Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 09.05.2006
Aktenzeichen: 5 Ws 140/06 Vollz
Rechtsgebiete: StVollzG, StPO


Vorschriften:

StVollzG § 2 Satz 1
StVollzG § 68 Abs. 2 Satz 2
StVollzG § 120 Abs. 1
StPO § 267
1. Die HNG-Nachrichten dürfen an keinen Gefangenen ausgehändigt werden. Denn sie sind geeignet, den Zielen des Vollzuges zuwiderzulaufen. Auf die Möglichkeit des Schwärzens muß die Anstalt wegen des erheblichen Verwaltungsaufwandes nicht zurückgreifen.

2. Es kommt nicht darauf an, ob die Unbelehrbarkeit des Gefangenen ein solches Ausmaß angenommen hat, daß die Vorenthaltung bei ihm das Vollzugsziel nicht mehr fördern kann. Denn es ist Aufgabe des Strafvollzuges, bis zur vollständigen Vollstreckung der Strafe zu versuchen, den Gefangenen auf ein künftig straffreies Leben vorzubereiten. Dazu gehört es, daß solche Einflüsse, die die Wiedereingliederung gefährden, wie links- oder rechtsextremistisches Gedankengut von dem Gefangenen während des gesamten Vollzuges ferngehalten werden.

3. Zum Mindestmaß an erforderlichen Feststellungen zu Art und Inhalt der wegen der Gefährdung des Vollzugsziels beschlagnahmten Gegenstände.

4. Den Inhalt der beanstandeten Zeitschriften hat die Strafvollstreckungskammer eigenverantwortlich zu prüfen. Sie darf sich nicht mit den dürftigen Angaben des Anstaltsleiters begnügen, sondern muß den Inhalt der Texte selbst ermitteln und würdigen.


KAMMERGERICHT Beschluß

Geschäftsnummer: 5 Ws 140/06 Vollz

In der Strafvollzugssache

des Strafgefangenen

wegen Herausnahme von Gegenständen aus dem Haftraum

hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 9. Mai 2006 beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt Tegel wird der Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 30. Dezember 2005 aufgehoben.

Die Anträge des Gefangenen vom

20. April 2005 - 544 StVK 306/05 Vollz -, 19. Juni 2005 vormals: - 544 StVK 466/05 Vollz -, 27. Juli 2005 vormals: - 544 StVK 602/05 Vollz - und 20. August 2005 vormals: - 544 StVK 689/05 Vollz,

soweit sie die Aushändigung der vorenthaltenen HNG-Nachrichten betreffen, werden zurückgewiesen.

Im übrigen wird die Sache zu erneuter Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an die Strafvollstreckungskammer zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Der Gefangene verbüßt zur Zeit eine Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren wegen Totschlags in zwei Fällen in der Justizvollzugsanstalt Tegel. Seit 1979 gehört er zur rechtsradikalen Szene und wurde bereits mehrfach wegen Verwendung von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation sowie unerlaubten Waffenbesitzes verurteilt.

Der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens besteht in folgendem Geschehen: Der Anstaltsleiter hat mehrmals Zeitschriften angehalten und die Herausgabe an den Gefangenen verweigert, Schriftstücke eingezogen und bei Haftraumkontrollen diverse Gegenstände aus der Zelle des Gefangenen entfernt. Mit seinen hiergegen gerichteten Anträgen auf gerichtliche Entscheidung hatte der Gefangene im wesentlichen Erfolg. Im einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:

1. Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 20. April 2005 (Verfahren 544 StVK 306/05 Vollz)

Am 18. April 2005 wurde die an den Gefangenen übersandte, monatlich erscheinende Ausgabe April 2005 der HNG - Nachrichten nach § 68 Abs. 2 Satz 2 StVollzG angehalten und durch mündlichen Bescheid vom 19. April 2005 eingezogen. Der Anstaltsleiter begründete seine Entscheidung mit der Erwägung, daß die HNG Nachrichten unter dem Vorwand, die Gefangenenhilfe und Fälle "staatlicher Repression" zum Gegenstand zu haben, neonazistische Hetzpropaganda sowie Aufrufe zur Unterstützung verbotener rechtsextremer Organisationen und zum bewaffneten Kampf zum Inhalt haben. Ihr Ziel sei die Verbreitung neonazistischer Hetzpropaganda gegen Ausländer und die Herstellung und Verfestigung des Zusammenhalts rechtsradikal eingestellter Straftäter. Die politische Zielrichtung ergebe sich auch aus Abbildungen von Rudolph Heß. Der Gefangene könne noch nicht als derart unbelehrbar abqualifiziert werden, daß das Fernhalten solcher Druckschriften zur Erreichung des Vollzugszieles ungeeignet sei. Außerdem gefährde die Aushändigung der Druckschrift mit unverhohlenen rassistischen Ideologien wegen des hohen Ausländeranteils auch die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt. Die Strafvollstreckungskammer hob diesen Bescheid auf und verpflichtete die Anstalt, die Zeitschrift herauszugeben. Zur Begründung führte sie ohne nähere Ausführungen abweichend von der Vollzugsanstalt lediglich aus, daß bei diesem Gefangenen das Vollzugsziel ohnehin nicht zu erreichen und eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung nicht hinreichend begründet worden sei.

2. Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 27. Juli 2005 (vormals 544 StVK 602/05 Vollz)

Am 25. Juli 2005 wurde dem Gefangenen die Ausgabe der HNG Nachrichten und der UN (Unabhängige Nachrichten) für Juli 2005 verweigert. Die Anstaltsleitung begründete die Maßnahme wie oben zu 1) dargestellt. Die Strafvollstreckungskammer hob die Entscheidung auf und verpflichtete den Anstaltsleiter aus den Gründen zu 1) zur Herausgabe der Zeitschriften.

3. Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 20. August 2005 (vormals 544 StVK 689/05 Vollz)

Am 20. August 2005 verweigerte der Anstaltsleiter aus den Gründen des Bescheides vom 12. August 2005 (vgl. Nr. 6 dieses Beschlusses - vormals 544 StVK 466/05 Vollz) die Herausgabe der HNG Nachrichten sowie der UN für den Monat August 2005. Die Strafvollstreckungskammer hob diese Entscheidung aus den unter Nr. 1) dargestellten Gründen auf und verpflichtete den Anstaltsleiter zur Herausgabe der Zeitschriften.

4. Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 21. April 2005 (vormals 544 StVK 310/05 Vollz )

Am 19. April 2005 entfernten Bedienstete der Anstalt ein von dem Gefangenen selbstgefertigtes Bild, das nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer "am äußeren Rand mit Runenschrift verziert ist und in der Mitte ein deutlich sichtbares Hakenkreuz trägt". Es handele sich dabei um ein Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation, dessen Verwendung die Ordnung der Anstalt störe. Bedienstete fühlten sich durch den Anblick gestört. Die Strafvollstreckungskammer hob die mündlich verfügte Herausnahme des Bildes auf und verpflichtete den Anstaltsleiter, den Gefangenen erneut zu bescheiden. Sie begründete ihre Entscheidung damit, daß der Gefangene vorgetragen habe, das Bild bereits seit sechs Jahren in der Zelle zu haben. Danach sei von einer stillschweigenden Zustimmung der Anstalt auszugehen und eine Rücknahme sei nur nach § 14 Abs. 2 Satz 2 StVollzG zulässig. Dem Bescheid des Anstaltsleiters sei nicht zu entnehmen, daß er die erforderliche Ermessensentscheidung getroffen habe.

5. Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 9. Mai 2005 (vormals 544 StVK 347/05 Vollz)

Am 9. Mai 2005 wurden dem Gefangenen folgende Publikationen nach § 68 Abs. 2 Satz 2 StVollzG vorenthalten:

a. UN 11/2004 (Unabhängige Nachrichten)

b. Nationaler Beobachter 01/05 -Unabhängiger Rundbrief Chemnitz-

c. Nationaler Bote 02/05 - Sächsische Schweiz -

d. Freier Rundbrief 03/05 - Dresden -

e. Freier Rundbrief 04/05 - Dresden-

Diese Maßnahme sei nach § 68 Abs. 2 Satz 2 StVollzG erforderlich, da die Schriftstücke den Gefangenen in seiner ablehnenden Haltung gegenüber staatlichen Institutionen und seinem rechtsextremen Gedankengut bestärkten, was mit der Erreichung des Vollzugszieles unvereinbar sei.

Nach § 70 Abs. 2 Satz 2 StVollzG wurden folgende Schriftstücke angehalten:

f. Ein Leitfaden - freie Nationalisten ! -

g. Vier DIN A 4 Seiten aus dem Internet (www.interpool.tv) mit dem Artikel "Rechtsradikale im Visier - aus dem Alltag eines Spezialkommandos"

h. zwei identische DIN A 4 Seiten über germanische Monatsnamen

i. Ein DIN A 5 Infoblatt "Linksextreme Krawalle am 1. Mai in mehreren Städten".

Diese Schriftstücke seien nach § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG einzubehalten, da sie das Vollzugsziel und die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt gefährdeten. Inhalt und Diktion der Publikationen sei ideologisierend, haßerfüllt und beleidigend gegenüber staatlichen Institutionen. Der Leitfaden "freie Nationalisten" ziele darauf ab, Richtlinien zu geben, die "als Handlungsgrundlage für viele freie Kräfte im nationalen Widerstand" dienen solle. Die Lektüre der Schriftstücke sei dazu angetan den Gefangenen nicht zu einer sinnvollen Mitarbeit am Vollzugsziel, sondern lediglich zu einer destruktiven Opposition anzuhalten und den Strafvollzug als bloße Äußerung staatlicher Macht zu empfinden. Der Gefangene sei leicht beeinflußbar und daher nur bedingt in der Lage, sich kritisch mit den Schriftstücken auseinanderzusetzen.

Die Strafvollstreckungskammer hob die Entscheidung der Anstaltsleitung auf und verpflichtete sie, die Schriftstücke an den Gefangenen herauszugeben. Bezüglich der unter f) bis i) aufgeführten Schriftstücke begründete sie ihre Entscheidung damit, daß eine Vorenthaltung nach § 70 Abs. 2 Satz 2 StVollzG nur in Betracht käme, wenn eine Gefährdung des Vollzugsziels oder der Sicherheit und Ordnung vorliege. Das Vollzugsziel sei bei dem Gefangenen nicht zu erreichen und die unter g) und h) aufgeführten Schriftstücke enthielten lediglich die Tätigkeitsbeschreibung eines mobilen Einsatzkommandos und die Deutung germanischer Monatsnamen. Hinsichtlich der Publikation unter Nr. f) habe die Vollzugsbehörde lediglich pauschal aneinandergereihte Satzfetzen zitiert ohne konkret auf den Inhalt des Leitfadens einzugehen. Deshalb sei der Bescheid vom 19. April 2005 - der allerdings lediglich das Verfahren 544 StVK 306/05 und nicht das vormalige Verfahren 544 StVK 347/05 Vollz betrifft - rechtswidrig.

6. Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 19. Juni 2005 (vormals 544 StVK 466/05 Vollz)

Bei einer Kontrolle des Haftraumes am 15. Juni 2005 wurde eine Vielzahl von Gegenständen des Gefangenen entfernt, die im Entnahmeprotokoll vom 22. Juni enthalten sind. Mit Bescheid vom 12. August 2005 zog die Anstalt die Gegenstände ein. Sie begründete ihre Entscheidung damit, daß die Aushändigung der Zeitschriften dem Vollzugsziel zuwiderlaufen und auch die Sicherheit und Ordnung gefährden würde. Mit der Fürsorgepflicht gegenüber allen Gefangenen sei es unvereinbar, nationalsozialistischer Agitation in der Haftanstalt von Seiten eines Gefangenen durch Duldung hierfür geeigneter Materialien Vorschub zu leisten. Zudem sei die Sicherheit und Ordnung auch dadurch gefährdet, daß in der Teilanstalt V eine große Zahl von ausländischen Gefangenen untergebracht sei. Eventuell erteilte Genehmigungen würden nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 StVollzG widerrufen. Die Einziehung der übrigen Gegenstände stützte der Anstaltsleiter auf § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG. Er begründete seine Entscheidung damit, daß die im Haftraum aufgefundenen Bilder von Soldaten der Wehrmacht und Personen aus der Zeit des Dritten Reiches das Vollzugsziel gefährdeten und den Gefangenen in seiner Opposition gegen den Strafvollzug bestärkten. Auch die Nationalsozialisten hätten die germanische Mythologie mißbraucht. Zudem könne der Besitz der entnommenen Gegenstände bei anderen Gefangenen zu Gewalttaten führen, zumal da auch bei drei anderen Gefangenen derartige Gegenstände aufgefunden worden seien.

Es handelt sich um folgende Gegenstände:

Entnahme aus dem Haftraum am 15.06.2005

Strafgefangener ..., BNr.: ..., Station 4

 lfd.Nr.GegenstandMenge
1.Hefter mit nummerierter datenerfasster Auflistung (schriftl. Benennung von Bediensteten) mit Hakenkreuzen 
2.Kopp Verlag - Kataloge3 Stk.
3.Holzkästchen mit - Bildern von Personen aus der Zeit des Dritten Reiches 
4.UN (Unabhängige Nachrichten) März 20051 Stk.
5.Nachrichten der HNG2 Stk.
6.Broschüre "Freier Rundbrief"1 Stk.
7.Freies Gewissen Ausgabe 11 Stk.
8.Kopierte Zeitungsartikel2 Blätter
9.Spiel - Odins Raben1 Stk.
10.Katalog "Kieferle"1 Stk.
11.Folie mit diversen Schriftstücken 
12.Huginn und Muninndiv.
13.Folien - Zuordnung d. Farben und Gardenstone - Erklärung Thor - Die Dankesschuld - Gedicht von Flex - Jul / Kult Kunde 
14.einzelne Blätter - Pitbull, schriftl. Korrespondenz - K... mit Prozessnotizen - handschriftl. Notizen 
15.abgeheftete Seiten über Zeichen und Kultkunde 
16.Pappschilder mit Bild + Zeichendiv.
17.Nordwelt Versand - Katalog1 Stk.
18.Broschüre "Faszination und Gewalt"1 Stk.
19.gerahmtes Wappenbild "Üb immer Treu u. Redlichkeit"Familie - Wappen
20.Der germanische Götterstammbaum 
21.Metallstück, gelblich in Form eines Bumerangs 
22.Aufkleber "Club 88"1 Stk.
23.Polaroidfotos mit Kultaltar2 Stk.
24.Zeitungsausschnitte (rassistischer Inhalt)4 Stk.
25.Abschnitte mit Parolen3 Stk.
26.Zeichnungen aus der Sagenwelt (z. B. Odin)4 Stk.
27.Fotos1 Blatt A 5
28.Briefumschläge mit Inhalt4 Stk.
29.Briefumschläge ohne Inhalt1 Stk.
30.Mappe, grün mit Zeichnungen (Geschichtslehre), Schriftstücken + Zeitungsausschnitten 
31. Fotoalbum mit diversen Fotos 
32.Bücher - Soldaten der Standarte Feldherrnhalle - Die germanische Odalverfassung - Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus - Kriegstagebuch des Heeresadjutanten Major Engel b. Führerhauptquartier 1938-1943 
33.Ordner - Sozialkontakte (mit diversen Schriftstücken und Korrespondenz) - Religion (mit diversen Schriftstücken und Zeichnungen) - Rechnungen - Kontoauszüge Einkauf/Lohnschein zurück2 Stk.
34.Mützen, schwarz2 Stk.
35.Lederstück mit Zeichen1 Stk.
36.Aufnäher "Thor Steinar"1 Stk.
37.Holzsymbole, handgefertigt2 Stk.
38.Schlüssel mit Band1 Stk.
39.Kreuzorden mit Band, schwarz/weiß/rot1 Stk.
40.Holzreifen2 Stk.
41.Holzstöcke3 Stk.
42.Cutter-Messer1 Stk.
43.Schrauben4 Stk.
44.Drahtring, weiß/rot1 Stk.
45.Holzstück1 Stk.
46.Kalenderseite zurück1 Stk.

Die Strafvollstreckungskammer hob den Bescheid auf und verpflichtete die Anstalt zur Herausgabe der Gegenstände. Im Hinblick auf die vorenthaltenen regelmäßig erscheinenden Publikationen und Zeitschriften gelte auch hier, daß das Vollzugsziel ohnehin nicht zu erreichen und eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung nicht dargelegt sei. Im übrigen habe die Vollzugsanstalt nicht ausgeführt, welche Zeitschriften ursprünglich genehmigt worden seien und warum diese Begünstigung widerrufen werden solle. Bezüglich der übrigen entnommenen Gegenstände habe die Anstalt in ihrem Bescheid vom 12. August 2005 lediglich allgemeine Ausführungen zur Gefährdung der Sicherheit und Ordnung gemacht. Dies genüge schon deshalb nicht, da auch Leitzordner mit Sozialkontakten und Rechnungen und ein frei verkäufliches Buch aus der Kammergerichtsbibliothek entnommen worden seien. Auch bei dem Porzellankürbis - der entgegen der Annahme der Strafvollstreckungskammer im Bescheid vom 12. August 2005 nicht enthalten ist -, sei ein Grund für die Herausnahme nicht ersichtlich. Auf die Argumentation des Anstaltsleiters in dem von der Strafvollstreckungskammer in Bezug genommenen Bescheid vom 12. August 2005 ging das Landgericht im wesentlichen nicht ein.

7. Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 23. Juni 2005 (vormals 544 StVK 490/05 Vollz)

Am 23. Juni 2005 wurden folgende Gegenstände aus dem Haftraum des Gefangenen entnommen:

Ein Totenkopf aus Plastik, eine selbstgefertigte Ledermaske, eine Friedhofskerze, ein Halloweenkürbis mit Teelicht, ein Metallbecher, ein Odinhammer, diverser Schmuck, eine Schale mit Nüssen und Brot etc., ein Knochen - Federgesteck, eine Decke mit Stern, ein Spiegel mit Rune, ein Becher mit Federn, ein Tuch mit Totenköpfen, ein Kerzenständer, zwei Knochen, ein Lederbeutel mit Runen, eine Kette mit Stein. Der Anstaltsleiter begründete die Maßnahme damit, daß die rechtsnationalistischen Fundstücke den betroffenen und andere Gefangene an der Erreichung des Vollzugsziels hinderten und die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährdeten.

Die Strafvollstreckungskammer hat über diesen Antrag im Tenor überhaupt nicht entschieden. In den Gründen (S. 11, 12) führt sie lediglich den Halloweenkürbis und das Entnahmeprotokoll vom 23. Juni 2005 an. Alle anderen Gegenstände werden nicht erwähnt. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang ausführt, daß der Bescheid des Anstaltsleiters vom 12. August 2005 rechtswidrig und aufzuheben sei, liegt dies neben der Sache, weil die am 23. Juni 2005 aus der Zelle entnommenen Gegenstände dort nicht aufgeführt sind.

8. Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 27. Juni 2005 (vormals 544 StVK 494/05 Vollz)

Am 27. Juni 2005 wurde eine an den Gefangenen gerichtete Postsendung angehalten und eingezogen. Dabei handelte es sich um drei Schreiben mit der Überschrift "Kurznachrichten aus Portugal" vom 7., 17. und 19. Juni 2005. Die Schreiben befassen sich im wesentlichen mit der Schaffung eines vereinten Europas und dem Zusammenbruch europäischer Finanzsysteme. Der Anstaltsleiter stützte diese Maßnahme auf § 31 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG und führte aus, daß Inhalt und Diktion der strittigen Publikationen insgesamt ideologisierend, haßvoll und beleidigend gegenüber staatlichen Institutionen sei. Durch die Aushändigung würde der Gefangene in seiner inneren Einstellung zu rechtsextremem Gedankengut bestärkt werden. Dies liefe der Erreichung des Vollzugszieles zuwider. Wegen des hohen Ausländeranteils sei auch die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährdet. Denn es sei auch Aufgabe der Anstalt, Rechtsradikalismus und Gewalttendenzen bereits im Frühstadium zu erstik-ken. Die Strafvollstreckungskammer hob die Entscheidung des Anstaltsleiters auf und verpflichtete ihn, die "Kurznachrichten aus Portugal" vom 17. und 19. Juni 2005 an den Gefangenen herauszugeben. Bezüglich der Nachricht vom 7. Juni 2005 verpflichtete sie die Anstalt, den Gefangenen neu zu bescheiden. In den Beschlußgründen führte die Strafvollstreckungskammer aus, daß die Gefährdung des Vollzugsziels bei dem Gefangenen ohnehin nicht zur Begründung herangezogen werden könne. Allein eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung könne die Maßnahme rechtfertigen. Eine solche sei den Publikationen vom 17. und 19. Juni 2005 nicht zu entnehmen. Die Publikation vom 17. Juni 2005 beschäftige sich mit der Beerdigung eines Generalsekretärs der Portugiesischen Kommunistischen Partei. Das Schreiben vom 19. Juni 2005 befasse sich mit einer Demonstration im Juni 2005 in Lissabon, welche als - rechte - Reaktion auf einen Überfall jugendlicher Banden am 10. Juni ins Leben gerufen worden sei. Beide Schreiben mögen überzogen sein, verbreiteten aber weder rassistische noch nationalsozialistische Ideologien.

Im Schreiben vom 7. Juni 2005 sei im letzten Absatz davon die Rede, daß in Folge eines Kollapses Europas alle "Gojims" (Nichtjuden) in Sammelstellen zusammengepfercht, sortiert, sterilisiert und in KZs zum Arbeiten gezwungen werden könnten. Diese Passage sei zwar geeignet, die Sicherheit und Ordnung der Anstalt zu gefährden, es sei aber nicht ersichtlich, ob sich der Anstaltsleiter bei seiner Entscheidung, seines Ermessens bewußt gewesen sei. Denn er hätte die beanstandete Passage auch schwärzen können. Deshalb müsse der Anstaltsleiter den Gefangenen neu bescheiden.

II.

Der Anstaltsleiter hat gegen diesen Beschluß - soweit dargestellt - Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

Die Rechtsbeschwerde erfüllt die besonderen Voraussetzungen nach § 116 StVollzG für ihre Zulassung. Es ist geboten, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, da die Strafvollstreckungskammer in entscheidungserheblicher Weise von ihrer sowie der Rechtsprechung einer anderen Strafvollstreckungskammer abgewichen ist. Weiterhin ist der angefochtene Beschluß in tatsächlicher Hinsicht so knapp gefaßt und rechtlich so mangelhaft begründet, daß der Senat nicht ausschließen kann, daß die Strafvollstreckungskammer das sachliche Recht nicht richtig angewandt hat und ihre Entscheidung darauf beruht (vgl. Senat NStZ-RR 2004, 255 = ZfStrVo 2004, 307 m.w.N. und Beschluß vom 7. Oktober 2003 - 5 Ws 439/03 Vollz -; Arloth/Lückemann, StVollzG, § 116 Rdn. 4).

1. Vorenthaltung der "HNG Nachrichten"

Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 20. April 2005 - 544 StVK 306/05 Vollz - sowie auch in den Anträgen vom 27. Juli 2005 - vormals 544 StVK 602/05 Vollz -, vom 20. August 2005 - vormals 544 StVK 689/05 Vollz - und vom 19. Juni 2005 - vormals 544 StVK 466/05 Vollz - mit enthalten.

Bei den in Verwahrung genommenen Exemplaren der HNG Nachrichten handelt es sich um eine allgemein zugängliche Zeitschrift. Als Rechtsgrundlage für ihre Vorenthaltung kommt allein § 68 Abs. 2 Satz 2 StVollzG in Betracht (vgl. BVerfG NStZ 1995, 613, 614;). Damit wird die Freiheit der Information in verfassungsrechtlich zulässiger Weise eingeschränkt (vgl. BVerfG NStZ 1995, 613, 614; NStZ 1994, 145; ZfStrVo 1981, 63). § 68 Abs. 2 Satz 2 StVollzG muß allerdings wiederum im Lichte des eingeschränkten Grundrechts so ausgelegt werden, daß dessen wertsetzende Bedeutung auf der Ebene der Rechtsanwendung zur Geltung kommt. In Anwendung und Auslegung der Vorschrift muß mithin darauf abgehoben werden, daß das gesetzliche Erfordernis der erheblichen Gefährdung seine ihm zukommende vollzugssteuernde Wirkung entfaltet und damit die Freiheit vor dem Eingriff möglichst weitgehend bewahrt wird. Der Eingriff muß also geeignet und erforderlich sein, um eine erhebliche Gefahr für die in § 68 Abs. 2 Satz 2 StVollzG genannten Belange abzuwehren.

a.) Nach diesen Rechtsgrundsätzen kann der Auffassung der Strafvollstreckungskammer, der Anstaltsleiter habe die einzelnen Exemplare der HNG Nachrichten nicht vorenthalten dürfen, weil bei diesem Gefangenen das Vollzugsziel ohnehin nicht erreicht werden könne, nicht gefolgt werden.

Das in § 2 Satz 1 StVollzG festgelegte Ziel des Vollzuges ist es, dem Gefangenen die Fähigkeit und den Willen zu einer verantwortlichen Lebensführung zu vermitteln. Der Gefangene soll lernen, sich unter den Bedingungen einer freien Gesellschaft ohne Rechtsbruch zu behaupten, ihre Chancen wahrzunehmen und ihre Risiken zu bestehen (vgl. BVerfGE 35, 202, 235; Senat, Beschluß vom 27. Januar 1997 - 5 Ws 571/96 Vollz - insoweit nicht abgedruckt in NStZ 1998, 398 bei Matzke). Ein so verstandener Strafvollzug kann nicht nur Ansprüche des Gefangenen begründen, sondern unter Umständen auch grundrechtseinschränkende Maßnahmen rechtfertigen, die erforderlich sind, um die inneren Voraussetzungen für eine spätere straffreie Lebensführung zu fördern (vgl. BVerfGE 40, 276, 284; BVerfG NStZ 1995, 613, 614).

Konkret bedeutet dies für den Gefangenen, der nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses seit 1979 in der rechtsradikalen Szene engagiert und bereits mehrfach wegen Verwendung von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation straffällig geworden ist, daß er seine Einstellung zu ändern und künftig - nach Wiedergewährung seiner Freiheit - ein straffreies Leben zu führen hat. Ob Gefangene (re)sozialisierungsfähig sind, wird sich dabei erst im Laufe des Vollzuges erweisen können (vgl. Arloth/Lückemann StVollzG, § 2 Rdn. 6).

b.) Insbesondere unter Berücksichtigung der noch zu erwartenden Wirkung des Strafvollzuges ist die durch keinerlei Tatsachen belegte Auffassung der Strafvollstreckungskammer verfehlt, bei dem Gefangenen habe die Unbelehrbarkeit ein solches Ausmaß angenommen, daß die Vorenthaltung von Schrifttum gleich welcher Art, nicht geeignet erscheint, das Vollzugsziel zu fördern. Demgegenüber sind die Bewertungen des Anstaltsleiters in den von der Strafvollstreckungskammer in Bezug genommenen Bescheiden - mit deren Gründen sie sich allerdings nicht auseinandersetzt - nachvollziehbar und stehen mit dem Resozialisierungsauftrag des Strafvollzugsgesetzes im Einklang.

Nach den Bewertungen des Anstaltsleiters ist der Gefangene unter Berücksichtigung der langen Reststrafe leicht beeinflußbar und nur bedingt in der Lage, sich kritisch mit den Schriftstücken auseinanderzusetzen. Allerdings hat sich die Einstellung des Gefangenen noch nicht derart verfestigt, daß er als unbelehrbar eingestuft werden müßte. Durch die Lektüre der Zeitschriften wird der Gefangene in seiner Haltung, den Strafvollzug als bloße Äußerung staatlicher Macht zu empfinden, bestärkt. Gerade dieser Wirkung der Lektüre soll durch deren Vorenthaltung entgegengewirkt werden, damit die Erreichung des Vollzugszieles möglich bleibt. Das hat die Strafvollstreckungskammer verkannt. Demgegenüber ist die von ihr erwähnte vehemente Ablehnung staatlicher Autorität und der Hang, sich als Opfer einer tendenziösen Justiz zu sehen, bei Straftätern häufig anzutreffen und darf nicht zu dem voreiligen Schluß führen, daß bei solchen Gefangenen das Vollzugsziel ohnehin nicht zu erreichen sei.

Die vom Senat in seinem Beschluß vom 27. Januar 1997 (- 5 Ws 571/96 Vollz - teilweise abgedruckt in NStZ 1998, 398 bei Matzke) vertretene Auffassung, daß die Unbelehrbarkeit eines Gefangenen ein solches Ausmaß annehmen kann, daß die Vorenthaltung derartiger Zeitschriften das Vollzugsziel nicht fördern kann, betraf einen Einzelfall. An ihr hält der Senat nicht mehr fest. Es ist Aufgabe des Strafvollzuges, bis zur vollständigen Vollstreckung der Strafe zu versuchen, den Gefangenen auf ein künftig straffreies Leben vorzubereiten. Dazu gehört es auch, solche Einflüsse, die die Wiedereingliederung gefährden, wie links- oder rechtsextremistisches Gedankengut (vgl. BVerfG NStZ 1995, 613, 614; Arloth/Lückemann StVollzG § 31 Rdn. 5) von dem Gefangenen während des gesamten Vollzuges fernzuhalten. Mit dieser Aufgabe wäre es unvereinbar, einem Gefangenen bei der Sammlung extremistischen Materials nur deshalb freie Hand zu lassen, weil er als unbelehrbar eingeschätzt wird.

c.) Ziel und Inhalt der HNG Nachrichten ist, wie sich aus der Verbreitung neonazistischer Hetzpropaganda gegen Ausländer, den Aufrufen zur Unterstützung verbotener rechtsextremistischer Organisationen und zum bewaffneten Kampf ergibt, auf die Herstellung und Verfestigung des Zusammenhalts rechtsradikal eingestellter Straftäter ausgerichtet (vgl. BVerfG NStZ 1995, 613, 614). Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß eine solche Haltung der Adressaten in einer Vielzahl von Fällen - wie auch bei dem Gefangenen - ihren Ausdruck bereits in der Verwirklichung kriminellen Tuns gefunden hat. In der Gesamtschau rechtfertigen diese Umstände im Falle des Gefangenen die Vorenthaltung einzelner Exemplare der HNG Nachrichten. Denn sie sind geeignet, den Zielen des Vollzuges zuwiderzulaufen. Auf die Möglichkeit des Schwärzens mußte die Anstalt wegen des erheblichen Verwaltungsaufwandes nicht zurückgreifen (vgl. OLG Hamm NJW 1992, 1337; OLG Nürnberg, Beschluß vom 8. Dezember 1980 - Ws 776/80 - veröffentlicht in juris).

d.) Darüber hinaus kann die Aushändigung der HNG Nachrichten bei der inneren Einstellung des Gefangenen auch zu einer erheblichen Gefährdung der Anstaltsordnung führen. Bei einem Gefangenen, der sich bereits seit Jahrzehnten in der rechtsradikalen Szene engagiert und auch in der Haftanstalt Material dieser Szene aufbewahrt, muß dies auch dann unterbunden werden, wenn es sich dabei noch nicht um Propagandamittel von § 86 Abs. 2 StGB handelt. Schon mit der Fürsorgepflicht, die dem Anstaltsleiter gegenüber allen ihm anvertrauten Gefangenen obliegt, ist es nicht zu vereinbaren, nationalsozialistischer Agitation in der Haftanstalt, in der zudem viele ausländische Gefangene untergebracht sind, von seiten eines Gefangenen durch Aushändigung hierfür geeigneten Materials Vorschub zu leisten (vgl. Senat, Beschluß vom 27. Januar 1997 - 5 Ws 571/96 Vollz -). Dies gilt umso mehr, als gerade bei einem nachhaltigen Anhänger der nationalistischen Ideologie, wie dem Gefangenen, die Gefahr von Aktivitäten - auch mittels solchen Materials - besonders groß ist, die geeignet sind, die Ordnung der Anstalt zu gefährden.

e.) Art. 103 GG wird durch die Vorenthaltung einzelner Exemplare der HNG Nachrichten nicht verletzt.

Die Anordnung des Gesetzgebers, § 33 StPO entsprechend anzuwenden, kann dahin ausgelegt werden, daß der in der Ausnahmebestimmung des § 33 Abs. 4 StPO sich äußernde, der Verallgemeinerung fähige Rechtsgedanke aufzunehmen und weiterzuführen ist. Dies bedeutet, das verfassungsrechtliche Gebot des rechtlichen Gehörs zum schonenden Ausgleich zu bringen mit den gleichfalls verfassungsrechtlich gewichtigen Belangen eines auf Resozialisierung ausgerichteten Vollzugszieles und der dafür erforderlichen Sicherheit und Ordnung der Anstalt. Das führt zu einer Einschränkung der Information über den Inhalt der angehaltenen Zeitschriften auf jene Angaben, die der Gefangene zur Wahrnehmung seiner Rechte benötigt und deren Mitteilung die vollzuglichen Belange nicht gefährdet. Dementsprechend genügen kurze charakterisierenden Inhaltsangaben oder unter Umständen sogar nur die Angabe des Gegenstandes (vgl. BVerfG NStZ 1995, 613, 614). Dem hat der Anstaltsleiter genüge getan, zumal da dem Gefangenen die Zielsetzung und Tendenz der Zeitschrift bekannt ist.

f.) Danach sind die Entscheidungen des Anstaltsleiters, daß die Aushändigung der vorenthaltenen HNG Nachrichten mit dem Vollzugsziel unvereinbar ist und sowohl dieses als auch die Sicherheit und Ordnung der Anstalt erheblich gefährdet, rechtmäßig. Da die Sache spruchreif ist (§ 119 Abs. 4 StVollzG) hebt der Senat den Beschluß der Strafvollstreckungskammer insoweit auf, als der Anstaltsleiter zur Aushändigung der HNG Nachrichten an den Gefangenen verpflichtet wurde. Einer Zurückverweisung bedarf es nicht. Die entsprechenden, im Tenor aufgeführten, Anträge des Gefangenen lehnt der Senat ab.

2. Im übrigen ist der angefochtene Beschluß in tatsächlicher Hinsicht so knapp gefaßt und rechtlich so mangelhaft begründet, daß der Senat nicht ausschließen kann, daß die Strafvollstreckungskammer das sachliche Recht nicht richtig angewandt hat und ihre Entscheidung darauf beruht (vgl. Senat NStZ-RR 2004, 255 = ZfStrVo 2004, 307 m.w.N. und Beschluß vom 7. Oktober 2003 - 5 Ws 439/03 Vollz -; Arloth/Lückemann, StVollzG, § 116 Rdn. 4).

In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, daß die von den Strafvollstreckungskammern erlassenen Beschlüsse grundsätzlich den Anforderungen genügen müssen, die § 267 StPO an die Begründung strafrechtlicher Urteile stellt. Dementsprechend hat die Strafvollstreckungskammer die entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Erwägungen so umfassend darzulegen, daß das Rechtsbeschwerdegericht die Entscheidung überprüfen kann (vgl. OLG Frankfurt am Main ZfStrVo 2001, 53; OLG Celle StV 1999, 554; KG aaO.). Dem wird der angefochtene Beschluß nicht annähernd gerecht. Das Landgericht ist verpflichtet, den vollständigen Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen und - in nachprüfbarer Weise - rechtlich zu würdigen. Hieran fehlt es. Deshalb ist der angefochtene Beschluß im übrigen aufzuheben und die Sache zu erneuter Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.

Im einzelnen gilt folgendes:

a.) Unabhängige Nachrichten

Soweit sich die Anträge des Gefangenen vom 27. Juli 2005 - vormals 544 StVK 602/05 Vollz -, vom 20. August 2005 - vormals 544 StVK 689/05 Vollz -, vom 9. Mai 2005 - vormals 544 StVK 347/05 Vollz - und vom 19. Juni 2005 - vormals 544 StVK 466/05 Vollz - auch gegen die Vorenthaltung der Unabhängigen Nachrichten, zu deren Herausgabe die Strafvollstreckungskammer den Anstaltsleiter verpflichtet hat, richten, ist die Sache nicht spruchreif, da die Strafvollstreckungskammer deren Inhalt nicht mitteilt. Die von ihr hierzu getroffenen Feststellungen sind zu lückenhaft, um eine ausreichende rechtliche Überprüfung zu ermöglichen. Nach § 120 StVollzG, § 244 Abs. 2 StPO ist die Strafvollstreckungskammer verpflichtet, zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Ob und inwieweit eine entscheidungserhebliche Tatsache zutrifft, unterliegt im Zweifel der Aufklärungspflicht der Strafvollstreckungskammer (vgl. OLG Hamm NStZ 2002, 224; OLG Karlsruhe ZfStrVo 1986, 315, 316). Dem wird die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer nicht gerecht, da aus ihr nicht ersichtlich ist, ob sie den Inhalt der beanstandeten Zeitschrift überhaupt eigenverantwortlich geprüft und zu welchem Ergebnis diese Prüfung geführt hat. Die Kammer darf sich insoweit nicht mit den dürftigen Angaben in den Bescheiden des Anstaltsleiters begnügen, sondern muß den Inhalt der Texte selbst ermitteln und würdigen (vgl. Senat, Beschluß vom 27. Januar 1997 - 5 Ws 571/96 Vollz -).

b.) Bild mit einem (spiegelverkehrten) Hakenkreuz

Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 21. April 2005 (- vormals 544 StVK 310/05 Vollz -) hat die Strafvollstreckungskammer die mündlich verfügte Herausnahme des Bildes aufgehoben und den Anstaltsleiter zur Neubescheidung verpflichtet. Sie folgte den Angaben des Gefangenen, der behauptet, das Bildnis bereits seit sechs Jahren in seinem Haftraum zu haben und meint, dann sei von einer stillschweigenden Zustimmung der Vollzugsbehörde auszugehen und der Widerruf dieser begünstigenden Maßnahme käme nur nach § 14 Abs. 2 Satz 2 StVollzG in Betracht. Es sei nicht ersichtlich, daß sich der Anstaltsleiter des ihm eingeräumten Ermessens bewußt gewesen wäre.

Bei dem spiegelverkehrten Hakenkreuz handelt es sich um ein zum Verwechseln ähnliches Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation. Die Strafvollstreckungskammer hat bei ihrer Entscheidung ungeprüft den Vortrag des Gefangenen übernommen. Damit hat sie ihre Verpflichtung, den Sachverhalt zu erforschen, verletzt. Einseitiges Vorbringen darf nicht ohne weiteres der Entscheidung zugrunde gelegt werden (vgl. OLG Hamm NStZ 1997, 429; Arloth/Lückemann StVollzG § 115 Rdn. 2). Die Kammer wird daher zu prüfen haben, ob das Bildnis tatsächlich - dem Vortrag des Gefangenen entsprechend - bereits seit Jahren für die Bediensteten und andere Gefangene sichtbar in der Zelle angebracht war. Zudem wird die Strafvollstreckungskammer zu berücksichtigen haben, daß eine stillschweigende Genehmigung der Anstalt in diesem Fall eher fernliegt, zumal da die Voraussetzungen für eine Genehmigung nicht vorliegen.

Die privatschriftliche "Antragserweiterung" des Gefangenen vom 3. Mai 2005 kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden.

c.) Vorenthaltung verschiedener Publikationen und Schriftstücke vom 9. Mai 2005

Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 9. Mai 2005 (vormals 544 StVK 347/05 Vollz) beanstandet der Gefangene, daß die Anstalt ihm verschiedene Publikationen nach § 68 Abs. 2 StVollzG und Schriftstücke nach § 70 Abs. 2 Satz 2 StVollzG vorenthalten habe.

Auch insoweit hob die Strafvollstreckungskammer die Entscheidung des Anstaltsleiters zum Teil mit der Begründung auf, daß eine Vorenthaltung wegen einer Gefährdung des Vollzugszieles nicht in Betracht käme, da es bei diesem Gefangenen ohnehin nicht zu erreichen sei. Daß diese Begründung die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer nicht trägt, wurde bereits unter 1) dargelegt. Zudem hat die Strafvollstreckungskammer es auch hier unterlassen, den Inhalt der Publikationen selbst zu ermitteln und zu würdigen (vgl. Senat, Beschluß vom 27. Januar 1997 - 5 Ws 571/96 Vollz -). Dies wird sie nachzuholen haben. Im übrigen hat die Kammer in diesem Zusammenhang den Bescheid des Anstaltsleiters vom 19. April 2005 aufgehoben, der allerdings nicht dieses, sondern das Verfahren 544 StVK 306/05 Vollz betrifft. Auch deshalb ist der Beschluß aufzuheben.

d.) Entnahme diverser Gegenstände aus dem Haftraum des Gefangenen vom 15. Juni 2005

Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 19. Juni 2005 (vormals 544 StVK 466/05 Vollz) beanstandet der Gefangene die Entnahme diverser Gegenstände aus seinem Haftraum, die durch Bescheid der Anstalt vom 12. August 2005 eingezogen wurden.

Die Strafvollstreckungskammer hat auch diesen Bescheid aufgehoben, ohne die erforderlichen Feststellungen zu treffen. In ihrer Begründung führt sie wahllos Gegenstände auf, die - nach ihrer Auffassung - weder eine Gefährdung des Vollzugszieles noch der Sicherheit und Ordnung der Anstalt begründen können. Dies trifft auf einen entnommenen Ordner mit der Aufschrift "Sozialkontakte und Rechnungen" möglicherweise zu. Allerdings erwähnt sie beispielsweise einen Aufkleber "Club 88" (die Zahl "88" steht für "Heil Hitler") sowie Bilder mit Personen aus der Zeit des Dritten Reiches gar nicht. Es ist, wie bereits dargelegt, Aufgabe der Strafvollstreckungskammer im einzelnen zu prüfen, welche Gegenstände dem Gefangenen auszuhändigen sind und welche eine Gefährdung des Vollzugszieles darstellen. Gleiches gilt für die Frage, inwieweit die Anstalt "eventuell erteilte Genehmigungen" nach § 14 Abs. 2 StVollzG widerrufen hat. Auch insoweit darf sich das Landgericht nicht damit begnügen, zu beanstanden, daß die Anstalt nicht dargelegt habe, welche Zeitschriften ursprünglich genehmigt worden seien und aus welchem Grund die Genehmigung widerrufen worden sei.

e.) Entnahme diverser Gegenstände aus dem Haftraum vom 23. Juni 2005

Der Antrag des Gefangenen im vormaligen Verfahren 544 StVK 490/05 Vollz bezieht sich auf die Entnahme von Gegenständen am 23. Juni 2005.

Die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist bereits deshalb aufzuheben, weil sie über diesen Antrag im Tenor überhaupt nicht entschieden hat. Auch in den Gründen wird lediglich der Halloweenkürbis und das Entnahmeprotokoll vom 23. Juni 2005 angeführt. Mit allen anderen entnommenen Gegenständen setzt sich die Strafvollstreckungskammer nicht auseinander. Soweit sie in diesem Zusammenhang den Bescheid des Anstaltsleiters vom 12. August 2005 aufhebt, ist dies schon deshalb fehlerhaft, weil die am 23. Juni 2005 entnommenen Gegenstände darin gar nicht enthalten sind.

f.) "Kurznachrichten aus Portugal"

Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 27. Juni 2005 (vormals 544 StVK 494/05 Vollz) begehrte der Gefangene die Herausgabe der erwähnten Kurznachrichten. Auch in diesem Fall wird die Strafvollstreckungskammer eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und zu beachten haben, daß ihre Wertung, das Vollzugsziel sei bei diesem Gefangenen ohnehin nicht zu erreichen, verfehlt ist und es deshalb nicht nur auf Aspekte der Sicherheit und Ordnung der Anstalt ankommt. Zudem muß die Anstalt nicht auf die Möglichkeit des Schwärzens einzelner Passagen zurückgreifen (vgl. vorn unter II 1. c)). Die ausgesprochene Verpflichtung des Anstaltsleiters zur Neubescheidung (bzgl. der Kurznachrichten vom 7. Juni 2005) kann daher ebensowenig Bestand haben, wie die zur Herausgabe derjenigen vom 17. und 19. Juni 2005.

3. Der Senat hebt daher den angefochtenen Beschluß wegen der aufgezeigten Mängel auf und verweist die Sache - mit Ausnahme der Entscheidungen über die HNG Nachrichten - an die Strafvollstreckungskammer zurück.

Ende der Entscheidung

Zurück