" und ist wesentlich für das Verhältnis auch der M W zur DDR.
2. C II 7 zeigt zwar eine prägnante und sehr plastische Wertung, die damit hinreichende Werkhöhe hat. Sie belegt aber die Wertung der Autorin zum "Erfolg" der Ausstellung in der besonderen Situation der damaligen DDR und hält sich damit im zulässigen Bereich des Zitats.
II. Die Äußerungen in C I 2 und C I 20 gibt die Autorin - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht in eigenen Worten wieder, sondern die Autorin lässt nur einzelne Zwischenpassagen weg. Diese Äußerungen sowie die in C 114, 15 und 22 weisen durchaus hinreichende individuelle Züge auf.
In C I 2 ist die Wendung "... spiele... an die Wand und mache ihnen den Clown" in ihrer Wortkombination und für die beschriebene Situation durchaus schon eigentümlich. Der formulierte Gedanke ist auch nicht völlig banal.
In C I 14 gilt dies für die Wendung "... von der Grenze weg wollen, das wir mehr Werte um uns brauchen". Der weitere Text dieser Wendung ist allerdings die eigene Formulierung.
In C I 15 wird die Mutter und das Verhältnis der M W zur Mutter sehr anschaulich und drastisch geschildert. In der Wortkombination ist ein eigentümlicher Ausruck schon gegeben.
In C I 20 gilt dies für die Wendung ". Ich zerbreche meine Schale und wandere von einem Pol zum anderen...".
In C I 22 sticht - nach der Schilderung der Krankheitssymptome die Wendung "nichts wird besser - was soll ich mit dieser Krankheit machen?" hervor.
Sind diese Wendungen somit urheberrechtlich schutzfähig, so fehlt auch der rechtfertigende Zitatzweck. Diese Zitate sollen nur beschreiben und damit eigene - ohne Weiteres mögliche - Formulierungen ersetzen. Zentrale Wertungen der Biografie werden nicht berührt. Insoweit ist die Anschlussberufung begründet.
III. Im Übrigen hat das Landgericht die Werkhöhe zu Recht verneint. Eine Veränderung/Entstellung wird mit der Anschlussberufung für den davon erfassten Teil der Äußerungen nicht geltend gemacht.
IV. Soweit das Landgericht in B I 2 und B I 4 den Umfang der Untersagung um einige Sätze des Unterlassungsantrages gekürzt hat, ist dem der Antragsteller in der Anschlussberufung nicht entgegengetreten.
B. Die Nebenentscheidungen zu den Kosten beruhen auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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