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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 26.09.2000
Aktenzeichen: 5 U 4026/99
Rechtsgebiete: UrhG


Vorschriften:

UrhG § 97
UrhG § 98
UrhG § 99
Leitsatz:

Auch die naturgetreue zeichnerische Wiedergabe einer Bachforelle, die durch die Formgebung das Gefühl von Bewegung vermittelt, ist als bildende Kunst urheberrrechtlich geschützt. Dabei muss die Schöpfungshöhe nur den Anforderungen der kleinen Münze genügen.


KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 5 U 4026/99 16 O 608/98 LG Berlin

Verkündet am: 26. September 2000

Lohey Justizsekretärin

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bornemann, den Richter am Kammergericht Crass und den Richter am Landgericht van Dieken auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das am 16. März 1999 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin geändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM,, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen,

die Fisch-Zeichnung "Bachforelle" wie nachfolgend wiedergegeben zu vervielfältigen, zu verbreiten, zu vertreiben oder sonstwie in der Werbung zu verwenden:

2. Der Beklagte wird verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, in wessen Eigentum sich die Lithos und Druckstöcke, mit denen die in der vorstehenden in Ziffer 1. wiedergegebenen Anzeige verwendete Fisch-Zeichnung "Bachforelle" hergestellt worden ist, befinden;

3. der Beklagte wird verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang er die in Ziffer 1. wiedergegebene Fisch-Zeichnung "Bachforelle" vervielfältigt, verbreitet, vertrieben oder sonstwie in der Werbung verwendet hat, aufgeschlüsselt nach Werbemedien, Auflagenhöhen, Verbreitungsgebieten, Verbreitungszeiten und Erscheinungsdaten.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vervielfältigung, der Verbreitung, dem Vertrieb und der Verwendung in der Werbung der in Ziffer 1. wiedergegebenen Fisch-Zeichnung "Bachforelle" entstanden ist.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 90.000,00 DM und hinsichtlich der Auskunftsansprüche in Höhe von jeweils 1.000,00 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.

Im Übrigen wird dem Beklagten nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten zuzüglich 10 % abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.

Die Parteien dürfen die Sicherheit auch durch eine unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Sparkasse oder Genossenschaftsbank leisten.

Die Beschwer des Beklagten übersteigt 60.000,00 DM. Die Beschwer der Klägerin beträgt 1.000,00 DM.

Tatbestand:

Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin den Beklagten wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch.

Die Klägerin betreibt einen international tätigen Verlag für Fischzeichnungen. Unter anderem vertreibt die Klägerin Bilder von verschiedenen europäischen Fischen, die der Gesellschafter und Geschäftsführer H B angefertigt und der Klägerin zur Nutzung überlassen hat. Bei diesen Fischmotiven handelt es sich unter anderem um die Darstellung einer Bachforelle. Die Zeichnungen werden nicht nur als Bilder, sondern auch als Werbe- und Marketingmittel, z. B. in Form von Werbeaufklebern oder durch Lizenzerteilung zur Verwendung in Werbeanzeigen, vertrieben.

Der Beklagte hat eine Fischzucht in Hamburg, für die er in der Ausgabe 5/98 der Zeitschrift "Fisch & Fang" auf Seite 132 mit einer schwarzweiß Anzeige geworben hat, auf der eine springende Bachforelle abgebildet ist, die, wie die Klägerin behauptet, eine verkleinerte schwarz-weiß Kopie einer von H B gemalten klägerischen Bachforelle ist.

In der Ausgabe Angelwoche vom 29. Januar 1993 verwendete der Beklagte in seiner Anzeige noch eine andere Darstellung eines Fisches. Im Dezember 1993 bestellte der Beklagte bei der Klägerin u.a. 100 Klebestreifen mit dem Aufdruck "N A" auf denen jeweils die von H B gemalte Bachforelle verkleinert und farbig abgedruckt war.

Am 4. und 22. März 1998 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen der Anzeige in der Zeitschrift Fisch & Fang ab.

Die Klägerin hat behauptet, die in der Anzeige verwendete Bachforelle gleiche der Originalzeichnung der Klägerin bis ins letzte Detail. Daher handele es sich bei der verwendete Fischzeichnung um eine einfache Vervielfältigung der Bachforellenzeichnung der Klägerin. Der Beklagte begehe durch die unbefugte Verwendung des klägerischen Motivs eine Urheberrechtsverletzung, da die Fischzeichnung als Werk der bildenden Kunst gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG geschützt sei. Herr B habe bei der Anfertigung der Zeichnung ein dreidimensionales Original in eine zweidimensionale Zeichnung umgesetzt und sei schon deswegen schöpferisch tätig geworden. Außerdem habe er die Forelle aus der eigenen Phantasie heraus gestaltet, indem er ihre Anatomie verändert habe. So zeige der Schwanz nach unten, was anatomisch gar nicht möglich sei, da Forellen ihren Schwanz nur seitwärts bewegen könnten. Auch sei es bei einer Forelle in natura nicht möglich, ihr gleichzeitig in den Mund und zwischen die Bauchflossen zu schauen, was in der klägerischen Zeichnung jedoch möglich sei. Außerdem sei die Farbgebung der Forelle einzigartig.

Es sei davon auszugehen, dass der Beklagte einen dieser Aufkleber zur Gestaltung der Anzeige verwendet habe. Denn sein Vortrag, er benutze das Motiv bereits seit 1992/1993, sei falsch.

Die Lithos und Druckstöcke befänden sich im Eigentum des Beklagten.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, die Fischzeichnung "Bachforelle" wie nachfolgend wiedergegeben zu vervielfältigen, zu verbreiten, zu vertreiben oder sonstwie in der Werbung zu verwenden:

2. Der Beklagte wird verurteilt, die Lithos und Druckstöcke, mit denen die in der vorstehend in Ziffer 1 wiedergegebenen Anzeige verwendete Fischzeichnung "Bachforelle" hergestellt worden ist, zu vernichten.

hilfsweise:

Der Beklagte wird verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, in wessen Besitz sich die Lithos und Druckstöcke, mit denen die in der vorstehend in Ziffer 1 wiedergegebenen Anzeige verwendete Fischzeichnung "Bachforelle" hergestellt worden ist, befinden.

3. Der Beklagte wird verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang er die in Ziffer 1 wiedergegebene Fischzeichnung "Bachforelle" vervielfältigt, verbreitet, vertrieben oder sonstwie in der Werbung verwendet hat, aufgeschlüsselt nach Werbemedien, Auflagenhöhen, Verbreitungsgebieten, Verbreitungszeiten und Erscheinungsdaten.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte dazu verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vervielfältigung, der Verbreitung, dem Vertrieb und der Verwendung in der Werbung der in Ziffer 1 wiedergegebenen Fischzeichnung "Bachforelle" entstanden ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat bestritten, dass die in seiner Anzeige verwendete Bachforellendarstellung identisch mit der klägerischen Zeichnung ist. Außerdem handele es sich bei der klägerischen Fischzeichnung nicht um ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Auch wenn es sich nicht um eine nachbearbeitete Fotografie handele, sondern um eine Zeichnung, liege kein schutzfähiges Werk vor, weil die Zeichnung eine lediglich unwesentlich veränderte realistische Darstellung eines Fisches sei. Eine persönliche Handschrift des H B bei der naturgetreuen Darstellung einer Bachforelle in einer natürlichen Bewegungsposition sei nicht erkennbar.

Dem Beklagten sei nicht bekannt, von wem die in seinen Anzeigen verwendete Darstellung der Bachforelle stamme. Er habe lediglich der Zeitschrift Angelwoche zum Jahreswechsel 1992/1993 den Auftrag zur Gestaltung einer Anzeige erteilt, ihr jedoch nicht das Bild der Bachforelle vorgegeben. Vielmehr stamme die verwendete Darstellung der Forelle aus dem Archiv der Anzeigenredaktion der Zeitschrift. Diese habe die Druckvorlage später an die Zeitschrift Rute & Rolle" sowie die Zeitschrift Fisch & Fang" weitergegeben. Er habe die Druckvorlagen deshalb auch nie besessen.

Etwaige der Klägerin zustehende Rechte seien - nachdem der Beklagte das Motiv seit 1992/1993 unbeanstandet benutze - verwirkt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ansprüche aus dem Urheberrecht bestünden nicht, weil es sich nicht um eine urheberrechtlich geschützte Zeichnung handele. Es fehle die erforderliche Gestaltungshöhe. Aus § 1 UWG bestünde kein Anspruch, weil kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Auch aus positiver Vertragsverletzung sei kein Anspruch gegeben.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie ist der Auffassung, dass die Zeichnung sehr wohl Urheberschutz genieße. Allein die naturalistische Darstellung könne nicht dazu führen, dass Urheberschutz versagt bliebe. Das sei angesichts von bedeutenden Kunstwerken wie D H nicht haltbar.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

I. den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, die Fischzeichnung "Bachforelle" wie nachfolgend wiedergegeben zu vervielfältigen, zu verbreiten, zu vertreiben oder sonstwie in der Werbung zu verwenden:

II. den Beklagten zu verurteilen, die Lithos und Druckstöcke, mit denen die in der vorstehend in Ziffer I wiedergegebenen Anzeige verwendete Fischzeichnung "Bachforelle" hergestellt worden ist, zu vernichten;

hilfsweise: den Beklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, in wessen Eigentum sich die Lithos und Druckstöcke, mit denen die in der vorstehend in Ziffer II wiedergegebenen Anzeige verwendete Fischzeichnung Bachforelle" hergestellt worden ist, befinden;

III. den Beklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang er die in Ziffer II wiedergegebene Fischzeichnung "Bachforelle" vervielfältigt, verbreitet, vertrieben oder sonstwie in der Werbung verwendet hat, aufgeschlüsselt nach Werbemedien, Auflagenhöhen, Verbreitungsgebieten, Verbreitungszeiten und Erscheinungsdaten;

IV. festzustellen, dass der Beklagte dazu verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vervielfältigung, der Verbreitung, dem Vertrieb und der Verwendung in der Werbung der in Ziffer II wiedergegebenen Fischzeichnung "Bachforelle" entstanden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, dass es sich bei der in der Anzeige verwendeten Darstellung der Bachforelle nicht um eine Kopie handele. Er könne sich auch nicht erklären wie es zu der Anzeige gekommen sei, weil er mit deren Gestaltung nichts zu tun gehabt habe. Er habe deshalb auch nicht schuldhaft gehandelt. Zu Recht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich nicht um eine urheberrechtlich geschützte Leistung handele, weil die Arbeit zwar möglicherweise auf solidem handwerklichen Können beruhe, letztlich aber nur eine Kopie der Natur darstelle. Jeder entsprechend versierte Zeichner könne solche identischen Kopien herstellen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihren Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 a ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516, 518, 519 ZPO) Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. März 1999 ist zulässig.

II.

Die Berufung ist auch überwiegend begründet. Der Beklagte hat die Urheberrechte der Klägerin an der streitgegenständlichen Bachforelle verletzt.

1.

Die Klägerin hat den tenorierten Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG.

a)

Das Werk der Klägerin ist urheberrechtlich geschützt. Bei der Zeichnung handelt es sich um ein Werk der bildenden und nicht der angewandten Kunst, bei der auch die kleine Münze urheberrechtlich geschützt ist (BGH GRUR 1995, 581, 582 - Silberdistel).

Unter Kunstwerk ist eine eigenpersönliche geistige Schöpfung zu verstehen, die mit Darstellungsmitteln der Kunst durch formgebende Tätigkeit hervorgebracht und vorzugsweise für die ästhetische Anregung des Gefühls durch Anschauung bestimmt ist; dabei ist gleichgültig, ob das Werk neben seinem ästhetischen Zweck noch einem praktischen Gebrauchszweck dient. Der ästhetische Gehalt des Werkes muss jedoch einen solchen Grad erreichen, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer künstlerischen Leistung gesprochen werden kann (Erdmann in Festschrift für Otto-Friedrich Frhr. von Gamm Seite 389 m.w.N. zur Rechtsprechung).

Dies ist hier der Fall. Die Wiedergabe der Bachforelle bedurfte einer Umsetzung des dreidimensionalen Tieres in eine zweidimensionale Darstellung. Diese erfolgte auf Grund der beabsichtigten naturalistischen Darstellung anhand der natürlichen Vorgaben, wurde aber auch idealisiert, indem der "perfekte Fisch" wiedergegeben wurde. Zudem wurde der Fisch in eine Bewegung versetzt, indem dem Körper eine geschwungene Form gegeben und Maul und Flossen entsprechend angeordnet wurden. Damit wird der Fisch ästhetisch in einer dynamisch wirkenden Darstellung wiedergegeben. Ob ein Fisch auch in der Natur so sich bewegen könnte oder dies - wie die Klägerin meint - ausgeschlossen ist, ist unerheblich. Denn allein, weil eine Nachbildung der Natur vorliegt, ist der Urheberschutz nicht ausgeschlossen (BGH GRUR 1986, 458, 459 - Oberammergauer Passionsspiele I).

Es handelt sich auch um ein Werk der bildenden Kunst. Denn bei Werken der angewandten Kunst handelt es sich um Bedarfs- und Gebrauchsgegenstände mit künstlerischer Formgebung (Schricker, Urheberrecht, 2. Auflage, § 2 Rdnr. 156). Damit unterscheiden sich die Werke der bildenden von der angewandten Kunst durch ihren Gebrauchszweck. Bei dem Bild der Klägerin handelt es sich jedoch nicht um einen Gebrauchsgegenstand, sondern allein um eine künstlerische Darstellung.

Als Werk der bildenden Kunst ist auch die kleine Münze geschützt, mithin einfache, gerade noch schutzfähige Schöpfungen. Diese liegt hier unzweifelhaft auf Grund der oben genannten Merkmale vor. Soweit sich der Beklagte für seine gegenteilige Auffassung auf das Urteil des BGH (GRUR 1995, 581 - Silberdistel) bezieht, so ergibt sich daraus nichts anderes. Allerdings führt der BGH dort aus, dass die "Nachbildung nach dem Vorbild der Natur sich aber nicht als reine kunsthandwerkliche Leistung darstellen darf, sondern eine eine gewisse eigenschöpferische Originalität aufweisen muss." An dieser Originalität könnte man hier durchaus zweifeln, weil eben letztlich nur der Fisch wiedergegeben wird. Jedoch beziehen sich diese Ausführungen auf die Abgrenzung zwischen dem Geschmackmuster und dem Urheberschutz bei der angewandten Kunst, die hier gerade nicht vorliegt. Da sich bereits die geschmacksmusterschutzfähige Gestaltung von der nicht geschützten Durchschnittsgestaltung, dem rein Handwerksmäßigen und Alltäglichen abheben muss, ist für die Urheberrechtsschutzfähigkeit ein noch weiterer Abstand, das heißt ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung zu fordern. Für den Urheberrechtsschutz ist danach ein höherer schöpferischer Eigentümlichkeitsgrad als bei nur geschmacksmusterfähigen Gegenständen zu verlangen, wobei die Grenze zwischen beiden nicht zu niedrig angesetzt werden darf (BGH a.a.O.). Diese Anforderungen gelten hier jedoch nicht, da auch die kleine Münze geschützt ist.

b)

Der Beklagte hat auch das Urheberrecht der Klägerin verletzt.

Die Beurteilung der Frage der Nachbildung bzw. der Entnahme setzt grundsätzlich die Prüfung voraus, durch welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des Originals bestimmt wird. Denn für die Frage der Entnahme sind nur die im Schutzbereich des älteren Werkes liegenden Übereinstimmungen urheberrechtlich bedeutsam. Der Vergleich der Übereinstimmungen im schöpferischen Bereich ermöglicht es, die Grenze zwischen den urheberrechtlich relevanten Benutzungshandlungen (in Form der Vervielfältigung oder Bearbeitung) und der zulässigen freien Benutzung zu ziehen. Diese Übereinstimmungen sind im Einzelfall konkret festzustellen und darauf zu überprüfen, ob sie nach den Regeln des Anscheinsbeweises einen Rückschluss zulassen, dass der mutmaßliche Verletzer das ältere Werk benutzt, d. h. gekannt und bewusst oder unbewusst bei seinem Schaffen darauf zurückgegriffen hat, wobei weitgehende Übereinstimmungen in der Regel die Annahme nahelegen, dass der Urheber des jüngeren Werkes das ältere Werk benutzt hat (BGH GRUR 1988, 812, 813 - "Ein bisschen Frieden").

Das in der Anzeige Fisch & Fang verwendete Bild einer Bachforelle übernimmt urheberrechtsgeschützte Bestandteile der Zeichnung der Klägerin. Das gilt für die Körperform, die Anordnung der Flossen und das offene Maul des Fisches. Dies alles sind Merkmale, die - wie dargelegt - den urheberrechtlich geschützten Teil der Zeichnung ausmachen.

Es kann auch dahinstehen bleiben, ob es sich tatsächlich um eine reine Kopie der klägerischen Zeichnung handelt. Denn jedenfalls handelt es sich um eine unselbständige Bearbeitung (§ 23 UrhG).

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass dies eine ganz typische Darstellung einer Bachforelle sei, die auch jederzeit so fotografiert werden könnte, so ergibt sich daraus nichts anderes. Denn auf Grund der hohen Übereinstimmung zwischen dem Werk der Klägerin und dem verwendeten Bild, besteht ein Anscheinsbeweis, dass das Werk der Klägerin übernommen wurde. Das gilt erst recht, weil die Anzeige des Beklagten im zeitlichen Zusammenhang mit der Bestellung von Fischbildern bei der Klägerin geändert wurde.

Der Beklagte hat diesen Anscheinsbeweis auch nicht erschüttern können. Denn er hat nicht vorgetragen, woraus sich ergeben könnte, dass eine zufällige Doppelschöpfung vorliegt.

Weder hat er Fotografien vorlegen können, die eine Bachforelle in der streitgegenständlichen Art wiedergeben noch andere Zeichnungen, die als Vorlage hätten gedient haben können.

c)

Der Beklagte ist auch als Mittäter passivlegitimiert. Dabei kann zu seinem Gunsten davon ausgegangen werden, dass die Gestaltung der Anzeige allein durch den Verlag erfolgte und die Anzeige lediglich immer wieder durch ihn benutzt wurde. Denn Täter ist auch, wer eine Handlung als eigene veranlasst oder einen sonstigen Grund für eine adäquate Verursachung setzt (Schricker a.a.O. § 97 Rdnr. 35). Das trifft auf den Beklagten zu, weil er jedenfalls die beanstandete Anzeige jeweils immer wieder schaltete und damit für deren Veröffentlichung sorgte. Inwieweit er schuldhaft handelte, ist für den Unterlassungsanspruch bedeutungslos.

2.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vernichtung von Lithos und Druckstöcke gegenüber dem Beklagten, weil sie nicht bewiesen hat, dass diese sich im Eigentum des Beklagten befinden. Denn für den Anspruch nach § 99 UrhG ist nicht nur erforderlich, dass der Inanspruchgenommene Verletzer ist, sondern gleichfalls notwendig, dass sich die Vorrichtungen im Eigentum desjenigen befinden. Das hat die Klägerin jedoch nicht nachweisen können.

Die Klägerin kann jedoch - entsprechend ihrem Hilfsantrag - Auskunft darüber verlangen, wer Eigentümer dieser Druckstöcke ist. Grundsätzlich besteht nämlich ein derartiger Vernichtungsanspruch. Da die Klägerin aber nicht wissen kann, wer Eigentümer ist, ist der Beklagte nach § 242 BGB verpflichtet, ihr diese Auskunft zu geben, weil er als Auftraggeber der Anzeige und Verletzer unschwer in der Lage ist, diese Auskunft zu erteilen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Auflage, §§ 259 - 261 Rdnr. 11).

3.

Die Klägerin kann auch Auskunft über den Einsatz der beanstandeten Werbung (vgl. Schricker a.a.O. § 97 Rdnr. 81 m.w.N.) und nach § 97 UrhG Feststellung der Schadenersatzverpflichtung verlangen. Denn der Beklagte hat zumindest fahrlässig gehandelt.

Denn dadurch, dass er im Dezember 1993 Aufkleber bei der Klägerin erwarb, die exakt dem Fischbild in der Anzeige entsprachen, hätte er selbst dann, wenn die Anzeige ohne seine Mitwirkung zustandegekommen wäre, erkennen müssen, dass insoweit Urheberrechte der Klägerin verletzt werden konnten, weil deren Zeichnung möglicherweise übernommen wurde. Es hätte mithin Veranlassung bestanden zu überprüfen, inwieweit fremde Urheberrechte in Anspruch genommen werden und inwieweit dies gegebenenfalls rechtmäßig geschah. Das hat der Beklagte aber nicht getan.

4.

Die Ansprüche sind auch nicht verwirkt. Dafür wäre erforderlich gewesen, dass die Klägerin schon längere Zeit Kenntnis von der Verletzung gehabt hat und untätig geblieben ist (Schricker a.a.O. § 97 Rdnr. 94). Dafür gibt es aber keine Hinweise. Denn selbst wenn davon auszugehen ist, dass die Anzeige mit der verwendeten Fischabbildung schon längere Zeit und mehrfach in Anglerzeitschriften erschienen ist, ist nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass der Klägerin diese Anzeigen auch bekannt waren.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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