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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 07.11.2000
Aktenzeichen: 5 U 6923/99
Rechtsgebiete: MarkenG, UWG, EuGVÜ


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 3 Nr. 4
MarkenG § 30 Abs. 3
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2
EuGVÜ Art. 5
Leitsatz:

1. Die internationale Zuständigkeit Deutschlands ist gegeben, wenn ein deutsches Gericht für den Rechtsstreit zuständig ist. Die Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit geht fehl, wenn erstinstanzlich ein örtlich nicht zuständiges Gericht entschieden hat (LG Berlin statt LG Rostock).

2. Die Neufassung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG wirkt sich auf von Verbänden geltend gemachte markenrechtliche Ansprüche nicht aus.

3. Auch der Transit markenverletzender Waren fällt unter § 14 MarkenG.

4. Ein unbeteiligter Dritter ist nicht Störer und wird es auch nicht dadurch, dass er dem Verletzer einen Dolmetscher empfiehlt, der ein Schreiben an ein Zollamt aufsetzen soll.


KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 5 U 6923/99 15 O 555/98 LG Berlin

Verkündet am: 7. November 2000

Lohey Justizsekretärin

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bornemann, den Richter am Kammergericht Crass und den Richter am Landgericht van Dieken auf die mündliche Verhandlung vom 7. November 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15. Juni 1999 verkündete Urteil der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin geändert:

Das Versäumnisurteil vom 8. Februar 1998 wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten seiner Säumnis zu tragen, die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Betrages zzgl. 10 % abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Beschwer des Klägers beträgt 103.854,77 DM.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung und auf Schadensersatz wegen der Einfuhr markengefälschter Flachpaletten nach Deutschland in Anspruch.

Der Kläger ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts Hagen eingetragener rechtsfähiger Verein. Nach seiner Satzung nimmt er u. a. die gemeinsamen gewerblichen Interessen seiner Mitglieder wahr, die mit UIC-Holzpaletten (EURO-Paletten) befasst sind. "Union International des Chemins de fer" (UIC) ist der Name für die Vereinigung der internationalen Eisenbahnen, die auf dem Gebiet der Tauschpaletten in Europa in Form des Europäischen Paletten-Pools (EPP) tätig sind. In diesem sind die meisten europäischen Eisenbahnen, so auch die Deutsche Bahn AG (DB AG) und die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), zusammengeschlossen. Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit sind UIC-Kodices, in denen insbesondere die Konstruktion, die Werkstoffe, die Kennzeichnung und die Reparatur sogenannter EURO-Paletten geregelt sind.

Innerhalb des UIC-Palettenbereichs ist der Kläger für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland von der DB AG durch Vertrag vom 31. Mai 1994 beauftragt, die Vereinbarung der UIC auf dem Sektor UIC-Tauschpaletten durchzusetzen.

Jeder Hersteller von UIC-Paletten bedarf einer Zulassung durch eine Mitgliedsbahn der UIC. Der Zulassung geht ein Prüfverfahren auf der Grundlage des UIC-Kodex 435-2 (Gütenorm für eine Europäische Vierweg-Flachpalette aus Holz mit den Abmessungen 800 mm x 1200 mm) voraus. Die Zulassung umfasst die Ermächtigung und Verpflichtung, an den Flachpaletten insbesondere das Kennzeichen "EUR" im Oval anzubringen. Dieses Zeichen steht für Europäische Eisenbahnen und ist als IR-Marke unter der Nr. 430 337 bei der OMPI in Genf für die ÖBB eingetragen. Diese haben als dem EPP angehörendes Mitglied die Eintragung der Marke zwar formal unter ihrem Namen veranlasst, doch soll jede dem Pool angehörende Bahn in ihrem Land selbständig nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen dafür Sorge tragen, dass diese Marke nicht verletzt wird. Entsprechend schloss die DB als Rechtsvorgängerin der DB AG am 17. Juni 1988 mit den ÖBB eine Vereinbarung dahingehend, dass sie auf ihrem Gebiet Schutzrechtsverletzungen selbständig und im eigenen Namen verfolgt. Die DB beauftragte ihrerseits den Kläger im Zusammenhang mit der einheitlichen Rechtsverfolgung bei Schutzrechtsverletzungen an UIC-Paletten auch mit der Wahrnehmung ihrer Rechte bei Eingriffen in das Zeichen "EUR" im Oval.

Der Kläger beantragte am 6. Mai 1997 bei der Oberfinanzdirektion in München gemäß Art. 3 VO (EG)- Nr. 3295/94 und § 146 MarkenG - generell - die Grenzbeschlagnahme von markengefälschten EURO-Paletten bei Einfuhr in die Bundesrepublik Deutschland. Diesem Antrag gab die Oberfinanzdirektion mit Bescheid vom 22. Mai 1997 statt.

Am 26. September 1997 beschlagnahmte das Hauptzollamt Neubrandenburg - Zollamt Pomellen - (Mecklenburg-Vorpommern) aufgrund des vom Kläger erwirkten Grenzbeschlagnahmebescheids der Oberfinanzdirektion München 644 für das Unternehmen EU Frankreich, gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer J H bestimmte Flachpaletten 800 mm x 1200 mm, die wie folgt gekennzeichnet waren

- linke Eckklötze: ohne Zeichen

- Mittelklötze: RAL-RG 993 ohne Herstellercode und Herstellungsdatum

- rechte Eckklötze: EUR (im Oval).

Die EPAL-RAL-Signierklammer fehlte.

Die Paletten waren hergestellt von dem Unternehmen B Minsk/Belarus, bei der EU, vertreten durch ihren Geschäftsführer, mit Kaufvertrag vom 10. Juli 1997 "schwere Paletten mit den Maßen 1200 x 800" bestellt hatte.

Für den Kläger besichtigte das von ihm beauftragte Unternehmen S am 4. Oktotober 1997 die Paletten und identifizierte sie als Fälschungen. Unter dem 8. Oktober 1997 wurde das nachstehend in Kopie eines Faxes wiedergegebene Schreiben an den Direktor des Hauptzollamts Neubrandenburgs gerichtet:

Die Paletten wurden am 24. und 25. Februar 1998 vernichtet.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte spätestens seit der vergeblichen Abmahnung und den Vertuschungsversuchen sowie dem fehlgeschlagenen Bemühen, eine Freigabe der Paletten zu erreichen, als "Generaldirektor" der EU persönlich markenrechtlich hafte. Er hat behauptet, gemäß Rechnung der N Dienstleistungs GmbH vom 20. April 1998 1.670,00 DM für die Lagerung und gemäß Rechnung der GmbH/Prenzlau vom 30. März 1998 2.184,77 DM für die Vernichtung der Paletten, mithin insgesamt 3.854,77 DM, verauslagt zu haben.

Der Kläger hat das Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin vom 8. Februar 1999, zugestellt am 18. Februar 1999, erwirkt, demgemäß der Beklagte antragsgemäß verurteilt worden ist,

1. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000,00 DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, längstens 2 Jahre, zu unterlassen,

Flachpaletten, die den Kennzeichnungsvorschriften des UIC-Kodex 435-2 (Gütenorm für eine Europäische Vierweg-Flachpalette aus Holz mit den Abmessungen 800 mm x 1200 mm) ähnlich sind, jedoch den Normanforderungen nicht entsprechen, in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen, hier feilzuhalten und/oder in Verkehr zu setzen, wenn auf diesen das nachstehend wiedergegebene Kennzeichen

EUR

angebracht ist,

2. an den Kläger 3.854,77 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14. Januar 1999 zu zahlen,

3. die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist für vorläufig vollstreckbar erklärt und die Einspruchsfrist ist auf 3 Wochen festgesetzt worden.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte am 8. März 1999, also rechtzeitig, Einspruch eingelegt.

Der Kläger hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 8. Februar 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Er hat die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Berlin gerügt und bestritten, dass die EU bei Beschlagnahme Eigentümerin der so nicht bestellten Paletten gewesen sei und über diese habe verfügen können. Er selbst hafte ohnehin nicht, da er lediglich aufgetreten sei, um die EU gegen die Vorwürfe des Klägers zu verteidigen. Im Übrigen bestreite er mit Nichtwissen die geltend gemachten Kosten.

Das Landgericht hat das Versäumnisurteil gemäß dem Urteil vom 15. Juni 1999, auf das Bezug genommen wird, aufrechterhalten. Gegen dieses Urteil, das ihm am 21. Juli 1999 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am Montag, dem 23. August 1999 Berufung eingelegt. Auf seinen gleichzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ist diese um einen Monat verlängert worden. Seine Berufungsbegründung ist am 29. September 1999 bei dem Kammergericht eingegangen.

Er rügt:

Das Landgericht Berlin sei international nicht zuständig gewesen. Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ greife nicht ein, da es an dem erforderlichen Inlandsbezug fehle, weil es im Inland keinen Erfolgsort gebe. Er habe mit der Bestellung der fraglichen Paletten nichts zu tun gehabt Er sei erst aufgrund des Arbeitsvertrages vom 16. Oktober 1998 für die EU tätig geworden. Im Oktober 1997 habe er aufgrund seiner privaten Bekanntschaft mit dem Geschäftsführer J H der EU für diese sich um einen Übersetzer bemüht, der ein Schreiben an das Hauptzollamt Neubrandenburg aufgesetzt habe. Der Übersetzer habe dann unter das Schreiben vom 8. Oktober 1997 seinen (des Beklagten) Namen gesetzt. Die Unterschrift stamme nicht von ihm. Mit der Bestellung und Lieferung der Paletten habe er nichts zu tun.

Der erforderliche Inlandsbezug fehle jedenfalls, wenn man wie der Kläger darauf abstelle, dass er sich nach der Beschlagnahme als Generaldirektor" der EU um die Schadensbereinigung gekümmert habe. Hinsichtlich dieser nicht zu beanstandenden Verteidigungstätigkeit könne es kein Privileg des Klägergerichtsstandes geben. Das Landgericht habe ferner verkannt, dass § 14 MarkenG keine deliktsrechtliche Norm sei und dass Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ nicht dazu diene, eine Vielzahl von Gerichtsständen zu schaffen, sondern nur dazu, sachgerecht Gerichtsstände zur Verfügung zu stellen.

Dem Kläger fehle die Klagebefugnis. Er mache kein eigenes Recht geltend, sondern eines der ÖBB. Die Ermächtigung sie unwirksam, weil Ansprüche aus dem Markenrecht nicht isoliert übertragbar seien. Es fehlten ferner nachvollziehbare Feststellungen hinsichtlich der Wirksamkeit der Ermächtigung. Das Landgericht habe ferner übersehen, dass Art. 40 EGBGB seit 1. Juni 1999 in neuer Fassung gelte. Es fehle eine ausdrückliche Erklärung des Klägers, dass er für die Anwendbarkeit deutschen Rechts optiere. Mangels einer entsprechenden ausdrücklichen Erklärung sei französisches Recht anwendbar. Diese schütze den Arbeitnehmer vor dem Haftungsdurchgriff. Dieses Privileg nehme er für sich in Anspruch.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert:

Der Beklagte habe sich mindestens als Gehilfe intensiv bemüht, der EU den Erfolg der begangenen Markenverletzung zu sichern. Der Erfolg seiner Bemühungen habe nur in Deutschland stattfinden können. Der Beklagte leugne der Wahrheit zuwider seine Mitwirkung am Schreiben vom 8. Oktober 1997. Entgegen seinem Vorbringen habe die EU keinen Geschäftsführer, sondern eine Geschäftsführerin. Der Beklagte lege nicht dar, wie es zur Gestaltung des Schreibens vom 8. Oktober 1997 gekommen sei. Daher bleibe unklar, wer ihn zum "Generaldirektor" befördert habe. Es sei auch verwunderlich, dass er sich nicht von Beginn der Auseinandersetzung an auf diesen Punkt konzentriert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Auf die zulässige Berufung des Beklagten war das angefochtene Urteil zu ändern und das Versäumnisurteil vom 8. Februar 1999, gegen das der Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt hatte, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Es fehlt jedoch nicht an der internationalen Zuständigkeit. Allerdings ist das Landgericht Berlin örtlich nicht zuständig gewesen, denn die gerügte Markenverletzung hat sich weder im Land Berlin noch im Land Brandenburg abgespielt, sondern in Mecklenburg-Vorpommern. Dort besteht für derartige Rechtsstreitigkeiten eine Zuständigkeit des Landgerichts Rostock. Auf die fehlende örtliche Zuständigkeit des erstinstanzlich befassten Gerichts kann die Berufung gemäß § 512 a ZPO jedoch nicht gestützt werden. Zu prüfen hat der Senat die internationale Zuständigkeit. Die ist aber gegeben, denn ein deutsches Gericht - das Landgericht Rostock - ist für den Rechtsstreit erstinstanzlich zuständig gewesen. Die Rüge der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes in der Berufungsinstanz ist nicht zu beachten, falls statt des angerufenen ein anderes deutsches Gericht örtlich und damit international zuständig ist (vgl. BAG NJW 1971, 2143). Aufgrund der Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit darf das Berufungsgericht lediglich nachprüfen, ob die Bundesrepublik Deutschland als solche die Rechtsprechungsaufgabe in Gestalt des konkreten Rechtsstreits übernehmen darf. Ob das Gericht erster Instanz örtlich zuständig war oder nicht, bleibt außer Betracht. Das Rechtsmittelgericht hat zu prüfen, ob irgendein deutsches Gericht bei Anwendung der deutschen Gerichtsstandsvorschriften zuständig ist. Ist dies der Fall, so ist die deutsche internationale Zuständigkeit grundsätzlich gegeben. Dabei ist zu betonen, dass es um die internationale Zuständigkeit Deutschlands geht und nicht um die internationale Zuständigkeit irgendeines Instanzgerichts (vgl. Geimer NJW 1972, 407 f.). Die durch § 512 a ZPO ausgeschlossene Rüge fehlender örtlicher Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts kann nicht in die Rüge fehlender internationaler Zuständigkeit gekleidet werden, wenn statt des Gerichts der Vorinstanz ein anderes gleichgeordnetes deutsches Gericht örtlich und international zuständig wäre, da es nur auf die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte insgesamt ankommt (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 512 a Rdnr. 6; MK/Rimmelspacher, ZPO, 2. Aufl., § 512 a Rdnr. 9 und Fußnote 11). Der Senat hält somit an seiner Auffassung fest, dass die internationale Zuständigkeit in derartigen Fällen gegeben ist, wie er dies schon im Urteil vom 31. März - 5 U 8734/98 - ausgesprochen hat.

Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte einen Markenrechtsverstoß leugnet. Im deutschen Zivilprozessrecht gilt der Grundsatz, dass Tatsachen, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage notwendigerweise erheblich sind (sogenannte doppelrelevante Tatsachen), erst bei Prüfung der Begründetheit festgestellt werden. Für die Zulässigkeit reicht die einseitige Behauptung aller erforderlichen Tatsachen durch den Kläger aus. Es reicht insoweit die bloße schlüssige Behauptung des Klägers, der Beklagte habe unbefugt gekennzeichnete Ware eingeführt. Diese Grundsätze gelten auch für die internationale Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte (vgl. RGZ 95, 268; BGH NJW 1994, 1413; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Art. 5 Rdnr. 72). Nach dem Vorbringen des Klägers hat der Beklagte auch gegen § 14 Abs. 3 Nr. 4 MarkenG verstoßen, da er für die Einfuhr unbefugt gekennzeichnete EURO-Paletten verantwortlich sein soll. Die rechtswidrige Benutzung eines Kennzeichens unterfällt auch dem Begriff der unerlaubten Handlung und kann an dem für diese geltenden Gerichtsstand, auch soweit es sich um den internationalen Gerichtsstand gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ handelt, verfolgt werden (vgl. BGH GRUR 1994, 530/531 - Beta).

Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlt es auch nicht an der Prozessführungsbefugnis des Klägers. Er ist zwar nicht Markenrechtsinhaber, vielmehr sind dies die ÖBB. Diese haben jedoch mit Lizenzvertrag vom 17. Juni 1988 den Gebrauch der Marke für das Gebiet Deutschland auf die Rechtsvorgängerin der Deutsche Bahn AG übertragen. Durch die Vereinbarung vom 31. Mai 1994 wurden deren Verpflichtungen und Rechte, also auch die zur Verfolgung von Schutzrechtsverletzungen im eigenen Namen, auf den Kläger übertragen. Er macht diese Ansprüche in zulässiger Weise als Prozessstandschafter geltend. Es ist grundsätzlich möglich, dass ein Verband aufgrund einer Ermächtigung seiner Mitglieder in gewillkürter Prozessstandschaft vorgeht. Das neben der - wie dargelegt - vorliegenden Ermächtigung erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse des Verbandes ist gegeben, wenn die Rechtsverfolgung zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört (vgl. BGH GRUR 1983, 379/381 - "Geldmafiosi"; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl. vor § 50 Rdnr. 60). Diese Voraussetzungen liegen hier ebenfalls vor. Der Kläger ist ein Verein, der nach seiner Satzung u. a. die gemeinsamen gewerblichen Interessen seiner Mitglieder wahrnimmt, die mit UIC-Holzpaletten befasst sind. In den Kreis dieser Aufgaben fällt nicht nur die Abwehr von Wettbewerbsverstößen, sondern auch und gerade die Abwehr von Markenverletzungen. Ein schutzwürdiges eigenes Interesse des Klägers fehlt auch nicht etwa im Hinblick auf die Entscheidung des BGH "Verbandsklage in Prozessstandschaft" (WRP 1998, 175 ff.). Diese Entscheidung betrifft nur das Wettbewerbsrecht. Sie findet ihre Grundlage darin, dass der Gesetzgeber den Verbänden mit der Neufassung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG die eigene Verfolgungskompetenz bewusst entzogen und damit deutlich gemacht hat, dass sie nur noch zur kollektiven Wahrnehmung von Mitgliederinteressen, die für den einschlägigen Markt als repräsentativ angesehen werden können, befugt sind. Diese bewusste Beschränkung der Klagebefugnis der Verbände würde unterlaufen, wenn auch künftig ein schutzwürdiges eigenes Interesse der Verbände an der Verfolgung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche von Betroffenen anerkannt würde. Nach der Neufassung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist im Wettbewerbsrecht die Rechtsverfolgung durch Verbände im Wege der Prozessstandschaft als mit dem neuen Recht unvereinbar anzusehen. Dies zeigt, dass die Entscheidung "Verbandsklage in Prozessstandschaft" nur den Bereich des UWG betrifft, im Übrigen aber die Rechtsprechung zur gewillkürten Prozessstandschaft fortgilt. Daher ist das Vorgehen des Klägers in gewillkürter Prozessstandschaft in diesem markenrechtlichen Fall nicht zu beanstanden. In der Ermächtigung zur Prozessführung im eigenen Namen liegt zugleich die gemäß § 30 Abs. 3 MarkenG erforderliche Zustimmung des Lizenzgebers zur Klageerhebung.

Die Klage kann dennoch keinen Erfolg haben, da der Beklagte nicht gegen § 14 Abs. 3 Nr. 4 MarkenG verstoßen hat.

Entgegen seiner Auffassung ist deutsches Recht anwendbar. Allerdings verweist er zutreffend darauf, dass gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB dem Kläger ein Bestimmungsrecht hinsichtlich der Anwendbarkeit des deutschen Rechts zusteht, das innerhalb der zeitlichen Grenzen des Satzes 3 dieser Vorschrift ausgeübt werden muss. Das hat der Kläger aber getan, denn es reicht aus, dass er sich in der Klageschrift auf die Vorschriften des deutschen Markengesetzes berufen hat (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 59. Aufl., EGBGB Art. 40 Rdnr. 4). Damit hat der Kläger rechtzeitig konkludent seine Rechtswahl getroffen. Wie der Senat bereits im Urteil vom 31. März 2000 entschieden hat, fällt auch der Transit markenverletzender Waren unter § 14 MarkenG (vgl. auch Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdnr. 124; Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 14 Rdnr. 483). Der Beklagte kann sich also nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Paletten nach Frankreich geliefert werden sollten.

Der Beklagte ist jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht als Störer anzusehen. Diese Entscheidung kann der Senat treffen, ohne dass es insoweit auf den vom Beklagten im Termin am 7. November 2000 eingereichten Arbeitsvertrag ankommt. Es ist daher nicht erforderlich, dem Kläger die beantragte Erklärungsfrist zu bewilligen. Der Kläger behauptet selbst nicht, dass der Beklagte an der Bestellung mitgewirkt hat. Er folgert die Störereigenschaft des Beklagten allein aus dem Schreiben vom 8. Oktober 1997, in dem der Name des Beklagten im Briefkopf und oberhalb der Unterschrift erwähnt wird. Der Beklagte bestreitet jedoch, dass das Schreiben von ihm stammt. Er sei 1997 noch gar nicht bei der EU beschäftigt gewesen und habe lediglich privat deren Geschäftsführer bei der Suche eines Dolmetschers für ein Schreiben an das Hauptzollamt Neubrandenburg geholfen. Der Dolmetscher habe dann das Schreiben vorbereitet, das jedoch nicht er, der Beklagte, unterzeichnet habe. Dass die Unterschrift vom Beklagten stammt, stellt der Kläger jedenfalls nicht unter Beweis. Es ist auch eher unwahrscheinlich, denn die Unterschrift im Schreiben vom 8. Oktober 1997 unterscheidet sich signifikant von der eindeutig vom Beklagten stammenden Unterschrift unter dem Récépissé (Bl. 62). Unter diesen Umständen liegt es fern, den Beklagten als Störer anzusehen. Es kann daher offen bleiben, ob auch in Deutschland - wie nach der Auffassung des Beklagten in Frankreich - eine weitgehende Privilegierung von bloßen Arbeitnehmern, die weisungsbedingt tätig werden, anzunehmen ist (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., UWG Einleitung Rdnr. 327 b; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kapitel 14 Rdnr. 13). Selbst bei einem Organ einer AG oder GmbH scheidet Störerhaftung aus, wenn der Betreffende an der Rechtsverletzung nicht teilgenommen hat und nichts von ihr wusste (vgl. BGH GRUR 1986, 248/251 "Sporthosen"; Senatsurteil vom 23. Mai 2000 - 5 U 9674/98 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Hinzu kommt noch, dass der BGH in der Entscheidung "Architektenwettbewerb" (WRP 1997, 325/327) ausgesprochen hat, dass einem unbeteiligten Dritten der Einwand offen stehen müsse, ihm sei die Prüfungspflicht im konkreten Fall überhaupt nicht oder nur eingeschränkt zuzumuten gewesen. Da der Kläger jedenfalls nicht unter Beweis stellt, dass der Beklagte mehr ist als ein unbeteiligter Dritter, ist davon auszugehen, dass der Beklagte nicht Störer ist. Anders wäre es wohl, wenn der Beklagte tatsächlich "Generaldirektor" gewesen wäre. Aber das behauptet der Kläger selbst nicht. Der eingereichte Auszug aus dem Handelsregister spricht gegen eine leitende Stellung des Beklagten bei der EU.

Die Klage ist nach alledem sowohl im Hinblick auf den Unterlassungsantrag als auch im Hinblick auf den Zahlungsantrag unbegründet. Das Versäumnisurteil vom 8. Februar 1999 ist daher insgesamt aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 344, 708 Nr. 10, 711 und 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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