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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 24.05.2004
Aktenzeichen: 5 Ws 110/04
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 56f
Zur Ausnahme vom Grundsatz, dass eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 460 StPO dem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung vorgeht.
5 Ws 110/04

In der Strafsache

wegen Betruges

hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 24. Mai 2004 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 27. Januar 2004 wird aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung verworfen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, daß die formellen Voraussetzungen des § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB vorliegen. Er hat innerhalb der Bewährungszeit Straftaten begangen, durch die er die ursprüngliche Prognose, er werde sich die vorherige Verurteilung zur Warnung dienen lassen, widerlegt hat.

2. Dem Widerruf steht im vorliegenden Fall nicht der Grundsatz entgegen, daß die gebotene Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe einem Widerruf in der Regel vorgeht (vgl. Beschlüsse des Senats vom 26. April 2002 - 5 Ws 234/02 -; 9. April 2002 - 5 Ws 50/02 -; 22. Juni 1998 - 5 Ws 319/98 - und 26. März 1997 - 5 Ws 185/97 -).

a) Zwar muß zwischen den im hiesigen Verfahren (BZR Nr. 10) verhängten Einzelstrafen und den Strafen aus dem Berufungsurteil des Landgerichts Berlin vom 18. Februar 1998 (BZR Nr. 7) die seinerzeit unterlassene Bildung der Gesamtstrafe immer noch nachgeholt werden, obwohl die letztgenannte Strafe bereits verbüßt ist, weil ein Teil der für die Gesamtstrafe in Frage kommenden Strafen - nämlich diejenigen im hiesigen Verfahren - noch nicht erledigt ist (vgl. KG JR 1976, 202). Wegen der Übersicht über die gesamte Vollstreckungslage des Beschwerdeführers verweist der Senat auf seinen Beschluß vom 15. März 2002 - 5 Ws 10/02 - und die dort enthaltene Tabelle. Gegenüber dem ihr zugrundeliegenden Kenntnisstand hat sich seither lediglich eines geändert: Die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Schwedt vom 13. Januar 1998 (BZR Nr. 8) ist inzwischen seit dem 30. Januar 2002 erlassen. Sie bleibt bei der noch durchzuführenden Gesamtstrafenbildung ebenso außer Betracht wie diejenige des Amtsgerichts Tiergarten vom 6. Mai 1998 (BZR Nr. 9) (vgl. KG JR 1976, 202).

b) Die Einhaltung der Reihenfolge, daß der Widerruf der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe nachzufolgen habe, ist aber nicht zwingend. Letztere kann zurückstehen, wenn in beiden Verfahrensarten dieselben Tatsachen und rechtlichen Grundlagen zur Verfügung stehen. Sowohl für die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung bei der Gesamtstrafenbildung (§ 460 StPO, §§ 55, 56 StGB) als auch für die Frage, ob eine bereits gewährte Strafaussetzung zu widerrufen ist (§ 56f StGB), kommt es auf die Prognose zum Zeitpunkt der Beschlußfassung an (vgl. KG, Beschluß vom 26. März - 5 Ws 185/97 - mit weit. Nachw.). Das Bestehen auf dem Vorrang der Gesamtstrafenbildung erschöpfte sich in einer leeren Förmlichkeit, wenn die mit ihr vorgenommene Neuordnung der Vollstreckungsgrundlagen nach dem Persönlichkeitsbild des Verurteilten, den zugrundeliegenden Tatsachen, Umständen und Bewertungsmaßstäben sowie den rechtlichen Voraussetzungen in beiden Verfahrensarten kein anderes Ergebnis erbringen könnte.

3. So liegt es hier. Das auffälligste Merkmal, das die Zubilligung einer Strafaussetzung zur Bewährung ausschließt und auch den Widerruf erzwingt, ist die sehr rasche Folge, in der sich der Beschwerdeführer nach seiner letzten Entlassung aus der Strafhaft wieder mit schlechter Gesellschaft umgeben hat und sich in strafbare Handlungen verstricken ließ. Dadurch bestätigte er die negative Prognose, die ihm der Senat in seinem Beschluß vom 28. Juni 2001 - 5 Ws 352-353/01 - stellte. Auch seinerzeit hatte der Beschwerdeführer die Sorge um seine Familie in den Vordergrund gestellt, um einen Sinneswandel zu belegen. Der Senat mußte konstatieren, daß ihn das auch zuvor nicht von der Begehung von Straftaten abgehalten hatte und deshalb prognostisch nur von geringer Bedeutung war.

Diese Beurteilung hat sich durch die neuerliche rasche Straffälligkeit drastisch bestätigt. Noch nicht einmal den Straferlaß in dem Beschluß des Senats vom 15. August 2001 - 5 Ws 432/01 - begriff der Beschwerdeführer als unvermutete Chance zur Umkehr. Unter diesen Umständen kann der Senat seinen - seit Jahren in immer ähnlicher Weise vorgetragene - Beteuerungen, nunmehr einen anderen Freundeskreis gebildet und endlich zu einem gesetzmäßigen Leben gefunden zu haben, nicht glauben.

Die bei der Bildung der Gesamtstrafe für die Strafaussetzung zu beachtenden Rechtsgrundsätze stellen eine noch höhere Hürde für den Verurteilten auf. Denn da die nach § 54 StGB zu bemessende Gesamtfreiheitsstrafe ein Jahr übersteigen wird, müßte er auch ddie Voraussetzungen der besonderen Umstände des § 56 Abs. 2 StGB erfüllen, woran es erst recht fehlt.

Mildere Maßnahmen als der Widerruf (§ 56f Abs. 2 Satz 1 StGB) genügen nach alledem ebenfalls nicht.

Die Folgen des Widerrufs werden durch die unter 2. a) genannte, noch ausstehende Gesamtstrafenbildung gemildert werden, weil die bereits verbüßten acht Monate auf die Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen sind.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Ende der Entscheidung

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