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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 09.01.2001
Aktenzeichen: 5 U 7319/99
Rechtsgebiete: BGB, UWG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1004
BGB § 1006
UWG § 1
ZPO § 308
ZPO § 92 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1
Leitsätze:

1. Der Eigentümer eines Flüssiggastanks kann aus § 1004 BGB einem Dritten dessen Befüllung auch dann untersagen, wenn sich der Flüssiggastank im Besitz des Mieters befindet und das Befüllen gestattet hat, sofern dem Mieter selbst eine Befüllung nur durch den Eigentümer des Flüssiggastanks gestattet ist. Das gilt auch, wenn dies für den Dritten nicht erkennbar ist.

2. Das Befüllen des Flüssiggastanks durch den Dritten ist jedoch kein Verstoß gegen § 1 UWG (Verleiten zum Vertragsbruch bzw. Ausnutzen fremden Vertragsbruchs), wenn der Mieter des Flüssiggastanks sich aus Eigeninitiative an den Dritten zwecks Bestellung wendet und schriftlich versichert, dass er keiner Bezugsbindung unterliegt und der Tank in seinem Eigentum steht. Daran ändert auch grundsätzlich dann nichts, wenn nach Bestellung des Flüssiggases bei Belieferung Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Angabe des Mieters unzutreffend sein könnte.


KAMMERGERICHT Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 5 U 7319/99 16 O 62/99 LG Berlin

Verkündet am: 9. Januar 2001

Lohey, Justizsekretärin

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Bornemann, die Richterin am Kammergericht Prietzel-Funk und den Richter am Landgericht van Dieken auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das am 20. Juli 1999 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,

Flüssiggastanks, die mit der Firmenbezeichnung der Klägerin versehen sind, mit Flüssiggas zu füllen, sofern der Tank im Eigentum der Klägerin steht und dem Besitzer des Tankseine Fremdbefüllung nicht gestattet ist.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Klägerin und der Beklagten beträgt jeweils 25.000,00 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch wegen Ausnutzung fremden Vertragsbruchs und nunmehr auch wegen der Verletzung ihres Eigentums an dem Flüssiggastank geltend.

Beide Parteien handeln mit Flüssiggas. Auf dem entsprechenden Markt ist es üblich, dass Lieferanten mit ihren Abnehmern längerfristige Versorgungsverträge (in der Regel über 10 Jahre) mit einer Ausschließlichkeitsbindung des Abnehmers abschließen und diesem im Rahmen des Vertragsverhältnisses mietweise einen Flüssiggastank zur Verfügung stellen. Unstreitig stehen mindestens 70 % der jeweils zu befüllenden Gastanks im Eigentum der Lieferanten. Die Parteien sind Mitglieder im Deutschen Verband Flüssiggas e.V. Dieser Verein hat eigene Wettbewerbsregeln aufgestellt, in denen anerkannte Grundsätze eines lauteren Verhaltens auf dem Markt des Flüssiggasvertriebs niedergelegt sind. Gemäß Ziffer 5 dieser Regeln widerspricht es einem solchen Verhalten, Flaschen eines anderen Großvertreibers ohne dessen Einverständnis zu füllen, die Versorgung von Verbrauchern damit durchzuführen und die Benachrichtigung des Flascheneigentümers zu unterlassen. Dies gilt entsprechend für die Befüllung ortsfester Tanks.

Die Klägerin schloss mit Herrn K U G, (im folgenden: "Kunde" genannt) im Jahre 1997 einen entsprechenden Gaslieferungsvertrag mit Ausschließlichkeitsbindung für die Dauer von 10 Jahren, der bisher nicht gekündigt wurde. Sie stellte ihm mietweise zwei ihrer Gastanks zur Verfügung, die - deutlich sichtbar - mit dem Namen der Klägerin ("R") beschriftet sind. In den AGB bezüglich der Vermietung der Flüssiggastanks heißt es unter 1.

"... R-Behälter dürfen nur mit von R oder ihren Beauftragten geliefertem Flüssiggas befüllt werden. Jede andere Benutzung oder die Weitergabe an Dritte ist unstatthaft."

Am 3. September 1998 befüllte die Beklagte diese Gastanks mit eigenem Gas, nachdem ihr der Kunde einen entsprechenden Auftrag erteilt hatte. Er hatte dafür eine von der Beklagten vorformulierte Auftragsbestätigung unterschrieben, auf der er versicherte, in Bezug auf den Einkauf von Flüssiggas keine vertragliche Bindung zu haben und Eigentümer der bei ihm stationierten Flüssiggasbehälter zu sein.

Die Klägerin hat gemeint, das Verhalten der Beklagten stelle ein Ausnutzen fremden Vertragsbruchs dar und sei deshalb wettbewerbswidrig.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft, bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,

Flüssiggastanks, die mit der Firmenbezeichnung der Klägerin versehen sind, mit Flüssiggas zu füllen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, sie habe - insbesondere durch die schriftliche Erklärung des Kunden - davon ausgehen dürfen, dass dieser nicht durch Lieferverträge gebunden und Eigentümer der bei ihm stationierten Gastanks gewesen sei. Die Beschriftung der Tanks stehe dem nicht entgegen. Die Vereinbarung einer zehnjährigen Ausschließlichkeitsbindung sei wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz unwirksam. Schließlich sei die Wiederholungsgefahr nicht gegeben, da sie bereits im ersten vorgerichtlichen Schreiben bekräftigt habe, dass es nicht ihre Firmenpolitik sei, im Eigentum anderer stehende Flüssiggasbehälter zu befüllen bzw. das Bestehen anderer vertraglicher Bindungen zu ignorieren.

Das Landgericht hat die Beklagte wie beantragt verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass gemäß § 1 UWG ein Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Ausnutzens fremden Vertragsbruchs gegeben sei. Die Beklagte habe sich über die aufdrängenden Bedenken gegen die Richtigkeit der schriftlichen Bekundung des Kunden grob fahrlässig hinweggesetzt.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, dass das Landgericht nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass die Aufschrift "R" auf dem Tank nicht zwingend auf das Eigentum der Klägerin hindeute. Zum anderen sei auch die schriftliche Erklärung des Kunden ausreichend, um die Rechteverhältnisse durch die Beklagte festzustellen. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht ersichtlich, weil die verlangte Unterlassungserklärung zu weitgehend gewesen wäre.

Die Beklagte beantragt,

das am 20. Juli 1999 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin (16 O 62/99) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte allein schon deshalb grob fahrlässig gehandelt habe, weil sie trotz der Tankaufschrift die Befüllung vornahm. Im Übrigen bestünde nach § 1004 BGB ein Unterlassungsanspruch, weil die Beklagte ihr Eigentum beeinträchtige.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihren Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 a ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516,518, 519 ZPO) Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. Juli 1999 ist zulässig.

Die Berufung ist jedoch nur teilweise begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB zu.

1.

Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen: Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen (§ 1004 Abs. 1 BGB). Das ist hier der Fall.

a)

Unstreitig ist die Klägerin Eigentümer der Tanks des Kunden. Die Befüllung mit Flüssiggas stellt auch weder eine Entziehung noch eine Vorenthaltung des Besitzes da (vgl. BGH LM § 1004 Nr. 27), so dass eine weitergehende Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin vorliegt.

b)

Unerheblich ist auch, inwieweit die Beklagte das unrechtmäßige Handeln zu vertreten hat, da es für den Unterlassungsanspruch auf ein Verschulden nicht ankommt (Palandt/Bassenge, BGB, 60. Auflage, § 1004 Rdnr. 10; BGH NJW 1990, 2058, 2059).

c)

Der Anspruch ist auch nicht nach § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, da die Klägerin nicht zur Duldung verpflichtet ist. In Betracht kommt hier allein eine Duldungsverpflichtung aus dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und dem Kunden, auf die sich - wenn sie bestehen würde - auch die Beklagte berufen könnte (analog § 986 BGB; vgl. BGH MDR 1998; 1279). Das ist aber nicht der Fall, da der Kunde nach der vertraglichen Vereinbarung eine Fremdbefüllung nicht vornehmen darf. Zwar ist der Kunde Mieter der Tanks und folglich zu deren Nutzung berechtigt. Jedoch ist mietvertraglich eine Fremdbefüllung ausgeschlossen worden, so dass weder er, noch - auf seine Anweisung - ein Dritter die Befüllung vornehmen darf. Diese Regelung ist auch wirksam. Es unterliegt grundsätzlich keinen Bedenken, wenn eine Vermietung eines Flüssiggastanks zu einem subventionierten Preis erfolgt und dafür eine Bezugsverpflichtung besteht. Problematisch ist allein, ob eine derartige Bezugsbindung über 10 Jahre vereinbart werden kann. Selbst aber wenn diese zeitliche Festlegung der Bezugsbindung unwirksam sein sollte, würde dies allenfalls dazu führen, dass ein unbefristetes Kündigungsrecht besteht (vgl. MünchKomm/Basedow, BGB, 3. Auflage, § 11 AGBG Rdnr. 82). Dass dieses wahrgenommen worden ist, trägt selbst die Beklagte nicht vor.

Auch soweit sich die Beklagte auf § 1006 BGB beruft, ergibt sich nichts anderes. Diese Regelung dient nicht dem Schutz eines Dritten, sondern bewirkt lediglich eine Verkürzung der Behauptungs- und Beweislast des Besitzers (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 60. Auflage, § 1006 Rdnr. 1).

d)

Es besteht auch Wiederholungsgefahr. Abgesehen davon, dass grundsätzlich der einmalige Verstoß indiziert, dass Wiederholungsgefahr besteht (vgl. BGH LM § 1004 Nr. 27), ergibt sich diese hier auch aus dem Umstand, dass die Beklagte während des Rechtsstreits die Auffassung vertreten hat, dass sie berechtigt sei, Flüssiggastanks der Klägerin zu befüllen, soweit ihr der Kunde bestätigt habe, dass er selbst Eigentümer sei und ihr Gegenteiliges auch nicht bekannt sei.

e)

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass auch die Klägerin die gerügten Fremdbefüllungen bei Flaschen der Beklagten vornehme, ergibt sich nichts anderes. Unabhängig von der Frage, inwieweit der Einwand der "unclean hands" im Wettbewerbsrecht zu berücksichtigen ist (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, Einl. UWG Rdnr. 449 f), kann dieser Gedanke hier schon deshalb keine Anwendung finden, weil es sich hier nicht um wettbewerbsrechtlichen Anspruch handelt. Die Rechtsordnung sieht für den Eingriff in das fremde Eigentum spezielle Rechtfertigungsgründe vor (vgl. §§ 227, 229, 904 BGB). Diese sind hier jedoch sämtlichst nicht gegeben.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Auffassung von Hefermehl (in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, Einl. UWG Rdnr. 450). Zwar geht dieser davon aus, dass die Durchsetzung von Individualrechten dann nicht zulässig ist, wenn der Gebrauch dieses Individualrechtes selbst wettbewerbswidrig ist. Jedoch ist dies hier nicht der Fall. Denn zwar verfolgt die Klägerin mit ihrem Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB ein Individualrecht. Jedoch liegt in dem Gebrauch dieses Rechts kein Wettbewerbsverstoß. Denn die Beklagte behauptet lediglich, daß die Klägerin selbst unrechtmäßige Fremdbefüllungen vornimmt. Selbst wenn sie sich insoweit wettbewerbswidrig verhalten sollte, so hat dieser Wettbewerbsverstoß mit der Eigentumsverletzung der Beklagten, nichts zu tun.

f)

Da der Anspruch aus § 1004 BGB jedoch sowohl voraussetzt, dass es sich bei dem zu befüllenden Tank um einen handelt, der im Eigentum der Klägerin steht und zudem der Besitzer nicht zur Fremdbefüllung berechtigt sein darf, besteht der Unterlassungsanspruch nicht in dem beantragten Umfang. Zwar ist das (einschränkende) Vorhandensein des Schriftzuges "R" auf dem Tank für den Anspruch völlig unerheblich, er war jedoch gemäß § 308 ZPO vom Senat zu berücksichtigen.

2.

Ein weitergehender Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 1 UWG. Denn es liegt seitens der Beklagten kein Verleiten zum Vertragsbruch oder Ausnutzen fremden Vertragsbruches vor.

a)

Ein Verleiten zum Vertragsbruch setzt voraus, dass eine bewusste Beeinflussung des Kunden erfolgt, seinen bestehenden Vertragspflichten nicht nachzukommen (vgl. BGH GRUR 1967, 138, 141 - Streckenwerbung; BGH GRUR 1974, 97, 98 - Spielautomaten II; BGH GRUR 1987, 532, 533 - Zollabfertigung). Dabei ist erforderlich, dass der Täter in irgendeiner Form auf eine Vertragsuntreue des Dritten hingearbeitet hat, mag dieser auch dazu bereits entschlossen gewesen sein. Dies ist hier nicht der Fall gewesen.

Nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten, hat sich der Kunde selber an die Beklagte gewandt und um Belieferung gebeten. Allein aus der Belieferung zu einem - wie die Klägerin unsubstantiiert behauptet - günstigeren Preis ergibt sich keine derartige Beeinflussung, da das Anbieten von günstigen Preisen zum Leistungswettbewerb gehört und keinen Schluss darauf zulässt, dass damit darauf hingearbeitet werden soll, anderweitige vertragliche Verpflichtung zu brechen. Das mag anders sein; wenn der Anbieter die Ausschließlichkeitsbindung kennt, was aber hier unstreitig nicht der Fall war.

b)

Es liegt auch kein unlauteres Ausnutzen fremden Vertragsbruchs vor.

Das Ausnutzen fremden Vertragsbruchs ist nicht per se unlauter. Erforderlich ist vielmehr das Vorliegen besonderer Umstände, die das Verhalten als Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 1 UWG kennzeichnen (vgl. BGH GRUR 1967, 138, 141 - Streckenwerbung). Diese besonderen Umstände lagen weder bei Abgabe der Bestellung durch den Kunden noch bei dessen Belieferung vor.

Bei der Bestellung des Flüssiggases fehlt es an den besonderen Umständen, weil sich die Beklagte auf die schriftliche Erklärung des Kunden, Eigentümer des Tankes zu sein und keiner Ausschließlichkeitsbindung zu unterliegen, verlassen durfte.

Auszugehen ist allerdings von dem Umstand, dass es durchaus wahrscheinlich erscheint, dass bei den nachfragenden Kunden eine Ausschließlichkeitsbindung existiert. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass ein hoher Anteil von mindestens 70 % der Kunden vertraglich gebunden ist und - wie dem Senat auch aus einem anderen Verfahren bekannt ist - Angebote von Drittlieferanten preislich attraktiv sind, weil die Klägerin unter Berücksichtigung der Subventionierung des Mietpreises des Tankes und der behaupteten Vorratshaltung anders kalkuliert und damit im Ergebnis preislich höher liegen kann. Davon geht letztlich auch die Beklagte aus, indem sie - im sonstigen Wettbewerb völlig unüblich - eine schriftliche Bestätigung verlangt, keinen anderweitigen vertraglichen Bindungen zu unterliegen.

Diese Maßnahme ist aber auch ausreichend, um sich von einem Nichtbestehen einer anderweitigen Ausschließlichkeitsbindung zu überzeugen. Grundsätzlich besteht nämlich kein Anlass, dem Verhalten des Umworbenen hinsichtlich seiner eigenen vertraglichen Verpflichtung gegenüber Dritten nur eine mindere Bedeutung zuzumessen und das Schwergewicht beim Einwirken des Konkurrenten zu sehen. Denn anderenfalls würde die Geschäftstätigkeit immer dann, wenn schon vertragliche Beziehungen bestehen, unzumutbar beschränkt (BGH GRUR 1975, 555, 557 - Speiseeis). Genau das ist hier der Fall. Würde die Beklagte gezwungen sein, über die schriftliche Auskunft hinaus, weitere Nachforschungen zu betreiben, so würde im Ergebnis eine weitere geschäftliche Tätigkeit praktisch unmöglich, soweit sie nicht die Belieferung eigener, an sie gebundene Kunden zum Ziel hat. Denn einerseits würde eine erhebliche Irritation der potentiellen Kunden eintreten, wenn von ihnen nicht nur eine schriftliche Bestätigung über ihre Vertragsbeziehungen verlangt wird, sondern die Beklagte durch Kontrolle etwaiger Verträge mit Dritten von dem Kunden weitere Interna verlangt und damit seine Selbstauskunft in Frage stellt. Anderseits würde selbst die Kontrolle der Verträge noch nicht eine abschließende Beurteilung erlauben. Denn sie müssten rechtswirksam und noch gültig sein, um eine wirksame Ausschließlichkeitsbindung begründen zu können. Auch eine Nachfrage bei dem Konkurrenten - hier die Klägerin - würde insoweit keine Klarheit bringen, da diese in der Regel nur deren Rechtsauffassung wiedergeben würde: Abgesehen davon ist es für die Beklagte kaum zumutbar, den Konkurrenten ihre Geschäftsbeziehungen offen zu legen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung Spielautomaten II (BGH GRUR 1974, 97). Allerdings hat dort der BGH eine Auskunft des Kunden über eine angeblich nicht bestehende Ausschließlichkeitsbindung nicht ausreichen lassen. Insoweit handelte es sich aber um einen Sonderfall. Denn zum einen war für den Vertreter unübersehbar, dass eine Ausschließlichkeitsvereinbarung zumindest bestanden hatte, zum anderen erstrebte er selbst eine derartige Ausschließlichkeitsvereinbarung. Zudem war das günstige Darlehensangebot geeignet, den Kunden zu einem Vertragsbruch zu bewegen. Dies ist hier nicht der Fall.

Aber auch bei der Auslieferung des Flüssiggases lagen keine besonderen Umstände vor, denn insoweit hat die Beklagte lediglich den Vertragsbruch des Kunden ausgenutzt. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte bereits wettbewerbsgemäß eine Bestellung erhalten hatte und diese nun erfüllen wollte. Die Erfüllung von Verträgen jedoch, die in wettbewerblich nicht zu beanstandener Weise zu Stande gekommen sind, ist grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig (vgl. BGH GRUR 1994, 126, 127 - Folgeverträge I). Dass diese Erfüllung den Vertragsbruch perpetuiert, ist unerheblich. Ansonsten würden die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Kunde und Klägerin verdinglicht, was angesichts des Interesses an der Verkehrsfähigkeit der Güter, unerwünscht ist (vgl. BGH GRUR 2000, 724, 726 - Außenseiteranspruch II).

3.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Wettbewerbsregeln des Deutschen Verbandes Flüssiggas e.V. Denn insoweit kann dahinstehen, inwieweit diese Verbandsregeln überhaupt Grundlage einer Verurteilung sein könnten (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, § 1 Rdnr. 691). Denn diese geben letztlich nur die gesetzliche Regelung wieder.

In § 2 Nr. 3 wird die Fallgruppe des Verleitens zum Vertragsbruch aus § 1 UWG wiedergegeben. § 2 Nr. 5 gibt die Regelung des § 1004 BGB wieder, weil die Flaschen (Tanks) eines anderen Großverteilers nicht befüllt werden dürfen, was dahin zu verstehen ist, dass im Eigentum des Großverteilers stehende Flaschen nicht befüllt werden dürfen, weil dieser einer Fremdbefüllung ausgeschlossen hat.

Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache kommt nicht in Betracht. Denn das Urteil gründet sich auf die Anwendung von § 1004 BGB. Dessen Anwendbarkeit auf einen vergleichbaren Fall hat der BGH bereits festgestellt (BGH LM § 1004 BGB Nr. 27).

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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