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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 18.05.2004
Aktenzeichen: 5 Ws 228/04 Vollz
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 37 Abs. 2
1. Zur Behauptung einer Gehörsverletzung (103 Abs. 1 GG).

2. Bei der Zuweisung eines Arbeitsplatzes darf die Anstalt im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 37 Abs. 2 StVollzG auf die "besondere Vertrauenswürdigkeit" des Gefangenen abstellen. Hieran kann es bei einem langen Strafrest fehlen. Die Zusage des Mitarbeiters eines Werkbetriebes, der lediglich die fachliche Eignung des Gefangenen beurteilen kann, bindet den Anstaltsleiter nicht.


5 Ws 228/04 Vollz

In der Strafvollzugssache

wegen Zuweisung eines Arbeitsplatzes

hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 18. Mai 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Gefangenen, ihm für die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 19. März 2004 Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe:

Der Gefangene verbüßt zur Zeit eine lebenslange Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Tegel. Er beantragte am 24. Oktober 2003 die Zuweisung einer Arbeitsstelle als Sanitätsinstallateur im technischen Dienst der Anstalt. Am 19. November 2003 teilte ihm der Stellvertreter des Vollzugsdienstleiters mündlich mit, daß er den für diesen Arbeitsplatz erforderlichen Freiläuferausweis nicht erhalte und deshalb nicht im technischen Dienst eingesetzt werden könne. Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung von 2. Dezember 2003 begehrt der Gefangene, den Leiter der Justizvollzugsanstalt Tegel zu verpflichten, ihm einen Freiläuferausweis zu erteilen, damit er einen bereits zugesagten Arbeitsplatz bei dem technischen Dienst - Bereich Sanitär - antreten kann. Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Der Gefangene hat für das Rechtsbeschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes beantragt. Gleichzeitig hat er einen Entwurf der Rechtsbeschwerde eingereicht.

Der Senat entscheidet entsprechend dem Antrag des Gefangenen über die Prozeßkostenhilfe vorab. Sie kann nicht bewilligt werden, da die Rechtsbeschwerde auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabes keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 120 Abs. 2 StVollzG, § 114 ZPO). Über schwierige Rechtsfragen, die nicht dem Verfahren über die Prozeßkostenhilfe überlassen bleiben dürfen (vgl. BVerfGE 81, 347, 357 = NJW 1991, 413; BVerfG NJW 2000, 2098), ist nicht zu befinden.

1. Die von dem Beschwerdeführer behauptete Verletzung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Der Gefangene rügt in diesem Zusammenhang, daß ihm die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Tegel vom 26. Januar 2004 zwar am 14. Februar 2004 nebst Anlagen zugesandt, ihm aber keine ausreichende Frist zur Stellungnahme gesetzt wurde. Einer Fristsetzung bedurfte es nicht; sie ist nicht gesetzlich vorgesehen. Das rechtliche Gehör war allemal gewahrt, da die Strafvollstreckungskammer mit ihrer Entscheidung länger als einen Monat (!) zugewartet hat. Innerhalb dieser Zeit wäre es dem Gefangenen, der keiner Arbeit nachgeht, durchaus möglich gewesen, eine Erklärung abzugeben.

Die beabsichtigte Gehörsrüge wäre auch in unzulässiger Form erhoben; denn zu einer ordnungsgemäßen Rüge nach Art. 103 Abs. 1 GG gehört die Mitteilung, was der Beschwerdeführer zu der Stellungnahme der Anstalt vorgetragen hätte (vgl. BVerfG NStZ 2004, 214, 215).

2. Soweit er mit diesem Vorbringen zugleich allgemein die Verletzung der Aufklärungspflicht beanstanden will, ist die Rüge unzulässig, weil sie nicht entsprechend § 118 Abs. 2 Satz 2 StVollzG ausgeführt ist. Denn der Gefangene läßt offen, welche einzelnen Tatsachen mit welchen Beweismitteln aufgeklärt werden sollten.

Auch soweit der Gefangene rügt, daß die Strafvollstreckungskammer die in den Anlagen der Stellungnahme der Anstalt erwähnten Disziplinarverstöße des Beschwerdeführers nicht weiter aufgeklärt hat, ist die Rüge unzulässig, da sie nicht ausreichend ausgeführt ist. Denn der Gefangene teilt nicht mit, aufgrund welcher Tatsachen sich die weitere Aufklärung aufgedrängt hätte. Das wäre aber erforderlich gewesen, weil der Gefangene der Stellungnahme der Anstalt innerhalb eines Monats nicht entgegengetreten ist. Die weiteren Ausführungen des Gefangenen zu diesem Punkt sind beschlußfremd und daher unbeachtlich.

Die Aufklärungsrüge wäre auch aus einem weiteren Grunde unzulässig. Denn eines klärenden Wortes des Senates zu der Frage, in welchem Umfang die Strafvollstreckungskammer den Sachverhalt aufzuklären hat, bedarf es nicht. Diese Frage ist obergerichtlich geklärt (vgl. KG, Beschlüsse vom 4. Februar 2003 - 5 Ws 50/03 Vollz -, vom 3. Juni 2002 - 5 Ws 314/02 Vollz - und vom 26. März 2002 - 5 Ws 188/02 Vollz -; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG 9. Aufl. § 115 Rdn. 3, 13-15). Ein Fehler des Landgerichts in diesem Punkt wäre ein Fehler im Einzelfall, der die Zulassung nicht gebietet.

Für eine Verpflichtung der Strafvollstreckungskammer, die vom Gefangenen eingereichten Unterlagen zu fotokopieren und zurückzusenden, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Es zählt nicht zu den Aufgaben der Gerichte, Kopien für Gefangene herzustellen.

3. In der Sache ist es obergerichtlich geklärt, daß § 37 Abs. 2 StVollzG dem Gefangenen keinen Rechtsanspruch auf Zuweisung einer bestimmten Arbeit gewährt und die Vollzugsbehörde insoweit trotz Eignung des Bewerbers einen Ermessensspielraum hat (vgl. OLG Nürnberg ZfStrVo 1981, 200; KG, Beschlüsse vom 26. März 2002 - 5 Ws 188/02 Vollz - und vom 30. April 1984 - 5 Ws 532/83 Vollz -). Anhaltspunkte dafür, daß der Bescheid der Vollzugsanstalt rechtswidrig war, bestehen nicht. In diesem Zusammenhang kommt es auf eine mögliche Zusage eines Mitarbeiters des technischen Dienstes nicht an, da dieser zwar die fachliche Qualifikation des Beschwerdeführers beurteilen kann, zu einer endgültigen Entscheidung aber nicht befugt ist. Vorliegend ist der Arbeitsplatz zudem von der Erteilung eines Freiläuferausweises, der einen weitgehend unbeaufsichtigten Aufenthalt in der gesamten Justizvollzugsanstalt ermöglicht, abhängig. Daß der Anstaltsleiter für die Erteilung eine besondere Vertrauenswürdigkeit, die er bei dem Gefangenen nicht zuletzt mit Blick auf den langen Strafrest verneint, verlangt, ist nicht zu beanstanden. Daraus, daß der Vollzugsplan des Beschwerdeführers keine Beschränkungen bei der Berufsausübung enthält, ergibt sich nichts anderes. Denn die Beurteilung der besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten, die der Gefangene für das Anforderungsprofil eines bestimmten Arbeitsplatzes benötigt, gehört nicht zu den in § 7 Abs. 2 Nr. 4 StVollzG vorgeschriebenen Angaben des Vollzugsplans. Ein Anspruch auf Erteilung des Freiläuferausweises folgt aus dem Inhalt eines Vollzugsplans ebensowenig wie ein solcher auf Zuweisung eines bestimmten Arbeitsplatzes.

Ende der Entscheidung

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