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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 26.09.2005
Aktenzeichen: 5 Ws 444/05 Vollz
Rechtsgebiete: StVollzG


Vorschriften:

StVollzG § 22 Abs. 2 Satz 1
Die Vollzugsanstalt darf Gegenstände, die die Sicherheit und Ordnung gefährden, vom Einkauf ausschließen und auch mengenmäßig begrenzen. Dies gilt unabhängig von einem konkreten, gegen den einzelnen Gefangenen gerichteten Verdacht (hier Antrag auf Einkauf von mehr als 3 kg Zucker und mehr als ein Einwegfeuerzeug für einen Zeitraum von drei Wochen).
5 Ws 444/05 Vollz

In der Strafvollzugssache

wegen Beschränkung des Einkaufs

hat der 5. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 26. September 2005 beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 27. Juli 2005 wird als unzulässig verworfen.

Der Gefangene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Der Gefangene verbüßt zur Zeit eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren wegen Waffen- und Betäubungsmitteldelikten. Mit seinen Anträgen auf gerichtliche Entscheidung (§ 109 Abs. 1 StVollzG), die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, ihm den Einkauf von Feuerzeugen und Zucker "in angemessenem Umfang zu gestatten", verfolgt er das Ziel, diese Waren in größerer Menge als der von der Justizvollzugsanstalt allgemein bestimmten Begrenzung auf dreiwöchentlich nur drei Kilogramm Zucker und ein einziges Einwegfeuerzeug erwerben zu dürfen. Mit dem angefochtenen Beschluß vom 27. Juli 2005 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Berlin diese Anträge zurückgewiesen. In der Begründung ihrer Entscheidung hat sie ausgeführt, daß es sich bei der Regel, daß Gefangene alle drei Wochen ein Einwegfeuerzeug und drei Kilogramm Zucker einkaufen dürfen, nicht um starre Mengenbegrenzungen handele; diese Mengen dürften im begründeten Einzelfall auf Antrag auch überschritten werden. Die genannte Beschränkung des Einkaufs sei nach § 22 Abs. 2 Satz 1 StVollzG rechtmäßig.

Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt, ist unzulässig, weil es nicht geboten ist, die Nachprüfung des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

1. Die Verfahrensrüge in Form der Aufklärungsrüge ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 118 Abs. 2 StVollzG). Die Rechtsbeschwerde legt nicht dar, welche Umstände die Kammer zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung gedrängt haben und welche Beweismittel sie hätte verwenden sollen. Lediglich die - beschlußfremde - Behauptung des Gefangenen in seiner Rechtsbeschwerde, daß es keine Ausnahmen von der Mengenbegrenzung gebe, reicht hierzu nicht aus.

2. Die Sachrüge wirft ebenfalls keine Rechtsfrage auf, die einer Erörterung durch den Senat bedürfte. Obergerichtlich ist bereits geklärt, daß die Vollzugsanstalt nach § 22 Abs. 2 Satz 1 StVollzG Gegenstände, die die Sicherheit und Ordnung gefährden, vom Einkauf ausschließen und auch mengenmäßig begrenzen darf. Dies gilt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde unabhängig von einem konkreten, gegen den einzelnen Gefangenen gerichteten Verdacht. Die Anwendung des § 22 Abs. 2 Satz 1 StVollzG ist auch nicht auf Gegenstände beschränkt, die bereits ihrer Art nach die Sicherheit und Ordnung gefährden, sondern läßt jedenfalls dann eine mengenmäßige Begrenzung zu, wenn die Gefährdung gerade durch die über den normalen Verbrauch hinausgehende Einkaufsmenge begründet wird. Denn ein Grund dafür, in derartigen Fällen die Gefährdung der Sicherheit und Ordnung hinzunehmen, ist nicht ersichtlich (vgl. OLG Zweibrücken NStZ 1986, 94).

So liegen die Dinge hier. Ein Bedarf von über einem Kilogramm Zucker pro Woche und einem Einwegfeuerzeug alle drei Wochen geht über den - nach der allgemeinen Lebenserfahrung, auf die in der Rechtsbeschwerde ausdrücklich abgestellt wird - üblichen Verbrauch von Zucker und Feuerzeugen weit über das Normalmaß hinaus und birgt die Gefahr der Herstellung von "Aufgesetztem". Daß dies eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Vollzugsanstalt darstellt, liegt auf der Hand. Ebenso wird den Bedürfnissen des Gefangenen genüge getan, wenn er im dreiwöchigen Abstand ein Feuerzeug erwerben kann, zumal da es - wie von der Strafvollstreckungskammer, den Senat bei der Prüfung der Sachrüge bindend, festgestellt - Ausnahmeregelungen gibt und der Gefangene nach seinem eigenen Vorbringen in seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung bereits im Besitz mehrerer Feuerzeuge ist. Auch ein starker Raucher benötigt nicht mehrere Feuerzeuge, zumal da unbeschränkten Erwerbsmöglichkeiten auch hier die gleichen Belange der Sicherheit und Ordnung der Anstalt entgegenstehen. Denn hier besteht ebenfalls die Gefahr, sich durch Inhalation des Gases, zu berauschen. Auch kann das Gas zur Herstellung von Explosivstoffen mißbraucht werden.

Ergänzend bemerkt der Senat: Zucker in derart großen Mengen kann mit Hilfe von auch in einer Justizvollzugsanstalt zugänglichen Sauerstoffträgern zu explosiven Stoffen verarbeitet werden.

Im übrigen erschöpft sich die Begründung der Rechtsbeschwerde in der Zitierung von Vorschriften, die den Fall nicht betreffen (§§ 47, 170, 174 StVollzG) oder nicht existieren (§ 13b StVollzG) und der Wiedergabe einiger, vom konkreten Fall losgelöster Textstellen aus Kommentaren zum Strafvollzugsgesetz.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 4 StVollzG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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