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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 24.02.2003
Aktenzeichen: 5 W 326/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 145
ZPO § 240
ZPO § 252
ZPO § 567 Abs. 1
1. Ein Rechtsmittel gegen die Ablehnung einer Prozesstrennung nach § 145 ZPO ist grundsätzlich nicht gegeben.

2. Auch wenn ausnahmsweise analog § 252 ZPO eine sofortige Beschwerde in Betracht käme, fehlte es im Fall der Insolvenz eines (einfachen) Streitgenossen (auf Beklagtenseite) in der Regel im Hinblick auf die schon durch § 240 ZPO bewirkte Verfahrensaufteilung an einer aussetzungsgleichen Wirkung für den Kläger gegenüber den übrigen Beklagten.

3. Auch der Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung steht dem nicht entgegen, wenn der Kläger ein rechtzeitiges Interesse an einer Teilkostenentscheidung hat.

4. § 240 ZPO untersagt die Anordnung einer Prozesstrennung nach § 145 ZPO, wenn diese - wie in der Regel - auch Interessen des insolventen Streitgenossen beruht.


Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 5 W 326/02

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Haase, die Richterin am Kammergericht Prietzel-Funk und den Richter am Kammergencht Dr. Pahl am 24. Februar 2003 beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 1. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 5.000,00 Euro zu tragen.

Gründe:

I.

Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, § 567 Abs. 1 ZPO.

1. Ein Rechtsmittel gegen die Anordnung oder Ablehnung einer Prozesstrennung nach § 145 ZPO ist grundsätzlich nicht gegeben (OLG München, NJW 1984, 2227; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 145 Rdn. 69; Baumbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 567 Rdn. 4).

a) Das Gesetz hat insoweit eine ausdrückliche Bestimmung nicht getroffen, § 567 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO.

b) Es ist auch keine (ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückweisende) Entscheidung im Sinne des § 567 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO gegeben. Denn davon nicht erfasst werden Ablehnungen von Anordnungen betreffend das Verfahren, wenn diese im freien Ermessen des Gerichts stehen und einen Antrag nicht erfordern (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, § 567 Rdn. 16; Zöller/Gummer, a. a. O., § 567 Rdn. 35), jedenfalls soweit nur Fragen der zweckmäßigen Verfahrensführung berührt sind. Über eine Prozesstrennung nach § 143 ZPO entscheidet das Gericht nach freiem (dienstpflichtgebundenem) Ermessen von Amts wegen. Ein förmliches Antragsrecht sieht § 145 ZPO nicht vor; die Parteien können die von Amts wegen zu treffende Entscheidung des Gerichts nur anregen (Zöller/Greger, a. a. O., § 145 Rdn. 6). Diese Entscheidung unterliegt in der Regel auch bloßen verfahrensrechtlichen Zweckmäßigkeitsüberlegungen.

2. Die sofortige Beschwerde könnte möglicherweise in Betracht kommen, wenn die Ablehnung einer Prozesstrennung im Ergebnis auf eine Aussetzung hinauslaufen würde (dafür Baumbach/ Hartmann, a. a. O., § 145 Rdn. 5) oder auf einen Stillstand des Verfahrens, § 252 ZPO in analoger Anwendung (Zöller/Greger, a. a. O., § 252 Rdn. 1).

Vorliegend fehlt es aber schon an einem solchen Verfahrensstillstand oder einer aussetzungsgleichen Wirkung.

a) Dass die Insolvenz der Beklagten zu 3) gemäß § 240 ZPO zur Unterbrechung des Verfahrens dieser gegenüber geführt hat, stellt die Klägerin nicht in Abrede und insoweit begehrt sie - gegenüber dem Verfahren bezüglich der Beklagten zu 3) - auch keine Besserstellung durch eine Prozessabtrennung. Hinsichtlich der Beklagten zu 3) bleibt der Klägerin ein Vorgehen nach den Vorschriften des Insolvenzverfahrens, § 240 ZPO.

b) Da die Unterbrechung nach § 240 ZPO - mangels notwendiger Streitgenossenschaft - nur gegenüber der Beklagten zu 3) wirkt (OLG Schleswig, SchlHA 1985, 155; Baumbach/ Hartmann, a. a. O., § 240 Rdn. 8; Zöller/Greger, a. a. O., § 240 Rdn. 7), kann das Verfahren gegen die übrigen Beklagten weiter betrieben werden.

Soweit im vorliegenden Verfahren nach den vorangegangenen Teilurteilen nur noch eine Kostenschlussentscheidung zu treffen sein sollte, steht einer Kostenteilentscheidung bezüglich der Beklagten zu 1) und 2) der Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung bei einer Streitgenossenschaft nicht zwingend entgegen.

Dieser Grundsatz gilt nicht ausnahmslos. So kann bei einem berechtigten Interesse des Klägers, das er darzulegen hat (BGH, AnwBl. 1991, 53; OLG Zweibrücken, JurBüro 1983, 1881; Zöller/Herget, a. a. O., § 100 Rdn. 2), ausnahmsweise eine vorgezogene Teilkostenentscheidung geboten sein, etwa bei einer drohenden Verarmung des Zahlungspflichtigen (BGH, NJW 1960, 484; OLG München, NJW 1969, 1123; Zöller/Herget, a. a. O.) oder - weitergehend - soweit die Teilkostenentscheidung vom Ausgang des Rechtsstreits unabhängig ist (BGH, NJW-RR 2001, 642; Baumbach/Hartmann, a. a. O., § 301 Rdn. 19). Beides kommt hier nach dem Vortrag der Klägerin in Betracht. Auch die Klägerin sieht dies so.

c) Eine Kostenteilentscheidung bedarf hier auch keiner vorherigen Prozesstrennung nach § 145 ZPO.

aa) Gegenüber der Beklagten zu 1) folgt dies schon daraus, dass mit dem gegen sie erlassenen Teilurteil vom 31. Juli 2001 eine Aufteilung des Rechtsstreits - in der Hauptsache und im Verhältnis zu den übrigen Streitgenossen - in zwei selbständige Verfahren erfolgt ist (vgl. BGH, NJW 1998, 687; Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 301 Rdn. 12), die einer Teilkostenentscheidung grundsätzlich zugänglich ist (vgl. BGH, NJW 1960, 484; Zöller/Herget, a. a. O., § 100 Rdn. 2; Baumbach/Hartmann, a. a. O., § 301 Rdn. 19).

bb) Im Verhältnis zu den Beklagten zu 2) und 3) bewirkt die gegenüber der Beklagten zu 3) nach § 240 ZPO eingetretene Verfahrensunterbrechung ebenfalls eine Verfahrensaufteilung, da - wie erörtert - das Verfahren gegen den anderen Streitgenossen ohne weiteres fortgesetzt und damit einer eigenständigen Teilentscheidung zugeführt werden kann.

d) Wenn im vorliegenden Verfahren ein gewisser Stillstand der Entscheidungsfindung eingetreten ist, dann nur durch die Entscheidung des Landgerichts vom 16. August 2002, wegen der Insolvenz der Beklagten zu 3) den Verhandlungstermin über die Kostenschlussentscheidung auch hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) aufzuheben. Diese Entscheidung ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens (vgl. zur Anfechtbarkeit etwa Zöller/Gummer, a. a. O., § 568 Rdn. 36). Im Zeitpunkt dieser Entscheidung war für das Landgericht eine etwaige besondere Eilbedürftigkeit auch nicht absehbar.

Im Übrigen wäre die sofortige Beschwerde der Klägerin auch unbegründet.

1. Schon wegen des mit einer Prozesstrennung verbundenen Sachaufwandes und einer drohenden Erhöhung der Kostenlast sollte eine Prozesstrennung nach § 145 ZPO nach Möglichkeit vermieden werden. Es ist ein hinreichender sachlicher Grund erforderlich (BGH, NJW 1995, 3120; Zöller/Greger, a. a. O., § 145 Rdn. 5).

Ist - wie erörtert - für die von der Klägerin erstrebte Kostenteilentscheidung eine Prozesstrennung grundsätzlich nicht notwendig und droht dadurch nur ein erhöhter Sach- und Kostenaufwand, so durfte das Landgericht ermessensfehlerfrei von einer Prozesstrennung absehen. Die mit Teilkostenentscheidungen gegen Streitgenossen grundsätzlich verbundenen Probleme und Risiken werden durch eine Prozesstrennung nach § 145 ZPO nicht verringert, als nach der Trennung ebenso gesondert über die bis zur Trennung entstandenen Kosten zu entscheiden ist.

2. Die Anordnung einer Prozesstrennung nach § 145 ZPO kann die Parteien durch Kostennachteile usw. beschweren; sie soll daher sogar grundsätzlich eine mündliche Verhandlung hierüber voraussetzen (BGH, NJW 1957, 183; Zöller/Greger, a. a. O., § 145 Rdn. 6). Die Anordnung einer Prozesstrennung betrifft daher unmittelbar auch die Beklagte zu 3). Ihr gegenüber kann aber wegen der Unterbrechung nach § 240 ZPO keine Verfahrensentscheidung ergehen. Dann ist das Ermessen des Gerichts für eine Entscheidung nach § 145 ZPO dahin reduziert, dass nur eine Ablehnung der Prozesstrennung geboten sein kann.

III.

Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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