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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Urteil verkündet am 31.03.2000
Aktenzeichen: 5 U 9777/98
Rechtsgebiete: MarkenG, BGB, UWG


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 5
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG § 15 Abs. 4
MarkenG § 5 Abs. 3
BGB § 12
BGB § 823 Abs. 1
UWG § 1
1. Ein Anspruch aus § 14 Abs. 5 MarkenG setzt voraus, dass das Verletzungszeichen markenmäßig benutzt wird.

2. Die Verbindung eines Stadtnamens mit dem Begriff "online" ist rein beschreibend und hat - auch als Firmenschlagwort - keine Kennzeichnungskraft.

Die Behauptung das Schlagwort sei 37 % aller Berliner und sogar 64,6 % der hiesigen Internetsurfer bekannt, belegt noch keine Verkehrsgeltung und reicht auch für einen regional begrenzten Schutz nicht aus.

3. Titelschutz im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG setzt ebenfalls originäre Kennzeichnungskraft oder Verkehrsgeltung voraus.


KAMMERGERICHT

Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 5 U 9777/98 15 O 356/98 Landgericht Berlin

Verkündet am: 31. März 2000

In dem Rechtsstreit

Lohey, Justizsekretärin

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 31. März 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Kammergericht Bornemann, des Richters am Kammergericht Crass und des Richters am Landgericht von Dieken für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 17. November 1998 verkündete Urteil der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstrekkung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Beschwer der Klägerin beträgt 250.000,00 DM.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Berechtigung zur Benutzung der Internet-Domain "b-o". Sie unterhalten als "Provider" im Internet abrufbare Webseiten, auf denen sie in den Sparten Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft-speziell über Neuigkeiten und Ereignisse aus Berlin berichten.

Das Angebot der Beklagten erscheint unter der Domain "www.g.de". Bis in das Jahr 1998 hinein konnte man unter der von der Beklagten gehaltenen Domain "b-o.de" auf das unter der Adresse "www.g.de" angebotene Material zugreifen. Die Domain "b-o.de" ist beim deutschen Verwalter für Internetadressen, dem Deutschen Network Informations Center e.G. (im Folgenden: DENIC) auch weiterhin für sie registriert. Zur Zeit bietet sie unter dieser Domain keine Webseiten an. Beim Eingeben dieser Anschrift erscheint der Schriftzug "Unknown Host". Sie behält sich jedoch vor, diese Anschrift jederzeit zu reaktivieren und unter diesem Namen eine Webseite in das Internet einzuspeisen, falls sich herausstellen sollte, dass die Benutzung der Adresse nicht wettbewerbswidrig weil irreführend ist, und zudem auch keine Rechte der Klägerin verletzt würden.

Die Klägerin bietet seit Mai 1996 im Internet unter der Domain "b O de" einen ähnlichen Service an, der im Zusammenhang mit den von der B V GmbH & Co. herausgegebenen Tageszeitung "B Z und "B K sowie dem Wochenblatt "B A" und dem "T B M" steht und für die sie dort unter Angabe ihrer Adresse wirbt. Am 9. Februar 1996 veröffentlichte sie im Börsenblatt Nr. 12 eine Titelschutzanzeige für "b O.de". Nach Zustellung der Klageschrift am 29. Juli 1998 ist außerdem am 14. Oktober 1998 beim Deutschen Patentamt unter der Nr. 3 die Wort/Bildmarke unter anderem für die Warenklasse 42 - Dienstleistungen eines Internetproviders, Erstellen von Home-Pages für Dritte und eigene Zwecke sowie Erstellen und Verbreiten von Datenbanken auch Online abrufbar - mit Priorität 16. Juli 1998 eingetragen worden, die wie folgt gestaltet ist:

"BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

URKUNDE

über die Eintragung der Marke

Nr. 3

B O

.................

Markeninhaber:

B O GmbH, Berlin

Tag der Anmeldung: 16.07.1998

Tag der Eintragung: 14.10.1998

Der Präsident des Deutschen Patentamts

N. Haugg

Nach einer Veröffentlichung über die "Reichweiten der wichtigsten InternetAngebote 9/98" im Heft "HORIZONT 42/98" erhielt die Webseite der Klägerin im September 1998 479.153 "Besucher", wobei 2.351.215 Internetseiten abgerufen wurden. In der Sparte "Redaktionelle general-interest-Angebote" nimmt das der Klägerin danach unter den deutschen Anbietern Rang 22 an.

Zahlreiche deutsche Städte unterhalten Internetadressen, die aus dem Namen der Stadt und der Top-Level-Domain "de" bestehen, so auch "Berlin.de". Demgegenüber bieten kommerzielle Provider für andere deutsche Städte, zum Beispiel Heidelberg und Dresden Internetdomains, die sich aus dem Namen der Stadt zuzüglich "online" und der Top-Level-Domain "de" zusammensetzen, also zum Beispiel "Heidelberg-online.de".

Die Klägerin nimmt die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der geschützten Marke, sowie aus Titel- und Namensrecht und dem Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auf Unterlassung unter Verwendung ihrer Internetdomain "b o.de"und auf Freigabe der Domain in Anspruch.

Sie hat die Auffassung vertreten, das Schlagwort ihrer aus dem Rubrum ersichtlichen Firma laute "B O". Diese genieße als Geschäftsbezeichnung Schutz. Ferner bestehe aufgrund der Eintragung im Börsenblatt Titelschutz. Sie habe unstreitig sowohl die Geschäftsbezeichnung als auch den Titel in Gebrauch genommen. Schließlich verletze die Beklagte das ihr, der Klägerin, zustehende Namensrecht, denn die Einfügung eines Bindestrichs zwischen die Worte "B" und "O" bewirke keine namensrechtliche Unterscheidbarkeit der Domain. Die Internetadresse der Beklagten sei daher geeignet, Verwechslungen hervorzurufen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes in Höhe von 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an einem ihrer Geschäftsführer, zu verurteilen,

es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr, insbesondere als Internetdomain, die Bezeichnung b o.de zu verwenden;

2. die Beklagte zu verurteilen,

die Internetdomain b o.de gegenüber dem zuständigen Administrator der Top-Level-Domain "de.", zZt. dem DE-NIC freizugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, der Klägerin stehe kein kennzeichenrechtlicher Unterlassungsanspruch zu. Ihre Domain "b O.de" erweise sich als irreführend gemäß § 3 UWG und könne daher keinen Schutz beanspruchen, weil der Verkehr unter einem solchen Kürzel ein offizielles Angebot der Stadt Berlin vermutet. Außerdem verstehe der Verkehr die nur aus der geografischen Bezeichnung und dem Wort "o"gebildete Geschäftsbezeichnung als Hinweise auf eine unzulässige Alleinstellung der Klägerin im Bereich dieser Dienstleistung. Unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG sei zu beanstanden, dass die Klägerin durch die Wahl ihrer Internetadresse den guten Ruf der Stadt Berlin ausnütze, die als einzige unter

"b O.de" im Internet auftreten dürfe. Zusätzlich profitiere sie vom Kanalisierungseffekt, weil Internet-Nutzer auf der Suche nach abrufbaren Informationen über Berlin in der Regel auf den Anbieter mit der umfassensten Adressbezeichnung zurückgriffen. Zudem handele sie, die Beklagte, nicht im geschäftlichen Verkehr, weil die bloße Registrierung einer Domain beim DE-NIC nicht ausreiche, um diese Voraussetzung zu erfüllen. Die beiden Streitadressen begründeten keine Verwechslungsgefahr, denn sie unterschieden sich durch den Bindestrich. Angesichts des knapp bemessenen Fundus an zur Verfügung stehenden Domains genügten bereits kleinste Abweichungen, um die Gefahr einer Verwechslung auszuschließen. Titelrechtlicher Schutz entfalle, weil "b O" keinen Werktitel darstelle, namensrechtlicher, weil nur die Stadt Berlin Trägerin des Namens Berlin sei und nur sie diesen namensmäßig gebrauchen könnte.

Gemäß dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil, dass ihr am 17. Dezember 1998 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 23. Dezember 1998 Berufung eingelegt. Ihre Berufungsbegründung ist am 21. Januar 1999 bei dem Kammergericht eingegangen.

Sie rügt:

Das Landgericht habe die Bedeutung des Titelschutzes verkannt. Daher habe es auch zu Unrecht angenommen, die Bezeichnung "b O" besitze keine Kennzeichnungskraft. Denn im Bereich von Internet-Webseiten und Domains habe sich die zuvor aus dem Zeitungswesen bekannte Praxis entwickelt, derzufolge an die Kennzeichnungskraft geringere Anforderungen zu stellen sind. Der Verkehr habe sich daran gewöhnt, dass Domains geografische Zeichenbestandteile enthielten.

Jedenfalls besitze die Kennzeichnung "b O" in Berlin als Titel eines Internetprogramms Verkehrsgeltung. Im Oktober 1999 hätten 37,1 % der Berliner ihr Angebot gekannt, unter den Berliner Internet-Surfern seien es sogar 64,6 %.

Das Landgericht hätte vom Bestand der mit Priorität vom 16. Juli 1998 ausgestatteten Wort-/Bildmarke "B O" ausgehen müssen. Zu Unrecht habe es einen Verfallsgrund nach § 49 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG angenommen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts bestehe auch keine Irreführungsgefahr im Sinne des § 3 UWG, denn monatlich besuchten 500.000 Personen ihre Anschrift und zudem werde durch den Begriff "O" klargestellt, dass es sich um ein kommerzielles Angebot handele. Jedenfalls hätte das Landgericht ein Sachverständigengutachten einholen müssen, da das Ergebnis, auf das es aufgrund der Sachkunde der Mitglieder der Kammer gekommen sei, im Widerspruch zu empirischen Ergebnissen stünden.

Ihre Ansprüche folgten auch aus § 1 UWG, aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Aspekt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und schließlich aus § 12 BGB.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte gemäß den erstinstanzlich gestellten Anträgen zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert:

Die Bezeichnung der Klägerin verstoße auch unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Alleinstellungswerbung gegen § 3 UWG. Darüber hinaus sei die Verwendung der Domain nach § 1 UWG wettbewerbswidrig, da hierin eine unzulässige Rufausbeutung zu sehen sei und in unlauterer Weise der Kanalisierungseffekt ausgenutzt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung erweist sich als unbegründet.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt nicht aus § 14 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass das Verletzungszeichen markenmäßig benutzt wird, das heißt als Hinweis auf die betriebliche Herkunft einer Ware oder Dienstleistung mit dem Ziel der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen in anderer Herkunft (vgl. EUGH WRP 1999, 407/411 -"BMW" KG, Senat, WRP 1997, 85 -"Alles wird teurer"). Schon im Hinblick auf die zitierte Entscheidung des EUGH hält der Senat an seiner in der angegebenen Entscheidung im Einzelnen begründeten Auffassung, diese Voraussetzung müsse gegeben sein, auch angesichts der Kritik in der Literatur fest. Vorliegend kann von einem markenmäßigen Gebrauch ihrer Domain durch die Beklagte nicht die Rede sein. Sie wird lediglich als Adresse verwendet und führt auch über "links" nicht zu Hinweisen auf irgendwelche Waren oder Dienstleistun gen der Beklagten. Aus dem Vorbringen der Parteien, insbesondere der Klägerin, lässt sich auch nicht entnehmen, dass zu einem früheren Zeitpunkt die Beklagte die angegriffene Domain markenmäßig benutzt haben könnte. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen und braucht auch der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob gegenüber der Marke der Klägerin der Domain der Beklagten als Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG Priorität zukommt.

Beim Zeichenvergleich ist für das Klagezeichen die eingetragene Form maßgebend. Diese besteht nicht nur aus dem Wortbestandteil BOA, sondern auch aus dem in einer Art Kreis dargestellten kleinen b. Die Klägerin übersieht, dass nicht einfach zwischen "B O"und "b-o" verglichen werden kann. Denn im Rahmen der Prägetheorie kommt Bestandteilen mit deutlich erkennbaren produktbeschreibenden Bezügen wegen ihrer allenfalls geringen originären Kennzeichnungskraft grundsätzlich kein bestimmender Einfluss auf den Gesamteindruck zu (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14 Rdn. 400 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung; Baumbach/Hefermehl, Warenzeichengesetz, 12. Aufl., § 31 Rdn. 71 f.). "B O" hat für sich betrachtet keine Kennzeichnungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft kommt einer Marke dann zu, wenn sie geeignet ist, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Das ist hier nicht der Fall, da die Klägerin mit ganz allgemeinen Begriffen wie "B"und "O"operiert, die im Verkehr nicht als unterscheidungskräftig angesehen werden. Es handelt sich zudem um beschreibende Angaben im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Wer im Internet "b O" anklickt, wird genau das erwarten, was die Klägerin auch bietet, nämlich Informationen über B o. Der Markenbestandteil beschreibt somit allein die gebotene Dienstleistung und kann auch von daher nicht als unterscheidungskräftig angesehen werden, so dass nach der Verkehrsauffassung eine Verwechslungsfähigkeit zwischen Marke der Klägerin und Domain der Beklagten ausscheidet. Nimmt man an, dass die Verkehrsauffassung geteilt ist, reicht es aus, wenn ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Unterscheidungskraft verneint und eine rein beschreibende Angabe annimmt (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 8 Nr. 25). Das ist jedenfalls der Fall, wie die erkennenden Richter aus eigener Sachkunde feststellen können, denn auch sie gehören zu den angesprochenen Verkehrskreisen.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsausspruch auch nicht aus § 15 Abs. 4 MarkenG zu. Voraussetzung für einen derartigen Anspruch ist ein namensmäßiger oder firmenmäßiger Gebrauch von Seiten des Verletzers (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 15 Rdn. 25), den man auch in der jetzigen Fassung der Webseite der Beklagten noch sehen kann. Nicht zu übersehen ist jedoch, dass die vollständige Firma der Klägerin "B O GmbH" lautet. Der hier interessierende Bestandteil "B O"genießt auch ohne isolierte Verwendung und ohne Verkehrsgeltung den Schutz des vollständigen Unternehmenskennzeichens, wenn er namensmäßige Unterscheidungskraft hat und im Vergleich zur ungekürzten Bezeichnung als der eigentlich kennzeichnende Teil anzusehen ist (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 15 Rdn. 39). Als Firmenschlagwort ist aber "B01" nicht hinreichend kennzeichnungskräftig. Denn es handelt sich wie bereits ausgeführt - um ein Schlagwort, dass lediglich beschreibt, was den Kunden tatsächlich erwartet. Er kann "o" Informationen über Berlin erhalten. Angesichts des beschreibenden Charakters des Schlagwortes kommt ihm Kennzeichnungskraft nicht zu, so dass sich die Klägerin unter diesem Aspekt nicht auf § 15 Abs. 4 MarkenG stützen kann.

Aus dem selben Grund scheitern auch Ansprüche aus § 12 BGB, soweit sie lediglich auf das Unternehmenskennzeichen, dem namensmäßige Funktion zukommt, gestützt sind. Insoweit reichen allerdings auch nicht kennzeichenmäßige Verwendungsweisen aus, soweit durch sie der Namensträger zu bestimmten Einrichtungen, Gütern oder Erzeugnissen in Beziehung gesetzt wird, mit denen er nichts zu tun hat (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., nach § 15 Rdn. 14). Für eine Zuordnungsverwirrung genügt es, wenn im Verkehr der Eindruck entsteht, der Namensträger habe dem Benutzer ein Recht zur Namensverwendung erteilt (vgl. BGH GRUR 1993, 151/153 -"Universitätsemblem"). Jedoch fehlt auch insoweit - wie dargelegt - die erforderliche Kennzeichnungskraft von Hause aus.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann sie sich nicht deshalb mit Erfolg auf die Anspruchsgrundlagen von §§ 15 Abs. 4 MarkenG, 12 BGB stützen, weil ihrem Schlagwort "B O" Verkehrsgeltung zukommt. Insoweit behauptet sie, 37, 4 aller Berliner und 64,6 % der Berliner "Internetsurfee" kennten "b o". Ferner stützt sie sich auf die vorgetragene Anzahl ihrer Kunden und der "Besuche". Zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören jedoch nicht nur gegenwärtigen Internetnutzer und auch nicht nur die Bevölkerung in Berlin und Umgebung. Grundsätzlich kommt ein Schutz aus § 15 Abs. 4 MarkenG oder aus § 12 BGB erst dann in Betracht, wenn Verkehrsgeltung bundesweit erreicht ist. Dies kann hier nicht angenommen werden. Da schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin der Bekanntheitsgrad unter der allgemeinen Bevölkerung in Berlin nur bei 37,1 % liegt und sie selbst davon ausgeht, dass ihr Angebot insbesondere von Internetbenutzern aus Berlin und Umgebung genutzt wird, ist klar, dass ein beachtlicher Bekanntheitsgrad auf Bundesebene nicht besteht.

Der Klägerin ist auch kein regional begrenzter Schutz etwa in den Bundesländern Berlin und Brandenburg zuzubilligen. Zwar kommt bei geschäftlichen Bezeichnungen ein Schutz aufgrund regional begrenzter Verkehrsgeltung in Betracht. Es ist jedoch schon zu verneinen, dass ein Bekanntheitsgrad von 37,1 % beim allgemeinen Publikum ausreicht, um einen solchen Schutz annehmen zu können. Betreffend das Varietètheater "Wintergarten" hat der Senat einen Bekanntheitsgrad von 50 % in Berlin nicht ausreichen lassen (vgl. Senatsurteil vom 3. Februar 1998 - 5 U 1605/97). Jedenfalls setzt regionaler Schutz voraus, dass ein hinreichend abgegrenztes Wirtschaftsgebiet vorliegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass beispielsweise durch die Vertriebsstruktur oder andere Eigenarten regionaler Bezug hergestellt wird (vgl. BGHZ GRUR 1979, 470/472 - "RBB-RBT"). Regionaler Schutz im Bereich des Internet, das auf weltweite Kommunikation ausgerichtet ist, scheint widersinnig. Es wäre im Rahmen der erforderlichen Abwägung auch der Beklagten nicht zuzumuten, ihr Angebot nur außerhalb von Berlin und Brandenburg zu verbreiten. Das dürfte schon technisch nicht durchführbar sein und würde letztlich darauf hinauslaufen, dass der Klägerin, obwohl die entsprechenden Voraussetzungen nicht vorliegen, im gesamten Bundesgebiet und sogar darüber hinaus markenrechtlicher und namensrechtlicher Schutz gewährt würde.

Schließlich kann die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht auf § 15 Abs. 4 MarkenG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 MarkenG stützen. Titelschutz steht ihr nicht zu, obwohl das unter der streitgegenständlichen Domain abrufbare Informationsprogramm der Klägerin als schutzfähiges Werk anzusehen sein dürfte (vgl. OLG Dresden, CR 1999, 102 f. - "DresdenOnline"). Ein Anspruch setzt jedoch auch insoweit originäre Kennzeichnungskraft voraus, die hier fehlt (vgl. auch OLG Dresden, a.a.O., das die Frage, ob "DresdenOnline" hinreichende Kennzeichnungskraft zukommt, zwar offen lässt, aber ganz erhebliche Zweifel äußert, die nach Auffassung des Senats letztlich durchschlagend sind). Auch wenn Werktitel, die grundsätzlich der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen, nicht aber als Hinweis auf Hersteller oder Inhaber des Werkes dienen, unternehmensbezogen Herkunftsvorstellungen auslösen können, wie etwa im Falle regelmäßig erscheinender Zeitschriften oder bei Serientiteln, so ist ihnen Schutz auch gegen mittelbare Verwechslungsgefahr nur unter der Voraussetzung zu gewähren, dass eine über die normale Werktitelfunktion hinaus gehende Kennzeichnungskraft des Titels auch als Hinweis auf den Hersteller des Werkes dienen kann (vgl. BGH GRUR 1993, 692 f. -"Guldenburg"- Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 15 Rdn. 81 f.). Aus den oben bereits ausgeführten Gründen kommt der Titelschutz der Klägerin auch nicht infolge der Verkehrsgeltung ihres Informationsprogrammes zu, da aus der Zahl der Besuche und Abrufe sowie aus dem Bekanntheitsgrad in Berlin auf das erforderliche Maß an Verkehrsdurchsetzung nicht geschlossen werden kann.

Da nach alledem schon die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs aus § 15 Abs. 4 MarkenG oder aus § 12 BGB nicht vorliegen, kann im Ergebnis dahinstehen, ob Kennzeichen- oder Namensschutz schon deshalb entfallen, weil sich die Klägerin einer irreführenden Bezeichnung bedient (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 5 Rdn. 29; Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 12 Rdn. 13). Es kann offen bleiben, ob dem Landgericht zu folgen ist, dass Irreführungsgefahr gemäß § 3 UWG besteht, weil ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise, wenn nicht fast alle, hinter der Domain "b O.de" die Möglichkeit zum Abruf offizieller Mitteilungen der Stadt Berlin vermuten oder ob es ausreicht, dass sich die Klägerin mit dem Zusatz "O" von dem unter der Domain "B.de" abrufbaren "offiziellen" Programm der Stadt Berlin absetzt.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch aus § 1 UWG zu. Weder ist eine Behinderung der Klägerin etwa in Form des "Domaingrabbing" ersichtlich, noch nutzt die Beklagte den guten Ruf des Angebots der Klägerin in irgendeiner Form aus.

Schließlich liegen auch die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht vor. Das Vorgehen der Beklagten weist keine Aspekte auf, die über die Gesichtspunkte hinausgehen könnten, die im Rahmen der §§ 14, 15 MarkenG, 12 BGB und 1 UWG überprüft worden sind.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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