Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 19.12.2006
Aktenzeichen: 6 U 124/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 366 Abs. 1
Zum Recht des Schuldners, nachträglich eine Tilgungsbestimmung analog § 366 Abs. 1 BGB zu treffen, wenn eine verdeckte Teilabtretung der Forderung zur Aufspaltung der Gläubigerposition geführt und der Schuldner in Unkenntnis davon, Teilleistungen an den bisherigen Gläubiger erbracht hatte. Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH unter dem Aktenzeichen VII ZR 17/07 eingelegt.
Kammergericht Im Namen des Volkes

Geschäftsnummer: 6 U 124/06

verkündet am: 19.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 17.11.2006 durch die Vorsitzende Richterin am Kammergericht Reinhard, den Richter am Kammergericht Fischer und die Richterin am Kammergericht Düe

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 93 des Landgerichts Berlin vom 25. Juli 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Kosten der Revision hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleitung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % hiervon abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Wert der Beschwer übersteigt 20.000,- EUR.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht Restwerklohnansprüche der Annnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn (Fa. A.) gegen die Beklagte bis zu einem Betrag von (jetzt nur noch) 184.000,- EUR.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochten Urteil wie auch ergänzend auf das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts vom 30.8.2004 Bezug genommen.

Das Landgericht hat die erstinstanzlich mit 1.527.491,41 DM (780.993,95 EUR) bezifferte Klageforderung in vollem Umfang abgewiesen. Die Forderungen der Fa. A gegen die Beklagte seien nur teilweise, nämlich in Höhe der Rechnungsbeträge für gelieferte Waren von 981.526,64 DM (613.755,29 DM aus dem Bauvorhaben Knnnnnnnnnnn nnnnnnnnnnnn und nn - und in Höhe von 367.771,35 DM aus dem Bauvorhaben Knnnnn -Block nnnn -) auf die Klägerin übergegangen. In dieser Höhe sei die Abtretung wirksam. Die der Klägerin abgetretenen Forderungen seien aber durch geleistete Abschlagszahlungen der Beklagten erloschen. Die Beklagte sei analog § 366 Abs. 1 BGB berechtigt gewesen, nachträglich zu bestimmen, dass ihre an die Fa. A. geleisteten Zahlungen zunächst den an die Klägerin abgetretenen Teil der Werklohnforderungen tilgen. Die Beklagte habe unstreitig Abschlagszahlungen, die jeweils die Höhe der Forderungen der Klägerin aus den einzelnen Bauvorhaben überstiegen, geleistet.

Für eine Einziehungsermächtigung der Klägerin, etwaige weitergehende Werklohnforderungen der Fa. A. in gewillkürter Prozessstandschaft einzuklagen, sei nicht ausreichend vorgetragen worden.

Die Klägerin hat gegen das landgerichtliche Urteil teilweise Berufung eingelegt. Sie begehrt in der Berufungsinstanz nur noch Zahlung von 184.000,- EUR, wobei sie sich zunächst auf eine Abtretung der vollen Werklohnforderung der Fa. A. gegen die Beklagte sowie auf die Einziehungsermächtigung gestützt hat. Der 24. Zivilsenat des Kammergerichts hat die Ausführungen des Landgerichts bestätigt und die Berufung zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat er die Revision wegen der Zulässigkeit einer nachträglichen Tilgungsbestimmung zugelassen.

Mit der eingelegten Revision hat die Klägerin ihr Klagebegehren nur noch aus abgetretenem Recht und nur in dem Umfang weiter verfolgt, in dem das Landgericht eine wirksame Abtretung angenommen hatte und soweit diese Ansprüche noch Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen sind.

Der Bundesgerichtshof (NJW 2006, 2845) hat das Urteil des 24. Zivilsenats insoweit aufgehoben und zurückverwiesen, als damit folgende Forderungen der Klägerin in nachgenannter Höhe und Reihenfolge bis zum Betrag von insgesamt 184.000,- EUR bezüglich folgender Bauvorhaben aberkannt worden sind:

Bauvorhaben Knnnnn :

Block nn 12.233,48 EUR

Block n 175.805,03 EUR

Bauvorhaben Knnnnnnn :

Blöcke nnn 121.400,65 EUR

Block nn 88.965,27 EUR

Block n 56.876,82 EUR

Block 11 3.898,58 EUR.

Seine Entscheidung hat er maßgeblich darauf gestützt, dass eine nachträgliche Tilgungsbestimmung entsprechend § 366 Abs. 1 BGB unter der Voraussetzung zulässig sei, dass diese Bestimmung unverzüglich, nachdem der Schuldner von der verdeckten Teilabtretung Kenntnis erlangt hat, nachgeholt wird.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte eine Anrechnung der geleisteten Abschlagszahlungen auf die (der Klägerin) abgetretenen Teilforderungen der Fa. A nicht unverzüglich i.S.d. Revisionsentscheidung bestimmt habe. Sie meint, die Beklagte habe mit Offenlegung der Forderungsabtretung durch Schreiben vom 23.8.1996 (Anlage K 3a), das der Beklagten auch zugegangen sei, Kenntnis von der Teilabtretung erlangt. Damit sei die Tilgungsbestimmung im Schriftsatz vom 27.5.2002 verspätet.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Berlin insoweit abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, an sie EURO 184.000,- nebst Zinsen in Höhe von 5 % seit dem 9. Juni 1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das landgerichtliche Urteil im Ergebnis für richtig und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere greift sie die Feststellungen des Landgerichts dazu an, dass die Klägerin für die Bauvorhaben Knnnnnnn und Knnnnn Material im Rechnungswert 981.526,64 DM geliefert habe. Auch einen Verzicht der Klägerin auf den Eigentumsvorbehalt habe das Landgericht fehlerhaft verneint. Sie meint, die nachträgliche Tilgungsbestimmung sei fristgerecht vorgenommen, weil das Landgericht erst im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21.3.2002 auf eine jedenfalls teilweise wirksame Forderungsabtretung hingewiesen hat und ihr Frist zur Stellungnahme bis zum 27.5.2002 eingeräumt worden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind nur noch Forderungen der Klägerin aus abgetretenem Recht der Fa. A. in dem im Tatbestand dargestellten Umfang, in dem der Bundesgerichtshof das Urteil des 24. Zivilsenats aufgehoben hat. Die weitergehende Klageabweisung der Vorentscheidungen ist mit der Revisionsentscheidung rechtskräftig. Auch die verbleibenden auf die Klägerin übergegangenen Werklohnforderungen der Fa. A. sind durch Erfüllung erloschen, § 362 BGB.

1. Allerdings ist der Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten zuzustimmen, dass sie Werklohnforderungen der Fa. Albrecht in Höhe des Rechnungsbetrages ihrer Materiallieferungen durch Teilabtretung wirksam erworben hat.

Der Bundesgerichtshof hat eine wirksame Teilabtretung übereinstimmend mit dem Landgericht und dem Berufungsgericht bejaht. Dem folgt auch der Senat und verweist auf die Ausführungen des Landgerichts sowie die übereinstimmende Beurteilung der Abtretung durch den 24. Zivilsenat, der auch der Bundesgerichtshof zugestimmt hat. Einer vertiefenden Erörterung, insbesondere des weiteren Vorbringens der Beklagten mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2006, der zahlreiche Einwände gegen die Wirksamkeit der Abtretung enthält, bedarf es nicht, weil die Berufung der Klägerin auch zurückzuweisen wäre, wenn keine wirksame Abtretung bzw. Teilabtretung vorläge.

2. Die der Klägerin abgetretenen Werklohnforderungen der Fa. A. sind durch Abschlagszahlungen der Beklagten an die Fa. A. erloschen.

Die Beklagte hat analog § 366 Abs. 1 BGB wirksam nachträglich bestimmt, dass diese Zahlungen auf die an die Klägerin abgetretenen Teilforderungen angerechnet werden sollen.

Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in vorliegender Sache ist jetzt auch höchstrichterlich bestätigt, dass ein Schuldner, der in Unkenntnis einer Teilabtretung Teilleistungen an den bisherigen Gläubiger erbracht hat, berechtigt ist, sein Tilgungsbestimmungsrecht in entsprechender Anwendung des § 366 Abs. 1 BGB nachträglich auszuüben, nachdem er Kenntnis von der Aufspaltung auf mehrere Teilgläubiger erlangt hat (S. 7 des Revisionsurteils). Allerdings unterliegt dieses Recht nach der Revisionsentscheidung zeitlichen Beschränkungen. Der Schuldner muss die Tilgungsbestimmung unverzüglich nachholen, nachdem er von der Teilabtretung Kenntnis erlangt hat (S. 9 des Revisionsurteils). Maßgeblich sei, so der Bundesgerichtshof, dass dem Schuldner durch die nicht offen gelegte Teilabtretung der gegen ihn gerichteten Forderung die Möglichkeit entzogen werde, bei der Leistung gemäß § 366 Abs. 1 BGB zu bestimmen, wie Teilleistungen auf die infolge der Abtretung auf verschiedene Gläubiger aufgeteilte Forderung angerechnet werden sollen. Der Schutz des bisherigen Gläubigers wie auch des Zessionars, deren Interessen die Teilabtretung schließlich diene, hätten demgegenüber zurückzustehen. Insbesondere dürfe der Zessionar nicht darauf vertrauen, erlangte Teilleistungen des Schuldners abschließend entsprechend der in § 366 Abs. 2 BGB vorgesehenen Reihenfolge verrechnen zu können. Die ergänzende Regelung in § 366 Abs. 2 BGB sei nur dann anzuwenden, wenn der Schuldner in Kenntnis der Teilabtretung von seinem Leistungsbestimmungsrecht keinen Gebrauch mache. Der Schuldner sei gehalten, die Tilgungsbestimmung entsprechend dem Rechtsgedanken in § 121 Abs. 1 BGB unverzüglich auszuüben, nachdem er von der Teilabtretung Kenntnis erhalten habe. Er dürfe nicht besser stehen als im Falle einer Irrtumsanfechtung einer nach § 366 Abs. 1 BGB bei der Leistung getroffenen Tilgungsbestimmung.

a) Die Frist für die nachträgliche Tilgungsbestimmung beginnt danach mit Kenntnis der Teilabtretung beim Schuldner und nicht, wie die Beklagte meint, mit Kenntnis der Abtretung. So wie für den Beginn der Anfechtungsfrist nach § 121 BGB die Kenntnis des Anfechtungsberechtigten vom Grund der Anfechtung maßgeblich ist, muss hier -bei der analogen Anwendung von § 121 BGB- auf die Kenntnis des Schuldners vom Grund seines Rechts zur nachträglichen Tilgungsbestimmung abgestellt werden. Das ist nach der oben zusammengefassten Revisionsentscheidung die verdeckte Teilabtretung. Denn nur die Teilabtretung führt - im Gegensatz zur Abtretung der ungeteilten Forderung- zur Aufspaltung der Gläubigerposition.

Die Beklagte hat jedenfalls vor den vom Landgericht erteilten Hinweisen in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 21.3. 2002 keine Kenntnis von der Teilabtretung erlangt. Gleiches gilt auch für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dessen Kenntnisstand ihr zuzurechnen ist, soweit er in der Angelegenheit als Vertreter für die Beklagte gehandelt hat. Die Klägerin, die die Kenntnis des Schuldners darzulegen und zu beweisen hat, hat für einen früheren Zeitpunkt nicht ausreichend vorgetragen.

"Kenntnis" entsprechend den zu § 121 Abs. 1 BGB entwickelten Grundsätzen erfordert, dass der Schuldner nach seinem Informationsstand eine "zuverlässige Kenntnis" von den maßgeblichen rechtsbegründenden Umständen (hier der Teilabtretung) hat, während bloßes Kennenmüssen nicht genügt (allgemeine Meinung: Staudinger/Singer, BGB, Buch I AT, Bearbeitung 2004, § 121 Rn. 4; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 121 Rn. 3; MüKo-Kramer, BGB, 5. Aufl. § 121 BGB, Rn. 5). Selbst eine durch leichtfertiges Verhalten aufrecht erhaltene Unwissenheit steht "positiver Kenntnis" nicht gleich (BGH, WM 1973, 750, JURIS-Rz. 22, 25; Staudinger/Singer, a.a.O., Rn. 5). Erst dann, wenn der maßgebliche Beteiligte, auf dessen Kenntnis es ankommt, vor sich aus den Umständen aufdrängenden Schlussfolgerungen geradezu die Augen verschließt, ist dies der positiven Kenntnis gleichzustellen (MüKo-Kramer, a.a.O., Rn. 5; Staudinger/Singer, a.a.O., Rn. 5). Der Bundesgerichtshof hat in zahlreichen Entscheidungen zu anderen Vorschriften, wie z.B. §§ 138, 819 Abs. 1, 990 Abs. 1 S. 2 BGB, in denen es ebenfalls auf die Kenntnis eines Beteiligten ankommt, in diesem Sinne geurteilt und eine "positive Kenntnis" der maßgeblichen Tatsache dann bejaht, wenn ein redlich Denkender, der vom Gedanken an den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, sich der Überzeugung nicht verschließen würde (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. BGHZ 133, 247, 250 m.w.N.). Nach all dem folgt der Senat nicht der abweichenden Auffassung der Klägerin, die meint, es reiche ein Kenntnisstand, bei dem der Schuldner von der Möglichkeit eines Rechts zur nachträglichen Tilgungsbestimmung ausgehen könne; er müsse in dieser Situation vorsorglich sein Recht wahren und eine Tilgungsbestimmung treffen. Insbesondere die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (NJW 1968, 2099 und 1979, 765) stützen ihre Auffassung nicht. In den genannten Entscheidungen klärt der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen für eine Eventualanfechtung für den Fall, dass der Anfechtungsberechtigte keine Gewissheit von der Anfechtungsmöglichkeit hat. Keinesfalls nimmt der Bundesgerichtshof dort eine Pflicht des Anfechtungsberechtigten zur Eventualanfechtung an, noch legt er dem Begriff der "Kenntnis" eine andere Bedeutung bei, etwa in dem Sinn, dass weniger als "Gewissheit" von den maßgeblichen Umständen ausreicht.

Die dargestellten Grundsätze zum Inhalt des Begriffs "Kenntnis" sind auch hier sachgerecht, soweit festzustellen ist, wann die Beklagte Kenntnis von einer Teilabtretung der gegen sie gerichteten Forderung an die Klägerin erlangt hat.

Die Frist für die nachträgliche Tilgungsbestimmung beginnt danach mit Kenntnis der Teilabtretung beim Schuldner. Handelt für den Schuldner ein Vertreter (hier der Prozessbevollmächtigte der Beklagten), kommt es auf dessen Kenntnis an. Darzulegen und zu beweisen ist die Kenntnis des Schuldners vom Gläubiger.

Auszuschließen ist nach den aufgezeigten Kriterien im vorliegenden Fall eine solche Kenntnis der Teilabtretung aufgrund des Schreiben vom 23.8.1996 (Anlage K 3a), selbst wenn die Beklagte dieses Schreiben erhalten haben sollte, schon deshalb, weil die Klägerin dort die gesamte Forderung für sich reklamiert. Hinzu kommt, dass die fragliche Klausel aus den AGB der Klägerin dem Schreiben nicht beigefügt war. Auch aus diesem Grund scheidet das Schreiben vom 23.8.1996 als zuverlässige Grundlage für sichere Schlussfolgerungen zum Umfang und Wirksamkeit der Abtretung aus.

Auch mit Zustellung der Klage, der als Anlage K 1 der Text der fraglichen AGB-Bestimmung beigefügt ist, hat die Beklagte noch keine zuverlässige Kenntnis der Teilabtretung erlangt, weil der Text der maßgeblichen Klausel (Ziff. VII. Abs. 4 und 5) auslegungsbedürftig war. Die Klägerin berief sich nach wie vor auf eine vollständige Abtretung der Werklohnforderung, während die Beklagte die Klausel u.a. wegen unklarer Formulierungen für unwirksam hielt. Welche Auffassung sich durchsetzen würde, war für die Beklagte seinerzeit nicht sicher erkennbar.

Darüber hinaus war den von der Klägerin mit der Klageschrift vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen, inwieweit tatsächlich von der Klägerin gelieferte Waren bei der Ausführung der Bauleistungen durch die Fa. A. in den einzelnen Bauvorhaben Verwendung fanden. Die Anlagen der Klageschrift verschafften der Beklagten keine Kenntnis davon, welche Forderungsteile der Forderungen der Fa. A. gegen die Beklagte aus welchen Bauvorhaben aufgrund welcher Warenlieferungen der Klägerin für die jeweiligen Bauvorhaben und daraus resultierender Kaufpreisforderungen der Klägerin wegen eines verlängerten Eigentumsvorbehaltes an die Klägerin abgetreten waren. Zu einem entsprechenden Vorbringen sah sich die Klägerin schon deshalb nicht veranlasst, weil sie - bis in die zweite Instanz - die unzutreffende Auffassung vertrat, die Werklohnforderungen seien unabhängig von der Höhe ihrer Lieferrechnungen vollen Umfangs an sie abgetreten. Erst mit Schriftsatz vom 18.3.2002, S. 5 -8, hat sie vorsorglich die Übergabe entsprechender Listen (Anlagen K 19 und K 23) mit dazugehörigen Rechnungen und Lieferscheinen in sieben Aktenordnern (Anl. K 20 bis K 22, K 24 bis K 27) angekündigt, und zwar wegen ihres Umfangs im bevorstehenden Termin am 21.3.2002. Nach Übergabe dieser Unterlagen und der Erörterung der Wirksamkeit der Klauseln über die Forderungsabtretung in Ziffern VII 4. und 5. der AGB der Klägerin im Termin stand der Beklagten eine dem erheblichen Umfang dieser Unterlagen gebührende, angemessene Prüfungszeit von ungefähr zwei Monaten zu, um sich zunächst Kenntnis von dem Umfang der Teilabtretungen in Höhe der Summe der Lieferrechnungen pro Bauvorhaben verschaffen zu können. Dies gilt insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Bauleistungen der Fa. A. seit vielen Jahren abgeschlossen und - in den Jahren 1994 bis 1997 - schlussabgerechnet waren. Auch wenn entgegen der Auffassung der Beklagten die Anlagen K 19 bis K 27 eine hinreichende Zuordnung ermöglichten und es nicht zusätzlich erforderlich gewesen wäre, dass die Klägerin weiter darstellt, in welchem Umfang ihre Lieferrechnungen jeweils noch offen sind, wäre die Tilgungsbestimmung im direkt zugestellten Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 27.5.2002 mithin schon deshalb unverzüglich erfolgt, weil eine Kenntnis der Beklagten vor dem Zeitpunkt der Tilgungsbestimmung unter Berücksichtigung der angemessenen Prüfungsfrist nicht anzunehmen ist.

Der Senat ist entgegen der Auffassung der Klägerin bei seiner Entscheidung über die Berufung nicht nach § 563 ZPO gebunden, eine Kenntnis der Beklagten zu einem vorher liegenden Zeitpunkt zugrunde zu legen. Der Bundesgerichtshof hat zum Zeitpunkt der Kenntnis keine bindenden Feststellungen getroffen. Soweit es im Tatbestand der Revisionsentscheidung (Rn. 3) heißt " Die Klägerin zeigte der Beklagten die Abtretung mit Schreiben vom 23. August 1996 an", handelt es sich um die Darstellung von Sachverhalt, den - abgesehen davon, dass von ihm keine Bindungswirkung ausgeht - auch der Senat seiner Entscheidung über die Berufung zugrunde legt. Zudem besagt die Tatsache, dass die Klägerin die Abtretung zu einem bestimmten Termin angezeigt hat, wie oben ausgeführt, nichts über eine zuverlässige Kenntnis einer wirksamen Teilabtretung. Auch die Entscheidungsgründe des Revisionsurteils enthalten keine bindenden Vorgaben im Sinne des klägerischen Vortrags. Die von der Klägerin angeführten Randnummern 24 und 26 enthalten weder Rechtsausführungen des Bundesgerichtshofs zum Begriff "Kenntnis" noch Feststellungen dazu, dass die Beklagte mit Anzeige der Abtretung Kenntnis von der Teilabtretung erlangt hatte. Dass es aber entgegen der Rechtsmeinung der Klägerin gerade auf die "Kenntnis von der Teilabtretung" als maßgebliches Kriterium für den Beginn der Bestimmungsfrist ankommt, ist in den Entscheidungsgründen zu Randnummern 22, 23 herausgearbeitet.

b) Auch wenn man entgegen den vorstehenden Ausführungen eine Kenntnis der Beklagten von der Teilabtretung schon ab dem Termin vom 21.3.2002 zugrunde legen würde und hierfür die offenbar erteilten Hinweise des Landgerichts zur Wirksamkeit des verlängerten Eigentumsvorbehalts in Form der Teilabtretung in Höhe der jeweiligen Lieferforderungen im Termin vom 21.3.2002 als ausreichend erachtete, so wäre die Tilgungsbestimmung gleichwohl noch "unverzüglich" im Sinne des § 121 Abs. 1 BGB erfolgt. Das erfordert nicht zwingend eine sofortige Reaktion, wohl aber eine Reaktion ohne schuldhaftes Zögern, d.h. innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalles zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungsfrist, die auch die Interessen des anderen Teils an alsbaldiger Aufklärung berücksichtigt (allgem. Auff., vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 121 Rn. 3; Staudinger/Singer, a.a.O., § 121 Rn. 9). Bei regulären Verhältnissen ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung eine Frist von zwei Wochen als Obergrenze gesehen worden, besondere Umstände können aber auch längere Fristen rechtfertigen (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 121 Rn. 3.; Staudinger/Singer, a.a.O., Rn. 9 jew. mit Nachweisen aus der Rspr.). Danach dürfte eine Frist von mehr als zwei Monaten objektiv zu lang sein. Einer abschließenden Klärung bedarf es nicht, weil der Beklagten jedenfalls keine schuldhafte Säumnis vorzuwerfen ist. Insbesondere kann auch die von den Parteien kontrovers diskutierte Frage dahinstehen, ob der Umfang der fraglichen Bauvorhaben und Wechsel im Mitarbeiterbestand der Beklagten ein rechtfertigender Grund für die Länge der Zeitspanne sind, ebenso die Frage, ob die Beklagte sich hier deshalb bis zum 27.5.2002 Zeit lassen durfte, weil das Landgericht der Beklagten auf die mündliche Verhandlung eine Frist zu weiterem Vortrag auf den letzten gegnerischen Schriftsatz bis zum 27.5.2002 eingeräumt hatte.

Eine schuldhafte Verzögerung ist der Beklagten nicht vorzuwerfen. Schuldhaft ist ein vorsätzlich oder fahrlässiges Verhalten, d.h. ein Verhalten, das objektiv pflichtwidrig und subjektiv vorwerfbar ist (Palandt/Heinrichs, a.a.O, § 276 Rn. 5).

Wie oben dargelegt, hätte die Beklagte - den 21.03.2002 als maßgeblichen Termin unterstellt - mit der Tilgungsbestimmung objektiv betrachtet zu zögerlich gehandelt. Das säumige Verhalten ist aber subjektiv nicht vorwerfbar, weil die Beklagte wie auch ihr Prozessbevollmächtigter seinerzeit nicht wissen konnten, dass die Tilgungsbestimmung "unverzüglich" nachzuholen ist. Nur derjenige setzt sich dem Fahrlässigkeitsvorwurf (Vorsatz kommt nicht in Betracht) aus, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet zu haben (§ 276 Abs. 2 BGB), der den unterlaufenen Fehler vermeiden konnte und musste. Auch ein Rechtsirrtum ist geeignet, diesen Vorwurf entfallen zu lassen. Zwar ist generell Zurückhaltung geboten, einen Rechtsirrtum als ausreichenden Entschuldigungsgrund anzusehen. Anerkannt ist aber für § 121 BGB, dass den Anfechtungsberechtigten ein Rechtsirrtum entlasten kann, wenn dieser trotz sorgfältiger Prüfung der Rechtslage besteht (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 121 Rn. 3 unter Hinweis auf RG, RGZ 152,232 und § 276 Rn. 23 m.w.Rspr-N.). Insbesondere wird auch als ausreichender Entschuldigungsgrund angesehen, dass die Rechtsansicht des Betroffenen, an der er sein Handeln ausgerichtet hat, der damals herrschenden Meinung entsprach (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 276 Rn. 23; BGH NJW 1972, 1045; OLG Köln DB 1985, 2403). Genau so liegen die Dinge hier. Die Beklagte konnte nicht erkennen, dass die nachträgliche Tilgungsbestimmung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 121 BGB unverzüglich nachzuholen war. Selbst bei sorgfältigster Prüfung war das nicht möglich, weil es sich insoweit um eine Weiterentwicklung des Rechts durch den Bundesgerichtshof, durch die in dieser Sache getroffene Revisionsentscheidung handelt, die bislang soweit ersichtlich in Rechtsprechung und Literatur nicht einmal diskutiert worden ist (vgl. etwa Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 366 Rn. 4a; Staudinger/Olzen, BGB, Bearbeitung 2000, § 366 Rn. 22 f.; MüKo-Heinrichs, BGB, 3. Aufl., § 366 Rn. 3; Erman/H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 366 Rn. 8; OLG Hamm BauR 2002, 638).

c) Die Tilgungsbestimmung ist auch an den richtigen Adressaten gerichtet, da sie im Schriftsatz vom 27.5.2002 erklärt wurde, der der Klägerin direkt von Anwalt zu Anwalt zugeleitet worden ist. Die Klägerin ist entgegen ihrer Auffassung auch richtiger Erklärungsadressat, da sie aufgrund Teilabtretung Gläubigerin der Forderung ist, deren Tilgung die Beklagte bestimmt hat. Einer weiteren, zusätzlichen Tilgungsbestimmung gegenüber der Fa. A. bedarf es demgegenüber nicht.

d) Das Landgericht hat weiterhin zutreffend festgestellt, dass nach dem unstrittigen Sachverhalt auf die von der Klägerin erlangte Werklohnforderung der Fa. A. aus den betroffenen, streitgegenständlichen Werkverträgen Abschlagszahlungen seitens der Beklagten erbracht worden sind, die die Höhe der an die Klägerin abgetretenen Teilforderungen jeweils übersteigen (S. 12 f. d.Urteils des Landgericht). Auch dies ist zutreffend und wird von der Klägerin nicht angegriffen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1 ZPO und §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO

Die Revision ist zuzulassen, weil die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Bundesgerichtshof hat sich bislang nicht dazu geäußert, welche Maßstäbe bei der Prüfung, ob eine nachträgliche Tilgungsbestimmung i.S.v. § 366 Abs. 1 BGB entsprechend dem Rechtsgedanken des § 121 Abs. 1 BGB unverzüglich ist, anzulegen sind.

Ende der Entscheidung

Zurück