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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 22.08.2000
Aktenzeichen: 5 U 3449/00
Rechtsgebiete: ZugabeVO, UWG


Vorschriften:

ZugabeVO § 1 Abs. 1 S. 3
UWG § 1
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2
Leitsatz:

ZugabeVO § 1 Abs. 1 S. 3; UWG §§1, 13 Abs. 2 Nr. 2

Gegen die ZugabeVO verstößt jedenfalls nach dem derzeitigen Verkehrsverständnis, wer für 1,00 DM neben Handy und Netzkartenvertrag auch noch eine "Play-Station" anbietet. Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass letztere von den angesprochenen Verkehrskreisen als Nebenware angesehen wird.


KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 5 U 3449/00 1020 36/00 Landgericht Berlin

Verkündet am: 22. August 2000

Lohey, Justizsekretärin

In Sachen

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bornemann, den Richter am Kammergericht Crass und den Richter am Landgericht van Dieken auf die mündliche Verhandlung vom 22. August 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 10. März 2000 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Der Antragsteller ist ein allgemein bekannter Wettbewerbsverband. Die Antragsgegnerin warb in der Tageszeitung "B vom 10. Februar 2000 wie folgt (nachfolgend verkleinert abgelichtet):

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, die beanstandete Werbung bedeute ein nach § 1 UWG beachtliches übertriebenes Anlocken. Es werde der Eindruck vermittelt, die Playstation werde sozusagen als Bonus mit dazugegeben. Ferner sei ein Verstoß gegen die Zugabeverordnung gegeben. Im Übrigen sei der hier beworbene Tarif "Time and more 20" im Vergleich deutlich teurer als der "D 2-Classic Premiumtarif".

Er hat beantragt,

der Antragsgegnerin bei Vermeidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

in an Letztverbraucher gerichtete Werbung für den Verkauf eines Mobiltelefons mit einem Preis in Höhe von 1,00 DM in Verbindung mit dem Abschluss eines Netzkartenvertrages zu werben, wenn das Angebot die Abgabe einer Sony-Playstation beinhaltet, insbesondere wie folgt zu werben:

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung wie von der Antragstellerin beantragt erlassen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, die beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die einstweilige Verfügung aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Abstand genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist im Ergebnis unbegründet. Dem Antragsteller steht ein Anspruch aus § 1 ZugabeVO zu.

Wie die Antragsgegnerin nicht in Abrede stellt, ist der Antragsteller antragsbefugt im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG.

Der Antrag ist hinreichend bestimmt, da er das Charakteristische des Verstoßes gegen die Zugabeverordnung hinreichend konkret umschreibt. Es reicht daher aus, dass die konkrete Werbung nur als Beispielsfall in den Antrag einbezogen ist. Einer Einbeziehung in der Form, dass die beanstandete Werbung unmittelbar zum Gegenstand des Antrags gemacht wird, - etwa mittels der Worte "wenn das geschieht wie" - bedurfte es hier nicht.

Eine Zugabe im Sinne der Zugabeverordnung liegt vor, wenn eine Leistung ohne besondere Berechnung neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware gewährt wird, der Erwerb der Nebenleistung vom Abschluss des Geschäfts über die Hauptware abhängig ist und dabei in der Weise ein innerer Zusammenhang besteht, dass die Nebenleistung mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware gewährt wird und das Angebot wegen dieser Abhängigkeit objektiv geeignet ist, den Kunden in seiner Entschließung zum Erwerb der Hauptware zu beeinflussen (ständige Rechtsprechung des BGH, zuletzt BGH GRUR 1999, 264/265 - "Handy für 0,00 DM"). Eine Zugabe kann danach immer nur eine von der Hauptware verschiedene, zusätzlich in Aussicht gestellte oder gewährte Nebenleistung sein. Werden dagegen die beiden in Rede stehenden Waren oder Leistungen vom Verkehr als eine Einheit angesehen, ist eine Zugabe begrifflich ausgeschlossen (vgl. BGH a.a.O.). Entscheidend ist unter diesen Umständen, ob die Antragsgegnerin ein Gesamtangebot zu einem Gesamtpreis beworben hat oder ob die gekoppelten Waren und Leistungen im Verhältnis von Hauptware/-leistung (Handy und Netzkartenvertrag)und Nebenware (Playstation) stehen (vgl. BGH a.a.O. "Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 1996, 363/365 - "Saustarke Angebote"; BGH WRP 1999, 517/519 - "Am Telefon nicht süß sein?"). Angesichts der Funktionseinheit von Telefon und Netzzugang hat der Bundesgerichtshof eine Aufteilung in Hauptleistung und Nebenware abgelehnt, da letztlich die meisten Erwerber eines Mobiltelefons einen Netzkartenvertrag abschließen müssten, um das Telefon überhaupt in der beabsichtigten Weise einsetzen zu können. Dies habe in der Praxis dazu geführt, dass in der Regel das eine nicht ohne das andere angeboten wird, so dass im Ergebnis eine Gesamtleistung vorliege (vgl. BGH a.a.O. Handy für 0,00 DM; a.a.O. "Am Telefon nicht süß sein?"). In der Entscheidung "Saustarke Angebote" hat der Bundesgerichtshof die Bewerbung einer Gefriertruhe und einer Schweinehälfte als auf ein Gesamtangebot zu einem Gesamtpreis gerichtet eingestuft. Angesichts der konkreten Werbung hat er angenommen, dass die Schweinehälfte, so wie sie beworben sei, als eine zweite weitere Ware vom Verkehr angesehen werde, der annehme, dass er sie bei Entrichtung des Gesamtpreises mitzubezahlen habe.

Im vorliegenden Fall erscheint es jedenfalls derzeit noch überwiegend wahrscheinlich, dass der Verkehr Handy und Netzzugang einerseits und Playstation andererseits nicht als einheitliches Angebot wahrnimmt. Die Antragsgegnerin weicht gerade von dem verkehrsbekannten "Paket" Handy/Netzkartenvertrag ab, in dem sie zusätzlich die Playstation in den Gesamtpreis von 1,00 DM einbezieht. Der Werbeslogan

"Ohne Handikap zum High-Score?

Das gibt's doch gar nicht!"

spielt zwar auf eine Verbindung zwischen Handy und Playstation an, es ist jedoch überwiegend wahrscheinlich, dass der Verkehr diesem Slogan nicht in der Weise folgt, dass er Handy-Netzkartenvertrag und Playstation als einheitliches Angebot wahrnimmt. Denn diese Zusammenstellung ist ihm bisher noch unbekannt. Es ist den Mitgliedern des Senats zwar bekannt, dass neuerdings auch zwei Handys mit Netzkartenvertrag zum Preis von 1,00 DM verstärkt angeboten werden, Kopplungen wie sie hier in Rede stehen, sind aber den Mitgliedern des Senats noch nicht aufgefallen. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin darauf hinweist, dass die Abgabe nur in branchenüblichen Mengen erfolgt, solange der Vorrat reicht. Dies lässt für die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Richter des Senats gehören, den Schluss zu, dass der Interessent die Playstation - solange der Vorrat reicht - als Nebenware dazu bekommt, weil er annimmt, dass sich die Tarife nicht ändern werden, wenn die Playstation nicht mehr mitgeliefert werden kann. Angesichts der Neuartigkeit der Kopplung ist es daher überwiegend wahrscheinlich, dass der Verkehr auf die Abgabe einer Zugabe schließen wird. Dies stellt einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 3 ZugabeVO dar, denn zur Verschleierung der Zugabe ist hier die Playstation mit einer anderen Ware und Leistung zu einem Gesamtpreis angeboten und angekündigt worden.

Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob sich dieses Angebot - ausgehend von der Wertung der ZugabeVO - auch als ein lauterkeitsrechtlich zu beanstandendes unzulässiges Anlocken (§ 1 UWG) darstellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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