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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 16.02.2001
Aktenzeichen: 5 U 9865/00
(1)
Rechtsgebiete: MarkenG, UWG, ZPO, BGB
Vorschriften:
MarkenG § 14 | |
MarkenG § 15 | |
MarkenG § 14 Abs. 2 | |
UWG § 3 | |
UWG § 21 | |
ZPO § 91 a | |
BGB § 12 |
KAMMERGERICHT Beschluss
Geschäftsnummer: 5 U 9865/00
In dem Rechtsstreit
hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Richter am Kammergericht Grass, der Richterin am Kammergericht Prietzel-Funk und den Richter am Landgericht van Dieken am 16. Februar 2001 beschlossen:
Tenor:
Von den Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz haben die Antragstellerinnen je 1/3 und der Antragsteller ebenfalls 1/3 zu tragen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen betreiben in Köln bzw. Bayreuth unter der Firma Check-In Reisen GmbH Reisebüros. Die Geschäftsführer der Antragstellerinnen sind Inhaber der Wortmarke "CHECK IN" für die Vermittlung von Reisen, Vermittlung von Verkehrsleistungen, Veranstaltung von Stadtbesichtigungen und Zimmerreservierung.
Der Beklagte war Administrative Contact (admin-c) der Domain "checkin.com". Unter dieser Domain werden unter der Überschrift "CheckIn (r) The Internet Tourism Database" Datenbanken angeboten, die Anschriften und Links für Fluglinien enthalten, sowie eine Übersicht von Flughäfen, u.a. auch von allen wichtigen in aus Deutschland. Die gesamte Webseite ist in Englisch gehalten und wendet sich ausdrücklich an "Tourism Professional" und nicht an den "end-user". Weiterhin sind Links zu "Country Tourism Boards Database" und "Internet Cafe's Around the World" vorhanden. Eigene gewerbliche Angebote enthält die Webseite nicht. Es besteht insbesondere keinerlei Möglichkeit Buchungen irgendwelcher Reiseleistungen vorzunehmen.
Der Antragsgegner hat per 1. August 2000 die Domain an Denny Jamison (USA) übertragen.
Die Antragstellerinnen bzw. deren Geschäftsführer sind bereits im Besitz der Domains "check-in.de", "checkin.de" und "check-in.com".
Die Antragstellerinnen sind der Auffassung, dass ihnen aus § 14 MarkenG ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der genutzten Domain "checkin.com" zustehe, weil durch die Verwendung von "checkin.com" die Marke für eine identische Dienstleistung übernommen worden sei und mithin das Markenrecht verletzt werde. Zumindest bestehe Verwechslungsgefahr. Ebenfalls aus § 15 MarkenG bestehe ein Unterlassungsanspruch, da auf Grund der Branchenidentität der Verkehr davon ausgehe, dass die Domain eine Domain der Antragstellerin sei. Hinsichtlich der Benutzung von CheckIn (r) ergebe sich ein Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG, weil insoweit eine Irreführungsgefahr bestehe.
Der Antragsgegner meint, dass er nicht passiv legitimiert sei, weil er zwar admin-c gewesen sei, jedoch mit der Gestaltung der Webseiten nichts zu tun gehabt habe. Er habe vielmehr für eine Firma DVC, die mittlerweile nicht mehr existiere, die Anmeldung übernommen. Nunmehr würden die Seiten von der Firma "Motivators International" betrieben. Der neue admin-c sei auch deren Angestellter. Der Antragsteller hat angegeben, dass seines Wissens auch die Bezeichnung "CheckIn" als Wort/Bildmarke in den USA angemeldet gewesen sei.
Das Landgericht hat den Antragsteller lediglich zur Unterlassung hinsichtlich der Nutzung der Bezeichnung "CheckIn (r)" verpflichtet angesehen. Im Übrigen hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch verneint.
Gegen diese Entscheidung haben beide Seite Berufung eingelegt. Der Antragsgegner hat eingewendet, dass zwar ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Bezeichnung "CheckIn (r)" gegeben gewesen sei, dieser jedoch verjährt sei. Die Antragstellerin verfolgen mit der Berufung ihre Rechtsauffassung hinsichtlich der erfolgten Markenverletzung weiter.
II.
Nachdem der Antragsteller hinsichtlich sämtlicher Punkte eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Somit war nach § 91 a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.
Danach haben die Antragstellerinnen die Kosten zu tragen, soweit sie gegen die Nutzung der Domain "checkin.com" vorgegangen sind. Der Antragsgegner hat die Kosten zu tragen, soweit es um die Nutzung der Bezeichnung "CheckIn (r)" geht.
1.
Die internationale Zuständigkeit ist gegeben. Das Angebot auf den Webseiten der Domain "checkin.com" richtet sich an einen weltweiten Nutzerkreis und damit auch an Deutsche. Es kann hier in Deutschland abgerufen werden. Da das Angebot in englischer Sprache gehalten ist, kann es auch von einem Großteil der Bevölkerung verstanden und gelesen werden. Insoweit ist auch Deutschland Erfolgs- und Tatort (vgl. KG NJW 1997, 3321 - concert concept; Renck NJW 1999, 3587, 3592).
2.
Den Antragstellerinnen hat kein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 MarkenG zugestanden. Es fehlt nämlich an der notwendigen Verwechslungsgefahr.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners hat die Marke "CHECK IN" für die eingetragenen Waren- und Dienstleistungen noch Kennzeichnungskraft. Denn insoweit wird "CHECK IN" nicht rein beschreibend verwendet, weil die Dienstleistungen dem gemeinhin mit "check in" bezeichneten Anmeldevorgang vorgelagert sind und nicht jedes Buchen von Reisen und Verkehrsleistungen bereits als check in bezeichnet wird. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Bundespatentgerichtes in seinem Beschluss vom 2. Oktober 1996 - 29 W (pat) 279/94 - an.
Zwischen der Marke "CHECK IN" und der Domain "checkin.com" besteht keine Zeichenidentität jedoch Zeichenähnlichkeit.
Zeichenidentität liegt nur dann vor, wenn zwischen Marke und benutzter Kennzeichnung vollständige Identität gegeben ist. Bei aus Buchstaben gebildeten Marken ist Übereinstimmung in allen Buchstaben erforderlich (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdnr. 141). Das ist hier nicht der Fall. Die Domain checkin.com enthält weder das Leerzeichen, noch enthält die Marke den Zusatz ".com". Dem können die Antragstellerinnen auch nicht entgegenhalten, dass die Internetadressen keine Leerzeichen enthalten können und der Top-Level-Domain ".com" (bisher) keine Unterscheidungskraft zuerkannt worden ist. Denn darauf kommt es bei der Prüfung einer vollständigen Übereinstimmung nicht an. Zudem gibt es - worauf die Antragstellerinnen selbst hinweisen - auch keine zwingende Umsetzung einer Marke "CHECK IN" in eine Domainbezeichnung. Denn "checkin.com" ist ebenso nahe liegend wie "check-in.com".
Aus dem vorhergesagten ergibt sich jedoch, dass zwischen der Marke "CHECK IN" und der Domain "checkin.com" Zeichenähnlichkeit besteht.
Zwischen den für die Marke eingetragenen Dienstleistungen und den auf den Webseiten des Antragsgegners angebotenen Dienstleistungen besteht keine Identität. Denn für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf das auf den Webseiten zur Verfügung gestellte Dienstleistungsangebot abzustellen (OLG München MMR 2000, 277; Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 6. Auflage, § 15 Rdnr. 33; Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdnr. 242; Bücking MMR 2000, 656).
Während sich die Marke im Wesentlichen auf die Vermittlung von Reise- und Verkehrsleistungen bezieht, führt der Antragsgegner keine derartigen Vermittlungen durch. Er stellt lediglich Adressen zur Verfügung. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass durch die Wiedergabe von Links auf die Webseiten von Fluggesellschaften mittelbar ermöglicht wird, dass gegebenenfalls über deren Webseiten Buchungen online durchgeführt werden können. Denn das ist nicht Gegenstand der Leistungen des Antragsgegners. Er erhält keinerlei Provisionen aus derartigen Geschäften. Es wird auch nicht speziell auf die Buchungsmöglichkeiten verwiesen. Diese sind ein zufälliges Nebenprodukt aus der Angabe von Telefon- und Faxnummer, e-mail Adresse und Web-Domain. Würde man dies mit der Vermittlung von Reiseleistungen vergleichen, so läge in jedem Telefonbuch, welches die Telefonnummer einer Fluglinie enthält, eine potentielle Vermittlung von Flugreisen.
Daraus ergibt sich zugleich aber auch, dass eine Verwechslungsgefahr nicht zu bejahen ist. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ist entscheidend, inwieweit die Zeichen miteinander von den maßgeblichen Verkehrskreisen verwechselt werden können (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdnr. 150 ff.). Dabei ist nach Auffassung des Senats zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an die Verwechslungsgefahr bei der Nutzung einer Kennzeichnung als Domain höher anzusetzen sind, als beei der Prüfung von Kennzeichen außerhalb einer Domainbezeichnung. Denn zum einen ist die Anzahl der möglichen Domains außergewöhnlich beschränkt. Weder ist eine Nutzung einer Domain nur für die Darstellung einzelner Waren- oder Dienstleistungsgruppen möglich, noch kann die Domain nur regionale Verwendung finden. Jede Domain kann weltweit nur einmal vergeben werden. Dies führt zwangsläufig dazu, dass der zur Verfügung stehende Namensraum immer enger wird und sich die Domainbezeichnungen aneinander annähern (vgl. Bücking MMR 2000, 656 und 658). Dies schafft im Gegenzug aber auch die Notwendigkeit für den Nutzer, sorgfältiger auf Unterschiede sowohl in der Schreibweise der Domain als auch in dem dargebotenen Inhalt zu achten. Denn er muss damit rechnen, dass ein anderer rechtmäßig bereits die Domain nutzt, dem Nutzer aber - weil sich der Inhaber der Domain mit seinen Leistungen nicht an den Verkehrskreis wendet, dem der Nutzer zugehört oder sich im Ausland befindet - völlig unbekannt ist. Hier gilt mithin Ähnliches wie im Rahmen des Titelschutzes von Zeitschriftentiteln. Da der Verkehr an die geringe Kennzeichnungskraft gewöhnt ist, achtet er genauer auf Unterschiede (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 15 Rdnr. 86 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist hier eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.
Für den Nutzer ist deutlich erkennbar, dass es sich nicht um ein Angebot hinsichtlich der Vermittlung von Verkehrsleistungen handelt. Denn dagegen spricht schon die gesamte Aufmachung der Webseite. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass hier für den Endkunden keine Leistungen angeboten werden und zudem nur Datenbanken vorgehalten werden. Es wird mithin keine Vermittlungs- sondern lediglich eine Auskunftsleistung geboten. Die Webseiten bieten die Möglichkeit, Adressen zu erfragen, nicht aber Leistungen zu buchen. Nicht einmal besteht die Möglichkeit festzustellen, wann und wie Verkehrsleistungen in Anspruch genommen werden können. Das gilt auch dann, wenn die Antragstellerinnen unter der Marke "CHECK IN" im Internet direkt online die Möglichkeit geben, z.B. Flüge zu buchen. Denn gerade dies bietet der Antragsgegner nicht an. Es besteht allenfalls die Möglichkeit sich dort eine Adresse für eine Fluglinie zu besorgen und dann direkt dort - sofern möglich - zu buchen. Das ist aber gerade ein aliud zu einer Vermittlung einer Reiseleistung, da eine direkte Buchung erfolgt. Gerade deshalb kann keine Verwechslungsgefahr bestehen, weil derjenige, der Reise- und Verkehrsleistungen vermitteln will, gerade nicht möchte, dass direkte Buchungen erfolgen. Gleiches gilt für eine Zimmerreservierung, sofern diese über Links des Antragsgegners überhaupt möglich sein sollte. Dazu fehlt jeglicher Vortrag. Eine Verwechslungsgefahr mit der Veranstaltung von Stadtbesichtigungen ist schon im Ansatz nicht denkbar.
3.
Auch aus § 15 MarkenG wegen einer angeblichen Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Firma der Antragstellerinnen hat sich kein Unterlassungsanspruch ergeben. Denn insoweit besteht ebenfalls keine Verwechslungsgefahr. Selbst wenn man unterstellt, dass in der Firma allein "Check-In" kennzeichnend ist, weil die Firmenbestandteile Reisen und GmbH rein beschreibend sind, fehlt es an einer Verwechslungsgefahr. Denn angesichts der unterschiedlichen Dienstleistungen besteht nicht die notwendige Branchennähe (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 15 Rdnr. 49). Insoweit gilt das selbe wie oben gesagt.
4.
Ebenfalls ergibt sich ein Unterlassungsanspruch auch nicht aus § 12 BGB. Der Anspruch aus § 12 BGB geht grundsätzlich nicht weiter als der aus § 15 MarkenG. Auch hier besteht nur ein Unterlassungsanspruch, soweit Verwechslungsgefahr besteht (Ingerl/Rohnke, MarkenG, nach § 15 Rdnr. 21), es sei denn, dass es sich um ein Firmenschlagwort mit überragender Verkehrsgeltung handelt (OLG München GRUR 2000, 519, 520 - rolls-royce.de; OLG Hamm NJW-RR 1998, 909 - krupp.de). Letzteres ist aber nicht der Fall
Soweit das OLG München (in CR 1999, 382, 383 - shell.de) ausführt, dass der Schutz nach § 12 BGB im Internet weiter ausfallen müsste, weil shell.de als Domain nur einmal verteilt werden könne, so trifft dies nicht zu. Zwar ist zutreffend, dass nur derjenige, der Inhaber der betreffenden Domain ist, in den Genuss der unmittelbaren Erreichbarkeit kommen kann und somit der andere behindert wird, wenn er unter dieser Adresse nicht erreichbar ist. Jedoch lässt sich daraus kein weitergehender Schutz herleiten. Denn dies ist ein generelles Problem des Internets und hat nichts mit dem Schutzbereich des § 12 BGB zu tun. Ob diese Erwägung bei der Abwägung zwischen zwei Namensgleichen sachgerecht ist, kann hier dahinstehen bleiben.
5.
Soweit dagegen der Antragsgegner der Auffassung ist, dass der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Benutzung von "CheckIn (r)" verjährt ist, trifft dies nicht zu. Zwar mag dies zutreffen, soweit die Antragstellerinnen an die Verletzungshandlung im Internet anknüpfen, da insoweit seit dem 1. August 2000 der Antragsgegner dafür nicht mehr verantwortlich ist.
Ein Unterlassungsanspruch kann gleichwohl dann bestehen, wenn weiterhin Erstbegehungsgefahr besteht. Allerdings kann diese nicht daraus hergeleitet werden, dass der Antragsgegner bereits eine Verletzungshandlung begangen hat. Denn ansonsten würde die Regelung des § 21 UWG umgangen. Vielmehr müssen in einem solchen Fall stets besondere zusätzliche Umstände hinzutreten, um eine Begehungsgefahr zu begründen (vgl. BGH GRUR 1987, 125 - Berühmung). Dies ist hier der Fall.
Denn der Antragsgegner hat sich im Verfahren berühmt, mit der fraglichen Bezeichnung werben zu dürfen. In der Klageerwiderung hat er ausgeführt, dass "CheckIn (r)" zu Recht angegeben worden sei, weil seines Wissens nach in den USA eine Markenregistrierung erfolgt sei. Dies begründet die Begehungsgefahr, dass der Antragsgegner in Fällen, in denen Marken in den USA registriert waren, mit der Bezeichnung (r) wirbt. Der Antragsgegner hat auch nicht deutlich gemacht, dass die Angaben nur zur Rechtsverteidigung erfolgt sind.
Ende der Entscheidung
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