Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 20.04.2005
Aktenzeichen: 5 Ws 191/05 Vollz
Rechtsgebiete: StVollzG, StPO


Vorschriften:

StVollzG § 121 Abs. 4
StPO § 473 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
5 Ws 190/05 Vollz 5 Ws 191/05 Vollz 5 Ws 192/05 Vollz

In den Strafvollzugssachen

wegen angeblicher Untätigkeit der Strafvollstreckungskammer

hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 20. April 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden des Gefangenen gegen die angebliche Untätigkeit der Strafvollstreckungskammer 42 des Landgerichts Berlin in den Verfahren 542 StVK (Vollz) 16, 113 und 145/05 werden als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Rechtsmittel zu tragen (§ 121 Abs. 4 StVollzG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, in welchem Umfang und nach welchen Rechtsgrundsätzen die dem Strafprozeß und den Strafvollzugssachen grundsätzlich fremde (vgl. BGH NJW 1993, 1279, 1280 mit weit. Nachw.; OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 284; OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2002, 189; Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl., § 304 Rdn. 3), jedoch in bestimmten Fällen statthafte (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. März 2005 - 2 BvR 1610/03 - und 19. Januar 2004 - 2 BvR 1904/03, 2 BvR 32/04 -) "reine Untätigkeitsbeschwerde" hier zulässig sein kann. Denn sie ist offensichtlich unbegründet.

Der Beschwerdeführer hat zu keinem der Verfahren mitgeteilt, welchen Gegenstand sie betreffen, so daß sich eine besondere Eilbedürftigkeit nicht erschließt. Um gerichtlichen Eilschutz wegen später nicht wiedergutzumachender Rechtsnachteile - etwa die Vollstreckung einer Disziplinarmaßnahme - geht es ersichtlich nicht. Die insoweit geltenden besonderen Rechtsgrundsätze, nach denen ein sofortiges Handeln des Gerichts geboten ist (vgl. BVerfG NJW 2001, 3770; NJW 1994, 3087; 1994, 3089), sind hier nicht anwendbar.

Der Senat hat davon abgesehen, die Sachakten zu erfordern; denn bereits nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers zum zeitlichen Ablauf steht fest, daß dessen Vorwurf, die Strafvollstreckungskammer verschleppe die Verfahren, gänzlich aus der Luft gegriffen ist. Die Anträge auf gerichtliche Entscheidung sind bei ihr erst im Januar bzw. Februar dieses Jahres eingegangen. Danach hat die Strafvollstreckungskammer die Stellungnahmen der Anstalt eingeholt. Im April 2005 kann bei den nicht eilbedürftigen Verfahren von einer Untätigkeit noch nicht die Rede sein.

In der Sache 542 StVK 113/05 Vollz ist nach deren Erledigung der Kostenantrag des Beschwerdeführers sogar erst am 20. März 2005 eingegangen. In diesem Verfahren trägt die Beschwerde ihre Mutwilligkeit schon aufgrund des geringen zeitlichen Abstands zu ihrer Erhebung am 6. April 2005 auf der Stirn.

In den anderen beiden Verfahren war das Gericht ebenfalls nicht untätig. Das Abwarten auf die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt ist eine Selbstverständlichkeit, um deren rechtliches Gehör zu gewährleisten. Wenn die Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt in Einzelfällen nicht in der Lage sind, die richterlich gesetzte Frist von zwei Wochen einzuhalten, so kommt es nicht in Betracht, deren Stellungnahme "nicht mehr zuzulassen". Denn nur gesetzliche Fristen führen zum Ausschluß des nach ihrem Ablauf eingehenden Vorbringens. Die Strafvollstreckungskammern sind zwar gehalten, die Justizvollzugsanstalten zur Beachtung der Fristen anzuhalten. Das führt aber nicht zu der Verpflichtung, flugs ohne deren fachkundiges Wort zu entscheiden. Im Gegensatz zu der Auffassung des Beschwerdeführers verstieße gerade der Ausschluß der Stellungnahme der Anstalt aus dem Verfahren gegen die Fairneß und begründete die Gefahr, Ergebnisse zu zeitigen, die der Bedeutung des Strafvollzuges für die öffentliche Sicherheit nicht gerecht würden. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gilt für alle Verfahrensbeteiligten: für die Gefangenen als Antragsteller und für die Justizvollzugsanstalten als die Vertreter des öffentlichen Interesses gleichermaßen.

Der Grundsatz der Waffengleichheit verbietet es keineswegs, die der Anstalt gesetzte Frist zur Stellungnahme zu verlängern; denn sie reicht zwar in der Regel, aber nicht stets aus, um ein fundiertes Votum abzugeben. Dazu ist kein Antrag erforderlich; denn der Arbeitsdruck, dem die dortigen Mitarbeiter ausgesetzt sind, ist den Strafvollstreckungskammern aufgrund ihrer eigenen Tätigkeit bekannt. Der Beschwerdeführer vergleicht Ungleiches miteinander. Denn anders als er können die Anstaltsmitarbeiter - ebenso wie die Strafvollstreckungskammern selbst - eine plötzliche Flut von Anträgen - ggf. mehrerer Gefangener zur gleichen Zeit - nicht steuern.

Dem Beschwerdeführer ist dieser Umstand wohlbekannt. Denn er selber nutzt ihn, um den Gerichten und den Anstaltsbediensteten Schwierigkeiten zu bereiten. Durch die Befassung des Senats mit der Vielzahl der von ihm ausgehenden Verfahren gerichtsbekannt ist nämlich seine in der Anstalt geäußerte Vorgehensweise: "Ich habe eine Skala von 1-10, was Beschwerden und Anträge angeht. Im Moment bin ich erst bei Stufe 3. Was meinen Sie, wenn ich bei Stufe 6 bin. Dann gebe ich morgens zum warm werden erstmal zehn Anträge ab. Dann wird hier wegen jeder Kleinigkeit ein Antrag gestellt. Damit habe ich schon einmal die StVK Celle lahmgelegt." Sie ist - wie der Beschwerdeführer weiß - in einem Gesprächsvermerk enthalten, der Gegenstand u.a. des von ihm geführten Verfahrens 5 Ws 457/04 Vollz = 542 StVK 403/04 war.

Ende der Entscheidung

Zurück